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Nov 6, 2024 • 13min

Plankton - auf der Suche nach der Basis der Futterkette

Kleine und große Schwebewesen bevölkern die Meere. Die erste Expedition zu ihrer Untersuchung organisierte der Meeresbiologe Victor Hensen, der den Begriff Plankton erfunden hat - am 7.11.1889 kehrte sie heim.Im Jahr 1889 bricht der Kieler Biologe Victor Hensen zu einer außergewöhnlichen Reise auf. Er will erforschen, was wir heute unter dem Namen Plankton kennen: die winzigen, oft unsichtbaren Bewohner des Meeres. An Bord des Dampfers "National" und unterstützt von einem Team aus Zoologen, Botanikern und sogar einem Marinemaler startet Hensen die erste große Planktonexpedition in den Nordatlantik. An über 120 Stellen nehmen die Forscher Proben und entdecken unzählige Organismen, vom mikroskopischen Phytoplankton bis hin zu Quallen. Dabei entdecken die Forscher hunderte von neuen Arten – so viele, dass die gesammelten Proben noch Jahrzehnte lang analysiert werden. Hensens Ziel ist es, das Plankton systematisch zu erfassen, um dessen Bedeutung für das Leben im Meer zu verstehen. Eigens von ihm entwickelte, spezielle Netze werden dafür vertikal durchs Wasser gezogen – ein Verfahren, das uns auch heute noch in der Meeresforschung dient. In diesem Zeitzeichen erzählt Murat Kayi:was Hensens erste Studien mit einem einzelnen Fisch, dem Goldbutt, zu tun haben, warum Plankton für die Nahrungskette im Ozean so wichtig ist und sogar das Weltklima beeinflusst, was die Forschungsteilnehmer der Expedition alles mitnehmen müssen, darunter nicht nur Messgeräte, sondern auch einen Marinemaler, warum es besonders in kalten Meeresgebieten viel mehr Plankton gibt als in wärmeren Gewässern, und welche Rolle neue Technologien wie DNA-Analysen und Satellitendaten heute in der Planktonforschung spielen. Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Dr. Meike Vogt, Senior Researcher und Klimawissenschaftlerin an der ETH Zürich.Das sind unsere wichtigsten Quellen:Karl Brandt: Haeckel's Ansichten über die Plankton-expedition, Kiel 1891.Otto Krümmel: Reisebeschreibung der Plankton-Expedition, Schwerin 2021. Karl Brandt: Ueber die biologischen Untersuchungen der Plankton-Expedition. In: Naturwissenschaftliche Rundschau 5, 1890, S. 112–114.Victor Hensen: Einige Ergebnisse der Plankton-Expedition der Humboldt-Stiftung. In: Naturwissenschaftliche Rundschau 5, 1890, S. 318–320. Weiterführende Links:SWR natürlich! - Plankton - der Schatz aus dem MeerDie Plankton-Expedition, Berlin-Brandenburgische Akademie der WissenschaftenG. Kortum: Victor Hensen in der Geschichte der Meeresforschung, Schriften des Naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig-Holstein, Bd. 71, 2009, S. 3-25.Welches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Noch mehr Infos zu dieser und anderen Zeitzeichensendungen von Murat Kayı finden Sie hier.Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Murat KayiRedaktion: Frank Zirpins
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Nov 5, 2024 • 15min

6.11.1989: Erich Mielke ordnet Vernichtung von Stasi-Akten an

Im Herbst 1989 steht die DDR-Führung vor dem Aus: Proteste richten sich auch gegen das Ministerium für Staatssicherheit. Stasi-Chef Mielke lässt darum Akten verschwinden.Am 6. November 1989 passiert in der DDR etwas Unerhörtes. Der langjährige Chef des Ministeriums für Staatssicherheit, Erich Mielke, erlässt eine geheime Anweisung zur außerordentlichen Vernichtung von Materialien seines Ministeriums. Die Weisung geht per Rundschreiben an die Kreisdienststellen.Die Demonstrationen, die sich gegen das Regime richten, finden inzwischen im ganzen Land statt. Die Kreisdienststellen erscheinen Mielke deshalb nicht mehr sicher genug. Brisante Unterlagen über inoffizielle Mitarbeiter oder Überwachungspraktiken sollen vernichtet oder in die Bezirksverwaltungen ausgelagert werden.Mielke ahnt, dass seine Macht schwindet. Der "Feind" soll keine Spuren finden. Die Spuren des eigenen rechtsstaatswidrigen Handelns sollen beseitigt werden. Tags darauf tritt Mielke als Minister zurück.In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Klug:wie das DDR-Ministerium für Staatssicherheit im Volksmund genannt wird,mit welcher Haltung Erich Mielke sein Ministerium 32 Jahre lang führt,wie die Aktenvernichtung durch die Bevölkerung gestoppt wird,für welche Tat Erich Mielke nach dem Mauerfall zu sechs Jahren Haft verurteilt wird,wo die Akten lagern, die dieses Urteil ermöglichen.Das ist unser wichtigster Interviewpartner:Roland Jahn (letzter Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde)Weiterführende Links:Stichtag 26.10.1993: Erich Mielke wegen Mordes verurteiltStichtag 08.02.1950: DDR verabschiedet Stasi-GesetzZeitzeichen 29.12.1991: Stasi-Unterlagen-Gesetz tritt in KraftStichtag 12.11.1996: Karlsruher Entscheidung zu den Todesschüssen an DDR-GrenzeWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Thomas KlugRedaktion: Christoph Tiegel und David RotherTechnik: Antonia Herzog
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Nov 4, 2024 • 13min

Pioniertat im OP: Werner Forßmanns Herzkatheter-Selbstversuch

Mit einem gewagten Eingriff legt Werner Forßmann den Grundstein für die moderne Herzmedizin. Der Patient: Er selbst. Am 5.11.1929 berichtet er erstmals davon. Und viel später wird er dafür mit dem Medizin-Nobelpreis belohnt.Am 5. November 1929 erscheint im renommierten Ärzteblatt "Berliner Klinische Wochenschrift" ein Aufsatz von Werner Forßmann. Der Titel lautet "Über die Sondierung des rechten Herzens". Darin schildert der Assistenzarzt, wie er im zurückliegenden Sommer in einem Provinzkrankenhaus im brandenburgischen Eberswalde ein risikoreiches Experiment durchgeführt hat: eine Herzkatheter-Untersuchung am eigenen Körper.Forßmann legt damit die Grundlage für die Einführung der Herzkatheter-Untersuchung in die klinische Praxis. Doch diese Leistung wird erst Jahre später erkannt. Zunächst wird der Mediziner für seinen Mut nur von der Boulevardpresse gefeiert. In der wissenschaftlichen Literatur gibt es erst viel später eine entsprechende Resonanz.In diesem Zeitzeichen erzählt Steffi Tenhaven:wie der 25-jährige Werner Forßmann während der Mittagspause heimlich seinen Selbstversuch durchführt,warum er auf die ursprünglich geplanten Patientenversuche verzichtet,wie der Chirurg Ferdinand Sauerbruch angeblich über das Herzkatheter-Experiment spottet,in welcher Beziehung Forßmann zur NSDAP steht,mit welchen beiden US-Ärzten er den Nobelpreis erhält.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Professor Dietrich Pfeiffer (Kardiologe in Berlin)Werner Forßmann: Selbstversuch - Erinnerungen eines Chirurgen. Düsseldorf 1972Weiterführende Links:Aktuelle Kamera: Interview mit Nobelpreisträger Werner ForßmannWerner-Forßmann-Klinikum Eberswalde: KrankenhausgeschichteZeitzeichen 02.07.1951: Ferdinand Sauerbruch stirbt in BerlinPlanet-Wissen: Das menschliche Herzgesundheitsinformation.de: Was passiert bei einer Herzkatheter-Untersuchung?Welches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Steffi TenhavenRedaktion: Christoph Tiegel und Frank Zirpins
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Nov 4, 2024 • 15min

Walther Leisler Kiep: Die CDU-Spendenaffäre

Er war beliebt, erfolgreich und verwickelt in die schwerste Krise der CDU: Am 4. November 1999 erlässt die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl gegen Walther Leisler Kiep wegen Steuerhinterziehung. Und das ist erst der Anfang.Ende August 1991 auf einem Parkplatz in der Schweiz: CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep und CDU-Steuerberater Horst Weyrauch nehmen einen Koffer entgegen, der eine Million Mark enthält. Es soll sich um eine Parteispende des Waffenhändlers Karl Heinz Schreiber gehandelt haben, so erzählen es die beiden CDU-Männer später. Das Geld taucht dann später auf einem Treuhandkonto der CDU auf und wird verschwiegen.Gut acht Jahre später wird das Leisler Kiep zum Verhängnis: Am 4. November 1999 erlässt das Amtsgericht Augsburg Haftbefehl gegen ihn. Der frühere CDU-Schatzmeister soll das Geld für die Vermittlung eines Panzergeschäfts der Thyssen AG mit Saudi-Arabien bekommen haben.Am 5. November 1999 stellt sich Leisler Kiep der Justiz. Seine Aussage bringt einiges ins Rollen. Es stellt sich schließlich heraus: Unter Parteichef Helmut Kohl existiert ein ganzes System von Auslandskonten und schwarzen Kassen, über das die CDU unter anderem Wahlkämpfe und Parteitage mitfinanziert hat.In diesem Zeitzeichen erzählt Martina Meißner:Welche Rolle der Verein "Staatsbürgerliche Vereinigung" damals bei der Parteienfinanzierung spielt,wie ein Untersuchungsausschuss des Bundestages die CDU-Spendenaffäre beleuchtet,wie sich Ex-CDU-Parteichef Helmut Kohl in der Affäre verhält,welche Regeln das Parteiengesetz heute für Spenden vorsieht.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Andreas Polk (Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin, Beirat und Mitglied bei Transparency International Deutschland)Weiterführende Links:BR24-Chronologie: Schwarzgeld-Affäre Kiep, Kohl & Co.BR24: Schreiber-Prozess - Der CDU-Spendenskandalf fliegt aufPhoenixLive: Helmut Kohl räumt Existenz von schwarzen Konten bei der CDU einSWR Doku: CDU-Spendenaffäre: Als Angela Merkel mit Kohl brachWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Martina MeißnerRedaktion: Frank Zirpins
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Nov 2, 2024 • 13min

Gegen Subkulturen: Großbritannien verbietet Open-Air-Raves

Während in Berlin Tausende bei der Love Parade tanzen, feiern Briten wild und unkontrolliert auf dem Land. Ab dem 3.11.1994 ist das gesetzlich verboten. Aber die Party geht weiter.Bekannt wird das Gesetz wegen einer Passage über Open-Air-Partys, auf denen Musik läuft, die so definiert wird: "Ihr verübt eine Straftat, wenn ihr verstärkte Musik spielt, die Klänge enthält, die vollständig oder zum Teil charakterisiert sind durch die Ausstrahlung einer Abfolge von sich wiederholenden Beats."Trotz des Widerstandes konservativer Kreise fahren ganze Karawanen aus den Städten zu den großen Open Air-Events aufs Land. Die Konservative Partei (Tories) entdeckt das Thema für sich.Der Criminal Justice Act soll die Versammlungsfreiheit einschränken und nicht nur die Raver treffen: Aussteiger, die ihr Leben im Wohnmobil verbrachten, sollen ihr Aufenthaltsrecht auf öffentlichen Flächen verlieren. Menschen, die den Neubau von Straßen blockieren oder eine Fuchsjagd stören, müssen mit empfindlichen Strafen rechnen.Auf der Straße demonstriert eine bunte Mischung gegen den Criminal Justice Act: Hippies mit Dreadlocks, Raver mit bunten Haaren, Umweltaktivisten und Oppositionspolitiker. Nur erfolgreich ist das Bündnis nicht. Trotz drei großer Demonstrationen zwischen Mai und Oktober wird der Criminal Justice Act am 3.11.1994 im britischen Unterhaus verabschiedet. In diesem Zeitzeichen erzählt Christian Werthschulte:welche Rolle leerstehende Lagerhallen und Fabriken bei den Entwicklungen der neuen Musik-Kultur spielen,wie die BBC dazu beiträgt, dass ein Festival in einem kleinen Dorf in der Grafschaft Gloucestershire aus dem Ruder läuftdass das Gesetz die Free-Festival-Bewegung zerstörte und Musikfestivals kommerzialisiert wurden.Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:Jeremy Gilbert, Professor für Cultural Studies, University of East LondonSimone Fenney, Mitglied der Techno-Crew Spiral TribeWeiterführende Links:Zeitzeichen: 18.10.1922 - Gründung der BBCStichtag: 14. Dezember 1991 - Erster Mayday in Berlin18 Verletzte bei illegaler Techno-Party in KölnWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Christian WerthschulteRedaktion: Carolin Rückl und Matti Hesse
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Nov 1, 2024 • 15min

Pilotinnen-Club Ninety-Nines: Frauen erobern den Himmel

Am 2. November 1929 gründeten 99 Pionierinnen die internationale Pilotinnenvereinigung Ninety-Nines. Doch bis heute sind Frauen im Cockpit weltweit eine Ausnahme.Privatpilotinnen, Berufsfliegerinnen, Raumfahrerinnen - in der Pilotinnenvereinigung Ninety-Nines sind rund 5.000 Frauen miteinander verbunden. Der Club ist ein weltumspannendes Netzwerk mit Hauptsitz in den USA und Teams in China, Finnland, Indien, Kanada, Nepal, Malawi, Marokko, Polen und Kanada. Auch eine deutsche Sektion gibt es.Gegründet wird der Zusammenschluss in Long Island im Hangar einer Flugschule. 117 Fliegerinnen mit Lizenz sind eingeladen. 99 Pilotinnen erscheinen - daher der Name Ninety-Nines. Unter den Gründerinnen ist auch eine Deutsche. Thea Rasche, eine der berühmtesten Kunstfliegerinnen der Welt. Die 99erinnen vereinen die besten Fliegerinnen jener Zeit. In diesem Zeitzeichen erzählt Claudia Friedrich:was das Gründungstreffen der 99s mit dem Puderquastenrennen zu tun hat,welche Strecke die 20 teilnehmenden Pilotinnen in neun Tagen absolvieren müssen,wer zur ersten Präsidentin der 99s gewählt wird,wie viele US-Pilotinnen im Zweiten Weltkrieg im Einsatz sind.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Andrea Amberge (Langstreckenpilotin, Hubschrauberpilotin, Mitgründerin der deutschen Sektion der 99s)Ute Hölscher (Pilotin einmotoriger Flugzeuge, Fluglehrerin, Vizepräsidentin der deutschen Sektion der 99s)Wolfgang Behringer, Constance Ott-Koptschalijski: Der Traum vom Fliegen. Zwischen Mythos und Technik. Frankfurt am Main 1991Gertrud Pfister: Fliegen - ihr Leben. Die ersten Pilotinnen. Berlin 1989Ernst Probst: Thea Rasche - The Flying Fräulein. München 2010Weiterführende Links:The Ninety-Nines: Pilotinnen-MuseumZeitzeichen 27.06.1961: Die belgische Flugpionierin Hélène Dutrieu stirbtZeitzeichen 28.05.1933: Suizid der deutschen Flugpionierin Marga von EtzdorfZeitzeichen 21.03.1913: Die Pilotin Sabiha Gökçen wird geborenWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Claudia FriedrichRedaktion: Matti Hesse
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Oct 31, 2024 • 15min

Die Besetzung des Autonomen Zentrums "Rote Flora" in Hamburg

Wenn über das Hamburger Schanzenviertel berichtet wird, geht es oft um Protest, Krawall – und die Rote Flora. Am 1.11.1989 wird verkündet: "Die alte Flora ist besetzt".Das Gebäude im Hamburger Schanzenviertel stammt aus dem 19. Jahrhundert. Es wird ursprünglich als Konzerthaus konzipiert und im Laufe der Zeit als Theater, Varieté, Kino, Lagerhalle und Kaufhaus genutzt. 1988 lässt ein Musical-Produzent das Gebäude bis auf den dekorativen Eingangsbereich abreißen – er will dort ein riesiges Musical-Theater errichten. Gespielt werden soll "Das Phantom der Oper". Doch Anwohner, Gewerbetreibende und autonome Gruppen wehren sich gemeinsam gegen das Projekt, das ihrer Ansicht nach die Mieten vor Ort in die Höhe treiben würde. Nach zahlreichen Protestaktionen und Anschlägen auf die Baustelle, lassen die Investoren das Projekt fallen. Diverse Initiativen und Protestgruppen fordern, dass aus den Resten des Flora-Theaters ein Stadtteilzentrum wird. Die Stadt Hamburg erlaubt ihnen die befristete Nutzung und im September 1989 wird die "Rote Flora" offiziell eröffnet. Ab dem 1. November 1989 heißt es dann schließlich: "Die alte Flora ist besetzt". In der Flora will man der Utopie einer Herrschafts- und klassenlosen Gesellschaft näher kommen, indem man versucht, sie zu leben. Die Spannungen zwischen Staat und Autonomen nehmen schnell zu. Einer der Höhepunkte der problematischen Beziehung militanter Autonomer zur Gewalt war in Hamburg 2017 während des G20 Gipfels zu erleben, dem Treffen der führenden Wirtschaftsnationen. Es gibt schwere Krawalle, brennende Autos, Plünderungen sowie hunderte verletzte Polizisten und Demonstranten. Polizei und Demoveranstalter geben sich gegenseitig die Schuld, über die Rolle der Roten Flora gibt es unterschiedliche Ansichten.In diesem Zeitzeichen erzählt Daniela Wakonigg:wie die Autonomen der Roten Flora ihre Grundsätze selbst beschreiben,mit welchen Inhalten und Aktivitäten verschiedenste Gruppen die Räume der Roten Flora nutzen,wie die Autonomen zum Einsatz von Gewalt stehen,wie der Verfassungsschutz das gegenseitige Vertrauen der Autonomen untereinander untergräbt,dass auch die Rote Flora das Hamburger Schanzenviertel nicht vor Gentrifizierung schützen kann.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Prof. Armin Pfahl-Traughber, Politikwissenschaftler, Extremismusforscher und ehemaliger Referatsleiter in der Abteilung Rechtsextremismus im Bundesamt für Verfassungsschutz schriftliche Stellungnahme der Roten Flora zu WDR-AnfrageProf. Armin Pfahl-Traughber: Linksextremismus in Deutschland: Eine kritische Bestandsaufnahme. Berlin, 2014A.G. Grauwacke: Autonome in Bewegung: Aus den ersten 23 Jahren. Berlin, 2020Weiterführende Links:Rote Flora - die Webseite des Autonomen ZentrumsBundeszentrale für politische Bildung: Die Autonomen zwischen Anarchie und Bewegung, Gewaltfixiertheit und LebensgefühlBundeszentrale für politische Bildung: Links- und rechtsextremistische Straftaten im VergleichBundeszentrale für politische Bildung: Autonome und Gewalt. Das Gefahrenpotenzial im LinksextremismusWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Daniela WakoniggRedaktion: Matti HesseTechnik: Alexander Buske
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Oct 30, 2024 • 15min

"König des Wüstenblues": Ali Farka Touré (geboren am 31.10.1939)

Er brachte den Sound Malis in die Welt, wird als Nationalheld und einer der größten Gitarristen aller Zeiten gefeiert. In der Musik sah Touré seine Berufung jedoch nie.Er ist das zehnte Kind seiner Mutter, aber er ist das einzige, das überlebt: Am 31. Oktober 1939 wird Ali Farka Touré in Mali geboren. Er wächst mit den Liedern der malischen Griots auf, die von den Mythen am Niger erzählen. Seine erste Gitarre, eine Djurkel, baut Ali Farka Touré aus einem Kuhfell und Pferdehaaren und bringt sich selbst das Spielen bei. Zudem lernt er weitere traditionelle Instrumente.Die afrikanische Musik inspiriert ihn ebenso wie Albert King, Otis Redding, James Brown oder John Lee Hooker. In seinen Liedern setzt Ali Farka Touré die afrikanische Spielart auf moderne Instrumente wie die E-Gitarre um. Mit dem Pariser Label "SonAfric" bringt er mehrere Platten raus. Allerdings nur mit mäßigem Erfolg, über Mali hinaus findet seine Musik erst kaum Beachtung. Seinen weltweiten Durchbruch verdankt er einem Zufall.Beim Stöbern in einem Pariser Plattenladen gefallen dem BBC-Moderator Andy Kershaw die Farben auf dem Cover eines Touré-Albums. Der Londoner nimmt die Platte mit und stellt Ali Farka Touré in seiner Sendung auf Radio One vor – die Hörer sind begeistert. Der Blues des Maliers passt perfekt zur aufkommenden "World Music"-Welle Ende der 1980er Jahre - der Gitarrist und Sänger wird zum führenden Musiker der Szene. Für sein Album "Talking Timbuktu" erhält Ali Farka Touré seinen ersten Grammy.Ein gutes Jahrzehnt lang nimmt Ali Farka Touré erfolgreich Platten auf, gibt weltweit Konzerte und lässt sich als König des Wüsten-Blues feiern. Dann sehnt er sich nach Afrika zurück. Er verschenkt seine Djurkel, die er bis dahin immer bei sich hatte, und zieht sich in sein Heimatdorf zurück. Dort stirbt der Musiker im März 2006 mit 66 Jahren.In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Mau:über den frühen Tod des Vaters,wie er als Teenager von "bösen Geistern" befallen wurde,warum Ali Farka Touré ein Studio in Hollywood kaum ertragen konnte,wie der Musiker sein malisches Dorf "grün" wie die Schweiz machen will.Das ist unser wichtigster Interviewpartner und die wichtigsten Quellen:Dr. Hauke Dorsch, Ethnologe und Leiter des Archivs für die Musik Afrikas an der Universität Mainz "A visit to Ali Farka Touré"; Regie Marc Huraux; Frankreich ARTE 2000BBC 3 World Routes „Ali Farka Touré Obituary“; Lucy Duran, Andy Kershaw 2006Weiterführende Links:Zeitzeichen über Ray CharlesZeitzeichen über Aretha FranklinWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Thomas MauRedaktion: Carolin Rückl, Matti Hesse
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Oct 29, 2024 • 15min

Frauenärztin und frühe Sexualreformerin: Anne-Marie Durand-Wever

In der Weimarer Republik kämpft sie gegen das Abtreibungsverbot und gründet später Pro Familia mit: die Ärztin Anne-Marie Durand-Wever, geboren am 30.10.1889 in Paris.Anne-Marie Durand-Wever sagt bereits Anfang des 20. Jahrhunderts: Eine Frau sollte immer die Wahl haben, ob sie ihre Schwangerschaft tatsächlich austrägt. Sie gehört zu der ersten Riege von Gynäkologinnen in Deutschland. In einer Zeit, wo nur sehr wenige Frauen zum Studium zugelassen werden.Anne-Marie Durand-Wever kämpft als Ärztin auch in der Zeit der Weimarer Republik in der Sexualreformbewegung und fordert die Streichung des § 218. Sie führt mit anderen Akteurinnen in der Frauenbewegung Debatten und wird mit zur Wegbereiterin der Sexualaufklärung und Empfängnisverhütung.1933 schließen die Nationalsozialisten die politisch engagierte Ärztin wegen ihrer konträren Ansichten über Geburtenkontrolle, Verhütung und Sexualerziehung aus der Reichsschrifttumskammer aus. Ihre Schriften landen auf dem Index.Im Juni 1945 eröffnet Durand-Wever eine neue Praxis in Berlin und engagiert sich auch wieder ehrenamtlich. 1952 wird sie Mitbegründerin von Pro Familia in Kassel und für zehn Jahre auch Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung. In diesem Zeitzeichen erzählt Melahat Simsek:welchen positiven Einfluss ihre Geburt als Diplomatenkind auf Anne-Marie Durand-Wevers Leben hat,wie Durand-Wever mehrere Jahre als Assistenzärztin in der Gynäkologie verschiedener Münchner Kliniken tagtäglich hautnah die Auswirkungen des § 218 erlebt,warum Durand-Wever nur ein Jahr nach ihrer Wahl das Amt der Bundesvorsitzenden des Demokratischen Frauenbunds Deutschlands wieder niederlegt.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartnerinnen:Dr. Jessica Bock, Historikerin, Digitales Deutsches FrauenarchivRegine Wlassitschau, Pro Familia, FrankfurtAnne-Marie Durand-Wever: Als die Russen kamen. Tagebuch einer Berliner Ärztin, unveröffentlichtes ManuskriptAtina Grossmann: Juden, Deutsche, Alliierte - Begegnungen im besetzten Deutschland. Göttingen 2012 Jutta Buchin: Ärztinnen im Kaiserreich. Charité Berlin 2005Weiterführende Links:Stichtag: 23. Dezember 1952 - Pro Familia wird gegründetWDR.de: WHO-Studie: Jugendliche benutzen immer seltener KondomePlanet Wissen: Deutsche Geschichte - Weimarer Republik.Welches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Melahat SimsekRedaktion: Christoph Tiegel, Frank ZirpinsTechnik: Thomas Bleul
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Oct 28, 2024 • 14min

Albert von Rothschild: der reichste Mann Europas

Albert von Rothschild (geb. am 29.10.1844) wird Oberhaupt der Wiener Linie der jüdischen Bankiersfamilie. Sein Reichtum macht ihn zur antisemitischen Projektionsfläche.Die Wurzeln des Hauses Rothschild reichen zurück bis zu Mayer Amschel Rothschild, geboren 1744 in Frankfurt am Main. Eigentlich will er Rabbiner werden, doch der Vater zwingt ihn ins Geschäft, einen kleinen Laden mit angeschlossener Wechselstube. Viel anderes als Handel und Geldwechsel bleibt Juden zu der Zeit nicht übrig. Denn in die Handwerker-Zünfte dürfen sie nicht, Grund und Boden kaufen auch nicht.Mayer Amschel Rothschild erkennt früh: Die Zukunft des Bankgeschäftes liegt nicht allein in Frankfurt, sondern in Europa. Seine fünf Söhne werden in verschiedenen Ländern tätig. So gründet sein Sohn Salomon 1821 in Wien die Privatbank S. M. v. Rothschild und wird damit zum Begründer des österreichischen Zweigs der Familie. Da Salomons jüngster Sohn am besten mit Geld umgehen kann, wird dieser nach ihm die Geschäfte fortführen: Albert Salomon Freiherr von Rothschild, geboren am 29. Oktober 1844 in Wien.Albert hat nicht nur ein Händchen für Geld, sondern auch einen seltsamen Kosenamen: aus "Salomon Albert" wird "Salbert". Er ist es, der die Rothschild-Bank zu wahrer Größe bringt. Im Laufe seines Lebens kauft und baut er insgesamt acht Schlössser in Österreich. Sein Reichtum ist unermesslich, doch persönlich ist er bescheiden - und unglücklich. Er stirbt mit 66 Jahren in Wien als gebrochener Mann.In diesem Zeitzeichen erzählt Heiner Wember:wie auf beruflichen Erfolg privates Unglück folgt, mit wem Salbert eine fast verhängnisvolle Affäre eingeht, dass auch Kaiserin Sisi ihr Geld von den Rothschilds anlegen lässt, warum sein Riesen-Palast in Wien eher eine Riesen-Gruft ist, warum mit Salberts Tod der Niedergang des Hauses beginnt.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Roman Sandgruber (Historiker, Linz)Sandgruber, Roman: Rothschild. Glanz und Untergang des Wiener Welthauses. 2018Weiterführende Links:Stichtag 19.09.1812: Mayer Amschel Rothschild stirbtStichtag 20.01.1988: Philippe de Rothschild stirbt in ParisPlanet Wissen: BankenWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Heiner WemberRedaktion: David RotherTechnik: Moritz Raestrup

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