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May 12, 2025 • 23min

Spargel - Kultgemüse in der Krise?

Gunther Hirschfelder, Professor für vergleichende Kulturwissenschaft an der Universität Regensburg, spricht über die kulinarische und kulturelle Bedeutung des Spargels. Er beleuchtet die Herausforderungen, die Spargelbauern mit Saisonarbeitskräften aus Rumänien erleben. Der Wandel vom Luxusgemüse zu einem Massenprodukt wird analysiert, während die emotionale Verbindung zur Spargelzeit hervorgehoben wird. Gibt es eine Zukunft für dieses traditionsreiche Gemüse? Die Markt-Erlebnisse und Kundenbeziehungen stehen im Fokus.
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May 11, 2025 • 3min

WirTier - Ein Podcast über die Begegnung von Mensch und Tier

Die emotionale Verbindung zwischen Mensch und Tier steht im Mittelpunkt. Berührende Geschichten zeigen, wie bedeutsame Begegnungen das Leben verändern können. Protagonisten teilen ihre Erfahrungen und Einsichten, die unsere Sicht auf Tiere und das Zusammenleben mit ihnen bereichern. Diese Erzählungen versprechen nicht nur tiefgehende Einsichten, sondern auch Vorfreude auf kommende Geschichten.
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May 11, 2025 • 23min

Muttertag - Wer hat's erfunden?

Désirée Waterstradt, Soziologin und Familienforscherin, erkundet die facettenreiche Geschichte des Muttertags. Sie erklärt, dass der Feiertag ursprünglich aus der Frauen- und Friedensbewegung stammt, bevor er von nationalsozialistischen Ideologien missbraucht wurde. Der Wandel von einem Symbol für Mutterschaft zu einem kommerzialisierten Tag wird kritisch thematisiert. Außerdem wird die Entwicklung des Muttertags in Deutschland und die Auseinandersetzung mit patriarchalischen Strukturen und alternativen Konzepten behandelt.
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May 10, 2025 • 24min

Das Deutsche Museum - Technikgeschichte zum Anfassen

Das Deutsche Museum in München gilt als herausragendes technisches Museum, das die Vision von Oskar von Miller aufgreift. Die Herausforderungen bei der Gründung und der innovative Sammlungsansatz werden beleuchtet. Interessant sind die Entwicklungen in der Technikgeschichte, wie das Elektroauto, und die kritische Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des Nationalsozialismus. Zudem wird die Relevanz traditioneller Technologien für die heutige Gesellschaft thematisiert und die Rolle der Wissenschaft für die Demokratie hervorgehoben.
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May 10, 2025 • 24min

Auf Wanderschaft - Wie Zugvögel ihren Weg finden

Wolfgang Fiedler ist Biologe am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie und ein Experte für Tierwanderungen. Er diskutiert die faszinierenden Migrationsmuster von Zugvögeln, die sich durch Klimawandel und veränderte Lebensräume anpassen müssen. Fiedler teilt spannende Einblicke in das Tracking von Störchen, insbesondere von Susu, und erklärt, wie diese Vögel ihre Routen mithilfe von Landschaftsmerkmalen finden. Auch die Herausforderungen des Kuckucks während seiner Reise werden beleuchtet, was die Komplexität des Vogelzugs verdeutlicht.
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May 9, 2025 • 23min

Ludwig I. von Bayern - Ein großer König mit großen Emotionen

Marita Kraus, Autorin und Expertin für bayerische Geschichte, enthüllt die faszinierende Persönlichkeit von Ludwig I. von Bayern. Sie spricht über seine Herausforderung, zwischen den dominierenden Männern seiner Jugend zu navigieren, darunter Napoleon. Ludwig wurde nicht nur zu einem kunstbegeisterten König, sondern auch zu einem emotionalen Romantiker, der München mit beeindruckenden Bauwerken verwandelte. Zudem beleuchtet sie seine Konflikte zwischen Pflicht und Gefühl, sowie seine turbulente Beziehung zur Tänzerin Lola Montes.
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May 9, 2025 • 23min

Mamas Liebling - Wenn Eltern unterschiedlich lieben

In vielen Familien ist es ein geheimes Thema: Das Lieblingskind. Der Einfluss dieser Präferenz auf Geschwisterbeziehungen wird tiefgründig untersucht. Experten erklären, wie diese Bevorzugung das Selbstbewusstsein und zwischenmenschliche Beziehungen beeinträchtigt. Zudem wird der Teufelskreis herausfordernden Verhaltens beleuchtet, der oft aus einem Bedürfnis nach Akzeptanz resultiert. Die Dynamik der elterlichen Liebe wird analysiert und gezeigt, wie offene Kommunikation Missverständnisse klärt.
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May 9, 2025 • 23min

Die deutsche Nationalhymne - Ein Lied mit wechselvoller Geschichte

Jörg Koch, Historiker und Autor, beleuchtet die wechselvolle Geschichte der deutschen Nationalhymne. Er diskutiert, wie das Deutschlandlied entstanden ist und welche politische Bedeutung es im 19. Jahrhundert hatte. Besonders spannend ist die Militarisierung der Hymne während des Kaiserreichs und des Ersten Weltkriegs. Koch erklärt, wie die dritte Strophe nach dem Zweiten Weltkrieg zur Hymne wurde und welche Debatten um nationale Identität und Kultur seit der Wiedervereinigung existieren. Ein faszinierender Blick auf ein umstrittenes Symbol!
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May 9, 2025 • 22min

Was unser Selbstbild bestimmt - Vergleichen, bewerten, erleben

Das Selbstbild wird von Erfahrungen und gesellschaftlichen Idealen geprägt. Interessante Einblicke zeigen, wie wichtig ein konsistentes Selbstbild für Beziehungen und Entscheidungen ist. Konflikte entstehen oft aus Diskrepanzen zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung. Negatives Denken kann zu einer selbstverstärkenden Spirale führen, während positive Interaktionen das Selbstbild stärken. Eine Reflexion der eigenen Gedanken kann die Lebensqualität erheblich steigern. Das Verständnis der sozialen Rolle spielt eine entscheidende Rolle für die persönliche Entwicklung.
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May 8, 2025 • 23min

Hitlers Nachfolger - Admiral Dönitz und der Mai 1945

Hitlers Selbstmord und die Kapitulation der Wehrmacht am 8.Mai 1945 bedeuteten nicht das Ende des Deutschen Reiches. In der Marineschule Mürwik bei Flensburg agierte noch fast drei Wochen eine Reichsregierung unter Großadmiral Dönitz, den Hitler zu seinem Nachfolger ernannt hatte: Ein bizarrer Spuk mit Kabinettssitzungen, Minister-Denkschriften - und einem Staatsbegräbnis. Auch als die britische Armee das Treiben mit Festnahmen beendete, blieb Dönitz überzeugt, rechtmäßig im Amt zu sein. Von Rainer Volk Credits Autor dieser Folge: Rainer Volk Regie: Günter MaurerRedaktion: Thomas Morawetz Diese hörenswerten Folgen von Radiowissen könnten Sie auch interessieren: Todesmärsche bei Freising - Die qualvollen Trecks von KZ-HäftlingenJETZT ENTDECKEN Und noch eine besondere Empfehlung der Redaktion: Noch mehr Interesse an Geschichte? Dann empfehlen wir: Alles Geschichte – Der History-Podcast Linktipps: Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de. Radiowissen finden Sie auch in der ARD Audiothek: ARD Audiothek | Radiowissen JETZT ENTDECKEN Das vollständige Manuskript gibt es HIER. Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript: O-Ton 05 OKW-Bericht: Aus dem Führerhauptquartier wird gemeldet, dass unser Führer Adolf Hitler heute Nachmittag in seinem Befehlsstand in der Reichskanzlei bis zu seinem letzten Atemzuge gegen den Bolschewismus kämpfend für Deutschland gefallen ist.  Sprecher:  Die letzte Episode in der Geschichte des selbst ernannten Dritten Reiches beginnt nicht mit Nachricht vom Tod Hitlers. Es gibt bereits zuvor – ohne Wissen des Diktators – Pläne, Ministerien und militärische Kommandostellen aus Berlin zu verlegen. Nach Hitlers Selbstmord am 30. April wollen seine Vasallen vor allem eines: ihre Haut retten. Die Deutschen traktieren sie unterdessen mit Pathos und Durchhalteparolen – auch Karl Dönitz selbst: O-Ton 07 Karl Dönitz: Ein Feigling und Verräter ist, wer sich gerade jetzt seiner Pflicht entzieht und damit deutschen Frauen und Kindern Tod und Versklavung bringt. Der dem Führer geleistete Treueeid gilt nun für jeden Einzelnen von Euch mir als dem vom Führer eingesetzten Nachfolger. Deutsche Soldaten – tut Eure Pflicht. Es gilt das Leben unseres Volkes.  Sprecher:  Hitler hat den Großadmiral in einem „politischen Testament“ zu seinem Nachfolger als Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Wehrmacht ernannt. Die Deutschen kennen den 53jährigen aus der Nazi-Propaganda. Er war der Stratege des U-Boot-Krieges und oberster Kommandeur der Marine. Doch selbst er wird von der Ernennung überrascht, sagt der Flensburger Historiker Gerhard Paul, der die Endphase des NS-Regimes in einem Buch analysiert hat: O-Ton 08 Gerhard Paul: Eigentlich: Der starke Mann nach Hitler wäre Himmler gewesen. Himmler hatte sich aber durch die Sondierung eines „Westfriedens“ bei Hitler unmöglich gemacht. Und von daher war das klar – das läuft jetzt auf jemand aus der Wehrmacht hinaus, der als Hitler-Anhänger bekannt ist. Und ja – das war dann Dönitz. Sprecher:  Dönitz ist Karriere-Offizier, seit Kaisers Zeiten bei der Marine. Ihm fehlt jedwede politische Erfahrung. Es heißt, er sei ein nüchterner Denker, sein Humor begrenzt. – Der eben gehörte erste Auftritt bringt dem neuen Staatsoberhaupt bereits beißende Kritik ein, etwa in einer Sendung der BBC für deutsche Kriegsgefangene, die am 3. Mai 45 zu hören ist: O-Ton 09 BBC-Kriegsgefangenensendung:  Herr Dönitz macht sich selbst zum Führer. Er beginnt seine bestimmt nur kurze Zeit damit, dass er erklärt, der Eid auf Hitler sei auf ihn übergegangen. Die Italien-Armee: Eine Million Mann hat kapituliert und verweigert Dönitz die Gefolgschaft. Was werden die anderen tun, deren Führer Dönitz zu sein glaubt?  O-Ton 10 Sender Böhmen – „Unvollendete“: Sprecher: Das klingt ganz anders als die deutschen Sender, die noch arbeitsfähig sind. Der Reichssender Böhmen etwa überträgt am 2. Mai eine markige Rede des Gauleiters – gefolgt von klassischer Musik, Schuberts „Unvollendete“. Welche Rolle Radio in diesen Tagen spielt, ist schwer zu sagen. Hunderttausende von Zivilisten, Militärs und Politikern sind auf der Flucht vor den Sowjets und haben kaum Möglichkeiten, sich zu informieren. – Dönitz selbst ist einige Tage zuvor von seinem Hauptquartier bei Berlin in einem Autokonvoi Richtung Nordwesten aufgebrochen. Zeitgleich haben die oberste Führung von SS und Wehrmacht sowie wichtige Minister dasselbe Ziel. Der Historiker Gerhard Paul: O-Ton 11 Gerhard Paul: Da kam dann nur Schleswig-Holstein in Frage, wahrscheinlich auch, weil es zwei Seehäfen gab, über die man schnell hätte das Land verlassen können, nämlich über Kiel und über Hamburg. Und dann rückten die Engländer weiter vor. Es gab die ersten Luftangriffe auf die Gegend. Und dann ist man weiter ausgewichen nach Flensburg. O-Ton 12 Siegfried Unseld, Verleger:   Als wir ankamen, waren wir noch die einzige mobile Funkstation; die anderen hatten den alliierten Bombenhagel nicht überstanden.  Sprecher: Das ist Siegfried Unseld; bis zu seinem Tod im Jahr 2002 einer der wichtigsten Verleger der Bundesrepublik. Unseld ist 20 und Obergefreiter bei einem Funk-Trupp, als er Anfang Mai 1945 in Flensburg zum Zeitzeugen wird. Denn seine Abteilung hat einen LKW mit einem mobilen Radio-Übertragungsstudio:  Atmo 01: Signet Flensburg Sprecher:  Erkennungssignal des Senders ist die Melodie des Volkslieds „Üb‘ immer Treu und Redlichkeit“, im Reich damals auch als Glockenspiel der Potsdamer Garnisonskirche berühmt. Über diesen Mai 1945 berichtet Unseld 50 Jahre später in einem Vortrag: O-Ton 13 Siegfried Unseld: Wir hatten Tag und Nacht im buchstäblichen Sinn alle Funkhände voll zu tun, um Meldungen, Botschaften an das deutsche Volk und Tagesbefehle an all die Orte zu senden, wo noch deutsche Truppen waren oder die Flotte operierte. Es waren erregende Tage, mit dem Gefühl zwischen den Zeiten oder in einer Niemandszeit zu leben.  Sprecher:  Seine Zelte hat Unselds Trupp in der Marinekriegsschule Flensburg-Mürwik aufgeschlagen, einem prächtigen Backsteinbau im neogotischen Stil. Schon der kaiserlichen Marine hat Mürwik als Kaderschmiede gedient. Das „Rote Schloss am Meer“, wie manche das Hauptgebäude nennen, liegt keine 50 Meter von der Flensburger Förde entfernt auf einem Hügel. Auch die „Deutsche Marine“ von heute bildet hier ihre Offiziere und Unteroffiziere aus. Die studierte Historikerin und Fregattenkapitän Vera Lassoued gestaltet bei diesen Lehrgängen den Geschichts-Unterricht: O-Ton 14 Vera Lassoued:  Es ist halt hier ein historischer Ort. Und das können wir auch gar nicht verändern, das wollen wir auch gar nicht verändern. Hier haben vier verschiedene Marinen gewirkt. Und wir als „Deutsche Marine“ sind hier als längstens schon ‚Hausherr‘. Und haben aber dieses Gebäude und alles übernommen.  Sprecher:  Die sozusagen „heiße Phase“ der Dönitz-Regierung in Mürwik beginnt in der Nacht vom 2. auf den 3. Mai 1945, als der Großadmiral und sein Gefolge die Marineschule erreichen. Da niemand mehr einen Überblick hat über die militärische Lage, ist der Empfang improvisiert. Professor Gerhard Paul: O-Ton 16 Gerhard Paul: In der Marineschule, „Marinekriegsschule“ wie sie ja damals hieß, hat es keine Vorbereitungen gegeben. Der stand da plötzlich nachts vor der Tür und der Kommandeur hat ihm dann Räume zugewiesen. Auch seine Privaträume hat er nutzen dürfen. Und einen Tag später lag vor Mürwik ein ehemaliger – ich glaube es war ein Hapag-Lloyd-Dampfer, die „Patria“. Und auf der „Patria“ haben die dann Quartier bezogen – das war noch am einfachsten. Atmo 02: Marineschule innen Sprecher: Bis heute lässt sich erahnen, wie es gewesen sein muss, als die Minister von Dönitz‘ Gnaden in Mürwik eintrafen. Denn jener Teil der Marinesportschule, in dem das Kabinett täglich um 10 Uhr morgens Sitzungen abhielt, ist ebenfalls erhalten. Die Flure und Räume sind typische Militär-Architektur der 1930er Jahre: dunkler Terrazzo-Fußboden, grün und weiß getünchte Wände. [OC: Alles sehr nüchtern. Fregattenkapitän Vera Lassoued: O-Ton 18 Vera Lassoued: (Atmo zum Blenden) Hier sind Büroräume jetzt untergebracht. Gerade unsere Sportausbildung hat hier einige Räume in Beschlag genommen. Aber ansonsten haben wir hier keine Erinnerungstafeln oder Fotogalerien von der Zeit von damals, weil das nicht Sinn der Sache war für uns. Sondern wir wollen das einfach nur als Infrastruktur nutzen. (Atmo zum blenden) ENDE OC] Sprecher: Gut möglich, dass Umstände und Umgebung einige in der Runde zu sehr ernüchtern. Augenzeugenberichten zufolge lässt Ernährungsminister Herbert Backe zu Beginn jeder Sitzung eine Flasche Schnaps kreisen. Die Minister sind angesichts der düsteren Aussichten Anfang Mai 1945 nicht die einzigen, die Anstand und Benimm über Bord werfen. Eine der Wehrmachtshelferinnen in der Marineschule berichtet Jahrzehnte später über ihren Alltag in Mürwik: Sprecherin (Zitat): Eigentlich wussten wir gar nicht, was wir den ganzen Tag machen sollten. Schriftverkehr mit außen fand praktisch nicht statt. Vor höheren Offizieren, besonders den SS-Leuten, mussten wir uns in Acht nehmen. Einige waren ständig betrunken, randalierten in den Gängen und hatten es auf uns junge Röcke abgesehen. Einmal hat ein hoher SS-Offizier an die Tür zu unserem Büro uriniert. Es stank fürchterlich. Und wir mussten dann die Sauerei wegmachen. Widerlich!  Sprecher:  Für Dönitz ist in diesen Tagen nur ein Thema wichtig: Verhandlungen zu einer teilweisen Kapitulation der Wehrmacht zu organisieren. Die Entscheidung hierzu hat er am Tag vor seiner Fahrt nach Mürwik getroffen. Am 3. Mai schickt er deshalb Generaladmiral von Friedeburg als Unterhändler mit einer Delegation ins Feldlager des britischen Oberbefehlshabers Montgomery, auf einem Hügel unweit von Lüneburg. Dort versucht er diesen zu überzeugen, nur für Dänemark, die Niederlande und die Front in Nordwestdeutschland die Waffen strecken zu dürfen. Gerhard Paul sagt über dieses Kalkül:  O-Ton 19 Gerhard Paul: Dönitz ist immer noch von der illusionären Vorstellung ausgegangen, dass die Wehrmacht gegebenenfalls mit den Westalliierten gegen die Sowjetunion marschieren würde. Dafür spricht auch, dass es ein Dossier gab, dass der britische Premier Churchill in Auftrag gegeben hatte, dass 47 britische und amerikanische Divisionen für den Fall, dass die Sowjetunion weiter nach Westen ziehen würde – dass man sich dem entgegenstellen würde. Und dafür brauchte man noch hunderttausend Wehrmachtsangehörige. Sprecher:  Es scheint zunächst, als könne die Rechnung aufgehen. Montgomery verspricht, deutsche Soldaten, die sich seinen Truppen ergeben, nicht den Sowjets auszuliefern und gewährt Friedeburg sicheres Geleit zurück nach Mürwik. Dort erteilt Dönitz seinen Verhandlern die nötige Vollmacht, die Kapitulation für den Westen zu unterzeichnen. Atmo 03: Kapitulation Sprecher: Ein Zelt am Rand der Lüneburger Heide, 4. Mai – circa 18 Uhr. Montgomery hat Reporter und Fotografen herbeigerufen. Daher steht auf dem Tisch vor dem Feldmarschall ein Mikrofon und im Hintergrund filmt eine Kamera, als er, unterstützt von einem Dolmetscher, die Bedingungen der Kapitulation nach den britischen Vorstellungen erläutert.  Um die Briten – und möglichst auch die Amerikaner – milde zu stimmen, befiehlt Dönitz als nächsten Schritt das Ende des U-Boot-Krieges, der die Westalliierten in den Vorjahren enorme Verluste gekostet hat.  Doch alle Hoffnungen, Zeit schinden zu können und die Gegner zu spalten, zerschlagen sich bald. Der Oberkommandierende der US-Armee, General Eisenhower, besteht auf einer Kapitulation der Wehrmacht an allen Fronten. So kommt es zu jenen historischen Szenen in Reims, in Nordfrankreich, und in Berlin-Karlshorst, die den Zweiten Weltkrieg in Europa beenden.  O-Ton 21 Lüneburg:  An die Einwohner von Lüneburg. Die Nazi-Regierung und die Wehrmacht haben bedingungslos den alliierten Expeditionsstreitkräften kapituliert… Sprecher:  An jenem 8. Mai 1945 wird Millionen Deutschen klar: Der Zweite Weltkrieg ist zu Ende. Manchmal informieren darüber Lautsprecher-Durchsagen wie hier in Lüneburg, andere hören zuhause die Nachricht im Radio oder erfahren es mündlich von Bekannten oder Freunden. In Mürwik dauert es fast einen Tag, bis die Funker aus ihrem mobilen Ü-Wagen die Neuigkeit bestätigen. Am Abend des 9. Mai ertönt das Sender-Signet ein letztes Mal.  O-Ton 22 Flensburg: (Signet/Glockenspiel) 20 Uhr und drei Minuten. Reichssender Flensburg und die angeschlossenen Sender. Wir bringen heute den letzten Wehrmachtsbericht dieses Krieges. Aus dem Hauptquartier des Großadmirals…  Sprecher: Der Sprecher, ein Panzerspähfunker namens Klaus Kahlenberg, verliest nach den einleitenden Sätzen die jüngsten Meldungen von allen Fronten. Überall – so lobt der Bericht des Oberkommandos – sei die Wehrmacht tapfer. Erwähnt wird, wer Auszeichnungen für sein Verhalten erhalten hat. Zwei Minuten dauert dieser monotone Vortrag. Dann folgt die entscheidende Neuigkeit: Neben dem Sprecher sitzt auch ein britischer Offizier. Als die Funker ihn fragen, ob nach der angekündigten Stille Musik gespielt werden dürfe, antwortet er lakonisch: „Ja, aber nicht Wagner.“ Weshalb die Funk-Soldaten Haydns Kaiser-Quartett, die musikalische Vorlage zur Nationalhymne, vom Plattenspieler im Ü-Wagen in den Äther senden. Eine Anekdote, die zeigt: Eigentlicher Herr des Geschehens ist in Mürwik bereits das britische Militär. Doch auch nach dem 8. Mai führt es Dönitz an einer sehr langen Leine – findet Gerhard Paul: O-Ton 23 Gerhard Paul: Dönitz war es gestattet, ein eigenes Wachbataillon zu führen, das auch unter Waffen stand als die Wehrmacht bereits entwaffnet war. Und das führt zu paradoxen Zuständen. Als am 16. Mai – also eine Woche nach der Gesamtkapitulation – es ein Staatsbegräbnis gegeben hatte für den ehemaligen Kommandeur der Marineschule. Ein Kapitän zur See Wolfgang Lüth. Dazu brauchte man Soldaten, nicht nur in Uniform, sondern auch in Waffen, die dann schießen durften. Und dafür hat er die Genehmigung des britischen Stadtkommandanten eingeholt und sie auch bekommen. Sprecher: Die Trauerrede bei diesem letzten Staatsbegräbnis des Dritten Reiches hält Dönitz selbst. In der Aula der Marineschule bezeichnet er den nachts von einer Wache versehentlich erschossenen Lüth als „leuchtendes Vorbild für künftige Generationen“. Für Fregattenkapitän Lassoued ist diese Begebenheit ein Argument mehr, die Figur Dönitz in ihrem Geschichts-Unterricht an der heutigen Marineschule kritisch zu betrachten: O-Ton 24 Vera Lassoued: Wir schauen uns Reden von Dönitz an und ich analysiere das mit meinen Schülern. Wenn man dann später immer gesagt hat: Ach, die Kriegsmarine, die war ja so sauber und unbelastet, dann ist das durch diese Reden von Dönitz alleine schon widerlegt. Natürlich war der überzeugter Nationalsozialist. [OC: Von daher: Wir behandeln ihn als historische Figur hier – und seine Zeit im Mai, in der er hier war, auch wenn das vielleicht eine spannende Episode ist, ist das nicht alles, worum es geht bei uns an der Marineschule, ja. Sprecher:  Neben „spannend“ ist das Schattenregime von Dönitz vor allem tragisch. ENDE OC] In Mürwik werden noch mehrere Todesurteile gegen Deserteure vollstreckt. Und der wahre Charakter des Nationalsozialismus wird sichtbar. Denn am 3. Mai erreicht, gezogen von einem Schlepper, ein Flusslastkahn namens „Ruth“ die Flensburger Förde. In den Laderäumen vegetieren etwa 650 Häftlinge aus dem KZ Stutthof bei Danzig; weitere 350 sind bei der Überfahrt gestorben. Dönitz behauptet später, erst zu diesem Zeitpunkt habe er von den NS-Verbrechen erfahren. Absurd, wie fleißig er in Mürwik am Mythos einer „sauberen Wehrmacht“ bastelt, sagt Gerhard Paul: O-Ton 25 Gerhard Paul: Da sitzt eine Regierung, die sich mit Fragen beschäftigte: Bekommen wir noch neue Uniformen und neue Uniform-Stiefel. Also dieser Mythos der sauberen Wehrmacht hat auch eine ganz materielle, sinnliche Entsprechung, ne. Durch Flensburg zogen, aus Dänemark, aus Norwegen kommend, Soldaten der Wehrmacht, die keine Stiefel mehr hatten. Die Uniformen kaputt und unvollständig. Und hier sitzt eine Regierungsriege in feinstem Zwirn! Sprecher:  Dieses Sitzen wird jedoch von Tag zu Tag gefährlicher. Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel etwa, der in Karlshorst die Kapitulation gegenüber der Sowjetunion unterzeichnet hat, nehmen die Briten am 13. Mai auf dem Gelände der Marineschule fest. Den NSDAP-Chefideologen Alfred Rosenberg spürt ein anderer Trupp im riesigen Lazarett von Mürwik auf – er hat einen Beinbruch vorgetäuscht und trägt Gips. – Für den „Reichssender Flensburg“ ist am 15. Mai Sendeschluss. Die Lokalzeitung „Flensburger Nachrichten“ meldet an diesem Tag: Sprecher 2 (Zitat): Aus dem Hauptquartier Eisenhowers wird gemeldet: Der Sender Flensburg ist von einer alliierten Kommission übernommen worden, um einer Wiederholung unautorisierter Rundfunksendungen vorzubeugen. Die alliierte Kommission wird in Zukunft stärkste Kontrolle über die Dönitz-Regierung ausüben.  Sprecher: Ein paar Tage später ist [auch] das bizarre Treiben in Mürwik vorbei. Die Briten beugen sich dem politischen Druck aus Washington und Moskau. Am 17.Mai hat der britische Stadtkommandant von Flensburg erfahren, dass die USA Dönitz auf die Liste der Kriegsverbrecher gesetzt haben. Am Tag darauf erreicht eine sowjetische Delegation Flensburg. Sie wird auf dem zweiten Dampfer – der „Caribia“ – einquartiert, der vor der Marineschule vor Anker liegt.  O-Ton 27 Gerhard Paul: Der Druck der Russen war sehr stark, die diese Regierung in Flensburg nie anerkannt haben, die den Sinn nicht gesehen haben. Auch die Amerikaner – Eisenhower hat das nicht gesehen, so eine – im Grunde von den Briten installierte Regierung, die man glaubte, bei den Verhandlungen über die Demobilisierung, über die Entwaffnung gebrauchen zu können. Aber diese Illusion war dann spätestens am 21./22. Mai dahin. Sprecher: Am Morgen des 23. Mai werden Dönitz und weitere Militärs morgens auf die „Patria“ zitiert. Dort eröffnet ihnen ein britischer General, man erachte sie jetzt als Kriegsgefangene und werde sie nachmittags ausfliegen. Die bestehende Regierung sei aufgelöst. Kurz nach 10 Uhr besetzen zwei britische Infanterie-Bataillone das Gelände – auch den Raum, in dem – wie üblich – die Minister zusammenhocken: Sprecher 2 (Zitat): Kurz nach Beginn der Sitzung platzten mit gezogener MP und Handgranaten bis an die Zähne bewaffnete englische Soldaten in den Saal. Erste Maßnahme: ›Hände hoch!‹ Zweite Maßnahme: ›Hosen herunter!‹  Sprecher:  Auch von dieser Szene im Korridor der Marinesportschule, die der Adjutant von Dönitz so geschildert hat, existiert ein Foto, das ein britischer Militär-Fotograf geistesgegenwärtig aufnimmt.  O-Ton 28 BBC Suizid Himmler: Hello BBC – this is Chester Wilmot from Luneburg, where Himmler committed suicide last night…  Sprecher:  Die andere Nachricht jenes Tages lautet: Heinrich Himmler hat Selbstmord begangen. Der BBC-Reporter lässt einen Feldwebel der britischen Armee berichten, der die Szene beobachtet hat: Sprecher:  Eine misstrauische Militärstreife hat den ehemaligen „Reichsführer SS“ bei Flensburg aufgegriffen. Am 23. Mai enthüllt Himmler Offizieren, die ihn befragen, seine Identität  – und beißt bei einer Leibesvisitation im letzten Moment auf eine Kapsel mit Zyankali, die er im Mund versteckt hat. – Auch Dönitz und seine Minister werden an diesem sonnigen Frühlingstag aufs Peinlichste untersucht – was sie geradezu schockiert. Im Polizeipräsidium von Flensburg warten, neben Ärzten, einige Journalisten. Fotos, die in diesem Moment geschossen werden, zeigen Dönitz und den General Jodl in schweren Soldatenmänteln, Speer trägt einen hellen Trenchcoat. Die Inszenierung soll der Weltöffentlichkeit zeigen: Es ist Aus mit Großdeutschland. Eine Augenzeugin, die vom Postamt gegenüber die Vorführung der drei Männer beobachtet, fasst ihre Eindrücke später so zusammen: Sprecherin (Zitat): Was mir am meisten in Erinnerung geblieben ist, war diese Winzigkeit: der kleine Hinterhof von nur ein paar Quadratmetern, in dem sich das Geschehen abspielte, und die Gestalten, die von unserem Fenster aus so winzig aussahen, ganz anders als man sie aus der Wochenschau kannte. Und vor allem: das unblutige, eigentlich ganz friedliche Geschehen. Dass dies wirklich das Ende des Dritten Reiches sein sollte und ich ein Zeuge davon war, hätte ich nie gedacht.  Sprecher: Karl Dönitz findet sein Selbstbewusstsein relativ rasch zurück. Beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozess agiert sein Verteidiger so geschickt, dass er nur zehn Jahre Haft erhält. Nach der Entlassung schreibt er Erinnerungen – und behauptet bis zu seinem Tod an Heiligabend 1980, rechtmäßig deutsches Staatsoberhaupt zu sein. Gerhard Paul sagt über diesen Fall von Unbelehrbarkeit: O-Ton 29 Gerhard Paul: Richtig ist, dass Dönitz sich Zeit seines Lebens als legitimer Nachfolger von Adolf Hitler gesehen hat, als Staatspräsident – von vielen ehemaligen Kameraden so genannt wurde. Es hat Probleme gegeben, dass Dönitz eingeladen wurde an verschiedene Schulen. Und da gab es unendliche Diskussionen in der Öffentlichkeit. Aber er ist mit diesem Titel „Staatspräsident“ beerdigt worden.    

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