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Jun 13, 2024 • 15min

Kohls Lieblingsprojekt: Das "Haus der Geschichte" in Bonn

Helmut Kohls Idee über ein Museum zur Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ab 1945 bis in die Gegenwart löste heftige Kritik aus. Doch es wurde ein Publikumsmagnet.Musik liegt in der Luft: Deutschlandhymne, DDR-Hymne und Europahymne zu einem symbolträchtigen Klangteppich verwoben. Die musikalische Inszenierung von Peter Herbolzheimer unterstreicht die historische Tragweite des Augenblicks. Am 14. Juni 1994 wird in Bonn das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland feierlich eröffnet. Helmut Kohl fordert bereits 1982 in seiner ersten Rede als Bundeskanzler ein solches Projekt, das ein neues Kapitel in der deutschen Erinnerungskultur aufschlagen soll. Das Haus der Geschichte ist bewusst nicht als traditionelles Museum konzipiert. Es soll vielmehr ein lebendiges Forum für die Auseinandersetzung mit der Geschichte Deutschlands nach 1945 bieten. Von Anfang an steht die Vermittlung der jüngeren deutschen Geschichte im Vordergrund - von der Nachkriegszeit über die Teilung Deutschlands bis zur Wiedervereinigung. In diesem Zeitzeichen erzählt Marfa Heimbach:wie Helmut Kohl das Projekt initiiert und welche Ziele er damit verfolgt,welche Kritik und Diskussionen im Zusammenhang mit dem Bau entsetehen,warum das Haus der Geschichte bewusst nicht als Museum bezeichnet wird,wie das Haus der Geschichte seine Besucher aktiv in die Ausstellung einbezieht,und welche Themen noch umfassender beleuchtet werden könnten. Das sind unsere wichtigsten Quellen:Thomas Hertfelder u.a., Hg., Erinnern an Demokratie in Deutschland. Demokratiegeschichte in Museen und Erinnerungsstätten der Bundesrepublik, Göttingen 2016. Hermann Schäfer, Das Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Strukturgeschichtliche Darstellung im Museum, 1988.Und das sind unsere Interviewpartner*innen:Prof. Dr. Harald Biermann (Präsident der Stiftung Haus der Geschichte) Dr. Simone Mergen (Direktorin der Abt. Bildung-Besucherservice, Stiftung Haus der Geschichte, Bonn) Lisa Riplinger (Geschichtslehrerin, Königin Luise Schule Köln) Besucher, Schülerinnen und Schüler Weiterführende Links:Haus der GeschichteWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor*in: Marfa Heimbach Redaktion: Matti Hesse Technik: Michael Franke
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Jun 13, 2024 • 15min

Am 13.06.1994: Leichen im Mordfall um O.J. Simpson entdeckt

Der Footballstar beteuert bis zum Tod: Er habe seine Exfrau Nicole Brown Simpson und Ronald Goldman nicht ermordet. Ein Gericht spricht ihn frei, eines verurteilt ihn.Einst gefeierter American-Football-Star, Werbeikone und Schauspieler, bekannt und verehrt von Millionen: O.J. Simpson. Doch sein Ruhm nimmt eine tragische und kontroverse Wendung. In der Nacht auf den 13. Juni 1994 werden Simpsons Ex-Frau Nicole Brown und ihr Freund Ronald Goldman in Browns Haus ermordet und grausam zugerichtet. Der Fall erregt weltweit Aufsehen, vor allem weil der tatverdächtige Simpson wenige Tage später in aller Öffentlichkeit in einem weißen Ford Bronco flieht und verfolgt wird. Im anschließenden, medial hochstilisierten Prozess, wird der berühmte Sportler trotz überwältigender Indizien freigesprochen. Im Zivilprozess 1997 wird Simpson jedoch zu einer Zahlung von 33,8 Millionen US-Dollar verurteilt – eine Summe, die die Opferfamilien nur zum Teil erhalten. Am 11. April 2024 verstirbt O.J. Simpson im Alter von 76 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung. Seine Geschichte bleibt eine der schillerndsten und zugleich düstersten Episoden der modernen US-amerikanischen Justizgeschichte. Sie wirft bis heute Fragen nach Macht, Einfluss und Gerechtigkeit auf. In diesem Zeitzeichen erzählt Christoph Tiemann:warum auch 30 Jahre nach den Morden an Nicole Brown Simpson und Ronald Goldman die Diskussion über den Fall nicht verebbt ist, warum 108 DNA Beweise nicht ausreichen,wie ein blutverschmierter Handschuh zum Symbol für Zweifel und Intrigen wird, wie Simpson schließlich doch noch verurteilt wird - jedoch nicht vor dem Strafgericht,und welche bizarre Geschichte er in seinem Buch "If I did it" erzählt.Das sind unsere wichtigsten Quellen: Jeffrey Toobin, The Run of His Life: The People v. O. J. Simpson, New York 1997.O. J. Simpson, If I did it. Confessions of the Killer, New York 2007.The People v. O. J. Simpson – American Crime Story, FX 2016.Und das sind unsere Interviewpartner:Uwe Wolff, ehemaliger USA-Korrespondent des FOCUS Horst Kläuser, ehemaliger Korrespondent der ARD in New York und WashingtonProf. Kirk W. Junker, Universität Köln, Lehrstuhl für US-amerikanisches RechtWeiterführender Link:ZDF Dokumentation O. J. Simpson - Made in AmericaWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Hör-Tipp: Die besten Ermittlerkrimis der ganzen ARD gibt es jetzt an einem Ort: Von Sherlock über Doberschütz bis Brunetti. In der Playlist "Auf der Spur“ in der ARD Audiothek.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Christoph Tiemann Redaktion: Carolin Rückl Technik: Moritz Raestrup
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Jun 11, 2024 • 13min

Die Bundeswehr rückt in den Kosovo ein (am 12.6.1999)

Was damals kaum einer ahnt: Es ist der Beginn des längsten Auslandseinsatzes in der Geschichte der Bundesrepublik. Wie kam es dazu und wie ist die Lage heute?Als im Sommer 1999 deutsche Panzer in den Kosovo einrücken, werden sie mit Beifall empfangen. Hunderte stehen an den Straßen, um das deutsche Militär willkommen zu heißen. Mehrere tausend Bundeswehrsoldaten machen sich auf den Weg. Es ist der Beginn des längsten Auslandseinsatzes in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Bundeswehr soll im Rahmen von KFOR, der “Kosovo Force”, Sicherheit im Kosovo schaffen und so die Kosovo-Albaner vor Vertreibung und Ermordung durch die Soldaten des jugoslawischen Machthabers Slobodan Milošević schützen. Der Einsatz ist schon Monate vor dem Einrücken politisch höchst umstritten: Ab März 1999 bombardiert die NATO 78 Tage lang Ziele in Jugoslawien - ohne UN-Mandat, für viele Völkerrechtler völkerrechtswidrig. Der Einsatz der Bundeswehr im Juni 1999 am Boden des Kosovo erfolgte allerdings völkerrechtskonform mit einer Resolution des UN-Sicherheitsrats. 2008 erklärt sich der Kosovo für unabhängig - was Serbien nicht anerkennt. 2023 eskaliert erneut die Gewalt zwischen der serbischen Bevölkerung und den Kosovo-Albanern im Norden des Kosovo. Die KFOR muss einschreiten - mehr als 90 Soldaten werden verletzt. Die Folge: Die internationale Schutztruppe soll wieder aufgestockt werden. In diesem Zeitzeichen erzählt Nikolaus Steiner:Wie die Nato den jugoslawischen Machthaber Slobodan Milošević mit Luftangriffen in die Knie zwingen will,wieso es für Außenminister Joschka Fischer von den Grünen vielleicht der schwierigste Moment in seinem politischen Leben war,wie versprochene "blühende Landschaften" letztlich zur Enttäuschung werden,warum die Lage im Kosovo heute explosiver ist, als zu Beginn der 2000er-Jahre.Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:Hans-Peter Kriemann (Offizier vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam)Vedran Dzihic (Balkan-Experte vom Österreichischen Institut für Internationale Politik) Thomas Hennig (Bundeswehrsoldat und Zeitzeuge, 1999 Oberfeldwebel bei den Fallschirmjägern) Weiterführende Links:Deutschlandfunk Kultur: Kosovo Krieg vor 20 JahrenTagesschau.de: “Warum die Spannungen im Kosovo immer wieder aufflammen”Bundeszentrale für politische Bildung: KosovoEinsatzführungskommando der Bundeswehr: Der Einsatz im KosovoWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Nikolaus SteinerRedaktion: Matti Hesse
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Jun 10, 2024 • 15min

Im Juni 1889: Die erste Pizza Margherita kommt aus dem Ofen

Ein neapolitanischer Pizzabäcker soll eine Majestät bekochen. Sein in Italiens National-Farben belegter Teigfladen soll Königin Margherita vorzüglich gemundet haben. Eine nette Geschichte...Raffaele Esposito ist eine Ikone unter den Pizzabäckern. Vor 135 Jahren soll er in Neapel die erste Pizza Margherita aus dem Ofen gezogen und so den Grundstein des Ruhms des runden Teigfladens nach neapolitanischer Art gelegt haben. So die Legende. Eine beliebte Version dieser Geschichte ist diese: Im Juni 1889 weilen Umberto I. und seine Gemahlin Margherita neapoletanischen Palazzo Capodimonte. Ihre Majestät, die Königin Margherita, stets verwöhnt von französischer Küche und dieser überdrüssig, verspürt Appetit - ausgerechnet auf Pizza. Der stadtbekannte Pizzabäcker Esposito backt vorsichtshalber drei Pizzen. Eine mit Schmalz, eine mit Sardellen, die dritte mit Tomatensauce, Mozzarella-Käse und einem Zweig Basilikum - Grün-Weiß und Rot, wie die italienische Flagge.Eine angeblich königliche Bestätigung, dass die Pizza köstlich mundet, stellt sich später als Fake heraus.Tatsächlich besucht das Herrscherpaar im Sommer 1889 Neapel. Nach der Bevölkerungsexplosion im 17. Jahrhundert leben in der süditalienischen Großstadt viele Menschen unter ärmlichsten Bedingungen und buchstäblich auf der Straße von der Hand in den Mund.Demnach ist die Pizza zunächst nichts anderes als schnelles billiges Essen für die Unterschicht. Fastfood für die armen Lazzaroni in den schmutzigen Gassen. Streetfood, über das Landsleute aus anderen Teilen der Nation eher die Nase rümpfen.In diesem Zeitzeichen erzählt Steffi Tenhaven:Wie sogar die UNESCO die neapolitanische Pizzabackkunst würdigt,womit ein italienischer Historiker den Zorn der Italiener auf sich zieht,mit welchen überraschenden Belägen die Pizza-Alternative "Krusta" in der Deutschen Demokratischen Republik auf die Teller kommt,was einem echten Pizzabäcker einen Stich ins Herz versetzt.Das sind unsere wichtigste Quelle:Alberto Grandi: Mythos Nationalgericht. Die erfundenen Traditionen der italienischen Küche. Übersetzt von Andrea KunstmannWeiterführende Links:Planet Wissen: Die Tomaten-IndustriePlanet Wissen: Italiener in DeutschlandStichtag - 7. Januar 1797: Vorläufer der Trikolore Italiens entstehtWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Steffi TenhavenRedaktion: Christoph Tiegel/David RotherTechnik: Sascha Schiemann
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Jun 9, 2024 • 15min

Er war der Soul: Ray Charles, "The Genius" (gestorben 10.6.2004)

Geboren in bittere Armut im Süden der USA, erblindet mit sieben Jahren, wird Ray Charles der "Father of Soul". Er hat Musikgeschichte geschrieben und ein dramatisches Leben gelebt.Was wäre wohl aus dem kleinen Ray ohne das Klavier in Wiley Pittmans "Red Wing Café" geworden? Später erzählt Ray Charles, der "Father of Soul", von seinen ersten Begegnungen mit der Musik, die zu seinem Lebensinhalt wird. Er habe alles Stehen und Liegen gelassen und sei in das Café gelaufen. Wiley Pittman bringt ihn in kleinen Schritten zum Klavier. Im Jahr 1937 steht Aretha Robinson allein mit dem mit sieben Jahren erblindeten Sohn Ray. Der andere Sohn ist im Alter von vier Jahren vor Rays noch sehenden Augen ertrunken. Die Mutter verdient nur wenig Geld als Wäscherin und hat keine Hilfe für den Jungen. In der Baptistengemeinde singt Ray im Chor. Hier wird er seine Stimme finden, seinen Klang.Mit der von der Mutter vermittelten Zähigkeit geht Ray Charles seinen Weg, wird zum "Vater des Soul". Mit 40 schon ein amerikanisches Denkmal, das sich aber auch beinahe selbst zerstört: Jahrelang drückt er Heroin. Ray Charles trotzt allen Widrigkeiten. Bei einer seiner vielen Ehrungen gibt er einen kleinen Einblick in sein Erfolgsrezept: "Wenn Sie glauben, Talent zu haben, arbeiten Sie daran."In diesem Zeitzeichen erzählt Uwe Schulz:Von der ärmlichen Kindheit Ray Charles' im Dörfchen Greenville, Madison County/Florida,wie seine Mutter den mit sieben Jahren erblindeten Ray zur Selbstständigkeit erzieht,warum Ray Charles seinen Nachnamen verändert, um nicht verwechselt zu werden,warum Ray nicht mit der Bürgerrechtsbewegung auf die Straße geht, sondern diese mit anderen Mitteln unterstützt.Das ist unser wichtigster Interviewpartner:Jürgen Dusel (Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen)Weiterführende Links:Stichtag: 03. Mai 2008 - Vor 75 Jahren: Soul-Legende James Brown wird geborenStichtag: 26. Oktober 1911 - Gospel-Sängerin Mahalia Jackson wird geborenStichtag: 25. März 1942 - Geburtstag der Soul-Sängerin Aretha FranklinStichtag: 16. Oktober 1980 - Deutschlandpremiere des Films "Blues Brothers"Zeitzeichen: 04.01.1809: Louis Braille, Entwickler der Blindenschrift, wird geborenWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Uwe SchulzRedaktion: David Rother
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Jun 8, 2024 • 15min

NSU-Terror: der Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße

Ein Nagelbombenanschlag erschüttert die multikulturelle Keupstraße in Köln im Jahr 2004. Opfer werden zu Verdächtigen. Die Polizei schließt fremdenfeindliche Motive aus. Der NSU-Prozess bringt die Wahrheit ans Licht. Die Betroffenen kämpfen für Gerechtigkeit und ein Mahnmal.
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Jun 7, 2024 • 14min

Erster Atombunker-Test in der Bundesrepublik (am 8.6.1964)

Ein atmosphärischer Einblick in den ersten Atombunker-Test in Deutschland im Jahr 1964 während des Kalten Krieges. 144 Teilnehmer verbringen sechs Tage in einem ABC-sicheren Bunker in Dortmund. Das gesellschaftliche Experiment zeigt die Ängste und Hoffnungen der Menschen in Zeiten nuklearer Bedrohungen. Trotz politischer Diskussionen fehlte es in Deutschland an ausreichendem Bevölkerungsschutz, der bis heute ein Thema bleibt.
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Jun 6, 2024 • 15min

Die Geburtsstunde der biologisch-dynamischen Landwirtschaft

Einen Ausweg aus der Krise: Den bietet Rudolf Steiner, der Erfinder der Waldorfpädagogik und anthroposophischen Medizin, mit seiner am 7.6.1924 beginnenden Vortragsreihe.Rudolf Steiner hält Anfang Juni 1924 eine Vortragsreihe, die zur Geburtsstunde der biologisch-dynamischen Landwirtschaft wird. Mehr als 100 Landwirte versammeln sich auf einem Gut nahe Breslau, um Steiners innovativen Ideen zu lauschen. Sein Ansatz, der tief in esoterischen Konzepten verwurzelt ist, zielt darauf ab, die Landwirtschaft durch spirituelle und kosmische Erkenntnisse zu revolutionieren. Steiner postuliert: Der ideale Bauernhof ist ein autarker Organismus, der alle notwendigen Ressourcen selbst produziert. Diese Vision steht im starken Kontrast zur industrialisierten Landwirtschaft seiner Zeit, die durch den Einsatz von Kunstdünger und Maschinen geprägt ist– und in der Krise steckt. Rudolf Steiner ist vieles: Philosoph, Esoteriker, Hellseher, Erfinder von Waldorfpädagogik, Eurythmie und anthroposophischer Medizin aber auch: landwirtschaftlicher Laie. Trotzdem finden seine Ideen schnell Anhänger. Später wird daraus Demeter hervorgehen, das heute weltweit für seine biologisch-dynamische Landwirtschaft bekannt ist. In diesem Zeitzeichen erzählt Martin Herzog:wie Steiners Ansätze die Kluft zwischen rationaler Wissenschaft und spirituellen Erkenntnissen überbrücken wollen, warum seine Ideen perfekt zu den Idealen der Lebensreform-Bewegung passen, und was das für die moderne Landwirtschaft bedeutet, warum Kuhhörner für Steiner spirituelle Antennen sind, und wie aus Steiners unorthodoxen Vorschlägen die weltweit erste Biomarke entsteht. Das sind unsere wichtigsten Quellen:Helmut Zander: Rudolf Steiner. Die Biografie. Piper Verlag München 2011 Rudolf Steiner: Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft (Landwirtschaftlicher Kurs). Acht Vorträge. Koberwitz bei Breslau, 07.06 – 16.06.1924 Und das sind unsere Interviewpartner:Helmut Zander, Professor für vergleichende Religionswissenschaft, Uni Fribourg (Schweiz) und Biograph von Rudolf SteinerAlexander Gerber, Vorstand Demeter-VerbandWeiterführende Links:Planet Wissen: ökologischer AnbauAuf Steiners Spuren - So prägt Anthroposophie unseren AlltagWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Martin HerzogRedaktion: Matti Hesse
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Jun 5, 2024 • 15min

"Autistische Psychopathen": Hans Asperger prägt eine Diagnose

Mit seiner im Juni 1944 erschienenen Habilitation über autistische Kinder setzt er jahrzehntelang Akzente in der Autismus-Forschung. Heute ist der Kinderarzt umstritten."Kleine Professoren" nennt Hans Asperger Kinder mit autistischen Zügen - wegen ihrer speziellen Interessen und Fähigkeiten. Er erkennt die Besonderheiten und betont immer wieder, dass diese Kinder anders, aber nicht weniger wertvoll seien. Hans Asperger, der österreichische Heilpädagoge und Kinderarzt, ist vielen durch die nach ihm benannte Diagnose des Asperger-Syndroms bekannt. Seine Forschungen legen den Grundstein für das Verständnis von Autismus. Seine Habilitationsschrift wird 1944 veröffentlicht. In ihr beschreibt der Arzt detailliert die emotionalen und sozialen Schwierigkeiten autistischer Kinder und setzt wichtige Akzente in der Autismus-Forschung. Aspergers Vermächtnis hat jedoch auch dunkle Seiten. Er soll während der NS-Zeit Kinder zur Tötung in die NS-Euthanasieanstalt "Am Spiegelgrund" überwiesen haben. Diese und weitere Enthüllungen werfen ein kontroverses Licht auf einen Mann, der lange Zeit als empathisch und eher als Widerständler gilt. Wie weit geht diese Verstrickung in die nationalsozialistische Medizin und macht ihn das letztlich zum Mitläufer oder gar Mittäter? In diesem Zeitzeichen erzählt Doris Arp:wieso Hans Asperger sich mehr als Lehrer und Erzieher sieht, denn als Arzt,warum er das Syndrom nicht als Krankheit begreift,und wieso er damit seiner Zeit voraus ist, warum Aspergers Ansehen, trotz aller Verdienste nun doch Risse bekommen hat, und er letztlich nicht seinem eigenen Anspruch gerecht wird. Das ist unser wichtigster Interviewpartner:Prof. Herwig Czech, Medizinhistoriker, Universitätsklinik WienUnd das sind unsere wichtigsten Quellen:Herwig Czech: Hans Asperger und der Nationalsozialismus – Geschichte einer Verstrickung, Gießen 2024.Hans Asperger: Die "autistischen Psychopathen" im Kindesalter, Wien 1944.Edith Sheffer: Asperger Kinder – Die Geburt des Autismus im "Dritten Reich“ – Frankfurt 2018.Weiterführende Links:Autisten informieren über AutismusAutismus: Alle Fragen erlaubt! Selbsthilfegruppe "Autismus einfach anders"Der 6.6.1944 ist ein wichtiges historisches Datum. An diesem Tag begann die Invasion der Alliierten in der Normandie. Auch zum D-Day gibt es ein WDR Zeitzeichen und einen WDR 2 Stichtag.Welches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Doris ArpRedaktion: Carolin Rückert und David RotherTechnik: Thomas Bleul
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Jun 4, 2024 • 15min

192 Zentimeter Europäer: Als Karl zum Großen wurde

Karl der Große gilt als Erfinder eines geeinten Europas. Doch Vorsicht: In seinen Methoden war er nicht zimperlich, nur in zwei Jahren seiner Regentschaft führte er keinen Krieg.Anfangs muss sich der Frankenkönig Karl noch vom Klerus in Rom bitten lassen, gegen die Langobarden in den Krieg zu ziehen. Doch dann bricht Karl, der seit seiner Kindheit auf Kriegsführung gedrillt ist, mit seinem Heer Richtung Alpen auf. Wenig später ist der Langobarden-König Desiderius in seiner Hauptstadt Pavia eingeschlossen und muss nach neun Monaten kapitulieren. Am 5. Juni 774 kann sich der Frankenkönig Karl zum König der Langobarden erklären. Aufatmen in Rom!Dort wird König Karl auf den Stufen von St. Peter von Papst Hadrian freudig empfangen. Der ganze Klerus ruft ihm entgegen: "Gelobet sei, der da kommt im Namen des Herrn!" Zum ersten Mal erscheint nun in Rom der Beiname, der untrennbar mit dem berühmtesten mittelalterlichen Herrscher verbunden ist: Karl der Große. Auch wenn es weitere 26 Jahre dauern wird, bis Karl zum Kaiser gekrönt wird, der Sieg über die Langobarden dehnt sein Reich weiter aus: Der umtriebige König unternimmt Feldzüge in Spanien, in Bayern, gegen die Slawen, Hunnen und die Dänen. Und 30 Jahre lang führt er immer wieder Krieg gegen die verschiedenen Sachsenstämme. Am Ende formt der Kaiser, der 814 in Aachen stirbt, ein europäisches Großreich. Historiker Matthias Becher warnt jedoch davor, Karl den Großen als Vorbild für ein europäisches Bündnis zu sehen: "Die Methoden etwa, mit denen Karl der Große Europa geeint hat, die wollen wir uns ja ganz sicherlich nicht zu eigen machen."In diesem Zeitzeichen erzählt Marfa Heimbach:dass Wissenschaftler 1861 Karls Skelett exhumieren und ihm eine stattliche Körpergröße von 1,92 Metern bescheinigen,wie Karl bereits als Sechsjähriger auf die Kriegsführung vorbereitet wird,warum er eine Bildungsoffensive für den Klerus startet,dass der König auf Kriegsbeute angewiesen ist, um den Adel zu beschwichtigen,wie Karl der Große in Aachen mit seiner Gefolgschaft gemeinsam Bäder einnimmt.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Prof. Matthias Becher, Mittelalterhistoriker, Universität BonnMatthias Becher: Karl der Große, aktual. Auflage, München 2021Johannes Fried: Karl der Große – Gewalt und Glaube, München 2014Stefan Weinfurter: Karl der Große – Der heilige Barbar, München-Berlin 2013Weiterführende Links:Karl der Große erhält 802 einen Elefanten als GeschenkKarl der Große stirbt 814 in AachenKarl der Große (Planet Wissen)Welches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Marfa HeimbachRedaktion: Christoph Tiegel und Frank Zirpins

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