Oscar Wilde: Genie mit größtem Witz und tiefster Tragik
Oct 15, 2024
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Oscar Wilde, der scharfsinnige irische Schriftsteller und Dramatiker, ist bekannt für seine extravagante Lebensweise und blühende Fantasie. Norbert Lennertz, Professor für Anglistik, bringt profunde Einblicke in Wildes Werk und dessen gesellschaftliche Umstände. Sie diskutieren Wildes Aufstieg in der Londoner Gesellschaft und die dramatischen Folgen seiner Liebe zu Alfred Lord Douglas. Besonders spannend ist die Analyse seines einzigen Romans 'Das Bildnis des Dorian Gray', der sowohl Witz als auch tiefe Tragik verkörpert und das prüde viktorianische England schockierte.
Oscar Wildes Einfluss von seiner individualistischen Mutter und seiner künstlerischen Umgebung prägte seine literarischen Meisterwerke und seinen Lebensstil als Dandy.
Die Enthüllung seiner homosexuellen Beziehung führte zu einem Skandal, der schließlich in seiner Verurteilung und gesellschaftlichen Isolation endete.
Deep dives
Oscar Wildes Ursprung und Einflüsse
Oscar Wilde wurde am 16. Oktober 1854 in Dublin geboren und kam aus einem gebildeten Elternhaus. Seine Mutter, eine Individualistin mit literarischen Ambitionen, führte einen Salon, der ihn mit Künstlern und der Schönheit der Kunst in Kontakt brachte. Diese frühe Prägung beeinflusste sein späteres Leben und seine Entscheidung, der engstirnigen Atmosphäre des katholischen Irlands zu entfliehen und sich nach London zu begeben. Wildes außergewöhnlicher Lebensstil als Dandy und seine Suche nach Kreativität und Luxus setzten ihn zunehmend in den Mittelpunkt der Londoner Gesellschaft.
Die schöpferische Explosion in Wildes Karriere
In den 1880er Jahren entwickelt Oscar Wilde seinen einzigartigen Stil, der Elemente der Komödie mit der Schwere des Dramas kombiniert. Seine Meisterwerke, darunter 'Ein idealer Gatte' und 'Die Bedeutung, ernst zu sein', bestätigen seinen Status als bedeutender Dramatiker der viktorianischen Ära. Wilde erfreute sich an der breiten Palette seiner schriftstellerischen Fähigkeiten, von Gedichten bis hin zu Märchen, und verweigerte sich den engen Kategorien seiner Zeit. Die Veröffentlichung von 'Das Bildnis des Dorian Gray' im Jahr 1890 zeigte seine radikale Kunstauffassung, dass Kunst nur um der Kunst willen existiere, was zur Provokation der viktorianischen Gesellschaft führte.
Der Fall und die Gefangenschaft von Oscar Wilde
Wilde geriet in einen persönlichen und öffentlichen Strudel, als seine homosexuelle Beziehung zu Alfred Lord Douglas ans Licht kam, was zu einem Skandal führte. Der Prozess gegen ihn endete mit einer verheerenden Strafe von zwei Jahren Zuchthaus und harter Zwangsarbeit. Während seiner Haft verfasste er einen offenen Brief, 'De profundis', in dem er seine Qualen und Gedanken reflektierte. Nach seiner Entlassung war Wilde körperlich, finanziell und gesellschaftlich ruiniert, was letztlich zu seinem frühen Tod im Jahr 1900 führte, isoliert und vergessen in einem Pariser Hotel.
Ein wirklich witziger Schriftsteller, ein Dandy, ein Rebell im prüden viktorianischen England: Am 16.10.1854 wird Oscar Wilde geboren.
Oscar Wilde stammt aus einem bildungsbürgerlichen Elternhaus, die Mutter ist eine Individualistin, sie nennt sich selbst "Speranza", das heißt Hoffnung. Sie hat literarische Ambitionen, unterhält einen Salon und liebt extravagante Kostüme. In ihrem Salon begegnet der junge Oscar Künstlerinnen und Schriftstellern. Er studiert zunächst in Dublin, dann in Oxford. Ab 1887 entstehen seine literarischen Meisterwerke: Etwa seine Theaterstücke "Salomé", "Ein idealer Gatte" und "Bunbury - Ernst sein ist alles". Wilde schreibt Essays und sein berühmtes Buch "Das Bildnis des Dorian Gray".
Darin verführt der Dandy Lord Henry Wotton als Mephistogestalt den faszinierend schönen Dorian dazu, seine Jugend rücksichtslos auszuleben und stattdessen sein von einem Maler geschaffenes Bildnis altern zu lassen. Dorian Gray ist bereit, einen hohen Preis für die ewige Jugend zu zahlen. "Dorian Gray" schockiert das damalige England noch auf eine andere Weise: Oscar Wilde lässt im Text Homosexualität mitschwingen.
Er selbst hat zahlreiche Verhältnisse mit jungen Männern. Seine Liebe zu Alfred Lord Douglas aber läutet seinen Untergang ein. Der Vater des Lords beschuldigt Wilde der "Sodomie", wie homosexuelle Handlungen damals diffamierend genannt werden. Oscar Wilde wehrt sich mit einer Ehrenbeleidigungsklage. Ein sinnloses Aufbäumen auf juristisch wackligen Beinen - und erfolglos.
Im Mai 1895 wird Wilde zu zwei Jahren Zuchthaus mit harter Zwangsarbeit wegen "homosexueller Unzucht" verurteilt. Der Genussmensch verschwindet hinter den dicken Mauern des berüchtigten Gefängnisses Reading Gaol. Als Wilde nach zwei Jahren frei kommt, ist er gesundheitlich, finanziell und gesellschaftlich ruiniert, und als Künstler getilgt. Oscar Wilde existiert nicht mehr.
In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Klasen:
warum Oscar Wilde seine irische Heimat verlässt und nach London zieht,
was Oscar Wilde dazu bewegt, die Amerikaner in Sachen Stil und Manieren zu belehren,
wie Wilde im "Gespenst von Canterville" die traditionslosen Amerikaner parodiert,
wie Wilde in seinem letzten Werk seine Zeit im Zuchthaus verarbeitet.
Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
Gespräch mit Norbert Lennartz, Professor für Anglistik an der Universität Vechta
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