Radiowissen

Bayerischer Rundfunk
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Jul 11, 2025 • 23min

Die Pest in Oberammergau - Von der Seuche zum Passionsspiel

Viola Schenz, Journalistin und Autorin des Buches über die Oberammergauer Passionsspiele, erzählt von der faszinierenden Verbindung zwischen der Pest von 1633 und der Entstehung dieser einzigartigen Tradition. Sie schildert, wie die Rückkehr eines Dorfbewohners die Epidemie auslöste und das Leben im Dorf dramatisch veränderte. Schenz beleuchtet auch die wirtschaftlichen Aspekte und den Massentourismus, der durch die Passionsspiele angezogen wird, sowie die damit verbundenen gesellschaftlichen Konflikte und die Entwicklung der Spiele im Laufe der Jahrhunderte.
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Jul 11, 2025 • 23min

Priming Effekte: Wie unabhängig sind wir in unseren Entscheidungen?

In dieser Folge wird der faszinierende Priming-Effekt beleuchtet, der unser Kaufverhalten im Supermarkt beeinflusst. Werbung und äußere Reize formen unbewusst unsere Entscheidungen – oft mehr, als wir denken. Es werden psychologische Studien und Beispiele diskutiert, die zeigen, wie Assoziationen unser Denken steuern. Außerdem wird erörtert, wie wir uns unbewussten Beeinflussungen widersetzen können. Der Einfluss von Priming auf Kaufentscheidungen und die Bedeutung von Abstand und Reflexion werden ebenfalls thematisiert.
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Jul 11, 2025 • 24min

Chromosomen - Bausteine des Lebens

Dr. Astrid Wasmann, Biologin und ehemalige Studienleiterin, bringt faszinierende Einblicke in die Welt der Chromosomen. Sie erklärt, wie Chromosomen Erbinformationen speichern und die Struktur der DNA. Ein Vergleich der Chromosomenanzahl zwischen Menschen und anderen Lebewesen wirft Fragen zur Komplexität des Lebens auf. Außerdem wird diskutiert, wie Gene sich an Umweltveränderungen, wie den Klimawandel, anpassen und welche Rolle Junk-DNA dabei spielt.
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Jul 10, 2025 • 23min

Der Kuss - Biologie einer Liebkosung

Küssen ist nicht nur romantisch, sondern auch biologisch faszinierend! Es kräftigt das Immunsystem und verbessert die Mundgesundheit durch den Austausch von Mikroben. Der Podcast beleuchtet, wie Pheromone die Partnerwahl beeinflussen und Küssen unbewusst Hinweise auf Krankheiten liefert. Außerdem wird die neurobiologische Wirkung des Küssens dargestellt, die tiefere emotionale Verbindungen schafft. Entdecken Sie die kulturelle und evolutionäre Entwicklung dieser süßen Handlung!
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Jul 10, 2025 • 24min

Judy Garland und Shirley Temple - Hollywoods Kinderstars

Die faszinierenden Lebensgeschichten von Judy Garland und Shirley Temple als Hollywoods Kinderstars werden beleuchtet. Shirley Temple brachte Freude in die Depression mit ihrem strahlenden Lächeln, während Judy Garland mit ihrer beeindruckenden Stimme in "Der Zauberer von Oz" begeisterte, aber auch tragischen persönlichen Kämpfen gegenüberstand. Der Druck des Ruhms und die dunklen Seiten des Showbusiness prägten Garlands Leben entscheidend. Ihre Verbindungen zur LGBTQ+-Gemeinschaft und die emotionalen Höhen und Tiefen bilden einen eindrucksvollen Kontrast zu Temples optimistischem Einfluss.
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Jul 10, 2025 • 22min

Bruce Springsteen - Die Vermessung des amerikanischen Traums

Bruce Springsteen wird als "der Boss" und "Anwalt des einfachen Mannes" vorgestellt. Die Entstehung seines ikonischen Albums 'Born in the USA' offenbart tiefere kritische Themen hinter dem patriotischen Slogan. Seine familiären Wurzeln und der Einfluss seiner Mutter prägen seine Musik stark. Zudem wird sein künstlerischer Aufstieg und der Einfluss des Vietnamkriegs beleuchtet. Auch als politische Stimme der USA hat Springsteen eine unermüdliche Relevanz in der Rockkultur und setzt sich für soziale Themen ein.
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Jul 10, 2025 • 23min

Allen das Gleiche? Die Philosophie der sozialen Gerechtigkeit

In dieser Folge geht es um die komplexen Konzepte der sozialen Gerechtigkeit. Philosophische Ansätze und unterschiedliche politische Perspektiven werden beleuchtet. Die Diskussion über Ungleichheit zwischen Arm und Reich wird durch persönliche Geschichten bereichert. Auch der historische Börsencrash und der New Deal werden thematisiert, einschließlich der Herausforderungen und Reformen. Eine kritische Betrachtung des Bildungssystems zeigt, wie der soziale Status Chancen beeinflusst und warum Umverteilung notwendig ist.
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Jul 10, 2025 • 23min

Nahtoderfahrungen - Was passiert, wenn wir sterben?

Die meisten Menschen mit Nahtoderfahrungen sind dem Tod knapp entronnen. Während des Sterbemoments haben sie etwas erlebt, das sie oft als die schönste Erfahrung auf Erden beschreiben. Worum handelt es sich? Die Wissenschaft verlässt sich auf Studien und Experimente. Die sind zwar aufschlussreich, aber stoßen an ihre Grenzen. Von Susanne Brandl (BR 2024) Credits Autorin dieser Folge: Susanne Brandl Regie: Frank Halbach Es sprachen: Katja Bürkle, Clemens Nicol Technik: Lorenz Kersten Redaktion: Frank Halbach Im Interview: Prof. Dr. Godehardt Brüntrup, Professor für Metaphysik. Philosophy of Mind und Philosophy of Language an der Philosophischen Hochschule München Dr. phil. Ina Schmied-Knittel, Soziologin, Institut für Grenzgebiete der Psychologie Freiburg PD Dr. Christian Hoppe, klinischer Neuropsychologe, Universitätsklinikum Bonn Diese hörenswerten Folgen von radioWissen könnten Sie auch interessieren: Schlafen – wer bin ich in meinen Träumen?JETZT ENTDECKEN Der Tod und wir – Rebellion gegegn die EndlichkeitJETZT ENTDECKEN Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de. RadioWissen finden Sie auch in der ARD Audiothek: ARD Audiothek | RadioWissen JETZT ENTDECKEN Das vollständige Manuskript gibt es HIER. Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript: SPRECHERIN Eins ist sicher: Er ist todsicher, der Tod. Eine Gewissheit, über die wir allerdings nicht viel wissen. Wir wissen nicht, wie er ist, was er ist, wann er kommt, wie lang er dauert, wohin er uns führt. Im Prinzip lässt er sich nicht einmal in Worte zu fassen. Seine Qualität entzieht sich der Forschung. Gäbe es da nicht eine Erfahrung, die uns möglicherweise eine Brücke baut. Hinüber ins Jenseits: Die Nahtoderfahrung.  MUSIK ENDE O-TON 1 GODEHARD BRÜNTRUP „Dazu gehört die Erfahrung zu sterben mit der entsprechenden Panik, dazu gehört ein Lebensrückblick - dass man sein ganzes vergangenes Leben detailliert bis in die früheste Kindheit noch mal erlebt unter der Rücksicht, wo habe ich geliebt, wo habe ich verletzt und sehr empathisch die Verletzung, die man bei anderen angerichtet hat, selber empfindet. Dazu gehört eine außerkörperliche Erfahrung. Und dann gibt es ein Element des Übergangs – das wird oft die Tunnel Erfahrung genannt. Und man merkt, dass man irgendwie von einer Dimension in eine andere hinübergleitet und dann das Eintauchen in diese andere Dimension, dass die irgendwie energetisch lichtvoll ist. Und man merkt, dass man nicht allein ist, dass da andere sind. Und schließlich das Eintauchen in eine überwältigende Liebe, die alle Erfahrungen sprengt, die man bisher in seinem Leben - auch die allerschönsten - gemacht hat.“ SPRECHERIN Godehard Brüntrup, Professor für Philosophie an der Philosophischen Hochschule in München. Im Alter von 30 Jahren macht er eine Nahtoderfahrung. Nach einem Herzstillstand widerfahren ihm mehr oder weniger ausgeprägt alle typischen Merkmale eines Nahtoderlebnisses. Auf der sogenannten Greyson Skala, eine Skala, mit der man international die Intensität von Nahtodmomenten misst, gilt seine Erfahrung als tiefgreifend. Warum dieses erschütternde Ereignis manchen widerfährt und anderen wiederum nicht, warum die einen sich nach einem Herzstillstand oder ähnlichen existentiellen Erfahrungen an solche Augenblicke erinnern und andere nicht, das weiß die Forschung bislang nicht. Was sie aber kann: Raster erstellen, die das Phänomen umschreiben. Die Soziologin Ina Schmied-Knittel achtet dabei mehr auf strukturelle als auf inhaltliche Kriterien:  O-TON 2 INA SCHMIED-KNITTEL „also zum Beispiel, dass eine lebensbedrohliche Situation in der Regel der Auslöser dieser Erfahrung ist. Und dass die Leute dann das Gefühl haben, auch wirklich ihr eigenes Sterben zu erleben. Und davon sind Sie ganz extrem überzeugt. Obwohl man in der lebensbedrohlichen Situation ist, berichten viele dieser Leute, dass sie dabei sehr angenehme und positive Veränderungen haben, aber eben nicht alle. Wir haben auch solche Nahtodberichte, bei denen die Leute angstbesetzte Erfahrungen schildern.“ SPRECHERIN Letzteres sei untypisch, so Godehard Brüntrup. Er ist inzwischen Experte auf dem Gebiet der Nahtoderfahrung, hat recherchiert, Interviews geführt, Aufsätze und Bücher geschrieben, Vorträge gehalten. Er erklärt sich negative Erfahrungen folgendermaßen: O-TON 3 GODEHARD BRÜNTRUP „Die Nahtoderfahrung fängt ja an mit einem starken Angstgefühl, weil man merkt, dass man stirbt. Man merkt, dass die Beine kalt werden, die Hände und die Arme kalt werden, dass das Leben sich von außen nach innen zurückzieht. Das löst eine Ur-Panik aus. Und wenn man zum Beispiel in dieser Situation zurückgeholt wird, dann ist man auch gar nicht tiefer in die Erfahrung eingedrungen. Dann erinnert man sich nur an Panik.  MUSIK privat Take 006 „Stop My Heart“; Album: Flatliners; Label: Sony Classical; Interpret: Nathan Barr; Komponist: Nathan Barr; ZEIT: 00:21 SPRECHERIN Nur etwa 20 Prozent derjenigen, die sich in einer lebensbedrohlichen Situation befinden und überleben, machen eine Nahtoderfahrung. Mit oft massiven Konsequenzen.  MUSIK ENDE O-TON 4 GODEHARD BRÜNTRUP Es ist auch durch langfristige Studien mehrfach wiederholt erwiesen, dass sich Menschen, die eine Nahtoderfahrung gemacht haben in ihrer Persönlichkeit tiefgreifend und dauerhaft verändern. Und zwar auch so, dass sie das mehr tun als eine Kontrollgruppe, die nur einen „Herzinfarkt“ oder einen „Herzstillstand“ hatte. Und das betrifft viele Bereiche. Am grundlegendsten in der Werteordnung. Die meisten Nahtoderfahrenen sagen, dass nach der Nahtoderfahrung tiefe zwischenmenschliche Beziehungen, ganz im Zentrum des Lebens stehen. Nicht mehr der berufliche Erfolg, nicht mehr das Geld, nicht mehr der Ruhm. Und das Zweite: Die Erlangung von Weisheit. Und Weisheit ist was anderes als wissen. Und je nachdem, wie sie vorher gelebt haben müssen sie ihr Leben radikal ändern, um diesen beiden Maximen - mehr Liebe, mehr Weisheit - gerecht zu werden.  SPRECHERIN Ina Schmied-Knittel vom Institut für Grenzgebiete der Psychologie erforscht den Umgang mit außergewöhnlichen Erfahrungen. Sie führt an, dass das individuelle Empfinden mit der gesellschaftlichen Reaktion in Konflikt geraten kann, was manche Nahtoderfahrene psychisch enorm herausfordert. O-TON 5 INA SCHMIED-KNITTEL „Nämlich dann, wenn einem nicht geglaubt wird von der Umwelt, beispielsweise, wenn andere Leute diese Erfahrung nicht teilen, ungläubig damit umgehen. Das könnte dann auch zu Problemen im Umfeld führen oder zur kritischen Hinterfragung bisheriger Glaubenssätze, die sich dann plötzlich umkehren und man in eine religiöse oder spirituelle Krise geraten kann.“  SPRECHERIN Der klinische Neuropsychologe Christian Hoppe von der Universität Bonn war ursprünglich katholischer Theologe und hat sich von der christlichen Religion abgewendet.  Allerdings nicht durch ein Nahtoderlebnis, sondern durch seine Beschäftigung mit der Hirnforschung. Seitdem beobachtet der Neurowissenschaftler unter anderem das Nahtod-Phänomen, wobei er findet, dass Nahtod im Grunde nicht der richtige Begriff ist für eine derartige Erfahrung. Inhaltlich sehr ähnliche Erlebnisse könnten in gänzlich andersartigen Zusammenhängen und fern jeder Todesbedrohung auftreten, z.B. unter Ketamin-Einnahme: O-TON 6 CHRISTIAN HOPPE „Wenn sie die subjektiven Berichte lesen und die Vergleiche mit den subjektiven Berichten nach spontanen Nahtoderfahrungen, dann sind diese Berichte sich außerordentlich ähnlich, sie können die eigentlich nicht zuverlässig voneinander trennen, das haben Studien ergeben, und die wurden auch repliziert und bei LSD sind es ähnliche Erfahrungen. SPRECHERIN: Eine Hypothese, die Godehardt Brüntrup vertraut ist. Er hat sich mit mehreren Drogen befasst, die in der Lage sind, dem Konsumenten außerkörperliche Erfahrungen vermitteln, die radikal lebensverändernd sein können.  O-TON 7 GODEHARD BRÜNTRUP Die sind meistens so: man liegt im Bett und schaut auf sich, dann dreht man so die Achse so und sieht sich selbst vom Fußende her, mit einem ganz langen Bein. Also das Gehirn dreht sozusagen die Bilder bisschen im Raum herum. Es sind offensichtliche optische Täuschungen, Illusionen. Aber dass jemand völlig unverzerrt, ganz glasklar sieht, was in dem Raum passiert, aus einer Perspektive, die er mit seinen Sinnesorganen gar nicht einnehmen könnte. Das ist schon anders als bei der außerkörperlichen LSD-Erfahrung. MUSIK privat Take 006 „Stop My Heart“; Album: Flatliners; Label: Sony Classical; Interpret: Nathan Barr; Komponist: Nathan Barr; ZEIT: 00:22 SPRECHERIN: Brüntrup schaute in seinem Nahtod-Moment aus einer erhöhten Position auf seinen Körper. Von da aus sah er einen Mann mit einer orangefarbenen Jacke neben seinem Bett stehen. MUSIK ENDE O-TON 8 GODEHARD BRÜNTRUP „Ich erinnere mich, dass ich mich gefragt habe, warum neben den weiß und grün gekleideten dieser orangefarbene sei. Später habe ich dann nachgefragt und erfahren, dass der von einem Notarztwagen kam und deswegen die orangefarbene Jacke trug. Ich konnte ihn sicherlich nicht sehen aus der Richtung, aus der ich ihn gesehen habe. Es gibt keine exakten wissenschaftlichen Daten, ob ich zu dem Zeitpunkt vollkommen bewusstlos war.  SPRECHERIN: Damit ist Brüntrup nicht der Einzige. Viele Nahtoderfahrene erzählen, sie hätten Dinge gesehen, die aus der Position, in der sie sich befunden haben, gar nicht wahrnehmbar gewesen wären. Für Christian Hoppe noch lange kein Beweis für die Loslösung des Bewusstseins vom Körper. O-TON 9 CHRISTIAN HOPPE „Das wäre möglich, dass es kurze Inseln gab, in denen hinreichend Bewusstsein da war. Es kann sein, dass auch mal kurz die Augen geöffnet wurden, um den Pupillenreflex zu prüfen oder was auch immer Manches wird gehört, manche Dinge stellt man sich eben vor, zum Beispiel einen Notarzt, stellen Sie sich wahrscheinlich nicht in einer hellgrauen Steppjacke vor, sondern wahrscheinlich in so einer signalfarbenen Jacke, wenn sie einfach wissen, hier ist gerade ein Notarzt, der irgendwas bei mir macht.  SPRECHERIN: Außerkörperliche Erfahrung sei außerdem im Hirn induzierbar, so Hoppe. Im Rahmen der Epilepsie Diagnostik stimulierte man die Hirnrinde von Epileptikern in den Bereichen des Gehirns, die für Sehen und räumliches Denken verantwortlich sind. O-TON 10 CHRISTIAN HOPPE „Da hatte man eine Patientin, wo man in diesem Bereich Elektroden liegen hatte und testen wollte, ob von dort Epilepsie ausgeht und die Stimulation dieser Elektroden hat dann unmittelbar ein außerkörperliches Erlebnis ausgelöst. Die Patientin hat sich dann teilweise von oben selbst im Bett liegen gesehen und mit dem Abschalten des Stroms war die Erfahrung schon wieder zu Ende und das konnte dann mehrfach repliziert werden durch An- und Abschalten.“ SPRECHERIN: Im Fall eines Nahtodes heißt das: Wenn durch einen Herzstillstand der Gehirnbereich, der das Sehen veranlasst, unterversorgt ist, dann kann eine außerkörperliche Erfahrung eintreten.  O-TON 11 CHRISTIAN HOPPE „Dann scheint das visuelle System umzuschalten auf eine objektive Beobachterposition. Statt die perspektivische Mitte im Körper zu verankern, was jetzt nicht mehr möglich ist, wird die perspektivische Mitte nach außerhalb gelegt, wie bei einem objektiven Beobachter, der die Szene von draußen sieht.“  SPRECHERIN In der sogenannten Awarenessstudie haben Ärzte auf Intensivstationen in 15 Kliniken das visuelle Bewusstsein von Patienten getestet, indem sie an der Decke Displays angebracht hatten, die zufallsgenerierte Bilder und Symbole erzeugt haben. Sie waren nur aus erhöhter Position zu sehen. Hätte jemand tatsächlich seinen Körper verlassen und von oben nach unten gesehen, wären ihm die Tablets aufgefallen. Leider aber konnte keine der wiederbelebten Versuchspersonen mit Außerkörperlichkeitserfahrung über entsprechende Bilder berichten. Denn die einen interessierten sich außerhalb ihres Körpers nicht für den Deckenbereich. Andere hatten ihre Nahtoderfahrung nicht in dem OP-Saal, wo die Displays installiert waren.  MUSIK privat Take 009 „Unethered“; Album: Flatliners; Label: Sony Classical; Interpret: Nathan Barr; Komponist: Nathan Barr; ZEIT: 00:45 SPRECHERIN Die Erfahrung, aus dem eigenen Körper schlüpfen zu können, ist eines der umstrittensten Phänomene in der Nahtodforschung. Zumal da auch blinde Personen beschreiben, dass sie im außerkörperlichen Nahtod plötzlich sehen konnten. Das allerdings hält die Hirnforschung für ungewöhnlich, wenn nicht gar unmöglich. Vor allem, wenn das Betroffene berichten, die blind auf die Welt gekommen sind. Nahtodberichte gibt es, seit es Menschen gibt. Die Bibel birgt eine Fülle von Erzählungen über wundersame Ereignisse, die Nahtodmomenten ähneln. Der Versuch aber, Nahtoderfahrungen als solche zu klassifizieren und zu erforschen, ist noch nicht alt.  MUSIK ENDE Ina Schmid-Knittel: O-TON 13 INA SCHMIED-KNITTEL „Eine der ersten Untersuchungen ist von Achtzehnhundertzweiundneunzig von Albert Heim im Jahrbuch des Schweizer Alpenvereins. (…). Das ist mal nun nicht das womit man rechnet. Und Albert Heim war jetzt auch kein Mediziner, sondern Geologe, aber er war passionierter Bergsteiger und der ist am Berg abgestürzt und hat es überlebt und hat eben währenddessen eine, ich sag jetzt mal klassische Nahtoderfahrung gehabt: ein sehr angstfreies, positives Empfinden, dass er, trotzdem er weiß, er stirbt, sehr schöne Bilder hat. (…) und dann hat er das seinen Bergsteigerkollegen erzählt und stieß dann eben auf Personen,  die identische Erfahrung hatten wie er. Und das hat er gesammelt und hat Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauskristallisiert und hat das veröffentlicht.“ MUSIK privat Take 002 „Main Title“; Album: Flatliners; Label: Sony Classical; Interpret: Nathan Barr; Komponist: Nathan Barr; ZEIT: 00:45 ZITATOR ALBERT HEIM „Angesichts des Todes durch plötzlichen Unglücksfall tritt bei fast allen der gleiche geistige Zustand ein.  Er lässt sich kurz wie folgt charakterisieren: Es wird kein Schmerz empfunden, ebenso wenig lähmender Schreck (…) Keine Angst, keine Spur von Verzweiflung, vielmehr ruhiger Ernst, beherrschende geistige Sicherheit und Raschheit. Die Gedankentätigkeit ist enorm, wohl auf hundertfache Geschwindigkeit oder Intensität gesteigert, die Verhältnisse werden weit hinaus objektiv überblickt. Die Zeit erscheint verlängert. In zahlreichen Fällen folgt ein plötzlicher Rückblick in die ganze eigene Vergangenheit.“  MUSIK ENDE SPRECHERIN: Die moderne Nahtodforschung begann erst in den 60er und 70er Jahren. Es gab damals einen immensen Fortschritt in der Reanimationstechnik, wodurch immer mehr Leute erfolgreich wiederbelebt werden konnten. In diesem Zusammenhang stieg auch die Zahl der sich ähnelnden Nahtoderfahrungsberichte. O-TON 14 INA SCHMIED-KNITTEL „Mediziner und Medizinerinnen sammelten und publizierten das und diese Bücher wurden sehr, sehr populär. Und ich glaube, das hängt auch damit zusammen, weil es in den 60er und 70er Jahren einen immensen Aufschwung von New Age und esoterischen Themen gab, wo auch die subjektive Einsicht in bestimmte, religiöse oder transzendente Fragen ne sehr, sehr große Rolle spielte.  SPRECHERIN:  Bis heute halten sich die kulturellen Deutungsmuster der damaligen Zeit, was oft den Blick verengt. In den öffentlichen Diskurs schaffen es vor allem die Bilder vom Tunnel, vom Licht und von Erfüllung. Schmied- Knittel hat in der 90er Jahren mit Kollegen eine Studie durchgeführt, in der sie Nahtodberichte von Ost- und Westdeutschen verglichen hat.  O-TON 15 INA SCHMIED-KNITTEL „Es war so, dass in Westdeutschland mehrere oder die meisten der Erfahrungen eben diesem klassischen Muster entsprach: angenehme Erfahrungen, Tunnel, Licht, paradiesische Landschaft. Man traf auf Verstorbene und das Ganze war eben auch schmerzfrei, wunderbar und bedeutsam. Und in Ostdeutschland war es so, dass viele der aus der Literatur bekannten Motive gar nicht auftauchten, sondern zum Teil auch sehr abstrakte, sehr bizarren Landschaften oder unklare, gar nicht identifizierbare Landschaften und Personen oder Wesenheiten und häufiger auch ein angstbesetzter, emotionaler Zustand bei den Ostdeutschen.“ MUSIK privat Take 006 „Stop My Heart“; Album: Flatliners; Label: Sony Classical; Interpret: Nathan Barr; Komponist: Nathan Barr; ZEIT: 00:36 SPRECHERIN: Je nachdem, worauf man sich fokussiert, treten Unterschiede, Schwankungen oder eben Gemeinsamkeiten auf. Schmid-Knittel vertritt eine Soziologie, die vor allem auf die Unterschiede schaut. Godehardt Brüntrup hingegen verweist darauf, dass Nahtoderfahrungsinhalte interkulturell oft überraschend homogen sind, was die Sache nicht einfacher macht. Klar ist, je mehr sich Nahtoderfahrungen über kulturelle Unterschiede hinweg ähneln, desto besser lassen sie sich als allumfassende, überirdische Gottesnähe deuten. Da wiederum stellt sich die Neurologie quer.  MUSIK ENDE O-Ton 16 Christian Hoppe „Man muss wirklich in die Details gehen. Wir Neurowissenschaftler, die meisten jedenfalls von uns vermutlich, würden weiterhin behaupten, ja auch die Nahtoderfahrung beruhen auf veränderten Hirnprozessen, aber eben auf Hirnprozessen. Und ohne diese Hirnprozesse vermuten wir, finden gar keine Erfahrungen statt.“  SPRECHERIN Brüntrup, der seine Nahtoderfahrung als mystisches Erlebnis interpretiert, hegt da Zweifel. O-TON 17 GODEHARDT BRÜNTRUP „Also die Wissenschaft hat natürlich zunächst ein Interesse, ihr bestehendes Erklärungsmodell nicht umwerfen zu müssen und das bestehende Erklärungsmodell ist, dass unser bewusstes Leben, das, was wir wahrnehmen, fühlen, empfinden und denken, von unserem Gehirn erzeugt wird. Und die Nahtoderfahrung stellt diese wissenschaftliche Hypothese zumindest teilweise in Frage.  MUSIK  privat Take 018 „Tessa Visits“; Album: Flatliners; Label: Sony Classical; Interpret: Nathan Barr; Komponist: Nathan Barr; ZEIT: 00:26 SPRECHERIN: Gibt es also eine spezielle Form von Bewusstsein kurz bevor wir sterben? Und falls ja, wann und wo ist noch Bewusstsein, wann passiert die Nahtoderfahrung und wann sind wir tot? In der Forschung steht man vor dem Problem, dass man dieses letzte Aufbäumen der Neuronen nicht mit der Nahtoderfahrung synchronisieren kann. Denn der Patient ist in dem Moment nicht ansprechbar.  MUSIK ENDE O-TON 19 CHRISTIAN HOPPE „Die interessante Frage ist wirklich, zu welchem Zeitpunkt genau findet die Nahtoderfahrung statt? Beim Tunnel-Licht-Erlebnis, bei der Wiederbegegnung mit Verstorbenen und so weiter lässt sich der Zeitpunkt in unserer Welt gar nicht festlegen. Beim Außerkörperlichen Erlebnis ist es manchmal so, dass wir ne klare zeitliche Zuordnung haben, die man auch im Nachhinein noch zeitlich zuordnen kann und dann ist wirklich die interessante Frage, ob zu diesem Zeitpunkt eigentlich totale Bewusstlosigkeit bestand oder ob das Gehirn in einem Zustand war, wo man sagt, das ist ausgeschlossen, dass das Gehirn noch irgendein Bewusstsein erzeugt oder so. Und die Theorie der Neurowissenschaftler wäre eben, dass diese Erfahrungen auftreten im Übergang zum Verlust des Bewusstseins oder in der Wiederkehr des Bewusstseins nach einer Bewusstlosigkeit.  SPRECHERIN: Der Nahtoderfahrene Godehardt Brüntrup betont, dass Sinn, Gehalt und Bedeutung der Erfahrung nicht reduzierbar sind auf neuronale Prozesse. Die Neurowissenschaften konzentrieren sich sehr auf die funktionalen Aspekte und fragen, wie so eine Erfahrung zustandekommt, welche Rolle das Gehirn spielt. Die Inhalte, die für Nahtod-Betroffene im Vordergrund stehen, sind aus neurowissenschaftlicher Sicht gar nicht der Punkt. Das ist frustrierend für Nahtoderfahrene, die durch und durch erschüttert sind von einer tiefen Grenzerfahrung. Oft fühlen sich die Betroffenen unverstanden und schweigen, selbst fassungslos über den überwältigenden Moment, den sie durchlebt haben.  O-TON 22 CHRISTIAN HOPPE: „Wir haben damals, als wir gesammelt haben und solche Berichte zusammengestellt haben, haben wir von einer Person einen Bericht zugeschickt bekommen, die uns dann erzählte, dass sie seit über 40 Jahren jeden Tag an dieses Nahtoderlebnis zurückdenkt, aber noch nie mit der eigenen Ehefrau darüber gesprochen hat. Aus Sorge, dass das nicht ernst genommen wird. Oder dass es irgendwie zerredet wird oder wie auch immer.“ SPRECHERIN: Die Angst, als verrückter Esoteriker abgestempelt zu werden ist groß.  Zumal da es unzählige esoterische Schriften gibt, die den Nahtod als willkommenen Beweis für übersinnliche Welten propagieren. Betroffene können auf der Suche nach Antworten in obskure Kreise geraten.  O-TON 23 GODEHARDT BRÜNTRUP: „Das sind die Interpretationsversuche der Leute, die geprägt sind durch ihren Bildungsstand. Durch das, was Ihnen gerade zur Verfügung steht. Und das ist nicht immer perfekt gelungen. Aber wenn man dann mit ihnen spricht und sagt, jetzt lass mal deine angelesene Deutung weg und erzähl mal über deine Erfahrung selbst. Dann kommt eine sehr authentische und tiefgreifende, die Persönlichkeit erschütternde Erfahrung raus in praktisch allen Fällen. Also von daher wäre das Wichtigste weniger auf die Interpretationen zu achten, sondern die Erfahrung selbst sprechen zu lassen.  SPRECHERIN: Die Nahtoderfahrung findet wahrscheinlich innerhalb der ersten zwei bis drei Minuten nach dem Herzstillstand statt. Nach fünf bis zehn Minuten ohne Sauerstoffzufuhr treten irreversible Schäden ein, was nicht heißt, dass das Hirn tot ist. Eine neue, breit angelegte Studie aus den USA, weist darauf hin, dass das Sterben des Gehirns wohl länger dauert als gedacht. O-Ton 24 Godehard Brüntrup: „Dass man nicht so klar angeben kann - nach dem Hirntodkriterium - hier jetzt genau in der Sekunde ist der Mensch tot, sondern das ist ein Prozess, der sich sehr lange hinzieht. Und das hat diese Studie gezeigt, dass auch von Menschen, die äußerlich tot zu sein scheinen, wo auch die mangelnde Gehirnaktivität in diese Richtung deutet, trotzdem noch Empfindungen haben und geistig aktiv sind.  MUSIK privat Take 006 „Stop My Heart“; Album: Flatliners; Label: Sony Classical; Interpret: Nathan Barr; Komponist: Nathan Barr; ZEIT: 00:35 SPRECHERIN: Was passiert also, wenn wir sterben? Vieles bleibt vage, einiges könnte, dürfte, oder wird wohl so sein. Feststeht: Die meisten Nahtoderfahrenen haben keine Angst mehr vor dem Sterben. Naturwissenschaftler entgegnen, die Betroffenen seien dem Tod nie wirklich nahe gewesen, denn sie seien ja nie gestorben. Wann und wo Leben und Tod anfangen und aufhören, darüber lässt sich offensichtlich diskutieren.  O-Ton 25 Ina Schmied-Knittel: „Vielleicht ist das auch ein Punkt, wo die Nahtoderfahrungen in den öffentlichen Diskurs hineinsteigt und eben ein Beispiel bringt, dass es eben manchmal nicht so einfach ist wie angenommen und dass bestimmte Kriterien oder Methoden eben auch nicht immer angemessen sind und man ne gewisse Offenheit auch vielleicht zugestehen muss.“ MUSIK privat Take 006 „Stop My Heart“; Album: Flatliners; Label: Sony Classical; Interpret: Nathan Barr; Komponist: Nathan Barr; ZEIT: 00:37 SPRECHERIN Die Forschung ist noch lange nicht abgeschlossen. Und wird es vielleicht auch nie sein. Nahtoderfahrungen zeigen auf, wie es sich anfühlen könnte, das Diesseits zu verlassen. Sie können nicht erklären, was im Sterben tatsächlich passiert. Aber sie erweitern unseren Horizont, indem sie uns ein Beispiel geben, zu welch existentieller Entgrenzung wir fähig sind. Und so laden sie uns ein, dem Unvorhersehbaren zu vertrauen. Im Tod genauso wie im Leben.
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Jul 9, 2025 • 23min

Enge in der Stadt - Alltag und Gesundheit

In städtischen Lebensräumen kann der engere Kontakt zu vielen Menschen gesundheitliche Probleme verursachen. Die Dunbar-Zahl von 150 beschreibt, wie viele soziale Beziehungen wir tatsächlich aktiv pflegen können. Urbaner Stress, verstärkt durch Lärm und Überbelegung, beeinflusst unser Wohlbefinden stark. Fußgängerfreundliche Städte, mit Zugang zu Grünflächen, können die Lebensqualität steigern. Zudem wird die Wichtigkeit der Bürgerbeteiligung in der Stadtplanung für eine gesunde Stadtentwicklung betont.
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Jul 9, 2025 • 22min

Der Tyrannenmord - Heldentat oder Verbrechen?

Der Mord an Julius Cäsar wird aus historischer und philosophischer Perspektive untersucht. Fragen wie Moral und Legitimität von Tyrannenmorden stehen im Mittelpunkt. Zudem wird der Widerstand gegen Adolf Hitler behandelt, insbesondere durch Figuren wie Stauffenberg. Ethische und rechtliche Dimensionen werden debattiert, zusammen mit der Komplexität von Gewissensentscheidungen in tyrannischen Regimes. Die Diskussion beleuchtet, ob die Tötung eines Diktators tatsächlich zu stabilen Veränderungen führt.

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