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Der tägliche Podcast über Geschichte von der Antike bis heute, über Europa und die Welt, über die Geschichte der Menschheit: 15 Minuten zu historischen Persönlichkeiten und Erfindungen. Von George Washington bis Rosa Luxemburg, vom Büstenhalter bis Breaking Bad.
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Jul 21, 2024 • 15min
New Yorker Verbrecherkönigin aus Kassel: Fredericka Mandelbaum
Am 22.7.1884 wurde Fredericka Mandelbau, Kopf des organisierten Verbrechens in New York, verhaftet: Wie kam es zum Aufstieg und Fall der Meisterhehlerin?
1850 entsteigt die 25-jährige Fredericka Mandelbaum mit ihrem Mann Wolfe dem elenden Unterdeck eines Auswandererschiffes. Die Mandelbaums kommen aus Deutschland und lassen sich direkt in Kleindeutschland nieder, der mit 50.000 Bewohnern größten Einwanderer-Enklave New Yorks.In Deutschland verdienen die Mandelbaums ihren kargen Lebensunterhalt als Hausierer, als Verkäufer wiederverwerteten Mülls. Auf die gleiche Art versuchen sie es auch in Kleindeutschland. Ihre Aufstiegschancen sind damit äußerst überschaubar.Doch Fredericka Mandelbaum baut eine kriminelle Organisation auf, mit der sie zu ungeheurem Reichtum gelangt. Von ihrem kleinen Kurzwarenladen in Manhattan aus organisiert sie ihre kriminellen Aktivitäten in New York und darüber hinaus in den gesamten USA, Mexiko, Kanada und bis nach Europa. Bis 1884 wächst ihre Organisation zur größten kriminellen Vereinigung New Yorks. Am 22. Juli 1884 endet mit ihrer Festnahme Mandelbaums kriminelle Karriere in New York. Im Gefängnis aber landet sie nicht.In diesem Zeitzeichen erzählt Martin Herzog:welche Schätze die Pinkerton-Detektive bei der Festnahme in Fredericka Mandelbaums Kurzwarenladen finden,wie Mandelbaum den Rat des Spitzels, der für ihre Verhaftung sorgt, quittiert,warum Charles Dickens sich nur unter Polizeischutz in das New Yorker Kleindeutschland wagt,wie sich die Königin der Unterwelt durch einen Geheimgang mit geschätzt einer Millionen Dollar im Gepäck spektakulär absetzt.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Margalit Fox, Journalistin, BiografinMargalit Fox: The talented Mrs. Mandelbaum. The Rise and Fall of an American Organized-Crime Boss. Random House, New York 2024 - auf Deutsch: Die furchtlose Mrs. Mandelbaum. Vom Aufstieg und Fall einer berühmt-berüchtigten Frau im New York der Gangs und Ganoven. MVG Verlag, München 2024 (erscheint im Dezember)Herbert Asbury: The Gangs Of New York. An Informal History of the Underworld, Arrow Books, London 2002Weiterführende Links:Smithonian Magazine: The Life and Crimes of "Old Mother" Mandelbaum (englisch)Museum of the Citiy of New York: The Extraordinary "Mother” Mandelbaum" (englisch)Planet Wissen: Detektive - Allan PinkertonPlanet Wissen: Metropolen - New YorkPlanet Wissen: AuswandererWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Martin HerzogRedaktion: Matti Hesse

Jul 21, 2024 • 14min
Der beste Radrennfahrer seiner Zeit: Eddy Merckx
Sein Spitzname war "der Kannibale", weil er seine Gegner "mit Haut und Haaren fraß". Seine sportlichen Leistungen waren spektakulär: Am 21. Juli 1974 gewann Eddy Merckx zum 5. Mal die Tour de France.Eddy Merckx, der beste Radrennfahrer seiner Zeit. Fünf Mal siegt er bei der Tour der France, das letzte Mal am 21. Juli 1974. Dieses Kunststück gelingt vor ihm nur Jacques Anquetil. In seiner bis heute beispiellosen Karriere gewinnt Merckx auch fünf Mal den Giro d`Italia, die Vuelta a España und 19 Radklassiker. Das Jahr 1969 markiert den Beginn der Ära Eddy Merckx - im Guten, wie im Schlechten. Vor seinem ersten haushohen Sieg bei der Tour de France steht der Giro d`Italia auf dem Rennkalender. Merckx gewinnt vier Etappen und führt in der Gesamtwertung. Doch dann wird er positiv auf verbotene Substanzen getestet. Merckx wird bis zum 1. Juli gesperrt. Kein Start bei der Tour de France. Einen Publikumsmagneten wie Merckx möchte man natürlich bei der Tour haben. Nach einigen negativen Tests wird die Sperre aufgehoben. Die anschließende Tour gewinnt der Belgier unangefochten.Im Mai 1978 erklärt Eddy Merckx auf Anraten seiner Ärzte seinen Rückzug aus dem Rennsport. Der "zweite König" von Belgien, wie ihn seine Landsleute nennen, tritt ab, wie er früher am Berg antritt: Schnörkellos konsequent, nur aufs Ziel fokussiert, dabei aber ein fairer Sportsmann. In diesem Zeitzeichen erzählt Herwig Katzer:wie in Flandern rund um Jahrmärkte, Stadtfeste und Feiertage Radsporttalente entdeckt werden,was Eddy Merckx seinen Spitznamen "Der Kannibale" beschert,was die französische Radsportikone Jacques Anquetil über den belgischen Ausnahmesportler sagt,wie Eddy Merckx sich auch als Mannschaftssportler zeigt,welcher der zahlreichen Merckx-Rekorde bis 2024 hält.Das sind unsere wichtigsten Quellen:O-Ton Reportage Dieter ZimmerO-Ton Herbert Watterott (WDR)Weiterführende Links:Planet Wissen: Tour de France: Die Geschichte, die Hintergründe, die SkandaleStichtag: 18. November 1987: Tod der Radsportlegende Jacques AnquetilWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Herwig KatzerRedaktion: Sefa Suvak

Jul 19, 2024 • 15min
Erfinder der Dinosaurier: Richard Owen wird geboren (20.7.1804)
Kinder und Kinobesucher lieben Dinosaurier. Erfunden hat den Begriff der Naturforscher Richard Owen. Bekannt wurde er vor allem durch seinen prominenten Streit mit Charles Darwin.Das 19. Jahrhundert ist eine spannende Zeit für die Naturwissenschaften. Vieles ist in den Jahrzehnten zuvor entdeckt worden, aber noch viel mehr gilt es zu enträtseln.Richard Owen wird am 20.07.1804 im nordenglischen Lancaster geboren. Mit 16 geht er in die Lehre bei einem Chirurgen. Er interessiert sich vor allem für die Anatomie, also den Aufbau des menschlichen Körpers. Später wechselt er an das St. Bartholomew's Hospital in London, kurz darauf wird er in das Königliche Chirurgenkolleg aufgenommen.Von der Britischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft wird er beauftragt, alle Reptilienfossilien, die in Großbritannien jemals gefunden wurden, zu beschreiben und zu systematisieren. Darunter sind auch die Überreste von drei gigantischen Reptilien. Owen erkennt, dass die Knochen Merkmale aufweisen, die bei keinem lebenden Reptil zu finden sind. Er hat es mit einer völlig neuen Gruppe von Reptilien zu tun und nennt sie "Dinosaurier" - wörtlich übersetzt: "schreckliche Echsen". Während Owen zum anerkannten Experten für Anatomie und Zoologie aufsteigt, nimmt auch die Karriere eines anderen Mannes Fahrt auf: Charles Darwin. Anders als Owen treibt es Darwin hinaus in die Welt. Mit Darwins Evolutionstheorie kann der religiöse Owen nichts anfangen - mehr noch: er bekämpft sie verbissen.Unter Wissenschaftlern gehört Owen schon bald zum alten Eisen. Als Museumsmensch leistet er jedoch weiterhin Großes: Jahrelang setzt er sich intensiv für die Gründung eines Naturhistorischen Museums in London ein, dessen erster Direktor er nach der Eröffnung 1881 wird.In diesem Zeitzeichen erzählt Daniela Wakonigg:dass Richard Owen und Charles Darwin anfangs eine herzliche Beziehung verband,welche Gründe zum Streit zwischen ihnen geführt haben könnten,was der Hippocampus mit dem Streit zu tun hatte,dass Owens Naturhistorisches Museum heute über 80 Millionen Objekte beherbergt,warum eine Statue von Charles Darwin das Erste ist, was man sieht, wenn man das Museum betritt.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Prof. Paul Barrett (Paläontologe am Natural History Museum in London)Patrick Armstrong: Critical Lives: Richard Owen. London 2023. Nicolaas Rupke: Richard Owen. Biology without Darwin. A Revised Edition. Chicago 2009.Weiterführende Links:Zeitzeichen 18.04.1881: Eröffnung des "Natural History Museum"Welches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Daniela WakoniggRedaktion: Frank ZirpinsTechnik: Jürgen Mönkediek

Jul 18, 2024 • 15min
Das erste öffentliche Pissoir in Paris (am 19.7.1839)
Öffentliche Toiletten sind eine zivilisatorische Errungenschaft. Und sie erzählen viel über das Patriarchat, die Gleichberechtigung von Frau und Mann und Unterschiede zwischen arm und reich.Wo und wann die allererste öffentliche Toilette der Geschichte gestanden hat - das weiß niemand so genau. Vielleicht in Mesopotamien, 2400 vor Christus. Archäologen haben dort im Nordpalast von Ešnunna sieben nebeneinanderliegende, in Stein gemeißelte Löcher gefunden. Für die kann es nur eine Erklärung geben: Hier konnte, wer musste.Den Römern wird sogar eine regelrechte Latrinenbesessenheit nachgesagt. "Stille Orte" sind Latrinen dabei nicht: Hier wird Handel betrieben, werden Verträge beschlossen. Getreu der heute bekannten Redensart: "Ich geh mein Geschäft machen."Aber nicht nur auf den Latrinen werden Geschäfte gemacht. Latrinenbetreiber sammeln und verkaufen den Urin als Mittel zur Gerbung von Leder. Das Geschäft ist so einträglich, dass der römische Kaiser Vespasian sogar eine Latrinensteuer einführt. Auf den Protest seines Sohnes soll Vespasian ihm das eingenommene Geld unter die Nase gehalten und entgegnet haben: "Pecunia non olet - Geld stinkt nicht." Bis heute nennen die Franzosen ihre öffentlichen Toiletten "Vespasiennes".Mit dem Zerfall des Römischen Reiches ist auch die gehobenere Klokultur dahin. Im Mittelalter erleichtert man sich hinter einem Busch oder in einer Hausecke. Um 1800 bieten "mobile Abtrittsanbieter" ihre Dienste an - Buttenweiber oder Buttenmänner mit zwei Eimern, in die man gegen einen kleinen Obolus sein Geschäft verrichten kann. Auch hier wird der Urin dann wieder gewinnbringend etwa an Färber verkauft.Mitte des 19. Jahrhunderts setzt sich in europäischen Großstädten wie Paris und London die Kanalisation durch. Am 19. Juli 1839 gibt der Polizeipräsident von Paris bekannt: "Ich habe versuchsweise auf dem Boulevard Montmartre und dem Boulevard des Italiens die Errichtung von Plakatsäulen mit Innen-Urinal-Ständen gestattet." Für Frauen entstehen erst 1902 rund ein Dutzend "Notdurft-Chalets".In diesem Zeitzeichen erzählt Martina Meißner:warum in Berlin die ersten Litfaßsäulen Urinale enthalten sollten - es aber nicht taten,wie und warum das Dixie-Klo in einer Garage in Velbert erfunden wurde undwie der Papst dem Dixie-Klo zum Durchbruch verhalf,warum Frauen vor wenigen Jahren in den Niederlanden zu "Pinkelprotesten" aufriefen,auf was der Welttoilettentag am 19. November aufmerksam machen soll,warum die öffentliche Toilette heute ein bedrohter Ort ist.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Florian Kinast (Journalist, Schriftsteller)Rebekka Endler: Das Patriarchat der Dinge. Warum die Welt Frauen nicht passt. Köln 2021.Florian Kinast: Die Toilette. Alles zum stillen Örtchen. Berlin 2024.Ralph Schock: Der liebste Ort auf Erden. Klogeschichten. Zürich 2015.Weiterführende Links:Festival-Klos: Ideen gegen fiese Toiletten-Trips"City Toilet" für mehr kostenlose Toiletten in DüsseldorfPlanet Wissen: Rohstoffquelle ToiletteZeitzeichen 19.11.2001: Erster Welttoilettentag wird ausgerufenWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Martina MeißnerRedaktion: Sefa İnci Suvak

Jul 17, 2024 • 16min
Nero und der Brand von Rom: Wahrheit oder Mythos?
Wieso brach der Große Brand Roms in der Nacht vom 18. auf den 19. Juli 64 n. Chr. aus? War es Kaiser Nero? Oder gar die Christen? Was ist Wahrheit und was nur Propaganda?Die Straßen sind eng in Rom, die Flammen haben leichtes Spiel: Eine Woche lang wüten im Juli des Jahres 64 verheerende Flammen in der Stadt. Viele Menschen sterben, das ist gewiss. Wie viele, ist nicht überliefert. Das Feuer zerstört wertvolle Bau- und Kunstwerke, auch Wohnhäuser und Werkstätten. Doch warum brach es aus, war es Brandstiftung? Aber wer könnte ein Interesse an dem zerstörerischen Brand haben? Etwa Nero Claudius Caesar Augustus Germanicus, letzter Kaiser der julisch-claudischen Dynastie? Nero ist sicherlich kein Engel - aber ein Brandstifter ist er auch nicht. Er hätte sich mit dem Brand vor allem selbst geschadet. Das Feuer ist unterhalb seines eigenen Palastes ausgebrochen, sein eigener Besitz ist stark gefährdet.Zu Beginn der Feuersbrunst ist Nero zwar nicht in der Stadt. Es ist aber gut belegt, dass er sich, als er die Nachricht vom Brand hört, sofort nach Rom aufmacht und die Löscharbeiten organisiert. Er lässt seine Parks für diejenigen öffnen, die vor dem Feuer flüchten, und Behelfsbauten für die vielen Obdachlosen errichten. Er ordert Nahrungsmittellieferungen aus Ostia und senkt den Getreidepreis. Beim Volk ist Nero, der lieber Sportler oder Künstler als Kaiser geworden wäre, beliebt. Bei den Senatoren hingegen weniger. Nach Neros Tod beschließt der Senat denn auch, sein Andenken zu verdammen. Vielleicht haben deshalb fast 2.000 Jahre nach dem Brand von Rom die meisten Menschen einen gefährlichen und brutalen Irren vor Augen, wenn sie an Nero denken.In diesem Zeitzeichen erzählt Wolfgang Meyer:dass heute noch unklar ist, wie der Brand entstanden ist,warum antike Schminkspiegel für Neros damalige Beliebtheit sprechen,wie Hollywood auf Nero und den Brand schaut.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Dr. Alexander Bätz (Althistoriker und wissenschaftlicher Bibliothekar an der Universität Konstanz)Leandro Polverini (Professor für antike Geschichte an der Universität Rom)Weiterführende Links:Zeitzeichen 16.03.0037: Todestag des römischen Kaisers TiberiusZeitzeichen 09.06.0068: Todestag des römischen Kaisers NeroWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Wolfgang MeyerRedaktion: Matti Hesse

Jul 16, 2024 • 15min
"I can't breathe": Eric Garner stirbt nach Festnahme in New York
Am 17.7.2014 stirbt Eric Garner nach einer brutalen Festnahme. Elfmal ruft er "I can't breathe" - vergeblich. Die Worte werden zum Symbol der Black-Lives-Matter-Bewegung.Der 17. Juli ist ein Sommertag in Staten Island, dem südlichsten Stadtteil von New York. Eric Garner lehnt an einer Hauswand, als ihn die Polizei anspricht. Er soll unversteuerte Zigaretten verkauft haben. Garner ist zwar polizeibekannt, wurde schon mehrfach wegen kleinerer Delikte verhaftet. Doch an diesem Nachmittag geht er nur spazieren.Der Afroamerikaner misst mehr als 1 Meter 90 und wiegt fast 160 Kilogramm. Er hat etliche gesundheitliche Probleme, ist ständig krank. Im Verlauf des Gesprächs mit den Beamten beteuert er immer wieder, nichts getan zu haben, bittet sie, ihn in Ruhe zu lassen - vergebens. Vier Beamte versuchen schließlich, ihn zu Boden zu bringen. Einer von ihnen ist Daniel Pantaleo.Pantaleo würgt Garner im Verlauf des Handgemenges so sehr, dass dieser am Boden liegend nur noch röcheln kann: "I can’t breathe, I can’t breathe." Wenig später verstummt er. Eric Garner erstickt.In diesem Zeitzeichen erzählen Ulrich Biermann und Veronika Bock:warum Schwarze in den USA oft Opfer von Polizeigewalt werden,ob Daniel Pantaleo für sein Handeln bestraft wurde,wie die "Black Lives Matter"-Bewegung die USA veränderte.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Silvan Niedermeier (Historiker, Uni Erfurt)Matt Taibbi: I Can't Breathe: A Killing on Bay Street. 2017Weiterführende Links:Wikipedia: Zahl der in den USA bei der Verhaftung getöteten Afroamerikannerinnen und Afroamerikaner Zeitzeichen 04.05.1884: Die Afroamerikanerin Ida B. Wells wird aus dem Zugabteil für weiße Damen geworfenStichtag 29.04.1992: Unruhen in Los Angeles nach PolizeigewaltZeitzeichen 04.04.1968: Todestag von Martin Luther King Welches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autoren: Ulrich Biermann und Veronika BockRedaktion: Matti Hesse

Jul 15, 2024 • 15min
Adolf Lüderitz: Mit Betrug zum kolonialen Besitz
Seinen eigenen Streifen Land in Afrika hat Adolf Lüderitz durch einen Betrug deutlich vergrößert - der Anfang vom Genozid an Herero und Nama. Wie soll man heute an ihn erinnern?Adolf Lüderitz, ein Name, der heute kontrovers diskutiert wird: Der deutsche Kaufmann und Kolonialpolitiker, trägt maßgeblich zur Gründung der Kolonie Deutsch-Südwestafrika bei. Geboren am 16. Juli 1834 in Bremen, tritt Lüderitz nach einer Ausbildung im Ausland zunächst in das väterliche Tabakunternehmen ein. Doch sein Abenteurergeist und seine Goldgräbermentalität führen ihn schließlich nach Südwestafrika. Durch fragwürdige Landkäufe und betrügerische Verträge legt er die Grundlage für die deutsche Kolonialherrschaft. Seine Unternehmungen finden ein abruptes Ende, als er 1886 während einer Expedition im Süden der Kolonie verschwindet. Seine Leiche wird nie gefunden. Die rund 30-jährige deutsche Kolonialherrschaft in Südwestafrika ist geprägt von Ausbeutung, Unterdrückung und Gewalt, die 1904 in den Aufständen der Herero und Nama und deren brutaler Niederschlagung gipfelt. In diesem Zeitzeichen erzählt Maren Gottschalk:warum Bismarck Kolonien zunächst als Luxus betrachtet und was seine Meinung ändert, wie die Geschichte der ersten deutschen Kolonie mit einem Betrug beginnt,was es mit der Lüderitzbucht auf sich hat, wieso der Kaufmann Adolf Lüderitz auch "Lügenfritz" genannt wird,und warum es immer noch zu viel Unwissen über die deutsche Kolonialgeschichte gibt. Das sind unsere wichtigsten Quellen:Jürgen Zimmerer (Hg): Kein Platz an der Sonne, Erinnerungsorte der deutschen Kolonialgeschichte, Frankfurt, New York 2013. Ders. und Joachim Zeller (Hg), Völkermord in Deutsch-Südwestafrika, Berlin 2003. Horst Drechsler, Südwestafrika unter Deutscher Kolonialherrschaft, Berlin 1966. Wilhelm Schüßler, Adolf Lüderitz. Ein deutscher Kampf um Südafrika 1883-1886, Bremen 1936. Und das ist unser Interviewpartner:Prof. Jürgen Zimmerer, Afrikawissenschaftler und Leiter der Forschungsstelle Hamburgs (-post-) koloniales Erbe Weiterführende Links:Online-Ausstellung: From where do we speak?Bundeszentrale für politische Bildung - Deutschland in Afrika - Der Kolonialismus und seine Nachwirkungen Planet Wissen: Deutschland als KolonialmachtWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Maren Gottschalk Redaktion: Frank Zirpins Technik: Nikolas Dohle

Jul 14, 2024 • 15min
Vom Kabarett ins KZ und ins Kloster: Isa Vermehren
Isa Vermehren ist die erste Frau, die das Wort zum Sonntag spricht. Die Nonne und Schauspielerin erreicht damit viele Menschen. Sie stirbt am 15.7.2009 in Bonn.Isa Vermehren kommt 1918 in Lübeck zur Welt. Sie ist das Kind einer wohlhabenden Senatorenfamilie - protestantisch, liberal, weltoffen. Ihr Vater ist Jurist, die Mutter Journalistin. Gemeinsam mit ihren zwei Brüdern verbringt sie eine unbeschwerte Kindheit. 1933 erlebt sie dann jedoch den ersten gravierenden Einschnitt in ihrem Leben: Sie fliegt von der Schule, weil sie sich weigert, die Hakenkreuzfahne zu grüßen.Ohne Abschluss reist die 15-jährige nach Berlin. Im Gepäck hat sie ihr Akkordeon, das sie - nach einer ihrer früheren Kinderschwestern - "Agathe" nennt. Vermehren und "Agathe" machen Karriere im Kabarett. Nebenbei nimmt sie Schallplatten auf und spielt in UFA-Filmen neben Stars wie Rudolf Platte oder Brigitte Horney. Doch dann wird Vermehren in den Krieg geschickt: Sie und "Agathe" sollen die Truppe hinter der Front bei Laune halten. 1944 wird die Sängerin plötzlich verhaftet. Ihr Bruder, der kürzlich in den diplomatischen Dienst eingetreten war, ist zu den Briten übergelaufen. Die ganze Familie wird in "Sippenhaft" genommen. Isa Vermehren kommt ins KZ - sie überlebt.Nach dem Krieg ändert sie ihr Leben radikal und wird Nonne. Als Schwester Isa kennen sie viele Fernsehzuschauer: Bis Mitte der 1990er Jahre präsentiert Vermehren regelmäßig in der ARD "Das Wort zum Sonntag". Isa Vermehren stirbt am 15. Juli 2009 im Alter von 91 Jahren. Und "Agathe"? Die steht bis heute im Haus der Geschichte in Bonn.In diesem Zeitzeichen erzählt Claudia Belemann:Warum sich Vermehren als Schülerin geweigert hat, die Hakenkreuzfahne zu grüßen,wie das Lied "Eine Seefahrt, die ist lustig" zur Anti-Nazi-Hymne wird,welche Voraussetzungen Vermehren erfüllen musste, um in den Orden aufgenommen zu werden,ob Vermehren es jemals bereut hat, ins Kloster gegangen zu sein.Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin:Dr. Helga Böse, Wegbegleiterin von Isa Vermehren und Herausgeberin ihrer TagebücherWeiterführende Links:8. Mai 1954 - "Das Wort zum Sonntag" wird erstmals ausgestrahltWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens!Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Claudia BelemannRedaktion: Sefa Inci SuvakTechniker: Nico Soellner

Jul 13, 2024 • 15min
Louis Barthas: Jeden Tag an den Wahnsinn des Kriegs erinnern
Minutiös schreibt Louis Barthas das Grauen auf, das er als Korporal im Ersten Weltkrieg gesehen hat. Doch der einfache Handwerker glaubt nicht, mit intellektuellen Autoren mithalten zu können. Erst sein Enkel gibt die Erinnerungen als Buch heraus.Es ist Winter 1914/15, als Louis Barthas, ursprünglich ein einfacher Küfer aus dem sonnigen Südwesten Frankreichs, in den Schützengräben liegt und beginnt, seine Erlebnisse festzuhalten. Barthas ist kein typischer Soldat. Mit 35 Jahren, verheiratet und Vater von zwei Söhnen, wird er im August 1914 eingezogen. Als überzeugter Pazifist und Sozialist steht er dem Krieg kritisch gegenüber. In den Tagebüchern schreibt er über die brutalen Kämpfe, das harte Leben in den Schützengräben und die unmenschlichen Befehle der Vorgesetzten. Er reflektiert über die Sinnlosigkeit des Krieges, die Verzweiflung und Angst. Aber er berichtet auch von zwischenmenschlichen Begegnungen mit deutschen Soldaten, von Momenten der Menschlichkeit und seinen Visionen von Frieden und Brüderlichkeit.Barthas Erlebnisse, die er auf über 1.700 Seiten festhält, bleiben zunächst unbeachtet. Erst 1977, lange nach seinem Tod, werden sie veröffentlicht. Der unverfälschte Einblick in das Leben eines einfachen Soldaten im Ersten Weltkrieg wird zum Bestseller und Mahnmal - und hat auch heute nichts von seiner Aktualität verloren. In diesem Zeitzeichen erzählt Sabine Mann:Warum Infanterie-Korporal Louis Barthas das Vorgehen seiner Befehlshaber für barbarisch hält, warum es sich bei Barthas trotz nur grundlegender Schulausbildung um einen belesenen Mann handelt, woran er glaubt, wie er den „Weihnachtsfrieden“ erlebt, und was uns die Berichte über den tatsächlichen Alltag und Ablauf des Krieges erzählen. Das sind unsere wichtigsten Quellen:Louis Barthas, Les carnets de guerre de Louis Barthas, tonnelier, 1914-1918, Paris 1997. Jean Renoir in „Mein Leben und meine Filme“, München 1975. Und das sind unsere Interviewpartner:Gerd Krumeich, Historiker Stéphane Audoin-Rouzeau, Historiker und Co-Direktor des Historial de la Grande Guerre Weiterführende Links:14 Tagebücher des ersten WeltkriegsPlanet Wissen: Erster WeltkriegPlanet Wissen: Der Kriegsverlauf 1914 bis 1916Welches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Sabine Mann Redaktion: Christoph Tiegel/Frank Zirpins Technik: Annett Bastian

Jul 12, 2024 • 15min
Frida Kahlo stirbt am 13.7.1954
Kunst und Courage: Mit riesigem Selbstbehauptungswillen wird die Mexikanerin Frida Kahlo zu einer der einflussreichsten Malerinnen aller Zeiten.Frida Kahlo gehört zu den bekanntesten Künstlerinnen aller Zeiten. Ihre Selbstporträts mit Blumenkranz und Monobraue erzielen Millionenpreise. Dabei dient die Kunst für Kahlo in erster Linie dazu, ein Leben voller Höhen und Tiefen zu verarbeiten. Ihre Werke lesen sich wie ein Tagebuch.Die 1907 geborene Frida ist ein wissbegieriges Mädchen mit unbändigem Bewegungsdrang. Doch sehr früh schon muss sie erfahren, dass der menschliche Körper auch ein Gefängnis sein kann. Mit 18 Jahren schließlich verändert ein schwerer Busunfall ihr Leben für immer: Sie erleidet einen dreifachen Bruch der Wirbelsäule, ihr rechtes Bein war elfmal gebrochen und der Fuß verdreht. Dass sie den Unfall überlebt, grenzt an ein Wunder. Allein und gefesselt an ihr Krankenbett beginnt Kahlo sich selbst zu porträtieren.Zurück im Leben lernt sie den Maler Diego Rivera kennen und lieben. Nach der Hochzeit verwandelt sich Kahlo: Sie wird - wie ihr Mann - glühende Kommunistin, trägt folkloristische Kleider, Ketten und Ohrschmuck. Ihr dunkles Haar schmückt Frida mit Blumen und Bändern, wird so selbst zu einem Kunstwerk. Uneingeschränkt glücklich wird sie aber nicht. Ihre Ehe ist turbulent, ihr Mann hat zahlreiche Affären, zudem erleidet Kahlo drei Fehlgeburten, die sie oft in ihrer Kunst thematisiert und verarbeitet.1938 hat Frida Kahlo in New York und Paris ihre ersten Einzelausstellungen und wird zur gefeierten Künstlerin. Privat ist sie auf einem Tiefpunkt, flüchtet in Alkohol. Auch ihr Körper wird immer schwächer. Als die Ärzte versuchen, vier Rückenwirbel mit einem Metallstück zu verbinden, werden die Schmerzen so unerträglich, dass Kahlo morphiumsüchtig wird. Das Bild "Die zerbrochene Säule" von 1944 drückt ihre Qualen aus.Am 13. Juli 1954, stirbt die berühmteste Malerin Lateinamerikas. Ihrem Tagebuch vertraut sie an: "Ich hoffe nie wiederzukehren."In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Klasen:Welchen Einfluss Fridas geliebter Vater auf ihre künstlerische Laufbahn hat, wie unterschiedlich Frida und Diego sind - äußerlich und in ihrer Lebenseinstellung,von Diegos Affäre mit Fridas Lieblingsschwester Cristina und den Folgen,was Kahlo auf sich nimmt, um bei ihrer ersten Einzelausstellung in Mexiko dabei zu sein.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Mariella Remund (Kunstmuseum Gehrke Remund in Baden-Baden)Christina Burrus: "Frida Kahlo - Ich male meine Wirklichkeit", München 2021Helga Prignitz-Poda: "Frida Kahlo - Die Malerin und ihr Werk", München 2003Film: "Frida" (2002); Hauptrolle: Salma HayekWeiterführende Links:Planet Wissen: Frida KahloZeitzeichen: Diego Rivera, mexikanischer Maler6. Januar 1942 - Die Fotografin Tina Modotti stirbt in Mexiko-CityWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens!Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Andrea KlasenRedaktion: David Rother