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Jul 12, 2024 • 15min

Frida Kahlo stirbt am 13.7.1954

Kunst und Courage: Mit riesigem Selbstbehauptungswillen wird die Mexikanerin Frida Kahlo zu einer der einflussreichsten Malerinnen aller Zeiten.Frida Kahlo gehört zu den bekanntesten Künstlerinnen aller Zeiten. Ihre Selbstporträts mit Blumenkranz und Monobraue erzielen Millionenpreise. Dabei dient die Kunst für Kahlo in erster Linie dazu, ein Leben voller Höhen und Tiefen zu verarbeiten. Ihre Werke lesen sich wie ein Tagebuch.Die 1907 geborene Frida ist ein wissbegieriges Mädchen mit unbändigem Bewegungsdrang. Doch sehr früh schon muss sie erfahren, dass der menschliche Körper auch ein Gefängnis sein kann. Mit 18 Jahren schließlich verändert ein schwerer Busunfall ihr Leben für immer: Sie erleidet einen dreifachen Bruch der Wirbelsäule, ihr rechtes Bein war elfmal gebrochen und der Fuß verdreht. Dass sie den Unfall überlebt, grenzt an ein Wunder. Allein und gefesselt an ihr Krankenbett beginnt Kahlo sich selbst zu porträtieren.Zurück im Leben lernt sie den Maler Diego Rivera kennen und lieben. Nach der Hochzeit verwandelt sich Kahlo: Sie wird - wie ihr Mann - glühende Kommunistin, trägt folkloristische Kleider, Ketten und Ohrschmuck. Ihr dunkles Haar schmückt Frida mit Blumen und Bändern, wird so selbst zu einem Kunstwerk. Uneingeschränkt glücklich wird sie aber nicht. Ihre Ehe ist turbulent, ihr Mann hat zahlreiche Affären, zudem erleidet Kahlo drei Fehlgeburten, die sie oft in ihrer Kunst thematisiert und verarbeitet.1938 hat Frida Kahlo in New York und Paris ihre ersten Einzelausstellungen und wird zur gefeierten Künstlerin. Privat ist sie auf einem Tiefpunkt, flüchtet in Alkohol. Auch ihr Körper wird immer schwächer. Als die Ärzte versuchen, vier Rückenwirbel mit einem Metallstück zu verbinden, werden die Schmerzen so unerträglich, dass Kahlo morphiumsüchtig wird. Das Bild "Die zerbrochene Säule" von 1944 drückt ihre Qualen aus.Am 13. Juli 1954, stirbt die berühmteste Malerin Lateinamerikas. Ihrem Tagebuch vertraut sie an: "Ich hoffe nie wiederzukehren."In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Klasen:Welchen Einfluss Fridas geliebter Vater auf ihre künstlerische Laufbahn hat, wie unterschiedlich Frida und Diego sind - äußerlich und in ihrer Lebenseinstellung,von Diegos Affäre mit Fridas Lieblingsschwester Cristina und den Folgen,was Kahlo auf sich nimmt, um bei ihrer ersten Einzelausstellung in Mexiko dabei zu sein.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Mariella Remund (Kunstmuseum Gehrke Remund in Baden-Baden)Christina Burrus: "Frida Kahlo - Ich male meine Wirklichkeit", München 2021Helga Prignitz-Poda: "Frida Kahlo - Die Malerin und ihr Werk", München 2003Film: "Frida" (2002); Hauptrolle: Salma HayekWeiterführende Links:Planet Wissen: Frida KahloZeitzeichen: Diego Rivera, mexikanischer Maler6. Januar 1942 - Die Fotografin Tina Modotti stirbt in Mexiko-CityWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens!Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Andrea KlasenRedaktion: David Rother
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Jul 11, 2024 • 15min

Schutz vor königlicher Willkürjustiz: Die Habeas-Corpus-Akte

Am 12.7.1679 genehmigt König Charles II. das Gesetz. Auch wenn es vor allem Adlige vor der Geiselhaft des Königs bewahren soll - es gilt für jeden Bürger Englands."Habeas Corpus" ist lateinisch und heißt: "Du mögest den Körper haben". Diese eher kryptische Formulierung ist der Name eines 1679 erlassenen Gesetzes, das noch heute als Meilenstein in der Geschichte der Menschen- und Freiheitsrechte gilt.Hintergrund: Im England des 17. Jahrhunderts ist es üblich, dass so mancher nicht genehme Untertan willkürlich verhaftet und abgeurteilt wird - und zwar im Namen des Königs. Denn dessen Herrschaft gilt als gottgewollt.Diesem unmoralischen Treiben will das Parlament, in dem Adlige und reiche Bürger das Sagen haben, einen Riegel vorschieben. Es zwingt König Charles II. ein Gesetz zu unterzeichnen, und so tritt am 12. Juli 1679 die Habeas-Corpus-Akte in Kraft.Kein Untertan der englischen Krone darf diesem Gesetz zufolge ohne gerichtliches Verfahren in Haft gehalten werden. Es fordert, einen Beschuldigten innerhalb von drei Tagen einem Richter vorzuführen. Auch darf er nicht mehr einfach ins Ausland verlegt, oder zweimal wegen desselben Delikts verhaftet werden. Damit kann der König nicht länger Verhaftungen per Sonderbefehl durchsetzen.Die Habeas-Corpus-Akte zieht Kreise weit über England hinaus. Sie findet als grundlegendes Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit Eingang in die amerikanische Verfassung. Anschließend kommt sie über Frankreich im 19. Jahrhundert auch nach Deutschland. In diesem Zeitzeichen erzählt Christoph Tiemann:Von den Geldsorgen Charles I., und wie der König versucht diese mit Verhaftungen zu lösen,von der Wiederentdeckung der sogenannten "Magna Charta", dem Großen Freiheitsbrief von England,wie die vielen Streitigkeiten zwischen König und Parlament zum Bürgerkrieg in England führen.Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:Prof. Ronald Asch, emeritierter Historiker, Experte für die Geschichte Großbritanniens im 16. und 17. Jahrhundert und das Haus Stuart, Universitäten Osnabrück und FreiburgPeter Oestmann, Professor für Rechtsgeschichte an der Universität MünsterWeiterführende Links:15.06.1215 - Die Magna Carta wird unterzeichnet9. Juli 1228 - Todestag des englischen Theologen Stephen LangtonWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Christoph TiemannRedaktion: Matti Hesse
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Jul 10, 2024 • 14min

Ein freier Schotte: Geburtstag von Robert the Bruce

Schotten lieben die Freiheit - vor allem aber die Unabhängigkeit von England. Einer der frühesten Vertreter dieses Freiheitskampfes ist Robert Bruce, der noch heute besungen wird.Die Schlacht von Bannockburn im Jahr 1314 ist der entscheidende Wendpunkt im Unabhängigkeitskampf Schottlands. Der Anführer dieser Schlacht ist der Adlige Robert the Bruce.Geboren am 11. Juli 1274 steht der junge Schotte zunächst - so wie sein Vater - auf der Seite und im Dienst des englischen Königs. Doch es bahnt sich ein Konflikt zwischen England und Schottland an. Dieser eskaliert, als der englische König Edward I. versucht, seinen Herrschaftsbereich auf Schottland auszudehnen.Der charismatische Krieger William Wallace, genannt "Braveheart", schart Bürger, Bauern und Gutsbesitzer um sich und kämpft für die Freiheit Schottlands. Doch er verliert - den Aufstand und sein Leben. Nach Wallaces Tod übernimmt Robert the Bruce den schottischen Unabhängigkeitskampf, der anfangs auch ein innerschottischer Bürgerkrieg ist. Nach und nach bringt er den Adel auf seine Seite und wird 1306 als Robert I. the Bruce zum König von Schottland gekrönt.Mit Glück und strategischem Geschick gelingt es Robert I. ein von englischen Truppen besetztes Castle nach dem anderen zu erobern. Die Zahl seiner Anhänger wächst stetig. 1314 führt Robert seine Truppen dann in die Entscheidungsschlacht von Bannockburn. Obwohl das englische Heer dreimal so groß ist, gehen Roberts Schotten als Sieger hervor. Sechs Jahre später verfassen und unterzeichnen 51 schottische Earls und andere Adlige die schottische Unabhängigkeitserklärung.In diesem Zeitzeichen erzählt Wolfgang Meyer:Warum es schottische Fußballfans seit vielen Jahren vorziehen, die inoffizielle Hymne anzustimmen, und was diese bedeutet,von Roberts Jugend - ausgerechnet am Hof des englischen Königs,mit welchen Mitteln Edward I. versucht, sich Schottland einzuverleiben,auf welche bestialische Weise William Wallace ermordet wird,vom Tod Robert I. und seinem Vermächtnis.Das sind unsere wichtigsten Quellen:Michael Maurer: Geschichte Schottlands, Reclam 2018Ronald McNair Scott: Robert the Bruce - King of Scots, Canongate Books 2014John Barbour: The Bruce, 1375Outlaw King, Netflix 2018, Regie David MackenzieBraveheart, USA 1995, Regie Mel GibsonWeiterführende Links:Planet Wissen: Schottland - Braveheart und Robert the Bruce3. Mai 1328 - Englands König erklärt Unabhängigkeit Schottlands "auf ewig"Welches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens!Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Wolfgang MeyerRedaktion: Frank Zirpins
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Jul 9, 2024 • 15min

Erich Mühsam - unbeugsamer Dichter und Anarchist

Der anarchistische Schriftsteller Erich Mühsam stand zeitlebens ein für das Ideal einer freien Gesellschaft. Am 10.7.1934 wurde er im KZ Oranienburg von der SS ermordet.Erich Mühsam fällt auf. Zum einen äußerlich, mit seinem Zottelbart, dem gebückten Gang, seinem Gehstock und dem Schlabberhut. Zum anderen aber auch künstlerisch: Mühsam schreibt, dichtet, trägt vor, diskutiert und engagiert sich politisch. Er schaut mit einem Blick in die Welt, der sich oft als Weitblick herausstellt, manchmal aber auch als verschwommener Traum.Mühsam wird in Berlin geboren, wächst in Lübeck auf und wird zunächst wie sein Vater Apotheker. Mit 22 Jahren fasst er schließlich den Entschluss sein Leben ganz der literarischen Kunst zu widmen. Er tritt in Kneipen, Kabaretts und Cafés auf. Er schreibt und gibt eigene Zeitschriften heraus. Ab 1911 etwa den Kain, eine Zeitschrift für Menschlichkeit, benannt nach dem Brudermörder aus der Bibel.Angst kennt Mühsam nicht. 1919 steht er bei der Ausrufung der Münchner Räterepublik in der ersten Reihe, spottet noch nach der NS-Machtübernahme über Adolf Hitler. Ende Februar 1933 wird Mühsam verhaftet. Für den Anarchisten, Diktatur-Gegner und Juden folgen fast 17 Monate Tortur in Gefängnissen und Konzentrationslagern.Am 10. Juli 1934 wird Mühsam von einem SS-Sturmbannführer aufgefordert, sich selbst zu erhängen. So berichten es andere Häftlinge. Erich Mühsam weigert sich, er will nicht seinen eigenen Henker spielen. In dieser Nacht wird er im KZ Oranienburg ermordet - im Alter von 56 Jahren.In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Klug:Von Mühsams Rolle bei der Ausrufung der Münchner Räterepublik, und wieso sie für ihn nur sechs Tage dauert,warum der Schriftsteller seine Freilassung aus der Festungshaft absurderweise Adolf Hitler zu verdanken hat,wie Mühsam bereits 1919 die NS-Zeit vorausgesagt hat,wie es Mühsams Frau Zenzl nach seinem Tod ergeht. Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartnerinnen:Markus Liske, Autor, Journalist und Mitherausgeber des Mühsam-Lesebuchs "Das seid ihr Hunde wert"Homepage der Erich-Mühsam-Gesellschaft e.V.Projekt Gutenberg-DE: Erich MühsamWeiterführende Links:11. September 1854 - Peter Hille wird geboren30. September 1933 - Einzige Radioreportage aus KZ wird aufgezeichnetWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens!Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Thomas KlugRedaktion: Christoph Tiegel und Matti Hesse
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Jul 8, 2024 • 15min

Ann Radcliffe: Die Königin des Schauerromans

Ann Radcliffe (geboren am 9.7.1764) hat Generationen das Gruseln gelehrt - bis heute. Trotz ihres großen Erfolgs zog sie sich früh aus der Öffentlichkeit zurück.Es ist die Langeweile, die die am 9. Juli 1764 geborene Ann Radcliffe dazu bewegt, zu schreiben. Mit 23 Jahren hatte sie den Juristen William Radcliffe geheiratet. Arbeiten darf sie als Frau nicht, selbst Handarbeiten werden - wie der Rest der Hausarbeit - von den Bediensteten erledigt.Weil Kinder ausbleiben, greift Ann Radcliffe zur Feder und schreibt Schauerromane, Gothic Novels. Das Genre ist Ende des 18. Jahrhunderts beim Publikum besonders beliebt. Die Leser suchen Ablenkung von der Wirklichkeit, die geprägt ist durch die gesellschaftlichen Umwälzungen der Industrialisierung.In den 1790er-Jahren wird Radcliffe zur ersten Bestseller-Autorin der Literaturgeschichte. Für "The Mysteries of Udolpho" und "The Italian" bekommt sie 500 und 800 Pfund Sterling. Im damaligen Literaturbetrieb, der zudem klar von Männern dominiert wird, sind das für Autorinnen zuvor unerreichte Honorare.1797, mit 33 Jahren und auf der Höhe ihres Erfolgs, hört Radcliffe plötzlich auf zu schreiben und zieht sich völlig aus der Öffentlichkeit zurück. Die Gerüchteküche brodelt - auch weil ihr Leben ebenso geheimnisumwittert ist, wie das der Heldinnen in ihren Schauerromanen. Man erzählt sich, sie sei wahnsinnig geworden.Die letzten Jahrzehnte ihres Lebens verbringt Radcliffe zurückgezogen mit ihrem Mann und den geliebten Hunden in London. 1823 stirbt sie im Alter von 58 Jahren an einer Lungenentzündung. Was sie zurücklässt, sind ihre Romane - die viele weitere Generationen von Grusel-Schriftstellern beeinflussen.In diesem Zeitzeichen erzählt Daniela Wakonigg:Was die typischen Kennzeichen eines Gotischen Romans sind,wie die Kindheit von Ann Radcliffe verläuft,was ihre Art Schauerromane zu schreiben so besonders macht,von Radcliffes einziger Auslandsreise über Holland nach Köln.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Jürgen Klein, Prof. emeritus für Anglistik; Experte für englische Schauerliteratur des. 18. und 19. JahrhundertsDale Townshend und Angela Wright: Ann Radcliffe, Romanticism and the Gothic, Cambridge University Press 2014Rictor Norton: Mistress of Udolpho - The Life of Ann Radcliffe, Leicester University Press 1999Robert Miles: Ann Radcliffe - The Great Enchantress, Manchester University Press 1995Jürgen Klein: Der Gotische Roman und die Ästhetik des Bösen, Darmstadt 1975Weiterführende Links:Horace Walpole - Erfinder des Schauerromans wird geboren30. August 1797 - Die Schriftstellerin Mary Shelley wird geboren7. Oktober 1849 - Edgar Allan Poe stirbt in BaltimoreWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens!Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Daniela WakoniggRedaktion: Matti Hesse (2014: Hildegard Schulte)
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Jul 7, 2024 • 15min

Chlodwig Poth, Karikaturist und Gründer von Pardon und Titanic

Als Vertreter der "Neuen Frankfurter Schule" prägt der Karikaturist Chlodwig Poth den kritischen Humor in Deutschland. Am 8.7.2004 stirbt er nach fast 60 Schaffensjahren.Als Chlodwig Poth im Berliner Luftschutzbunker 1945 eine HJ-Truppe karikiert, wäre mit 14 Jahren seine Karriere fast vorbei gewesen, bevor sie überhaupt begonnen hat. Doch er kommt mit einem Rüffel vom NS-Blockwart davon. Gleich nach dem Krieg greift Poth wieder zum Stift und bietet seine bissigen Zeichnungen im Osten und Westen an - wobei der Osten gerne den Westen bloßgestellt wissen will und der Westen den Osten. Kein Problem für Poth, als guter Beobachter kann er ohne Mühen die Schwachstellen beider Seiten mit Stift und Papier offenlegen.Auch das Kunststudium absolviert er in Ost und West. Dann zieht es Poth von der Spree an den Main, wo sich Satiriker zur "Neuen Frankfurter Schule" zusammenschließen. Poth gründet dort 1962 zusammen mit Kollegen wie Hans Traxler oder Kurt Halbritter das Satiremagazin "Pardon". Gleich die zweite Ausgabe, in der Poth den Springer-Verlag als Anstifter eines 3. Weltkriegs darstellt, bringt den Skandal - und Durchbruch. Springer versucht die Auslieferung des Heftes zu verhindern, Pardon wird in der ganzen BRD bekannt.Später ist Poth einer der Gründer von "Titanic", dem bis heute bedeutendsten deutschen Satiremagazin. Seine Kolumne "Last Exit Sossenheim" wird zu einer er populärsten in den 1990er Jahre. Pointiert und bissig stellt Poth das Leben am Rand von Frankfurt - und übertragen auch am Rand der Gesellschaft dar. Sein Zeichenstil: Gegen den Strich, die Figuren sind zerzauselt. Die Texte lang und krakelig handgeschrieben - keine leichte Kost für die Lesenden.Am 8. Juli 2004 stirbt Chlodwig Poth an einem Krebsleiden - nach ziemlich genau 60 Schaffensjahren als "Langstreckensatiriker", wie die Freunde der Neuen Frankfurter Schule ihn posthum ehrenvoll betiteln.In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Pfaff:Wie seine Tochter sich an Poth erinnert, dass Chlodwig Poth zum strengen Kritiker der 1968er avanciert,über die Gründung des Satiremagazins "Titanic",was sich hinter Poths Vollbart verbirgt.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Leonore Poth, Zeichnerin, Illustratorin, Tochter von Chlodwig PothPit Knorr, Satiriker (Pardon, Titanic)Chlodwig Poth: Aus dem Leben eines Taugewas, Berlin 2002Oliver Maria Schmitt: Die schärfsten Kritiker der Elche, Berlin 2001Rainer Hachfeld: Politische Karikatur in der BRD, Reinbek 1974Weiterführende Links:Zeitzeichen: 12.11.1923: Loriot wird geborenZeitzeichen 13.12.1937: Der Dichter und Zeichner Robert Gernhardt wird geborenZeitzeichen 15.03.1948 – Der Karikaturits Gerhard Seyfried wird geborenWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Thomas PfaffRedaktion: Christoph Tiegel/David Rother
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Jul 6, 2024 • 15min

50 Jahre Fußball-WM 74 - auch eine Musikgeschichte

Vor 50 Jahren, am 7.7.1974, wird Deutschland zum zweiten Mal Fußball-Weltmeister. Auch musikalisch war die WM bemerkenswert. Eine Stilkritik aus einer Zeit, als Fußball wirklich noch eine schöne Nebensache war...Die Fußball-WM 1974 schreibt viele sportliche Geschichten. Die Wichtigste: Deutschland wird am 7. Juli zum zweiten Mal Weltmeister. Da wären aber auch noch die erste WM-Teilnahme Australiens oder der neu geschaffene Wanderpokal, den Pele zur Eröffnung feierlich an Uwe Seeler überreicht.Weltmeisterschaften haben aber auch immer eine politische Seite. So auch 1974, als sich erstmals die Nationalmannschaft der DDR für eine WM in Westdeutschland qualifiziert. Außerdem gibt es Streit um eine geplante Pepsi-Werbung und gleich vier Präsidenten: Hatten die Eröffnungsfeier noch Gustav Heinemann (BRD) und Stanley Rous (FIFA) zelebriert, waren es beim Schlussakt bereits ihre Nachfolger Walter Scheel (BRD) und Joao Havelange (FIFA).Man kann sich einer WM aber auch musikalisch nähern. Von der Big Band der Bundeswehr, über die WM-Fanfare, die den offiziellen Teil einläutet, bis hin zur Schlussfeier mit den Fischer-Chören. Hörenswert ist auch, welche Probleme der Auftritt des Sängers und DDR-Stars Frank Schöbel verursacht… In diesem Zeitzeichen erzählt Axel Naumer:Welchen Einfluss Olympia 1972 in München auf die Fußball-WM zwei Jahre später hat - auch finanziell,was es mit den riesigen Kunststoff-Fußbällen zur Eröffnungsfeier auf sich hat,wie das erste und einzige WM-Duell zwischen der BRD und der DDR ausgeht,von einem Eklat im Nachgang - und was die Spielerfrauen damit zu tun haben.Das ist eine unserer Quellen:"Erlebte Geschichten" mit Frank SchöbelWeiterführende Links:13. Juni 1974 - Start der Fußball-WM in der Bundesrepublik DeutschlandPlanet Wissen: Fußball-Weltmeisterschaft 1974Franz Beckenbauer ist tot9. Mai 2005 - Sportreporter Kurt Brumme stirbt in KölnWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Axel NaumerRedaktion: David Rother
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Jul 5, 2024 • 15min

Institut für Sexualwissenschaft von Magnus Hirschfeld eröffnet

Magnus Hirschfeld gründet 1919 das 'Institut für Sexualwissenschaft' in Berlin. Er kämpft gegen die Kriminalisierung homosexueller Beziehungen, bietet Beratung und Forschung an. Das Institut wird von den Nationalsozialisten geschlossen, Hirschfeld flieht nach Paris.
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Jul 4, 2024 • 15min

Urahn von Robotern und Künstlicher Intelligenz: Der Schachtürke

Bis er am 05.07.1854 verbrennt, spielt der Schachtürke, eine Holzpuppe mit Turban, besser Schach als menschliche Gegner. Zauberei, heißt es. Bis der Trick auffliegt. Heute ist Künstliche Intelligenz in aller Munde. Künstlich geschaffene Objekte, die Dinge tun, die bislang Menschen vorbehalten waren. Die gab es schon im 18. Jahrhundert, und schon damals haben sie für Furore gesorgt – und Debatten über Original und Fälschung entfacht. Auch am Hof der österreichischen Kaiserin Maria Theresia ist das Interesse für technische Spielereien groß – der Adel will schließlich unterhalten werden. Also kreiert der ambitionierte Hof-Sekretarius Wolfgang von Kempelen 1769 eine Maschine, die mit ihrem Gegenüber Schach spielt. Die menschengroße Puppe trägt passend zum damaligen Zeitgeist ein orientalisches Gewand und Turban. Aufgezogen wird der "Schachtürke" mit einem großen Schlüssel. Während des Spiels hebt er seine Hand, greift nach einer Schachfigur auf dem Brett und setzt sie auf ein anderes Feld. Ihrem menschlichen Spielpartner ruft die Puppe im passenden Moment sogar auf Französisch "Échec! Échec!" ("Schach!") zu. Nicht nur der Adel ist entzückt. Mit dem "Schachtürken" könnte die Beziehung Mensch-Maschine in eine neue Ära gehen, so die Optimisten. Dass in der Schrankkonstruktion ein Mensch sitzen könnte, darüber wird bereits von Beginn an spekuliert. Auch US-Schriftsteller Edgar Allan Poe besucht während einer US-Tour eine Vorstellung und ist überzeugt, dass hier keine Maschine Schach spielt. Die Aura des Geheimnisvollen kann sich der "Schachtürke" dennoch über Jahrzehnte bewahren. Dann steht fest: Die Maschine ist "getürkt" und avanciert zum Namensgeber künftiger Fälschungen.In diesem Zeitzeichen erzählt Daniela Wakonigg:wie der "Schachtürke" europaweit bewundert wird und sogar in den USA auf Tour geht,dass Napoleon gegen die Schachmaschine gespielt haben soll,wie das Geheimnis um den "Schachtürken" gelüftet wird, warum alles "Getürkte" wohl seinen Ursprung im "Schachtürken" hat,dass man einen Nachbau des Schachtürken im Heinz Nixdorf Museumsforum in Paderborn besichtigen kann.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Stefan Stein, Historiker am Heinz Nixdorf Museumsforum in PaderbornTom Standage: Der Türke. Die Geschichte des ersten Schachautomaten und seiner abenteuerlichen Reise um die Welt, Frankfurt/M, 2002Weiterführende Links:Stichtag über den SchachtürkenPoes Text über den SchachspielerInformationen über den Schachtürken und seinen Nachbau im Heinz Nixdorf Museumsforum (HNF)Transparenzhinweis: "Für dieses Zeitzeichen wurden digitale Sprachassistenten und Künstliche Intelligenz genutzt, um einzelne Textstellen zu generieren und vertonen."Welches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Daniela Wakonigg Redaktion: Carolin Rückl/Matti HesseTechnik: Jürgen Mönkedieck
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Jul 3, 2024 • 15min

Erste Germanistik-Professorin Deutschlands: Agathe Lasch

Die am 04.07.1879 geborene Lasch setzt sich für eine freie Wissenschaft ein - gegen alle Hindernisse, die ihr als Frau und Jüdin im frühen 20. Jahrhundert begegnen.Agathe Lasch erblickt in Berlin das Licht der Welt, als eines von fünf Kindern einer jüdischen Familie. Agathe wird - wie zwei ihrer Schwestern - Turnlehrerin. Doch schnell stellt sie fest: Das reicht ihr intellektuell nicht. Sie ist hungrig nach Wissen und vor allem nach Produktivität.1906 legt sie in Berlin die Abiturprüfung ab, will studieren. Doch das dürfen Frauen in Preußen zu der Zeit nicht. Also immatrikuliert sie sich in Heidelberg. Schon 1909 wird Lasch mit einer Studie über die "Geschichte der Schriftsprache in Berlin bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts" promoviert. Ein Jahr später erscheint die Doktorarbeit in erweiterter Form als Buch. Die Resonanz in Fachkreisen ist überwältigend. Eine Stelle im deutschen Wissenschaftsbetrieb aber bleibt Agathe Lasch verwehrt.Anders in den USA. Dort arbeitet sie sechs Jahre am Frauencollege Bryn Mawr in Pennsylvania. 1914 bringt sie die "Mittelniederdeutsche Grammatik" heraus, bis heute ein Grundlagenwerk zur Erforschung des Mittelniederdeutschen.1917 zieht sie zurück nach Deutschland, arbeitet zunächst in Hamburg als "wissenschaftliche Hilfsarbeiterin". 1923 wird ihr an der Hamburger Universität als erster Frau der Professorentitel verliehen - eine Ehre ohne Konsequenzen, denn den Ruf auf eine Professorenstelle bekommt sie erst im Dezember 1926.Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten ändert sich aber auch das Leben Agathe Laschs. 1934 muss sie ihren Posten räumen und darf als Jüdin bald auch die Universität nicht mehr betreten. Im Juli 1942 werden Agathe Lasch und ihre beiden Schwestern nach Riga deportiert und dort am 18. August 1942 ermordet. In diesem Zeitzeichen erzählt Heide Soltau:Was Agathe Lasch mit dem "Hamburgischen Wörterbuch" zu tun hat,warum sie als Professorin kaum Zeit für eigene Forschungen findet,dass Lasch für ihre Studierenden zuweilen nicht nur ein offenes Ohr, sondern auch eine offene Geldbörse hat,dass die Stadt Hamburg seit 1991 den Agathe-Lasch-Preis verleiht.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartnerinnen:Christine M. Kaiser (Publizistin)Ingrid Schröder (Professorin)Christine M. Kaiser: Agathe Lasch. Erste Germanistikprofessorin Deutschlands. Berlin 2007Mirko Nottscheid u.a. (Hrsg.): Die Germanistin Agathe Lasch. Aufsätze zu Leben, Werk und Wirkung. Nordhausen 2009Ingrid Schröder: Agathe Lasch - die erste Professorin der Universität Hamburg. In: Respekt! Frauen verändern Wissenschaft an der Universität Hamburg. Norderstedt 2019Ingrid Schröder: In honorem Agathe Lasch. In: Literatur im niederdeutschen Sprachraum (1200-1600). (im Erscheinen)Weiterführende Links:Universität Hamburg: Geschichte des Instituts für GermanistikInformationen zu Agathe Lasch und dem Agathe- Lasch-PreisWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Heide SoltauRedaktion: Carolin Rückl und Frank ZirpinsTechnik: Nicolas Dohle

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