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Aug 22, 2025 • 20min
Frauen in der Bronzezeit - Die weibliche Macht?
Vor ca. 4200 Jahren begann mit der Bronzezeit eine der spannendsten Epochen der europäischen Urgeschichte. Das neue Material eröffnete sensationelle Möglichkeiten bei der Geräte- und Waffenherstellung. Gleichzeitig entstanden zur Beschaffung des eher seltenen Zinns neue Handelswege. Was bedeutete das für die Frauen dieser Zeit?
Autorin: Carola Zinner
Credits Autor/in dieser Folge: Carola Zinner Regie: Susi Weichselbaumer Es sprachen: Irina Wanka, Peter Weiß Technik: Susanne Harasim Redaktion: Andrea Bräu
Im Interview:Philipp W. Stockhammer vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig, Professor für prähistorische Archäologie an der LMU München;Rainer Linke und Siglinde Matysik vom Arbeitskreis für Vor- und Frühgeschichte im Heimatverein für den Landkreis Augsburg, Mitarbeiter des Archäologischen Museums Königsbrunn
Linktipps:
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Literaturtipp:
Stockhammer, Philipp W. ORCID logo, Mittnik, Alissa, Massy, Ken and Knipper, Corina (2018): Mobilität - Die wissenden Frauen vom Lechtal. In: Spektrum der Wissenschaft Spezial Archäologie - Geschichte - Kultur, Vol. 2018, Nr. 4: S. 38-41
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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.
Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
MUSIK atmoartig, unterlegen. Anmutung „Vorgeschichte“
ZUSPIELUNG 1 (Stockhammer)
Die Bronzezeit ist in meinen Augen eine der spannendsten Epochen der europäischen Urgeschichte.
ZUSPIELUNG 2 (Linke)
Die Bronze war wichtig, das war's A und O.
ZUSPIELUNG 3 (Matysik)
Und ich finde das fantastisch, dass man da das genau regional begrenzen kann, wo diese Leute hergekommen sind.
ERZÄHLERIN
Philipp Stockhammer, Siglinde Matysik und Rainer Linke haben auf verschiedene Art zum Wissen über die Bronzezeit beigetragen: Linke und Matysik sind Mitglieder eines regionalen Arbeitskreises, der bei Grabungen im südlichen Landkreis Augsburg prähistorische Überreste frei legte. Und Philipp Stockhammer, Mitarbeiter des Max-Planck-Institutes für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig und Professor für prähistorische Archäologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München konnte unter anderem anhand dieser Funde das Leben in jener Zeit neu beleuchten.
ZUSPIELUNG 4 (Stockhammer)
Wir können da ganz viele naturwissenschaftliche Verfahren einsetzen, das nimmt einem schier den Atem, aber zwingt uns jetzt halt auch als Archäologen und Archäologinnen, die Vergangenheit irgendwie auch wieder neu zu denken und wegzukommen von diesen alten, überkommenen Erzählungen.
MUSIK geht über in
ZUSPIELUNG 5 ATMO Museum
ZUSPIELUNG 6 (Matysik)
Die meisten Leute kommen auf die Grabung. Erste Frage habt ihr Gold gefunden? Dabei ist Gold gar nicht so wichtig. (Linke) Meistens, wenn wir die ausgraben, die Bronzefunde, dann sind die meistens blau, dann weiß man schon, da ist sehr viel Kupfer drin.
ERZÄHLERIN
Königsbrunn bei Augsburg: Im Untergeschoss des Rathauses präsentiert ein kleines archäologische Museum Funde aus der Region, darunter auch zahlreiche Stücke aus der Epoche zwischen 2200 bis 800 vor Christus – der mitteleuropäischen Bronzezeit.
ZUSPIELUNG 7 ATMO
ERZÄHLERIN
Die beiden Ausstellungsmacher Siglinde Matysik und Rainer Linke stehen vor einer großen Vitrine.
ZUSPIELUNG 8 (Matysik)
Dieses Skelett ist wirklich original, und wir wollen anhand dessen die Bestattungssitten zeigen: das ist der Übergang von der Steinzeit zur Bronzezeit: die Männer wurden immer mit dem Kopf nach Norden beerdigt, die Frauen mit dem Kopf nach Süden, Blickrichtung Richtung Osten, also aufgehende Sonne.
ERZÄHLERIN
Lange ließ sich nicht einmal mit Sicherheit bestimmen, ob es sich bei menschlichen Skeletten um die Überreste eines Mannes oder einer Frau handelte. Hinweise gaben etwa die Lage und Größe der Verstorbenen, ihre Kleidung und Grabbeigaben wie Schmuck, Waffen oder Haushaltsgegenstände. Mittlerweile ist die Forschung deutlich weiter: DNA-Überreste geben heute zuverlässig Auskunft über das Geschlecht und über Verwandtschaftsbeziehungen. Und mithilfe der so genannten Strontium-Isotopenanalyse lässt sich sogar erkennen, in welcher Region die Menschen aufgewachsen sind. Denn die ganz spezifische chemische Zusammensetzung des jeweiligen Bodens, die über die Nahrung in den Körper gelangte, hat in den Zähnen eine Art Signatur hinterlassen.
ZUSPIELUNG 9 (Stockhammer)
Das heißt, ich kann, wenn sagen wir, eine Frau oder ein Mann in München bestattet ist, kann ich sehen, passen die Backenzähne zur Boden-Signatur zur Münchner Schotterebene. Wenn das nicht der Fall ist, kann ich sagen, die haben offensichtlich ihre Kindheit woanders verbracht.
MUSIK
ERZÄHLERIN
Im Süden von Augsburg liegt, umrahmt von den Flüssen Lech und Wertach, die breite Schotterebene des Lechfeldes. Und, daran angrenzend, das „Hochfeld“: eine fruchtbare Lößterrasse, die bereits den Menschen der frühen Bronzezeit ideale Bedingungen für den Ackerbau bot. Ihre Höfe lagen am Rand des Hochfeldes lose aneinander gereiht wie Perlen an einer Schnur, mit genügend Abstand zum Fluss, um bei Hochwasser in Sicherheit zu sein, und doch nah genug, um die relativ karge Alltagskost - Getreidebrei, Beeren, Pilze, Milchprodukte, ohne großen Aufwand mit Fisch und Wild aufbessern zu können. (MUSIK hoch). Zu den Gehöften gehörte auch jeweils ein Gräberfeld für die Verstorbenen. Deren Überreste nun mithilfe bioarchäologischer Analysen genauer bestimmt werden können.
ZUSPIELUNG 10 (Stockhammer)
Wir hatten Glück, dass wir eine fantastische DNA-Erhaltung haben. Insgesamt haben wir 800 Jahre dort untersucht, so zwischen 2500 und 1700 vor Christus.
ERZÄHLERIN
EIN Ergebnis der Untersuchungen: Die einzelnen Höfe wurden über vier, fünf Generationen von ein- und derselben Familie bewohnt. Allerdings zieht sich die Verwandtschaft nur in männlicher Linie durch; es gibt Väter und Söhne, Brüder und Onkel. Die Mütter der Kinder jedoch stammen allesamt von auswärts; sie hatten hier keine Vorfahren. Und unter den hier geborenen Frauen wiederum findet sich keine einzige Bestattung, bei der die Verstorbene älter als 17 Jahre war. Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Töchter in diesem Alter ihre Familien und die Heimat verlassen mussten - wohl in erster Linie, um anderswo einzuheiraten.
MUSIK hoch
Dieser Befund ist allerdings keineswegs außergewöhnlich; die Archäologie kann diese so genannten patrilinearen Heiratsmuster, die ja zumindest partiell noch heute in einigen Teilen der Welt existieren, für viele Epochen und Regionen nachweisen. Ein anderes Ergebnis der Untersuchungen aber ließ die Fachwelt aufhorchen. Es war die Entdeckung der „fremden Frau aus der Ferne“, die hier weder Vorfahren noch Nachkommen besaß.
ZUSPIELUNG 11 (Stockhammer)
Total spannend. Also wir haben da schon gesehen, okay, genetisch scheinen alle Mütter von außerhalb zu kommen und gleichzeitig sehen wir jetzt von den Isotopenanalysen, dass ein erheblicher Teil der Frauen offensichtlich von ganz weit herkommt, also über 400 Kilometer, ja?
ERZÄHLERIN
Besonders auffällig war, dass die Bestattungen dieser „Frauen aus der Fremde“ zu den reichsten in der Region gehörten. Und das, obwohl es keine leiblichen Kinder gab, die für ein angemessenes Begräbnis Sorge hätten tragen können. Was könnte für andere Gründe gegeben haben für die Hochachtung, die die Gesellschaft diesen Migrantinnen offenbar entgegenbrachte? Die Spurensuche führt in die ursprüngliche Heimat der Frauen, die Regionen um Halle, Leipzig und Prag. Und damit in die High-Tech-Zentren jener Epoche, die gekennzeichnet ist vom wachsenden Wissen um die Herstellung und Bearbeitung von Bronze - einer Legierung aus Kupfer und Zinn.
ZUSPIELUNG 12 (Stockhammer)
Das richtig coole an Bronze ist, wenn die frisch gegossen ist, ist sie so hart wie Stahl, glänzt wie Gold, und man kann es ja auch viel besser gießen als Kupfer.
ERZÄHLERIN
Allerdings kommt Zinn - im Gegensatz zu Kupfer – nur selten in Europa vor. Die wichtigsten Lagerstätten befinden sich in Südengland und im Erzgebirge. Um an das begehrte Metall zu gelangen, braucht es ein großräumiges Netz von Handelsbeziehungen.
ZUSPIELUNG 13 (Stockhammer)
Deshalb ist die Bronzezeit auch etwas, was Menschen über weite Distanzen ganz neu miteinander in Austausch gebracht hat, und letztlich, so kann man sagen, die erste globale Epoche der Menschheitsgeschichte in Eurasien zur Folge hatte.
ERZÄHLERIN
In der Forschung, sagt Philipp Stockhammer, herrschte früher auch ein relativ klares Bild davon, in welcher Form dieser Austausch stattfand.
ZUSPIELUNG 14 (Stockhammer)
Die Erzählung meiner Studienzeit war eben: Mobilität war vor allem der Mann mit der Waffe oder der Mann, der Handwerker, oder der Mann, der Händler, der quasi glücksbringend durch die Bronzezeit Europas zieht.
MUSIK andere Färbung, Dänemark, Bronzezeit
ERZÄHLERIN
Am 24. Februar des Jahres 1921 machte der Bauer Peder Platz im dänischen Egtved einen eigenartigen Fund. Er war gerade dabei, die Reste eines kleinen Hügels beiseite zu räumen, als er in dessen Mitte auf einen ausgehölten Eichenstamm stieß, in dem Leiche einer jungen Frau lag, eingewickelt in ein Kuhfell. Peder Platz beriet sich zuerst einmal mit seinem Nachbarn, dann setzten sich die beiden hin und schrieben einen Brief an das Nationalmuseum von Kopenhagen.
ZITATOR
Ich vermute, dass es sich um ein altes Begräbnis handelt und dass dieses von Interesse für das Museum sein könnte. Ich habe deshalb die Arbeit eingestellt.
ERZÄHLERIN
Tatsächlich erwies sich der Fund als absolute Sensation: Beim „Mädchen von Egtved“ handelt es sich um eine der am besten erhaltenen Bestattungen aus der Bronzezeit. Die schafwollene Kleidung der bei ihrem Tod etwa 17jährigen - eine Bluse mit halblangen Ärmeln und ein knielanger Rock aus gedrehten Schnüren, ihre Haare – vorne und an den Seiten kurz geschnitten, hinten halblang, ihr Schmuck – Gürtelpatte, Armreifen und ein Ohrring aus Bronze – all das hatte die Jahrtausende ebenso gut überstanden wie die Dose aus Birkenrinde am Fußende des Sarges, in der sich Reste eines mit Honig gesüßten Biers aus Weizen und Beeren fanden.
MUSIK hoch (spätestens bei der nächsten Zuspielung weg)
Der mittlerweile mehr als 100 Jahre zurückliegenden Entdeckung von Peder Platz verdankt die Archäologie zahlreiche Erkenntnisse über das bronzezeitliche Leben. Dazu gehört nun, dank moderner Untersuchungsmethoden, auch der Nachweis, dass sich die junge Frau zu ihren Lebzeiten keineswegs immer nur in Dänemark aufgehalten hat. Sie war offenbar gleich mehrmals in Süddeutschland unterwegs gewesen, wo sie unter Umständen – ganz einig ist sich die Forschung in dieser Beziehung nicht - auch geboren wurde. Aus welchen Gründen aber mag sie sich auf die lange und wohl auch einigermaßen gefährliche Tour quer durchs Land begeben haben? In welchem Rahmen reiste sie? Und – was hatte sie dabei im Gepäck? Auf jeden Fall steht ganz abseits jener Fragen fest: die alte Vorstellung von Handel und kulturellen Austausch in der Bronzezeit – ein Mann zieht bewaffnet oder mit Waren im Gepäck durch die Lande und schlägt sich allein und auf eigene Faust von Ansiedlung zu Ansiedlung durch - ist, wenngleich nicht unbedingt falsch, so doch höchstens ein Teil des Gesamtbildes, zu dem die jungen Frau aus Dänemark ebenso gehört wie die Migrantinnen des Lechtals.
ZUSPIELUNG 15 (Stockhammer)
(Gut möglich, dass es ihn gab, diesen Händler. Weil: Der einzelne Krieger hat es schon irgendwie geschafft. Aber) jetzt habe ich Mädels mit 17 Jahren, die zu Fuß entweder aus der Gegend von Prag oder aus der Gegend von Leipzig nach Augsburg kommen, das ist schon ein Stück. Und was wir auch sehen können über die Zähne, dass immer auch wieder Jungs im Alter von sieben Jahren aus dem Lechtal weggeschickt wurden und dann als erwachsene Männer mit 17 wiedergekommen sind. Weil die Zähne bis zum siebten Lebensjahr sind lokal; vom siebten bis zum 17. Lebensjahr ist es dann die Gegend Halle, Leipzig, und dann sind sie aber wieder vor Ort bestattet, also die sind sozusagen ausgeschickt worden, um in der Ferne zu landen… Ich meine, schicken Sie heute mal einen Siebenjährigen quer durch Deutschland!
ERZÄHLERIN
Sollte so eine Reise auch nur ansatzweise Aussicht auf Erfolg haben, dann musste es auf jeden Fall Begleitpersonen geben, die es gewohnt waren, mit Schwierigkeiten umzugehen, von Überfällen durch Mensch oder Tier bis hin zu plötzlichen Krankheiten. Vorstellbar wäre es etwa, dass sich zu bestimmten Zeiten im Jahr Trecks im Stil von Karawanen auf den Weg zu zentral gelegenen Plätzen machten, wo man zusammenkam, um religiöse Feiern abzuhalten und sich bei der Gelegenheit auch für zukünftige Termine verabredete und untereinander Tausch betrieb, ob es nun um Waren oder Wissen ging, Saatgut, Vieh oder Mensch.
ZUSPIELUNG 16 (Matysik)
Ein Grab aus der Gemeinde Wehringen: das ist die Ausstattung von einem Frauengrab.
ERZÄHLERIN
Auch wenn das kleine Museum von Königsbrunn keinen Jahrhundert-Fund wie das „Mädchen von Egtved“ zu bieten hat, kam doch bei den Grabungen der Ehrenamtlichen Beachtliches zutage. Siglinde Matysik zeigt auf ein üppig mit Bronzeschmuck versehenes weibliches Skelett: Ein massiver Halsring und zahlreiche „Tutuli“ - kleine Pyramiden aus Bronzeblech, die einst einen mittlerweile längst zerfallenen Stoff schmückten. Dazu im Bereich der Brust Bronzeplatten und um die Waden lange Spiralen aus Bronze, dessen einstiger Goldton sich über die Jahrtausende im Schotterfeld in ein sanft schimmerndes Türkis-Grün verwandelt hat.
ZUSPIELUNG 17 (Matysik)
Das ist für mich immer so schwer nachvollziehbar, dass die auf den ganzen Reichtum verzichtet haben und haben das dann mit ins Grab weitergegeben.
ERZÄHLERIN
Die kostbare Bronze sollte offenbar der Verstorbenen auch im Jenseits das gute „Standing“ sichern, das sie im irdischen Leben besaß. Denn eine derart reiche Beerdigung bekamen nur Angehörige der Oberschicht.
MUSIK
ERZÄHLERIN
Die Bronzezeit ist nicht nur die Epoche, in der das Know-How in Sachen Metallbearbeitung rapide wächst und Handel und damit auch Mobilität eine immer größere Rolle spielen; sie ist auch geprägt von großen sozialen Unterschieden. Die Bestattungen des Lechtals zeugen davon: neben den reich mit Waffen und Schmuck ausgestatteten Gräbern gibt es auch solche, die so gut wie keine Beigaben enthalten. Die Verstorbenen waren offenbar arm gewesen. Und sie besaßen, wie die Analysen ergaben, keinerlei Verwandtschaft im Lechtal.
ZUSPIELUNG 18 (Stockhammer)
Wir haben diese Gruppe interpretiert als vielleicht Bedienstete, Mägde, Knechte, ob die jetzt unfrei waren oder nicht, also Sklaven oder so, wissen wir alles nicht: sie haben in dem Gehöft gelebt, sie wurden auf dem Familienfriedhof bestattet, also sie sie waren schon Teil der Familie, aber sie hatten den ganzen niedrigen Status.
ERZÄHLERIN
Sprich, ihre Situation war ganz anders als die „fremden Frauen aus der Ferne – obwohl doch die Grundbedingungen – ursprünglich nicht hier beheimatet, keine Verwandten, keine Kinder - auf den ersten Blick ganz ähnlich wirken. Der Unterschied: die „fremden Frauen“ kamen aus Technologiezentren. Und brachten wohl aus ihrer Heimat etwas extrem Wertvolles mit, nämlich Wissen und Können – insbesondere, was die Herstellung von Bronze betraf.
ZUSPIELUNG 19 (Stockhammer)
Da ist nichts Körperliches, wo man sagt, das kann doch nur ein Mann, das braucht so besondere Kraft: Sie beobachten, wann hat das Metall die richtige Temperatur erreicht von der Färbung her, wie machen Sie die Gussform, welchen Ton wählen Sie für den Schmelztiegel aus?
ERZÄHLERIN
Ausgerüstet mit diesem Know-How, vielleicht auch mit Werkzeug oder Bronze im Gepäck trafen die „Frauen aus der Fremde“ also auf dem jeweiligen Gehöft ein, auf dem sie fortan leben sollten, in einer Art Wohngemeinschaft mit dem Bauern und, sofern sie noch am Leben waren, mit seinen Eltern, Brüdern und mit den Schwestern unter 17 Jahren. Dazu kamen noch die – eingeheiratete - Ehefrau des Bauern und die Kinder des Paares. An deren Pflege und Erziehung die „Frau aus der Fremde“ vermutlich maßgeblich beteiligt war.
ZUSPIELUNG 20 (Stockhammer)
Wenn mal eine Frau mit einem Kind bestattet ist, dann ist es nicht die biologische Mutter, sondern eine Frau von ganz weit her. Worauf das für mich hindeutet, ist, dass wir letztlich andere Formen von Mutterrollen haben als wir uns vorstellen: Jedes Kind hatte sozusagen seine biologische Mutter, die immer wieder schwanger geworden ist, und auf der anderen Seite eine soziale Mutter, die vermutlich halt dem Kind auch ganz viel Wissen mitgegeben hat.
ERZÄHLERIN
Angesichts der hohen Müttersterblichkeit, aber auch angesichts der Tatsache, dass die Frauen bei der Heirat fast noch Teenager waren, hatte eine solche „Aufteilung“ der Mutterrolle mit Sicherheit Vorteile. Die durchschnittliche Lebenserwartung lag damals zwischen 20 und 30 Jahren – und jede Geburt stellte ein hohes Risiko dar. Eine „Ersatzmutter“, die zudem über größeres Wissen als der Durschnitt verfügte, konnte hier ein, wie Philipp Stockhammer es nennt, „Schlüssel zur Optimierung“ sein.
ZUSPIELUNG 21 (Stockhammer)
Einerseits der Reproduktion, und andererseits, um den Kindern maximales Wissen und Überlebensmöglichkeiten zu garantieren. Und es ist so spannend, weil es einfach zeigt, wie komplex das Zusammenleben in diesen Häusern war und weit es über das hinausgeht, wie wir uns immer dieses, ach, einfache Leben in der Urgeschichte vorstellen.
MUSIK
ERZÄHLERIN
Dank bioarchäologischer Methoden lässt sich heute vieles beantworten, was früher unlösbar erschien. Doch jede Antwort bringt unzählige neue Fragen hervor. Was etwa mögen die „fremden Frauen“ wohl sonst noch mitgebracht haben aus ihrer Heimat: Neue Techniken der Textilherstellung? Der Essenszubereitung? Lieder? Ihre Sprache? Medizinische Kenntnisse? ((Und wie ist - ohne die Hilfe unseres modernen Wissens über Verhütung - jene durchgehende Kinderlosigkeit zustande gekommen, die ja offenbar für die hoch angesehenen „fremden Frauen“ ebenso galt wie für die Frauen der Unterschicht.
ZUSPIELUNG 21 (Stockhammer)
Ich glaube, dass es ganz strikte Regeln gegeben haben muss, wer mit wem Nachkommen zeugen durfte und wer nicht, und es hat offensichtlich funktioniert, weil wir keinen einzigen genetischen Beleg dafür haben, dass irgendwo mal ein Seitensprung oder ähnliches… das würden wir ja genetisch sehen. Und das ist schon sehr spannend und zeigt uns, wie strikt und klar dieses System funktioniert haben muss.))
ERZÄHLERIN
Ein System, das – wiewohl es offenbar sehr gut funktionierte – dann nach rund 750 Jahren trotzdem relativ abrupt endet. Die frühbronzezeitlichen Gehöfte des Lechtals sterben nach und nach aus, während parallel dazu andere Menschen in die Region ziehen, die sich, oftmals nur ein paar hundert Meter entfernt, neue Häuser bauen und ihre Toten auf andere Art bestatten. Was mag da wohl dahinterstecken? Und – weitere Fragen: Was war eigentlich mit den armen Bewohnern der Höfe? Wo und wie kamen sie her? Waren sie gekauft oder gar gekidnappt worden? Oder kamen sie womöglich freiwillig, froh, einen Unterschlupf zu finden, der ihnen in der rauen Welt der Bronzezeit zumindest einigermaßen das Überleben sicherte? Fragen über Fragen - auf die es wohl kaum je Antworten geben wird. Denn jener Teil unserer Geschichte, aus dem nichts Schriftliches und nur einige wenige Bilder überliefert sind, bleibt verborgen wie hinter einem Vorhang, der nur kleine Einblicke auf das gewährt, was dahinter liegt. Alles andere bleibt reine Spekulation.

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Credits Autor dieser Folge: Geseko von Lüpke Regie: Kirsten Böttcher Es sprachen: Julia Fischer, Stefan Wilkening, Thomas Birnstiel, Jenny Güzel Technik: Marcus Huber Redaktion: Bernhard Kastner
Im Interview:Kurt Nübling (Unternehmer und Bhutan-Reisender); Kinley Dorji (bhutan. Journalist und Herausgeber), Lama Sonam Bumdhen (buddhistischer Mönch), Dhan Gurung (Professor für natürliche Ressourcen an der Universität von Bhutan), Dasho Bharat (Mitglied des Staatsrat von Bhutan), Ketsang Tshomo (Öko-Beraterin des Landwirtschafts-Ministeriums von Bhutan), Julia Kim (Programm-Direktorin am staatlichen ‚Glücks-Zentrum‘), Lyonpo Damcho Dorji (Außenminister Bhutans), Thsering Tobgay (Premierminister Bhutans)
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Literatur:
Niestroy, Ingeborg, Armando García Schmidt, Andreas Esche: Bhutan: Ein Leitbild der Nachhaltigkeitspolitik. In: Bertelsmann Stiftung (Hrsg.): Erfolgreiche Strategien für eine nachhaltige Zukunft, Verlag Bertelsmann Stiftung, Gütersloh 2013
Tschewang, Ugyen & Jane Gray Morrison: Bionomics in the Dragon Kingdom: Ecology, Economic and Ethics in Bhutan, Springer-Verlag 2018
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Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
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Bhutan! Ein Zwergenland – nicht größer als die Schweiz – eingezwängt zwischen zwei Riesen – dem von China besetzten Tibet im Norden, und Indien im Süden. Ein paar Hunderttausend Bewohner in einem buddhistischen Königreich zwischen Meeresspiegel und 7.000 Meter hohen Bergen, während sich südlich und nördlich Milliarden Menschen tummeln und um Weltmachtstatus ringen. Bhutan hingegen: Bescheiden, still, ganz anders.
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01 - ZUSPIELUNG
Plötzlich war eine andere Welt. Wir waren wie verzaubert! Diese Verwurzelung, dass die Natur ein Teil von uns ist, mit dem wir verbunden sind, dass wir ein Teil von dem Ganzen sind. Und das ist in Bhutan noch. Sie sind extrem reich an Natur, an Biodiversität, einem wunderschönen Leben, was einem ins Herz geht, wenn man dort reist.
ZUSPIELUNG Atmo 08 (Natur + Fluss, Elefant)
SPRECHERIN
Auch heute noch ist Bhutan ein Land der Gegensätze und des Staunens. Ein Land der Berge, Wälder und Flüsse. Ein Land, das grenzenlos sauberen Strom verschenkt. Ein wildes Land mit Tigern, Leoparden, Elefanten, Yaks, Wölfen, Pandas, Panzernashörnern, Kobras, Geiern. Einem ‚Hotspot‘ der Biodiversität, der Pflanzenvielfalt und Heilkräuter, weil auf engstem Raum alle Klimazonen der Welt nebeneinander liegen.
Musik 3: Phurba's... aus: Sherpa - 1:13 Min
SPRECHER
Ein Land, in dem die Statistiken Kopf stehen: Während überall der Ausstoß des Klimagases CO2 zunimmt, ist Bhutan völlig klimaneutral, ja nimmt sogar mehr Kohlendioxid auf, als es ausstößt. Ein Land fast ohne Industrie und Umweltzerstörung, das zu einem Drittel aus Naturschutzgebieten besteht, Abholzung per Verfassung verbietet, grünen Strom aus Wasserkraft exportiert. Eigentlich ein Entwicklungsland, moralisch aber eine Großmacht: Während die ganze Welt um Wirtschaftswachstum ringt, winkt Bhutan lässig ab und stellt stattdessen Naturschutz und nicht weniger als das ‚Glück‘ in den Mittelpunkt des staatlichen Tuns. Statt gierig auf das Brutto-Sozial-Produkt zu schielen, spricht man hier gelassen von ‚Gross National Happiness‘ dem, ‚Brutto-National-Glück‘. Kinley Dorji (Kinnläi Dordschi), Begründer und Herausgeber der ersten nationalen Tageszeitung Bhutans erklärt die vier Säulen dieser ungewöhnlichen Politik.
02 - ZUSPIELUNG Wort 2
One of this pillars is 'Good Governance'. ….
VO-männlich
Eine der Säulen ist eine ‘gute Regierungsführung‘. Wir verstehen darunter, dass sie wirklich den Menschen dient, nicht den Herrschenden. Die anderen Prioritäten sind – neben der Erhaltung unserer einzigartigen Kultur – eine gesunde sozio-ökonomische Entwicklung, die absolut nachhaltig sein muss. Und dann besonders der Schutz der Natur. Angesichts des Klimawandels und der globalen Erwärmung dürfen wir nicht länger den Planeten und seine Schätze konsumieren.
Stattdessen müssen wir die gegenseitige Abhängigkeit aller lebendigen Wesen, einschließlich der Pflanzen und Tiere, anerkennen, wenn wir den Planeten erhalten wollen … needs to be understood to preserve the planet.
SPRECHER
Ein politischer Ansatz, der in Zeiten der Klimakrise fast zu schön klingt, um wahr zu sein. Bhutan entwickelt sich damit zu einem ökologischen Modellprojekt. Es ringt zwar mit großen Herausforderungen, zeigt aber auch, dass Entwicklungsländer den reichen Industriestaaten voraus gehen können. Es ist eine Gradwanderung zwischen visionärer Moderne und uralten Traditionen, die hier probiert wird. Und das auf der Basis einer einzigartigen kulturellen Identität.
ZUSPIELUNG Atmo 4 (Langhörner, Tempelfest Paro)
SPRECHERIN
Es ist wie ein Fenster in eine andere Welt, wenn man vor der gewaltigen Klosterburg von Paro im Westen des Landes steht. Der Ritual-Platz ist in Regenbogenfarben getränkt: Tausende von mit Mantras bedruckte Fähnchen in Gelb, Grün, Rot, Weiß, Blau wehen im steten Wind und tragen Gebete hinauf zu den Siebentausendern, die als Heimat der Götter – und Buddhas – gelten. Vor den weiß getünchten Lehmmauern des 400 Jahre alten Klosters mit kunstvoll geschnitzten Fenstern haben sich tausende Frauen, Männer und Kinder in festlicher und grell bunter Tracht zum ausgelassenen Tempelfest, einem ‚Tsetschu’ versammelt.
ZUSPIELUNG Atmo 5 (Pudja in Chimi Lakhang, 20) darüber
SPRECHER
Alle Augen sind auf die maskierten Tänzer gerichtet, die mit Furcht einflößenden Masken und bunten Kostümen über den nackten Boden wirbeln, in gewagten Sprüngen und winzigen pantomimischen Gesten wortlos Geschichten erzählen von Dämonen, Göttern und Göttinnen, vor allem aber die mythische Gestalt des Heiligen Guru Rinpoche feiern, der den Buddhismus nach Bhutan brachte. Es ist diese Mischung aus uralter Naturverehrung, buddhistischer Spiritualität und nüchterner Anerkennung der globalen ökologischen Krise, welche die Grundlage bildet für ein radikales Alternativ-Modell, sagt der Mönch Lama Sonam Bumdhen:
03 - ZUSPIELUNG
The essence of Buddhism is the sacred vision of everything, …
VO-männlich
Der Kern des Buddhismus ist die Heiligkeit von allem, was ist, ob Berge, Bäume oder unser eigener Körper. All das ist Ausdruck des Göttlichen. Für uns wohnen Gottheiten in eigentlich Allem: Sie durchdringen das ganze Universum, alle Planeten. Wir sehen Gottheiten im Wasser, im Feuer, in der Erde, im Raum, in der Luft. Sie sind nichts anderes als Ausdruck der absoluten Weisheit Buddhas. Wenn wir uns aber der Wahrheit stellen, sehen wir zugleich riesige Umweltschäden, die durch keinen anderen ausgelöst wurden als uns selbst. Wenn wir dieses riesige Chaos wirklich anerkennen, müssen wir es stoppen, die Menschen und die ganze Welt erziehen …..,
we need to educate the world.
Musik 4: New old land – 1:31 Min
SPRECHER
Das ist ein großer Anspruch für das kleine Land, das hoch und heilig auf dem Dach der Welt thront. Und tatsächlich hat sich Bhutan in den letzten 20 Jahren zu einem ernstzunehmenden Modell nachhaltiger Entwicklung gemausert. Bis in die 1960er war es ein völlig abgeschirmtes Land, ohne Straßen, Elektrik und Technik, versteckt in den Bergen, um zu überleben. Als es sich in den 80er und 90er Jahren vorsichtig öffnete, hatte es bereits aus den Fehlern zahlreicher anderer Entwicklungsländer gelernt, die in zu schneller Modernisierung ihre Identität verloren hatten, ihre Umwelt gefährdeten, und in Armut und Abhängigkeit geraten waren, während Korruption und Gewalt zugenommen hatten.
SPRECHERIN
Der weitsichtige König hatte daraufhin erkannt, dass die Entwicklung in die Moderne nicht um jeden Preis gesucht werden dürfe. Statt sich nur wirtschaftlich und quantitativ zu modernisieren, wollte er als höheres Ziel eine qualitative Entwicklung von Mensch, Kultur und allen Lebensformen – und führte das Brutto-National-Glück als Maßstab aller Politik ein. Damit sollten Fehlentwicklungen vermieden werden und Bhutan zugleich als einmaliges Modell stark und unverkennbar werden. Die kulturelle Identität wurde zur Garantie des Überlebens, erklärt der Journalist Kinley Dorji …
04 - ZUSPIELUNG Wort 4
We are a small country of half a million people between India and China, …
VO-männlich
Wir sind als kleines Land zwischen den beiden bevölkerungsreichsten Nationen der Welt sehr verletzbar.
Eine halbe Million Menschen können da schnell geschluckt werden. Ohne jemals eine Militärmacht oder eine Wirtschaftsmacht werden zu können, muss unsere Stärke in unserer Identität liegen. Wir müssen als ‘besonders’ wahrgenommen werden und unsere ganz eigenen Werte haben, um als unverzichtbar von der Welt gesehen werden, was uns hilft zu überleben. … and therefore helps us survive.
ZUSPIELUNG Atmo 2 (Thimpu ) kurz frei & weg
SPRECHER
So wurde das Brutto-National-Glück nach Außen zum Sympathieträger und unverwechselbaren Markenzeichen, zugleich nach Innen zum Kultur- und Naturschützenden Staatziel. Es galt zu bewahren, was da war und ökologisch zu entwickeln, was möglich war.
ZUSPIELUNG Atmo 8 (Natur) unter Sprecherin
SPRECHERIN
Aus einer traditionellen Agrar-Gesellschaft konnte Bhutan fast unmittelbar zum ökologischen Modell werden, mit folgenden Leitgedanken: die natürlichen Reichtümer der riesigen Artenvielfalt wertzuschätzen und unter strengen Schutz zu stellen! Die unbestiegenen Siebentausender für die Bergsteigerei zu sperren und den alten Göttern ihre Ruhe zu lassen! Mehr als ein Viertel der ohnehin kaum besiedelten Landesfläche zu strikten Naturschutzgebieten zu erklären! Jede Brandrodung zu verbieten.
Und per Verfassung festzulegen, dass die Wälder erhalten bleiben, erzählt Dhan Gurung, Professor für natürliche Ressourcen an der Königlichen Universität von Bhutan:
05 - ZUSPIELUNG Wort 5
When it comes to environmental conservation Bhutan will do quite a pretty job ….
VO-männlich
Bei der Erhaltung der Umwelt macht unser Land einen guten Job. Zurzeit sind 72 Prozent des Land bewaldet. Und in unserer Verfassung steht, dass mindestens 60 Prozent der Landesfläche für immer von Wald bedeckt sein müssen. Die Erhaltung der Wälder schützt die enorme Biodiversität – und diese versorgt wiederum die traditionelle Medizin Bhutans mit reichen Ressourcen an Heilkräutern, Mineralien und tierischen Substanzen. Auch die Landwirtschaft ist abhängig von der Biodiversität der Wälder: Wir sammeln die Blätter und benutzen sie als Dünger. Und die Rinder grasen in den Wäldern. Wir sind davon überzeugt, dass wir mit dem Schutz der Wälder für die hohe Qualität des Wassers und seiner Kreisläufe sorgen. Denn das ist unsere ökonomische Basis. Und wir schauen darauf, dass sie nachhaltig ist. It still can be sustainable. That's the area that we are looking at.
USPIELUNG Atmo 9 (Wasserrauschen Bhutan A23/24)
SPRECHER
Tatsächlich lebt Bhutans Wirtschaft primär von der grünen Wasserkraft. Das extreme Gefälle von 7.000 Höhenmetern auf unter 100 Meter von Nord nach Süd, macht die ungezählten Flüsse zu Wasserkraft-Goldgruben.
Bhutan nutzt bislang nur 6,2 Prozent dieses natürlichen Potentials, das auf unglaubliche 26.000 Megawatt jährlich geschätzt wird – so viel wie rund zwanzig Atomkraftwerke der Marke Grundremmingen.
SPRECHERIN
Sauberer Strom ist dann auch das primäre Exportgut Bhutans und versorgt die Industrie Nordindiens mit grüner Energie. Schon träumt man im Himalaja-Land davon, in wenigen Jahren keine Tanklaster mehr aus Indien zu brauchen, die Öl und Benzin über die Pässe bringen, sondern nur E-Autos zu nutzen und die gesamte Infrastruktur zu elektrifizieren, berichtet Dasho Bharat, der lange den Ausbau der Wasserkraft leitete und heute im dreiköpfigen Staatsrat den König berät.
06 - ZUSPIELUNG Wort
We are blessed by nature. We have high altitude mountain areas.
VO-männlich
Wir sind mit Natur und den hohen Bergen gesegnet. Das ist ein Riesenvorteil. Wir können in Zukunft 95 Prozent der Energie exportieren. Bhutans Zukunft ist das Wasser. Es ist das finanzielle Potential für die Entwicklung des Landes. Heute exportieren wir 75 Prozent des Stroms, um Geld zu verdienen und verbrauchen das restliche Viertel selbst. Diese Wasserkraft ist sauber und grün und wir schwimmen auf ihr in eine gute Zukunft, weg von der schmutzigen kohlenstoff-basierten Wirtschaft. Aus diesem Potential wollen wir saubere, grüne und nachhaltige Technologien entwickeln. Vielleicht werden unsere Enkel genießen, was wir da heute machen – ob es dann die saubere Umwelt, die Produktion von ökologischen Nahrungsmitteln oder gesunde Medizin ist. Wir wollen wirklich den grünen Weg gehen. … We would like to go the green way.
Musik 5: Dreams of… - siehe vorn – 32 Sek
SPRECHER
Bhutan könnte sogar bald das erste Land sein, in dem 100 Prozent Bio-Landbau betrieben wird. Gentechnik ist grundsätzlich verboten. Kleine Familienbetriebe bestimmen das grüne Bild der Landschaft, die zu 95 Prozent ökologisch bebaut wird. In Deutschland sind es mit gerade mal 9,5 Prozent, also zehnmal weniger.
ZUSPIELUNG Atmo 10 (Gesamg beim Ernten)
SPRECHERIN
Da wird die scheinbare Rückständigkeit zum Vorteil. Auf den meisten Betrieben ist chemische Düngung nie angekommen und war den Landwirten immer suspekt. Sie waren deshalb nie anders als ökologisch. Was im globalen Norden als ‚Permakultur‘ und Agroforst zunehmend als Zukunftslösung propagiert wird, ist in Bhutan seit langem Standard, berichtet Ketsang Tshomo, Öko-Beraterin des Landwirtschafts-ministeriums:
07 - ZUSPIELUNG Wort 7
Our traditional farming is basically based on permaculture ….
VO-weiblich
Unsere traditionelle Landwirtschaft basiert auf den Prinzipien der Permakultur.
Wenn man sich den Agroforst mit Tierhaltung, die Agrarkultur, den Gartenbau anschaut, dann ist eigentlich jede Farm hierzulande so ein integriertes Ökosystem. Hinzu kommt die tiefe spirituelle Verbundenheit mit dem Land, der Anspruch weder Tier noch Pflanzen irgendwie Schaden zuzufügen. Alles in allem sind das die perfekten Voraussetzungen für eine organische Landwirtschaft, die zum Lebensstil jeden Farmers und Konsumenten werden soll. Deshalb setzen wir, wo immer es möglich ist, auf biologische Landwirtschaft. Was wir allerdings importieren, stammt oft aus konventioneller Landwirtschaft. Aber wir brauchen es, um die Versorgungslücke zu schließen. that needs to be imported to close the gap.
SPRECHER
Auf dem Dach der Welt ist es ein Fluch der Globalisierung, dass schwer beladene 40-Tonner pestizid-belastete gen-manipulierte Nahrungsmittel aus der subventionierten indischen Landwirtschaft über die Himalaja-Pässe bringen und auf den Bauernmärkten Bhutans billig verscherbeln. Wer wenig Geld hat, versorgt sich auch im Land des grünen Glücks mit billigen belasteten Lebensmitteln.
SPRECHERIN
Dem Traum vom grünen Paradies ‚Shangri-La‘ steht also oft noch eine bittere Realität entgegen. Bhutans Idee des Glücks für Mensch und Natur mag ein idealer Maßstab für eine schönere Welt sein, sagt der Journalist und Regierungsberater Kinley Dorji. Solange die Außenwelt nicht mitmacht, bleibt es aber ein Traum:
08 - ZUSPIELUNG Wort 8
Bhutans reputation in the world is larger then life, so to speak ….
VO-männlich
Bhutans Ruf ist besser als die Realität. Aber die Menschen sind romantisch. Sie lieben die Idee einer kleinen, exotischen glücklichen Nation. Und wir müssen uns darüber klar sein: Wir haben all das noch nicht erreicht. Wir sind hier nicht pausenlos glücklich. Wir haben unsere Probleme, wir sind ein Entwicklungsland. Aber es ist wichtig, ein gutes Ziel zu haben! Wir brauchen auch hier eine starke Transformation. Wir müssen uns von der Idee verabschieden, dass der Mensch das wichtigste Lebewesen ist. Im großen Bild ist er vielleicht sogar ziemlich unwichtig. Und wenn man diesen Respekt vor dem Leben hat, dann will man es automatisch erhalten. …. if you have this respect, you naturally preserve.
Musik 6: The inner road – siehe vorn – 30 Sek
SPRECHER
Aber Bhutan kann sich nicht von den Krisen der Welt abschotten. Realität ist: Auch in Bhutan nehmen die Depressionen langsam zu, die Selbstmordraten steigen, Drogenkonsum und Gewalt ebenso. Internet und Fernsehen bringen westliche Konsumideale neuerdings in jedes Dorf und wecken schnell unerfüllbare Bedürfnisse.
SPRECHERIN
Doch die Regierung hält dagegen, setzt trotz Öffnung zur Welt auf den Erhalt der traditionellen Kultur, versucht hartnäckig die Quadratur des Kreises. Alle drei Jahre schwärmen in ihrem Auftrag tausende Studenten aus und stellen der Bevölkerung 208 Fragen nach ihrem subjektiven Glücksgefühl, um daraus die aktuelle Politik zu entwickeln, erzählt Julia Kim, Programm-Direktorin am staatlichen ‚Glücks-Zentrum‘:
09 - ZUSPIELUNG Wort 9
The GNH index measures these things and shapes policy …. Diese
VO-weiblich
Die ganze Welt redet schon lange über die Herausforderungen nachhaltiger Entwicklung, den Klimawandel und die soziale Ungleichheit. Was Bhutan hier ergänzt, ist die Einsicht, dass die Lösungen erst aus einer Balance zwischen äußerem materiellen und innerem spirituellen Wohlergehen entstehen. Zugleich wissen wir, dass wir unsere Kultur nicht so rein erhalten können wie eine Juwelenkette, die wir im Schmuckkästchen verstecken. Kulturen verändern sich ständig, aber Werte können stark bleiben. Wir müssen diese traditionellen Werte, ihren Sinn und ihre Schönheit erhalten und mit einer modernen Technologie so kombinieren, dass die Umwelt so wenig wie möglich geschädigt wird. … that reduces the impact on the environment.
SPRECHERIN
Damit ist Bhutan fraglos zu einem kleinen einzigartigen Modell für den Rest der Welt geworden. Doch darauf kann es sich nicht ausruhen. Das gesegnete Land auf dem Dach der Welt schrammt seit Jahren an einer Identitätskrise entlang.
Während die Landbevölkerung den alten Werten folgt, orientiert sich die städtische Jugend an den Vorgaben aus Hollywood und Bollywood, nutzt Tik-Tok und will ‚hip‘ sein, wie der Rest der Welt.
ZUSPIELUNG Atmo 11b (Fernsehen Bhutan) kurz frei und weg
SPRECHER
Sie tragen Jeans und T-Shirt statt der traditionellen Tracht. Wollen Karriere machen und den Reichtum, den die sozialen Medien, Fernsehen und Internet vorgaukeln. Die Zutaten des inneren Glücks – Bescheidenheit, Genügsamkeit, Dankbarkeit – nehmen ab. Die Jugend wandert ab, nach Indien, Japan, in die USA, wo statt dem ‚grünen Glück‘ Rupien, Yen und Dollars leuchten. Lyonpo Damcho Dorji, der Außenminister Bhutans, beschreibt die riesige Herausforderung für die Zukunft:
10 - ZUSPIELUNG Wort 10
We are aware…
VO-männlich
Wir spüren den Druck der westlichen Welt, des Fernsehens und Internets. Zugleich wollen wir unsere eigene vitale Kultur leben und in der Jugend das Bewusstsein für die Einzigartigkeit Bhutans schärfen. Sodass sie sich in der modernen Technologie engagiert, aber im Hinterkopf präsent hat, dass wir ein souveränes Land sind, was dabei auf seine eigene Kultur und Tradition bauen muss. Wir müssen unsere Kultur so leben, dass sie den Veränderungen standhält. Sonst kann sie einfach ausgelöscht werden. … otherwise it can be simply wiped out.
SPRECHER
Dieser Schritt steht nun bevor. Bhutans Regierung versucht eine Glückspolitik 2.0! Der vierte König der Wangchuk-Dynastie hatte 2008 abgedankt, nachdem er seinem Reich die Verfassung mit dem Brutto-Nationalglück und ein demokratisches Regierungssystem beschert hatte. Sein zum 5. Drachenkönig gekrönter Sohn Jigme Khesar Wangchuk hat nun 2023 eine neue große Vision für das Bhutan der Zukunft vorgestellt, um alt und neu zu vereinen, die Abwanderung junger Menschen zu stoppen und das kleine Himalaja-Land zum internationalen Modell für die Balance zwischen Mensch und Natur zu machen.
Musik 7: Warp seven – 58 sek
SPRECHERIN
Die flachen Ebenen im Süden des Landes an der Grenze zu Assam in Indien waren bislang faszinierende subtropische Naturschutzgebiete, durchzogen von Flüssen, belebt von unzähligen Arten, Korridore für wilde Elefanten, Leoparden und Tiger nach Süden. All das soll bleiben. (hier Musik:) Doch über das geschützte Paradies soll in den nächsten Jahrzehnten auf Brücken und Hügeln auf über 1.000 Quadratkilometern mit internationalen Investitionen eine futuristische Öko-Stadt der Zukunft entstehen. Nicht mit Hochhäusern aus Stahl und Beton, sondern aus Holz, mit nachhaltiger Architektur, autofreier Infrastruktur, grüner Energie. Einem Flughafen auf Stelzen, einem Zentrum digitaler Technik, KI und Programmierung, zugleich aber soll es eine Metropole von Spiritualität, Meditation und nachhaltigem Lebensstil bleiben. Bhutans Premier Thsering Tobgay stellte das Projekt bei einem Besuch in Indien im März 2023 vor:
11 -ZUSPIELUNG Wort 11
How would you immagine a city that is built on gross national happiness …
VO-männlich
Wie könnte eine Stadt des wirklichen Brutto-National-Glücks im 21. Jahrhundert aussehen. Visualisieren Sie diese erste kohlestoff-negative Stadt der Welt, die unser König ‚Galifu – Stadt der Achtsamkeit‘ genannt hat. Eine Stadt, wo Menschen miteinander und mit der Natur leben, wo Innovation und Wissen mit Nachhaltigkeit und Spiritualität harmonieren. Ein Geschenk an Bhutan, ein Geschenk für unsere Zukunft, ein Geschenk an die Welt … and a gift to the world.
Musik 8: Siebenfache Anrufung des Guru Padma-sambhawa - 49 Sek
SPRECHER
Eine sehr große Vision, die Tradition und Zukunft, Natur und Mensch verbinden will. Faszinierend, unglaublich, ermutigend. Oder: Nur eine weitere Utopie vom Dach der Welt?
ZUSPIELUNG Atmo 11 (Tempelhörner, Paro)
SPRECHERIN
Das kleine Land gibt nicht auf, an eine gute Zukunft zu glauben. Mit seiner Politik des Brutto-National-Glücks und als ‚grünes Modell‘ ist es für die Welt längst ein ‚Projekt der Hoffnung‘ geworden. Und nur die Zukunft wird zeigen, ob Bhutan, das Land des Donnerdrachens auf dem Dach der Welt, ein weiteres Mal ganz selbstverständlich und beharrlich ein schönes Märchen einfach wahr macht.

Aug 19, 2025 • 23min
Shaka, König der Zulu – Nationalheld oder Tyrann?
Christoph Marx ist Historiker und Professor, der sich intensiv mit kolonialen und nationalen Geschichtsmythen in Afrika beschäftigt. In der Diskussion über Shaka Zulu wird seine ambivalente Rolle als Nationalheld und Tyrann beleuchtet. Marx erläutert die komplexe Wahrnehmung Shakas, betrachtet seine militärischen Errungenschaften und die Schlacht bei Isandlwana, die den Einfluss der Zulu festigte. Zudem wird die Zeit des Mfekane und die Schwierigkeiten seiner Darstellung in der kolonialen Geschichtsschreibung thematisiert.

Aug 19, 2025 • 22min
Kartoffel - Die nahrhafte Knolle
Die Kartoffel ist ein unverzichtbares Grundnahrungsmittel und ihre Geschichte reicht von den Anden bis nach Europa. Im Podcast wird die Evolution des Kartoffelkonsums über die Jahrhunderte betrachtet, einschließlich ihrer Rolle in preußischen Ernaehrungsstrategien und den Folgen der Kartoffelfäule in Irland. Zudem wird die Vielfalt der über 200 in Deutschland zugelassenen Sorten beleuchtet, sowie die Herausforderungen in der Produktion durch Krankheiten und Schädlinge. Schließlich wird die nahrhafte Qualität der Kartoffel hervorgehoben und ihre Rolle in der modernen Küche diskutiert.

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Aug 18, 2025 • 24min
Letzte Hilfe – Unterstützung am Lebensende
In dieser Folge geht es um die Begleitung sterbender Menschen und die Bedeutung von Letzte Hilfe-Kursen. Die Herausforderungen der Angehörigen beim Abschiednehmen werden intensiv beleuchtet. Experten diskutieren die persönliche Gestaltung des Sterbeprozesses und die Wichtigkeit von Patientenverfügungen. Es wird auch ein berührender Abschied geteilt, der die wertvollen letzten Stunden mit einem geliebten Menschen reflektiert. Abschließend wird die mysteriöse Verbindung zwischen Leben und Tod thematisiert, die Frieden und Einvernehmen hervorruft.