Radiowissen

Bayerischer Rundfunk
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Sep 11, 2025 • 24min

Modernes Hebräisch - Wie aus der Sakralsprache Ivrit wurde

Michael Brenner, Historiker und Professor für jüdische Geschichte an der LMU München, taucht in die faszinierende Geschichte des Hebräischen ein. Er erklärt, wie die Sprache von einer Sakralsprache zur modernen Alltagssprache im 19. Jahrhundert transformiert wurde. Dabei beleuchtet er die Rolle von Eliezer ben Yehuda bei der Wiederbelebung des Hebräischen und die Herausforderungen, die diese mit sich brachte. Außerdem erzählt er von Ben-Jehuda's Sohn, dem ersten Kind, das mit Hebräisch aufwuchs, und den sozialen Einflüssen auf diese sprachliche Evolution.
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Sep 10, 2025 • 23min

Das Gipfelkreuz - Eine Geschichte von Aufstieg und Fall

Hans-Joachim Löwer, Autor von „Gipfelkreuze“, erforscht die fesselnden Geschichten hinter den rund 4000 Gipfelkreuzen in den Alpen. Er diskutiert deren kulturelle und spirituelle Bedeutung, die über touristische Fotomotive hinausgeht. Löwer beschreibt die Erstbesteigung des Großglockners und das damit verbundene Forschungsehrenmal. Zudem beleuchtet er den kulturellen Kampf um die Deutung der Gipfelkreuze, besonders in Bezug auf Frieden und Versöhnung in einer mit Konflikten beladenen Geschichte.
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Sep 9, 2025 • 24min

Erdöl – Wie wir abhängig wurden

Erdöl durchdringt unser modernes Leben in Form von Benzin, Kunststoff und Medikamenten. Die Entdeckung im Jahr 1859 führte zur Industrialisierung, während Erdöl in Kriegen strategisch bedeutend wurde. Die Ölindustrie, geprägt von den Seven Sisters, kontrolliert den internationalen Markt. Der Einfluss von Erdöl als Wirtschafts- und Gesellschaftsfaktor im 20. Jahrhundert sowie die Ölkrisen der 1970er Jahre wurden beleuchtet. Die Abhängigkeit von Erdöl in Industrienationen sorgte für langfristige Herausforderungen und den Drang nach Alternativen.
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Sep 9, 2025 • 25min

Richard Wagner und Ludwig II. - Im Wahn vereint

Es ist eines der furiosesten Comebacks der Musikgeschichte: Richard Wagner - künstlerisch gescheitert, finanziell am Boden - wird errettet durch den 18-jährigen König Ludwig II. von Bayern. Der Beginn einer außergewöhnlichen Beziehung, die Wagner zu beispiellosen Erfolgen führen und Ludwig das Herz brechen wird.Credits Autor/in dieser Folge: Philip Montasser Regie: Rainer SchallerEs sprachen: Susanne Schroeder, Peter Veit, Anne-MadlenTechnik: Christine FreyRedaktion: Thomas Morawetz Im Interview: - Marcus Spangenberg, Biograph von Ludwig II. - Markus Söder, Ministerpräsident Und noch eine besondere Empfehlung der Redaktion: Kunstverbrechen - True Crime meets Kultur Gestohlene Gemälde, Kunstschmuggel, Fälscherskandale: Bei Kunstverbrechen rollen Lenore Lötsch und Torben Steenbuck spektakuläre Verbrechen in der Welt der Kunst- und Kultur auf. Ohne Blutvergießen, dafür mit spannender Kunst! Ludwig II. - Der Mondkönig Neuschwanstein, Linderhof und Herrenchiemsee: Die Bauten König Ludwigs II. prägen das Bayernbild weltweit. Zu seinen Lebzeiten hatte das Volk das Treiben ihres "Kinis" durchaus mit Skepsis betrachtet. Von Carola Zinner (BR 2011) Literatur: -      Otto Strobel: »König Ludwig II. und Richard Wagner – Briefwechsel« (ein 1936 erschienenes sechsteiliges Kompendium des kompletten Briefwechsels samt ausführlichem Kommentar, zusammengetragen und bearbeitet vom damaligen Archivar des Hauses Wahnfried – bei der Bayerischen Staatsbibliothek als Digitalisat komplett frei und ohne Login zugänglich) -      Marcus Spangenberg: »Ludwig II. Der andere König« (eine prägnante und kurzweilige Biographie) -      Hartmut Schick: »Zwischen Skandal und Triumph: Richard Wagners Wirken in München« (ein sehr prägnant geschriebener Aufsatz in einem wissenschaftlichen Sammelband zu Wagners Münchner Zeit) -      Annette Kolb: »König Ludwig II. von Bayern und Richard Wagner« (eine kurze, biographische Skizze über die schillernde Freundschaft mit einer gewissen literarischen Verspieltheit) Linktipps: Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de. Radiowissen finden Sie auch in der ARD Audiothek:ARD Audiothek | RadiowissenJETZT ENTDECKEN Das vollständige Manuskript gibt es HIER.
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Sep 8, 2025 • 23min

Das Recht auf Urlaub - Wie es zur bezahlten Freizeit kam

Hasso Spode, Historiker und ehemaliger Leiter des Historischen Archivs Tourismus an der TU Berlin, beleuchtet die Entstehung des Rechts auf bezahlten Urlaub. Er erzählt von den mutigen Brauereimitarbeitern in Stuttgart, die 1903 als Pioniere auftraten und sich einen Tarifvertrag mit drei Tagen Urlaub erkämpften. Das Gespräch behandelt die sozialen Unterschiede zwischen geistigen und körperlichen Arbeitern und wie sich die Einstellung gegenüber Urlaub im Kaiserreich entwickelte. Zudem wird der Einfluss von Gewerkschaften und politischen Initiativen auf das Urlaubsrecht thematisiert.
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Sep 8, 2025 • 23min

Die Befreiung vom Korsett - Frische Luft und neue Zwänge

Melanie Haller, Soziologin und Dozentin an der AMD Akademie Mode & Design in Hamburg, beleuchtet im Gespräch die historische Rolle des Korsetts und dessen anhaltenden Einfluss auf moderne Körperideale. Sie erklärt, wie Emile Flöge für die Freiheit in der Mode kämpfte und gesellschaftliche Normen in Frage stellte. Weiterhin wird die Entwicklung der Körperbilder im 20. Jahrhundert diskutiert, einschließlich der Abkehr vom Korsett und den Auswirkungen aktueller Fitnessbewegungen. Haller fordert eine Akzeptanz unterschiedlicher Körperformen und kritisiert den Druck, dem Frauen ausgesetzt sind.
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Sep 8, 2025 • 23min

Nach der Zerstörung: Biotop - Lebensraum Steinbruch

Wunden in der Landschaft. Der erste Eindruck eines aufgelassenen Steinbruchs. Doch Naturschützer verwandeln die Mondlandschaften zu einem Refugium für seltene Tier- und Pflanzenarten. Aber die paradiesischen Orte sind auch nicht ganz unumstritten. Autorin: Katharina Hübel Credits Autorin dieser Folge: Katharina Hübel Regie: Frank Halbach Es sprach: Hemma Michel Redaktion: Bernhard Kastner Im Interview:Pascal Bunk und Annika König, Biodiversitätsmanager:innen von Knauf;Tom Konopka, Regionalreferent für Mittelfranken BUND Naturschutz in Bayern e.V.; Dr. Andreas von Lindeiner, Artenschutzreferent und Landesfachbeauftragter des Landesbunds für Vogel- und Naturschutz Diese hörenswerten Folgen von Radiowissen könnten Sie auch interessieren: Biber-Fieber - WirTierChristian und Tina sind Wildlife-Fotografen. Mit viel Geduld und Verständnis haben sie das Vertrauen von Bibern gewonnen. Jetzt gehören sie zur tierischen Familie dazu, düfen als "Biber ehrenhalber" hautnah dabei sein und sogar die Biber-Babies sitten. Ob WirTier-Host Julius auch ein Schnappschuss gelingt? HIER geht es zur Folge.  Insektenvielfalt auf der Wiese - Eine Welt für sich HIER Biotopvernetzung - Wenn Lebensräume verbunden werden HIER Was macht Moore so wertvoll - Alles Natur HIER Klimawandel und Lebensraum - Strategie der Anpassung HIER  Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de. Radiowissen finden Sie auch in der ARD Audiothek: ARD Audiothek | Radiowissen JETZT ENTDECKEN Das vollständige Manuskript gibt es HIER. Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript: 01 Reportageszene Reporterin: Wir stehen hier in so einer leichten Kuhle mitten im Gras… Mann (empört): Das ist kein Gras! Reporterin: Das ist kein Gras? Was isses denn? Mann: Ein bisschen Gras ist dabei, aber wenn man so genau hinguckt, sieht man auch viele Kräuter. Also, das ist hier eine extrem artenreiche Wiese … MUSIK  „Clock Winder“; ZEIT: 00:57 Sprecherin  + Atmo 01 im Hintergrund Am Rande des südlichen Steigerwaldes. Im Landkreis Kitzingen, bei Iphofen, liegt Hellmitzheim. Ein kleines fränkisches Dorf. Pascal Bunk ist Ökologe und unterwegs, um den Zustand einer Wiese zu untersuchen.  02 Reportageszene Wiesenlabkraut haben wir hier … sind fast schon kleine Büschel, die wachsen … - Und das, wo Sie gerade die Bestimmung machen? Das hat so ein bisschen größere, daumenlange Blätter - mal schauen …. Der Große Wiesenknopf wird das mal. - Es ist der, der dann so lila blüht, wie so ein knopfförmiger Blütenkopf …. MUSIK ENDE Sprecherin  + Atmo 02 im Hintergrund (zu hören sind Protas und Reporterin, bitte ganz ganz niedrig ziehen, damit man den Eindruck hat: da ist jemand gemeinsam unterwegs, aber man hört nicht, was gesagt wird) Annika König (Aussprache bitte hinten mit hartem k) ist eine Kollegin von Pascal Bunk und mit dabei auf der Suche nach seltenen Pflanzen und Tieren. 03 Reportageszene Pascal, hast Du was gefunden? – Ja, das müsste die veronica spicata sein, der Ährige Ehrenpreis … Sprecherin  + Atmo 03 im Hintergrund Pascal Bunk macht ein Foto von einer Staude und lädt es in seine Pflanzenbestimmungs-App hoch. Volltreffer: Veronica spicata. Kategorie: gefährdet. Eine Rote-Liste-Art. Lila-bläulich ragen ihre länglichen Blüten im Frühsommer zwischen den schmalen Blättern hervor. Ein Festmahl für Schmetterlinge. OT 04 Pascal Bunk Verschiedenste Bläulinge, Dickkopffalter, den Schwalbenschwanz habe ich hier auch schon gesehen. Bienen, Wildbienen jede Menge …. Also das ist halt ein Insektenparadies, so ne Wiese. (…) OT 05 Pascal Bunk, leiser, etwas weiter entfernt, nähert sich an: Auch sehr unscheinbar, das ist jetzt ein Hirschhaarstrang …. Reporterin: Was ist das Besondere an dem? Das es den hier eigentlich gar nicht mehr gibt in der Landschaft, nur noch in Naturschutzgebieten ist der zu finden, und wir haben ihn jetzt hier wieder auf dieser Renaturierungsfläche ansiedeln können. Atmo 04 kurz freistehend, Schritte, die gehen, Vögel, die singen MUSIK privat Take 017 Bio Diversity; Album: Green Planet; Label: 2008 UPPM RECORD; Interpret: James Kaleth; Komponist: James Kaleth; ZEIT: 00:21 Sprecherin  + Atmo 04 im Hintergrund Die Wiese war nicht immer so artenreich – über hundert verschiedene Pflanzen wachsen dort mittlerweile. Vor zwanzig Jahren war sie das Gegenteil. Pascal Bunk und Annika König sind nämlich keine üblichen Naturschützer: Sie sind Angestellte in der Rohstoffindustrie. Unterwegs im Auftrag einer Gipsfirma. MUSIK ENDE Atmo 05 Ziegen Sprecherin  + Atmo 07 im Hintergrund Nicht weit entfernt umgibt ein hoher Metallzaun ein Areal. Die Grasfläche, auf der die Ziegen und zwei schottische Hochlandrinder weiden, endet bald und geht über in offene Erde. Klumpen bleiben an den Schuhen hängen.  08.2. Reportage Sequenz Die Klüfte haben sich natürlich gebildet. Das Wasser fließt, schlängelt sich so durch, wir stehen hier auf so Erdstufen, würde ich es mal nennen. Sprecherin  + Atmo 07 Und dann: geht es senkrecht in die Tiefe. Eine Steilwand aus Erde und Steinen tut sich auf. Unten ein riesiges Loch, in dem sich Wasser sammelt. Ein bisschen Schilf ist in der Ferne zu sehen. Dahinter: Rapsfelder. OT 09 Pascal Bunk Wir sind jetzt im Steinbruch Hellmitzheim, der ist frisch stillgelegt, also vor drei Jahren wurde hier die letzte Tonne rausgeholt. Sprecherin  + Atmo 07 Ein Steinbruch der Firma Knauf, die sich auf den Abbau von Gips spezialisiert hat. Die Firma, bei der Pascal Bunk und Annika König angestellt sind. OT 10 Pascal Bunk Und der Teil, in dem wir jetzt stehen, der wird renaturiert. Also, der wird komplett sozusagen für den Naturschutz hergerichtet und soll ein so genanntes Ökokonto werden. Also hier sammeln wir sozusagen Naturschutzpunkte. Wir werten sozusagen die Landschaft auf.  Sprecherin  + Atmo 07 Drei Hektar Land, die das Unternehmen einem Landwirt abkaufen konnte, bevor hier Steinbruch war. Der Steinbruch selbst war viel größer: zehn Hektar. Nicht alle Bauern wollten ihr Land verkaufen.  Manche verpachten nur für die Dauer des Abbaus. Am Horizont sieht man noch ein paar Steinhaufen. OT 11 Pascal Bunk Was hier abgebaut wird ist Naturgips, also wirklich Stein. Deswegen sieht man auch so diesen Höhenunterschied. Deswegen ist es wie ein Hügel da hinten, das ist das Massendefizit.  Sprecherin Die Landschaft hat jetzt eine Delle, wo der Gips aus dem Boden herausgeholt worden ist. Gipsabbau gibt es in dieser Region schon seit dem Mittelalter. „Wein, Gips und Holz sind Iphofens Stolz“ steht auf der Homepage der Stadt, in der Knauf seinen Hauptsitz hat. Als das „weiße Gold Iphofens“ wird der Naturgips auch bezeichnet. Das Unternehmen ist mit diesem Rohstoff zum weltweiten Player geworden.  OT 12 Pascal Bunk In der Regel sind wir nicht Eigentümer von diesen Flächen, die wir abbauen, sondern wir haben Abbauverträge mit den Eigentümern, weil Gips ein so genannter grundeigener Bodenschatz ist, das heißt, er gehört den Grundeigentümern. Das ist anders als zum Beispiel Kohle oder Metall. Die gehören dem Staat. Sprecherin Nach dem Abbau müssen Rohstoff-Firmen meistens wieder Ackerland herstellen, wenn die Bauer ihr Land wieder zurückwollen. In neunzig Prozent der Fälle ist das so, schätzt Pascal Bunk. Dafür trägt man den Oberboden extra vor dem Gipsabbau ab und lagert ihn ein. Dann kommt der Boden wieder aufs Land. ‚Rekultivieren‘ heißt das. OT 13 Pascal Bunk Das ist schon ziemlich tricky. Man hat ja das Bodengefüge zerstört, das auch durch Regenwürmer und so entstanden ist. Das dauert eine Weile, bis sich das wieder regeneriert hat. Man sagt: Zehn Jahre kann das dauern, bis die Ertragsfähigkeit der Böden wieder so ist wie vorher. Sprecherin Dann ist die Fläche zwar wieder grün, aber oft wachsen darauf eben nur bestimmte Nutzpflanzen. Auch die Tierarten, die dort vorkommen, sind überschaubar. Das, was Pascal Bunk als Ökologe erreichen möchte, ist ein anderer Zustand. Der geht aber nur, wenn die Bauern das Land verkaufen: OT 14 Pascal Bunk Das ist eine Renaturierung, weil wir halt weggehen von der vorherigen landwirtschaftlichen Nutzung … Und jetzt sehen wir einen kleinen See mit einer Insel und hier hinter uns werden wir Grünland entwickeln und Hecken pflanzen, das ist sozusagen Renaturierung, weil der Zustand der Natur näher ist als er vorher war. OT 14.2. Es ist immer der Fall, dass, wenn man in Deutschland was baut oder Rohstoffe gewinnt, muss man kompensieren, das ist im Bundesnaturschutzgesetz so geregelt. MUSIK OT 16 Pascal Bunk Die Idee ist schon, dass man das als Rohbodenstandort erhält. Es gibt sehr viele Rohbodenpioniere oder Rohboden besiedelnde Arten, gerade diese Wildbienen als Beispiel. Die brauchen sowas, finden das aber in unserer Kulturlandschaft gar nicht mehr. Sprecherin  + Atmo07 Aus diesem Grund wird auch die Steilwand, die noch an den Gipsabbau erinnert, nicht verändert oder begrünt.  Sprecherin:  + Atmo08 Störungsökologie ist der Fachbegriff. Fortsetzung 16.2. Reportage Sequenz Dynamische Lebensräume sind viel artenreicher als solche statischen Lebensräume. (…) Wenn jetzt so Spalten und Fugen entstehen, da können dann zum Beispiel Fledermäuse reingehen, die gerne auch in solchen Felswänden mal sitzen. Oder, wenn es ein größerer Abriss ist, könnte man sich auch vorstellen, dass da mal ein Uhu brütet. OT 17 Pascal Bunk Wir nehmen den Steinbruch selbst als Biotop. Sprecherin  + Atmo 07 Ein bisschen nachhelfen müssen die Ökologen allerdings schon, vor allem zu Beginn. Sie machen eine so genannte Geländemodellierung. Die Idee dahinter ist, möglichst viele verschiedene Strukturen in der Landschaft anzulegen. Das machen die Bagger vom Steinbruch. OT 18 Pascal Bunk Wir sagen, wir hätten gerne an der Stelle eine kleine Insel in dem See. Wir haben hier einen Flachuferbereich, da hab ich gesagt, den hätte ich gerne. Und dann machen sie das schon mit ihren Maschinen, dass das alles so passt. Ich brauche das Saatgut, ich brauche die Bäume, die Sträucher, ich brauche hier einen Steinhaufen. Ich brauche Totholz.  Sprecherin  + Atmo 07 Verschiedene Strukturen in der Landschaft bedeuten: verschiedene Lebensräume für Spezialisten in der Tier- und Pflanzenwelt. OT 19 Pascal Bunk Da könnte sein, dass jetzt schon ein paar Rallen brüten, da unten sind verschiedene Amphibien, die Ringelnatter, die jagt in dem Uferbereich. Zauneidechsen hat man auch schon gesehen …   MUSIK  „Clock Winder“; ZEIT: 00:40 und Atmo 09 als Übergang Sprecherin Hellmitzheim ist nicht der einzige ehemalige Steinbruch, den Pascal Bunk und Annika König betreuen. Sprecherin Rund 900 Steinbrüche und Kiesgruben sind derzeit in Bayern insgesamt in Betrieb, 860 Hektar Land pro Jahr werden dadurch von verschiedenen Firmen abgebaut. Das sind etwas über 0,01 Prozent der Landesfläche laut Angaben des Bayerischen Industrieverbands Baustoffe, Steine und Erden. 21 Reportageszene  Reporterin: Für mich sieht das aus wie eine Weide, da ist auch ein Weidezaun … Wo war denn der Steinbruch? PB: Wir stehen direkt vor ihm. Wir gucken jetzt hier auf diese Infotafel, wir haben einen Rundwanderweg gemacht … Das ist ein Vorzeigeprojekt, weil wir das gemeinsam mit dem Landesbund für Vogelschutz gemacht haben. Sprecherin +Atmo 09 Willkommen im Steinbruch Markt Nordheim! Das Logo des LBV ist auf der Infotafel der Firma Knauf gut zu sehen: ein weißer Eisvogel auf blauem Grund. Weiter den Wander-Weg entlang jedoch … OT 22 Reporterin Da sehen wir jetzt das Naturschutzgebiet: das grüne Dreieck mit dem Vogel drauf … Sprecherin  + Atmo 09 … hat noch ein Naturschutzverband seine Schilder aufgestellt. Nur der schmale Wanderweg trennt die beiden Grundstücke voneinander. Sprecherin Seit den 1960ern gehört das Nachbargrundstück schon dem BUND. Als Anfang der 2000er Jahre die Firma Knauf direkt angrenzend Gips abbaute, wurde das für das Unternehmen … OT 24 Pascal Bunk  … einer der konfliktreichsten Abbauten, die wir jemals hatten. Da gab es richtig Demonstrationen und gerichtliche Auseinandersetzung. OT 24.2. Was jetzt das Besondere an der Fläche ist und auch das extreme Konfliktpotential hervorgerufen hat, ist das, was man hier oben sieht. Das sind die so genannten Sieben Buckel. Das ist ein Naturschutzgebiet, da hat sich eine bestimmte Vegetationsform entwickelt, die so genannte Gipssteppe, die wächst direkt auf Gips. Das ist sozusagen ein Relikt. Das gibt es nur noch an dieser Stelle und ein bisschen weiter, südlich in Kühlsheim gibt es das noch und in Sulzheim gibt es noch Gipssteppe. Ansonsten war es das, das ist in Bayern das letzte Stück Gipssteppe, was wir noch haben. Sprecherin Ein Relikt aus der Eiszeit. Eine einzigartige Tundravegetation. Pflanzen, die jede für sich genommen, auch wo anders wachsen könnten, aber in der Kombination miteinander nur auf Gips vorkommen. Beispielsweise der rauhaarige Alant, verschiedene Haarstrang-Arten, die Wildform der Katzenminze. Und: OT 25 Pascal Bunk Hier ist das Frühlingsadonisröschen, ein Highlight, wo dann wirklich die Freaks ankommen und sich das angucken. (…) Es ist eigentlich nur eine relativ unscheinbare Pflanze für den Laien. Der würde jetzt nicht sofort erkennen, dass das was Tolles ist, hat eine schöne Blüte, aber ansonsten ist es halt etwas tolles botanisch. Diese Steppenvegetation ist eigentlich ein Sammelsurium der seltensten und einzigartigsten Arten, die man sich vorstellen kann, europäisch streng geschützt. Es ist wirklich was Tolles, was Besonderes.  Sprecherin Die Sieben Buckel und die Gipssteppe ließ die Rohstoff-Firma unangetastet. Aber der Bund Naturschutz befürchtete eine Grundwasserabsenkung, die sich auch auf die Sieben Buckel auswirkt – dadurch, dass Knauf direkt nebenan Gips aus dem Boden holte. OT 26.3. Pascal Bunk Das war auch Teil der Genehmigungsauflagen, dass wir hier ein dauerhaftes Grundwassermonitoring machen. Also wir gucken hier genau, in welcher Tiefe ist das Grundwasser, kommen wir mit unserem Gipsabbau irgendwie in die Gegend, dass wir Einfluss auf das Grundwasser haben. Aber ich kann gleich vorweg sagen: haben wir nicht. Sprecherin Der Bund Naturschutz hatte laut einer Pressemitteilung aus dem Jahr 2008 selbst vorgehabt, das ehemalige Ackerland nebenan zu erwerben, auf dem Knauf dann Gips abbaute – und freizugeben für die Pflanzen der Gipssteppe. Tom Konopka war damals schon der zuständige Regionalreferent des BUND: OT 27 Tom Konopka Im Steinbruch ist der Gips jetzt abgebaut, er ist weg, man ist nahe am Grundwasser, damit ist natürlich auch das Potential weg, diesen Arten überhaupt noch zu helfen. OT 26 Pascal Bunk Wir haben Bereiche, wo wir den Gips abgebaut haben, wir haben Bereiche, wo wir hinterher aber wieder Gips aufgetragen haben, also Scherbenkiesstruktur und haben dann Bereiche mit Heusaat angesät. OT 26.2. Man muss ja dazu sagen, vorher war das Acker. Also jetzt hat man zumindest die Möglichkeit, die Chance, dass sich da was ansiedelt. Sprecherin Tom Konopka widerspricht. OT 27.2. Tom Konopka  Unsere Prognosen sind eingetreten, dass es im Steinbruch keine Gipssteppenvegetation geben wird.  Sprecherin Eine Zusammenarbeit mit rohstoffabbauenden Betrieben lehnt der BUND bis heute ab. OT 28 Tom Konopka Wir unterscheiden uns in wenigen Punkten als Bund Naturschutz in Bayern vom Landesbund für Vogelschutz. Das ist allerdings einer, wo wir uns ganz stark unterscheiden. Für uns sind die Eingriffe, die hier in Natur und Landschaft stattfinden, Eingriffe in Primärlebensräume. Und das, was daraus entsteht, sind Sekundärlebensräume, die oftmals nur ein schwacher Abglanz dessen sind, was entweder vorher da war oder was als Potenzial noch vorhanden war.  Sprecherin Nachhaltiger wäre es für Tom Konopka, über Recycling von Rohstoffen nachzudenken, anstatt immer neue aus dem Boden zu holen. Und sich darüber Gedanken zu machen, wie man seltenen Tieren und Pflanzen allgemein mehr Freiraum zurückgeben kann.   OT 29 Tom Konopka Normalerweise würden diese Arten an Flüssen vorkommen, die noch frei mäandrieren können (…). Das ist klar: Solange die Flüsse alle versteint sind und festgelegt sind in ihrem Lauf, kommen keine solchen Strukturen mehr vor. Zum Zweiten haben wir in einer konventionellen Landwirtschaft, die alles mit Pestiziden behandelt und mit Kunstdünger zumüllt, auch keinen Platz für sehr viele Arten, die weniger nährstoffreiche Böden brauchen. Sprecherin Dass die Rohstoffbetriebe die gesetzliche Auflage haben, wieder ein Stückchen Natur herzustellen, hält Tom Konopka für wenig nachhaltig und das Mindeste. OT 30 Tom Konopka Es ist eine kleine Auflage für einen gigantischen Eingriff, den sie gemacht haben. OT 30.2. Tom Konopka Die Sekundärstandorte nach dem Abbau sind oftmals nicht stabil. Das heißt, hier muss alle paar Jahre eingegriffen werden, um für die Pionierarten stabilen Verhältnisse zu sorgen. Die Firmen, die die Auflage haben, nach ihrem Abbau eine naturschutzgemäße Fläche zu hinterlassen, ziehen sich dann zurück und ziehen sich aus der Verantwortung. Dann muss der Steuerzahler ran und alle paar Jahre dort Maßnahmen durchführen. Oder die Umweltverbände. OT 30.3. Tom Konopka Es ist vor allem Greenwashing für die Bauindustrie, die sich keine Gedanken macht, wie sie eigentlich den Raubbau beenden könnte. Denn davon leben sie. Sprecherin Andreas von Lindeiner vom Landesbund für Vogelschutz sieht das etwas anders.  OT 31 Andreas von Lindeiner Ich habe überhaupt kein Problem damit, mit der Industrie zu reden. Die Industrie hat sich zu Anfang unserer Kooperation auch selber als der Drecksack gesehen, der da alles nur kaputtmacht und wurde auch so tituliert. Wir haben mittlerweile einen ganz anderen Umgang. Es ist ja nicht nur, dass wir an einem Standort Partner gewonnen haben, mit dem wir zusammen Gelbbauchunken schützen, sondern wir gewinnen gemeinsam Verständnis für die Belange des anderen. Sprecherin Der LBV berät Unternehmen, wie sie während des Abbaus die Natur möglichst schonen können und auch, wie sie danach am besten renaturieren. Rund 280 Pflanzen- und Tierarten, darunter einige Rote-Liste-Arten, leben in ehemaligen bayerischen Steinbrüchen, informiert der Industrieverband Baustoffe, Steine und Erden. In vielen ehemaligen Steinbrüchen sind auch Gewässer angelegt. Gewässer, die in der Natur eben immer seltener vorkommen. OT 32 Andreas von Lindeiner Sodass wir einfach feststellen müssen: Arten wie die Kreuzkröte, die Wechselkröte, die Gelbbauchunke sind zu einem so hohen Bestandteil ihrer Gesamtpopulation auf Rohstoffgewinnungsstätten angewiesen, dass hier tatsächlich wohl keine Alternative besteht, ihr Fortkommen auch zu sichern. MUSIK Atmo 10 Aussteigen aus dem Auto 35 Reportageszene Wollen wir mal ein bisschen weiter, ein bisschen tiefer, da brauchen wir ein bisschen Trittsicherheit … Das ist auch bewusst angelegt hier so ein schattiges Geröllfeld, mit Sicherheit sind da Fledermäuse drin, da sind so Spalten und kleine Ritzen als Höhlen … Die mögen es so ein bisschen geschützt, schattig, feucht. Als Ruhequartier ist das auf jeden Fall gut geeignet.  36 Reportageszene Hier ist jetzt wieder so ein Flachuferbereich, der sich auch ständig verändert. Wir haben ja ne natürlich Dynamik drin. Dass es einfach, je nach Niederschlägen, ein bisschen überfluteter ist und mal wieder weniger und dadurch auch ein spezieller Lebensraum entsteht. Hier wird jetzt zum Beispiel Tausendgüldenkraut wachsen …. (…) Sprecherin  + Atmo 16 Das Geröllfeld und der Tümpel drohen bereits von Wald zugewuchert zu werden. Hier müsste jetzt eigentlich der Mensch bald nachhelfen und Bäume entfernen, um das Refugium für Fledermäuse und Amphibien zu sichern. Wenn nicht wenn nicht bereits ein Biber Einzug gehalten hätte. Er könnte es schaffen, den Sumpfbereich von allzu vielen Bäumen freizuhalten. Ein natürlicher Helfer für die Kommune, die sich mittlerweile um die Fläche kümmern muss: Der Rohstoffbetrieb ist aus der Verantwortung und Pflege raus. Pascal Bunk verschafft sich trotzdem manchmal einen Eindruck davon, wie es mit dem Gebiet weitergeht.  MUSIK  „Clock Winder“; ZEIT: 00:59 OT 40 Pascal Bunk Wir haben hier durch diesen Wanderweg natürlich schon gewissen Druck durch Menschen. Ich hab das auch schon oft beobachtet, dass hier Leute baden oder grillen, das ist jetzt natürlich nicht so dolle. Das wird ja auch eine touristische Marke dadurch, dass man halt den Wanderweg da hingelegt hat, dass man das als Naturschauplatz Steigerwald ausgezeichnet hat. Man findet es im Internet. Da hinten ist auch ein Geocash, das find ich auch nicht so prickelnd … (…) Da war ja ein Schild, dass bestimmte Sachen nicht erlaubt sind, aber wer will es kontrollieren? Dann müsste rund um die Uhr jemand stehen und aufpassen …. Reporterin: Hier habe ich jetzt eine Flasche gefunden, hat jemand liegen lassen …  (entfernt:) Das Ding gehört hier auch nicht hin….
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Sep 7, 2025 • 22min

Die Geschichte des Panzers - Eine neue Dimension im Krieg

Der Podcast beleuchtet die Geschichte des Panzers, beginnend mit dem ersten Panzerangriff im Ersten Weltkrieg. Der Mark I stellte eine technologische Revolution dar, trotz anfänglicher Schwierigkeiten. Im Kalten Krieg spielten Panzer eine zentrale Rolle, während moderne Konflikte wie im Golf und in der Ukraine deren Anpassung erforderten. Die Zukunft des Panzers wird kritisch betrachtet, einschließlich der Auswirkungen autonomer Technologien auf die Kriegsführung. Experten warnen vor den langfristigen sozialen und politischen Folgen des Panzereinsatzes.
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Sep 7, 2025 • 25min

Flechten, Meister der Extreme

Thassilo Franke, Biologe am BIOTOPIA Lab in München, erforscht die faszinierenden Mischwesen der Flechten, bestehend aus Pilzen und Algen. Er diskutiert, wie diese Organismen extreme Lebensbedingungen überstehen, jedoch empfindlich auf Luftverschmutzung reagieren. Flechten könnten zudem neue Arzneimittel-Inhaltsstoffe liefern, da sie antibakterielle und entzündungshemmende Eigenschaften besitzen. Darüber hinaus beleuchtet er die historische Nutzung von Flechten in der Medizin und der Parfümherstellung.
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Sep 5, 2025 • 23min

Warum ist das Universum so? Eine physikalische Sinnsuche

Das Universum erweist sich als perfekt abgestimmt für unsere Existenz, was Physiker fasziniert. Es wird diskutiert, wie die Struktur des Universums durch dunkle Materie und Energie geprägt wird. Das Feintuning der Naturkonstanten und die Rolle des Higgs-Teilchens sind zentrale Themen, die Einfluss auf die Stabilität und Masse anderer Teilchen haben. Zudem wird die philosophische Dimension der Fragen beleuchtet, während die Schönheit physikalischer Gesetze mit der Entstehung von Leben und menschlichen Beziehungen verknüpft wird.

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