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Der tägliche Podcast über Geschichte von der Antike bis heute, über Europa und die Welt, über die Geschichte der Menschheit: 15 Minuten zu historischen Persönlichkeiten und Erfindungen. Von George Washington bis Rosa Luxemburg, vom Büstenhalter bis Breaking Bad.
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Sep 30, 2024 • 15min
Umstrittener Vorläufer des THW: die Technische Nothilfe
Nach ihrer Gründung am 30.9.1919 wurde die Technische Nothilfe im Deutschen Reich zur Streikbekämpfung eingesetzt. Erst später kam der Schwenk zum Katastrophenschutz."Treu helfen wir" – ein Versprechen, das das Technische Hilfswerk (THW) seit seiner Gründung 1950 prägt. Doch hinter diesem modernen Selbstbild verbirgt sich eine tiefere Geschichte, die in den Wirren der Weimarer Republik beginnt und bis heute nachhallt. Die Technische Nothilfe (TN) wird nach dem Ersten Weltkrieg ins Leben gerufen und agiert meist im Dienst des Staates: in Zeiten politischer Unruhen, als Streikbrecher oder Schützer lebenswichtiger Infrastrukturen. Während des Zweiten Weltkriegs unter der SS sogar im Bereich ziviler Luftschutz. Nach dem Krieg wird die TN von den Alliierten verboten, doch 1950 entsteht das THW – in klarer Abgrenzung zur umstrittenen Vergangenheit. Statt politischer Einsätze steht seit seiner Neugründung der humanitäre Zivil- und Katastrophenschutz im Vordergrund. Mittlerweile zählt das THW zu den wichtigsten Akteuren und setzt dabei vor allem auf freiwillige Helfer, die weltweit im Einsatz sind, um bei Naturkatastrophen, Großschadensereignissen oder humanitären Krisen zu unterstützen. In diesem Zeitzeichen erzählt Susanne Rabsahl:warum der Begriff "lebenswichtige Versorgung" in der Weimarer Republik so dehnbar ist, wie die Technische Nothilfe für politische Zwecke instrumentalisiert wird,wie Otto Lummitzsch, Gründer sowohl der TN als auch des THW, eine zentrale Rolle in beiden Organisationen spielt,welche politischen Verwicklungen ihn prägen,und warum die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte wichtig bleibt.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Andreas Linhardt: Die technische Nothilfe in der Weimarer Republik, 2006.Dr. Andreas Linhardt, Historiker Bernd Müller-Strauss, THW-Historische SammlungWeiterführende Links:Bundesvereinigung THW- historische SammlungPlanet Wissen - Das Technische Hilfswerk (THW)Zeitzeichen 25.08.1953 - Das THW wird BundesanstaltWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Susanne Rabsahl Redaktion: Christoph Tiegel und Sefa Inci Suvak Technik: Holger Märten

Sep 28, 2024 • 15min
Vera Figner: Strategin des Attentats auf Zar Alexander II.
Für das Attentat auf den russischen Zaren Alexander II. wird Vera Figner zu lebenslanger Haft auf der Schlüsselburg verurteilt. Nach 20 Jahren kommt sie frei - und ist es dennoch nicht."Sie werden gewiss verstehen, meine Herren: Es ist besser, die Leibeigenschaft von oben abzuschaffen, als zu warten, bis sie sich selbst von unten abschafft." So begründet der russische Zar Alexander II. 1861 die Abschaffung des jahrhundertealten, grausamen Systems der Leibeigenschaft. Die Reformen helfen den Bauern jedoch kaum.Vera Figner ist damals 9 Jahre alt. Sie wächst mit drei Schwestern und zwei Brüder in einer adligen, wohlhabenden Gutsbesitzerfamilie auf. Sie liest sehr viel, vor allem sozialkritische Romane über das schwere Los der russischen Bauern. Beim Studium in der Schweiz gerät sie in revolutionäre Zirkel. Zusammen mit hunderten jungen Intellektuellen zieht sie bis in die entlegensten Dörfer Russlands, um den Bauern zu helfen.Doch der "Gang ins Volk scheitert" am Misstrauen der Bauern. Die Geheimpolizei von Zar Alexander II. reagiert mit Massenverhaftungen und öffentlichen Schauprozessen. Und die revolutionäre Bewegung antwortet ebenfalls mit Gewalt. Eine Handvoll Revolutionäre gründet das Exekutivkomitee der Narodnaja Volja ("Volkswille"). Mit dabei ist Vera Figner. Drei Attentate der Gruppe auf den Zaren misslingen, das vierte kostet Alexander II. das Leben. Vera Figner wird 1884 zu lebenslanger Zwangsarbeit in der berüchtigten Festung Schlüsselburg verurteilt. 1904 wird sie begnadigt und unter Polizeiaufsicht in den hohen Norden ans Weiße Meer verbannt. 1917 wird sie amnestiert und leitet noch viele Jahre das "Komitee zur Hilfeleistung für befreite Sträflinge und Verbannte". In diesem Zeitzeichen erzählt Marfa Heimbach:warum Vera Figner ihre Kindheit als "Kasernenatmosphäre" beschreibt,warum ihre einzige Ehe nach nur drei Jahren scheitert,warum sich eine adlige Gutsherrentochter radikalisiert und zur Terroristin wird,wieso Figner nach dem Zarenattentat nicht hingerichtet wird.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartnerinnen:Prof. Dr. Anke Hilbrenner (Osteuropahistorikerin, Universität Düsseldorf)V. Figner: Nacht über Russland, Hamburg 1988 A. Hilbrenner: Gewalt als Sprache der Straße. Terrorismus und die Suche nach emotionaler Gemeinschaft im Russischen Reich vor 1917, Stuttgart 2022 S. Rindlisbacher: Leben für die Sache. Vera Figner, Vera Zasulič und das radikale Milieu im späten Zarenreich, Wiesbaden 2014Weiterführende Links:Zeitzeichen 29.04.1818: Geburtstag von Zar Alexander II.Stichtag 23.02.1918: Rote Armee in Russland gegründetWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Marfa HeimbachRedaktion: Matti HesseTechnik: Sarah Fitzek

Sep 27, 2024 • 14min
Brigitte Bardot: Menschenfeindin voller Tierliebe
Ihre Karriere startet als Sexsymbol und französische Filmikone - zuletzt macht die am 28.9.1934 geborene Brigitte Bardot immer wieder mit radikalem Tierschutz und Ausflügen ins rechte Lager von sich reden.Brigitte Anne-Marie Bardot wird am 28. September 1934 in Paris geboren - in viel Wohlstand und wenig Wohlwollen. Der Vater Ingenieur und Industrieller, die Mutter einer Dame der Gesellschaft, herrisch und hartherzig, die jüngere Schwester vermeintlich hübscher. Brigitte leidet und lutscht Daumen.Mit 15 Jahren posiert das damals noch brünette Mädchen als Fotomodell für das Cover des Frauenmagazins "Elle". Schon bald ist sie ein gefragtes Mannequin und auf der Leinwand zu sehen. Ihren Durchbruch hat sie 1956 als laszive Lolita im Film "Und immer lockt das Weib".Doch bereits Anfang der 1960er-Jahre keimt in Brigitte Bardot eine neue Rolle, die der Tierschützerin. 1973 - nach mehr als 40 Filmen - zieht sich die Schauspielerin vollständig aus dem Filmgeschäft zurück. Tiere werden zu ihrer Lebensaufgabe: Ob Walfang, Stierkämpfe, Tiertransporte - ihre Stiftung agiert seit Jahrzehnten weltweit.Sie provoziert auch mit reaktionärer Polemik. Rassistische Äußerungen richten sich beispielsweise gegen muslimische Einwanderer, deren rituelles Schlachten sie als barbarisch beklagt.In diesem Zeitzeichen erzählt Steffi Tenhaven:weshalb Brigitte Bardot in den 1950er-Jahren von Feministinnen für ihr Privatleben gefeiert wird,wie die spektakuläre Liebeserklärung von Gunter Sachs an die Schauspielerin aussieht,welche Rolle Paparazzis in Bardots Leben spielen,warum Bardot mit Tieren offenbar besser klarkommt als mit Menschen,wie sie ihr Leben in ihren Memoiren "Tränen des Kampfes" bilanziert.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Andrea Beetz (Diplom-Psychologin, Professorin für Heilpädagogik an der Internationalen Hochschule)Brigitte Bardot: B.B. Memoiren. Bergisch Gladbach 1996Brigitte Bardot: Tränen des Kampfes. Autobiografie. München 2018Alice Schwarzer: Brigitte Bardot, Schauspielerin; in: Alice Schwarzer porträtiert Vorbilder und Idole. Köln 2003Doku "Paparazzi - Die Verfolgung der B.B." (Prime Video)Dokumentarfilm "Brigitte Bardot: l'insoumise" (dt. Brigitte Bardot: die Rebellin). (Canal+)Mini-Serie über "Bardot" (Netflix)Weiterführender Link:SWR Kultur: Roger Vadim heiratet Brigitte BardotWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Steffi TenhavenRedaktion: Carolin Rückl und Frank ZirpinsTechnik: Christina Gabriel

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Sep 26, 2024 • 15min
Bier für den ganzen Hof: Der Baubeginn des Hofbräuhauses 1589
Herzog Wilhelm V. von Bayern war ein herzlicher aber bankrotter Herrscher des 16. Jahrhunderts. Er erzählt, wie sein durstiger Hofstaat ihn fast in den Ruin trieb, da Bier in Bayern ein Grundnahrungsmittel war. Um die hohen Kosten für importiertes Starkbier zu umgehen, gründete er 1589 das Hofbräuhaus. Dabei erfährt man auch, warum Bockbier nichts mit Ziegen zu tun hat und welche Rolle das Hofbräuhaus als kulturelles Zentrum bis heute spielt.

Sep 25, 2024 • 15min
Der Todestag des Malers August Macke (am 26.9.1914)
Auf seinen Bildern ist das Leben ein leuchtend bunter, endloser Sommertag. Sein eigenes Leben endet viel zu früh. Am 26.9.1914 stirbt August Macke mit nur 27 Jahren.August Macke ist vielfältig: Er ist Reisender, Vermittler zwischen Künstlergruppen, Ehemann und Vater. Vor allem aber ist Macke einer der bedeutendsten deutschen Maler des Expressionismus.Obwohl Betrachterinnen und Betrachter - selbst wenn sie keine Kunstkenner sind - Mackes Werke sofort erkennen, ist er nicht auf einen Stil festgelegt. Er malt idyllische Bilder von Spielzeug und Kindern im Garten. Gleichzeitig gibt es Werke, in denen er sich mit der Zersplitterung der Welt um ihn herum beschäftigt. Eines aber haben fast alle seine Bilder gemein: Sie leuchten von Weitem. Denn es gibt kaum einen Künstler, dessen Bilder in so freundlichen und positiven Farben erstrahlen wie die von Macke.Geboren wird August Macke 1887. Sein Talent zur Malerei zeigt sich früh und er scheut kein Risiko: Er schmeißt die Schule, um mit 17 Jahren an die Düsseldorfer Kunstakademie zu gehen - aber die ist ihm zu altmodisch. Doch er findet Menschen, die an sein Talent glauben. Letztlich wird die moderne französische Malerei zu seiner Lehrmeisterin.Macke schafft in kürzester Zeit ein Werk von enormem Umfang. Aber es bleibt unvollendet. Denn der Künstler wird nur 27 Jahre alt. Am 26.09.1914, nur wenige Wochen nach Beginn des Ersten Weltkriegs, wird August Macke auf dem Schlachtfeld in Frankreich getötet. In diesem Zeitzeichen erzählt Irene Dänzer-Vanotti:von Mackes großer Liebe Elisabeth und ihrer gleichberechtigten Ehe,davon, dass Macke zu Lebzeiten kaum Bilder verkauft,von seiner Verbindung zur Künstlergruppe "Der Blaue Reiter",vom posthumen Ruhm des Künstlers - mit teuer verkauften Bildern und eigenem Museum.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartnerinnen:Susanne Meyer-Büser, KunsthistorikerinKlara Drenker-Nagels, Leiterin des August-Macke-Hauses in BonnEdith Oellers, Malerin Marc, Macke und Delaunay: Die Schönheit einer zerbrechenden Welt (1910 - 1914). Katalog zur Ausstellung im Sprengel Museum Hannover, 2009Museum August-Macke-Haus in BonnWeiterführende Links:Planet Wissen: Malerei im ExpressionismusStichtag: 07. April 2009: Paul Klee und August Macke kommen in Tunis anZeitzeichen: 02.04.1891 - Geburtstag des Künstlers Max ErnstWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Irene Dänzer-VanottiRedaktion: Christoph Tiegel und Matti Hesse

Sep 24, 2024 • 15min
Johann Strauß Vater: Der Mann, der Wien in Tanz versetzte
Johann Strauß Vater (gestorben am 25.9.1849): Walzerkönig und Marketing-Profi. Sein erbitterter Kampf mit Johann Strauß Sohn um die Vormachtstellung freut den Boulevard.Johann Baptist Strauß musiziert schon als Kind im Wirtshaus seines Vaters. Nach dem frühen Tod seiner Eltern macht er auf Drängen seines Vormunds eine Lehre als Buchbinder. Dort entdeckt er die Lust am Geigenspiel, beginnt kurz darauf, Lieder zu schreiben und in Orchestern zu spielen.Strauß wird innerhalb kurzer Zeit zur führenden Figur der Wiener Unterhaltungsmusik. Das liegt zum einen an seiner unverwechselbar temperamentvollen Bühnenpräsenz. Er hat aber auch Talent: Fürs Musizieren und dafür, Werbung für sich und seine Musik zu machen.Auch im Ausland wird er gefeiert. Allein in England gibt Strauß knapp 80 Konzerte. Doch hinter der erfolgreichen Fassade knirscht es im privaten Leben des nervösen, leicht reizbaren Komponisten gewaltig. Er verlässt seine Frau und beginnt mit seinem Sohn, selbst ein erfolgreicher Musiker, einen Streit um die musikalische Vormachtstellung in der Familie.Kurz vor seinem Tod schreibt Johann Strauß, genannt Johann Strauß Vater, sein wohl bekanntestes Stück: den Radetzky-Marsch. Am 25. September 1849 stirbt er mit nur 45 Jahren an einer heute harmlosen Infektionskrankheit: Scharlach.In diesem Zeitzeichen erzählt Christoph Vratz:wie die jüdischen Wurzeln der Familie Strauß in der Zeit der Nationalsozialisten zum Problem werden,von der tragischen Kindheit des Vaters Johann Strauß und wie diese ihn beeinflusst,von Wien in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als es Metropole und musikalische Hauptstadt ist,von der Rivalität zwischen Johann Strauß senior und junior, und wer den Streit gewinnt.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Michael Lemster, BiografMichael Lemster: Strauss. Eine Wiener Familie revolutioniert die Musikwelt, 2024Anton Mayer: Johann Strauß. Ein Pop-Idol des 19. Jahrhunderts, 1998Kurt Pahlen: Johann Strauß und die Walzerdynastie, 1975Eduard Strauss: Erinnerungen, 2018Johann Strauß (Sohn): Leben und Werk in Briefen und Dokumenten. Im Auftrag der Johann-Strauß-Gesellschaft Wien gesammelt und kommentiert von Franz Mailer, 1983-2007Weiterführende Links:Zeitzeichen: 25.10.1825 - Geburtstag von Johann Strauß (Sohn)Zeitzeichen: 02.01.1915 - Todestag des Komponisten Karl GoldmarkStichtag: 31. Dezember 1939 - Erstes Neujahrskonzert der Wiener PhilharmonikerWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Christoph VratzRedaktion: Matti Hesse

Sep 23, 2024 • 14min
Der Schatz von Staffordshire: Zeitreise mit dem Metalldetektor
Terry Herbert entdeckt 2009 den größten angelsächsischen Schatz, bestehend aus über 3.500 wertvollen Objekten. Der Schatz, der Geheimnisse aus einer Zeit zwischen Antike und Normanen beleuchtet, wirft Fragen zu seiner Herkunft und Bedeutung auf. Emotionen beim Ausgraben, die Schwierigkeiten um die Belohnung und die unterschiedlichen Regelungen in Deutschland werden ebenfalls thematisiert. Zudem wird das wachsende Interesse am Hobby der Schatzsuche während der Corona-Zeit angesprochen.

Sep 22, 2024 • 15min
Stigmatisiert und weggesperrt: Das Schicksal der "Typhus-Mary"
Die Köchin Mary Mallon (geboren am 23.9.1869) erlangte als erste gesunde Typhus-Dauerausscheiderin in den USA traurige Berühmtheit. 26 Jahre wurde sie insgesamt isoliert.Als alle Mitreisenden außer ihr erkrankt sind, steht fest: Mary Mallon, die am 23. September 1869 geboren wurde, ist eine sogenannte Dauerausscheiderin. Sie trägt das Typhus-Bakterium in sich, ohne selbst zu erkranken. Aber sie kann andere infizieren. Ihr Recht auf persönliche Freiheit spielt nun keine Rolle mehr. Die US-Behörde stuft die irische Einwanderin als Gefahr für die Allgemeinheit ein, die Angst vor Typhus ist groß. Kurzerhand wird die Köchin auf die Quarantäne-Insel North Brother Island im East River gebracht.Dort wird Mary Mallon zum Versuchsobjekt. Anfangs werden ihr Urin, ihr Stuhl und ihr Blut fast täglich auf Typhus-Erreger getestet. Sie soll neue Medikamente ausprobieren und sich die Gallenblase entfernen lassen. Mary Mallon klagt gegen ihre Verbannung – und verliert. Dabei ist sie längst nicht die einzige symptomfreie Überträgerin von Typhus. In New York sind 1918 schon 70 Personen bekannt. Doch Mary Mallon ist die Einzige, die man einsperrt. Als sie 1938 in der Isolation stirbt, hat sie als "Typhoid Mary", als "Typhus-Mary", traurige Berühmtheit erlangt.In diesem Zeitzeichen erzählt Andrea Kath:von George Soper, der als Ermittler Mary Mallon als mögliche Verbreiterin von Typhus ausfindig macht,wie Mary Mallon untertaucht und mit anderem Namen in einer Klinik kocht,über ihr Leben in der Isolationund warum sie als Mann wohl nicht isoliert gewesen wäre.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Judith Leavitt, Medizinhistorikerin, Autorin einer Biographie über Mary MallonHeiner Fangerau, Medizinhistoriker, Heinrich-Heine-Universität DüsseldorfJudith Leavitt: Typhoid Mary – Captive To The Public’s Health. Boston 1995Heiner Fangerau und Alfons Labisch: Pest und Corona. Pandemien in der Geschichte, Gegenwart und Zukunft. Freiburg, Basel, Wien 2020Filio Marineli, Gregory Tsoucalas, Marianna Karamanou, and George Androutsos: Mary Mallon (1869-1938) and the history of typhoid fever. Annals of Gastroenterology. 2013.Weiterführende Links:13.10.1821 – Der Mediziner und Politiker Rudolf Virchow wird geboren27.05.1910 – Todestag des Mediziners Robert KochWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Andrea KathRedaktion: Matti HesseTechnik: Sascha Schiemann

Sep 21, 2024 • 14min
Schweizer Bauernjungen gewinnen 1499 gegen Ritterheere
Der Friede von Basel beendet den Schweizerkrieg 1499, ein frühes Beispiel asymmetrischer Kriegsführung. Die Schweizer Bauernjungen besiegen geschickt die hochgerüsteten Ritter. Während Maximilian I. auf Steuereinnahmen hoffte, stürmen die Solothurner das feindliche Lager und überraschen die königlichen Truppen. Ihre Kampferfahrung aus Dorfstreitigkeiten gibt ihnen einen entscheidenden Vorteil. Der Sieg markiert nicht nur das Ende des Krieges, sondern bleibt ein Symbol für den Kampf des kleinen Mannes gegen die etablierten Mächte.

Sep 21, 2024 • 15min
Ein Hallelujah in Millionen Kehlen
Leonard Cohen wird am 21.09.1934 geboren - und lebt ein Leben voller Brüche: Ein früher Erfolg mit einer einzigartigen Stimme, ein bemerkenswerter Dienst im Krieg - und eine tiefe Rastlosigkeit in den persönlichen Beziehungen.Leonard Cohen beginnt seine musikalische Karriere vergleichsweise spät, nachdem er bereits als Schriftsteller Erfolge feiert. Ermutigt von der Folk-Sängerin Judy Collins wagt er sich mit Anfang 30 selbst ans Mikrofon und legt mit Songs wie "Suzanne" den Grundstein für eine Karriere, die ihn zu einer Ikone der Melancholie und Reflexion macht. Seine Musik ist von einer tiefen Spiritualität und einem ständigen Ringen mit den großen Fragen des Lebens geprägt. Persönliche Erfahrungen und universelle Themen wie Liebe, Verlust, Sehnsucht und Erlösung spielen eine zentrale Rolle. Geboren und aufgewachsen in Montreal, prägt ihn auch seine jüdische Herkunft. Die Komplexität des menschlichen Seins drückt er in einfachen, aber kraftvollen Worten und Melodien aus. Sein Werk bleibt zeitlos und wird auch in Zukunft Menschen berühren, die in seiner Musik Trost, Verständnis und vielleicht auch ein wenig Licht finden – in den Rissen, durch die das Licht hindurchscheint. In diesem Zeitzeichen erzählt Uwe Schulz:wie Leonard Cohen während des Jom-Kippur-Krieges spontan an die Front geht und seine Gitarre als Friedensinstrument einsetzt,warum der Sänger fünf Jahre in einem Zen-Kloster in Kalifornien verbringt und was er dort sucht,welche Bedeutung die Stadt Montreal für ihn hat und warum die Menschen ihn dort bis heute verehren,warum Cohen seine Muse Suzanne Verdal nie wieder kontaktiert, obwohl sie ihn zu einem seiner berühmtesten Lieder inspiriert,und wie das Lied "Hallelujah" erst durch den Film "Shrek" weltberühmt und damit zum Symbol einer ganzen Generation wird.Das sind unsere wichtigsten Quellen:Matti Friedman: Wer durch Feuer. Krieg am Jom Kippur und die Wiedergeburt Leonard Cohens, Leipzig 2023. Wolfgang Haberl: Leonard Cohen: Die Macht der Worte, Waiblingen 2018. Erminia Passannanti: Leonard Cohen. A Jewish Mind Fascination with Jesus of Nazareth, Oxford 2023. Sylvie Simmons: I’m Your Man. Das Leben des Leonard Cohen., München 2014. Weiterführende Links:"Hallelujah": Leonard Cohen, ein Leben, ein LiedStadt Land Kunst: Leonard Cohen: Hydra, das Paradies in GriechenlandARTE Blow up: Leonard Cohen im FilmWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Uwe Schulz Redaktion: Frank Zirpins


