

tl;dr
Alex Demirović
Der Theoriepodcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Too long, didn’t read – so geht es einigen beim Anblick der Klassiker linker Theorie. Die über zweitausend Seiten langen Gefängnishefte von Antonio Gramsci, die komplizierten Schinken von Marx oder Edward Said – wenn ihr keine Zeit habt, die Bücher alleine durchzuackern oder eine Einführung sucht, dann hört euch den Theoriepodcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung an.
Durch den Podcast führt Alex Demirović. Der Professor für Politikwissenschaft an der Uni Frankfurt ist Vertreter der kritischen Theorie und Kenner sämtlicher linker Standardwerke. In jeder Folge stellt Alex Demirović Schlüsselwerke der linken Theorie vor. Es werden die zentralen Thesen der Werke und ihre heutige Relevanz diskutiert. Die Spannbreite liegt dabei vom klassischen Marxismus, Kritischer Theorie, Feminismus, antikoloniale Theorie, Poststrukturalismus bis hin zu Hegemonietheorie und Existenzialismus.
Prof. Alex Demirović gibt euch in kurzen Vorträgen eine Einführung in die Biografie der Theoretiker*innen und fasst die zentralen Thesen zusammen. Anschließend diskutiert Alex Demirović in jeder Folge mit einem Gast über das Werk und seine Relevanz für aktuelle politische Kämpfe.
Kontakt, Kritik, Feedback: theoriepodcast@rosalux.org
Too long, didn’t read – so geht es einigen beim Anblick der Klassiker linker Theorie. Die über zweitausend Seiten langen Gefängnishefte von Antonio Gramsci, die komplizierten Schinken von Marx oder Edward Said – wenn ihr keine Zeit habt, die Bücher alleine durchzuackern oder eine Einführung sucht, dann hört euch den Theoriepodcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung an.
Durch den Podcast führt Alex Demirović. Der Professor für Politikwissenschaft an der Uni Frankfurt ist Vertreter der kritischen Theorie und Kenner sämtlicher linker Standardwerke. In jeder Folge stellt Alex Demirović Schlüsselwerke der linken Theorie vor. Es werden die zentralen Thesen der Werke und ihre heutige Relevanz diskutiert. Die Spannbreite liegt dabei vom klassischen Marxismus, Kritischer Theorie, Feminismus, antikoloniale Theorie, Poststrukturalismus bis hin zu Hegemonietheorie und Existenzialismus.
Prof. Alex Demirović gibt euch in kurzen Vorträgen eine Einführung in die Biografie der Theoretiker*innen und fasst die zentralen Thesen zusammen. Anschließend diskutiert Alex Demirović in jeder Folge mit einem Gast über das Werk und seine Relevanz für aktuelle politische Kämpfe.
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Episodes
Mentioned books

Feb 3, 2022 • 1h 1min
tl;dr #12: Stuart Hall
Alex Demirović im Gespräch mit der Soziologin Nora Räthzel
Stuart Hall gilt als einer der einflussreichsten linken Wissenschaftler der Gegenwart. Politisch gehörte er zur ersten Generation der Neuen Linken. Theoretisch wollte er zur marxistischen Theorie der Überbauten beitragen. Dazu stützte er sich auf ungewöhnliche Weise auf Althusser, Derrida und Foucault und trug erheblich zu Entwicklung der britischen Cultural Studies bei. In vielen seiner Texte befasst er sich mit den Ambivalenzen der Identität und den rassistischen Erfahrungen, die er in der rassistischen Farbenlehre als «farbig» klassifizierter Bürger des Commonwealth auf Jamaika und in England machen musste. Die Idee einer Kreolisierung der Kolonialländer durch die «Kinder des Empire» macht ihn für postmigrantische Analysen wegweisend. Seine zahlreichen Aufsätze inspirierten die Medienwissenschaft, die Rassismusanalyse oder die Forschungen zu Populismus. Hall hat seine facettenreiche Theorie gelegenheitsorientiert in einer Vielzahl von Aufsätzen entfaltet und nicht in einem «Hauptwerk» komprimiert.
In dieser Folge des Theoriepodcast diskutiert Alex Demirović mit der Stuart Hall-Expertin Nora Räthzel. Sie ist Soziologieprofessorin an der Universität von Umea in Schweden.

Jan 4, 2022 • 57min
tl;dr #11: Donna Haraway: «Unruhig bleiben» mit Katharina Hoppe
Alex Demirović im Gespräch mit der Soziologin Katharina Hoppe
Die ökologische Krise ist nicht nur eine Klimakrise, sondern auch eine Krise der Artenvielfalt. Das sechste große Massensterben von Tieren und Pflanzen steht im Zentrum des Buches von Haraway. Die US-amerikanische feministische Sozialistin und Wissenschaftsforscherin bemüht sich darum, das Denken derart neu auszurichten, dass die Menschen sich mit Tieren und Pflanzen in einer Verwandtschaft begreifen, als Lebewesen, die sich gemeinsam erzeugen und gestalten. Dafür entwickelt sie mit den Methoden der Science-Fiction viele neue Wörter. Nach den langen Phasen von Anthropozän (Menschenzeitalter) und Kapitalozän (Kapitalzeitalter), die geprägt waren von genozidalen Praktiken, von Rassismus und Ausbeutung, von männlich-phallischer Naturbeherrschung, sollten die Menschen artenübergreifend in die Phase des Chthuluzäns* (Wer das verstehen will, sollte den Podcast hören) eintreten – ein Vorschlag für ein neues Sozialismus-Verständnis. Denn es geht Haraway darum, dass die Pflanzen, Tiere, Bakterien, Menschen gemeinsam den verletzten Planeten in einem langfristigen Prozess reparieren müssen.
Zu Gast bei **Alex Demirović **ist in dieser Folge ** Katharina Hoppe**, die an der Universität Frankfurt als Soziologin arbeitet. Sie ist Autorin des Buches «Die Kraft der Revision. Epistemologie, Politik und Ethik bei Donna Haraway.»
Der Begriff Chthuluzän besteht aus zwei altgriechischen Wörtern: khthôn und kainos. Das Chthonische meint das Irdische im Gegensatz zu den Himmelsgöttern; Kainos soll heißen: eine Zeit des Anfangens und Weitermachens. Als zusammengesetztes Wort will das Chthuluzän sagen: Niemand lebt überall; jeder lebt irgendwo. Nichts ist mit allem verbunden; alles ist mit etwas verbunden. Viele Fäden und Tentakel verbinden die Lebewesen miteinander, sie bilden Netze und Netzwerke. Chthuluzän richtet sich kritisch gegen das westliche Skript des Anthropozän und des Kapitalozän, gegen Göttlichkeit, Gedankenlosigkeit, Massenvernichtung und Katastrophe. Aber es sind nicht nur Menschen, die das Geschehen auf der Erde bestimmen. Haraway zielt auf eine Theorie des Schlamms und des Komposts, des vielfach zusammengesetzten guten, gemeinsamen, verantwortlichen Lebens und Sterbens auf und in der Erde, auf ein lebbares Multispezies-Gewirr gegen das den Planeten zerstörende Kapital. Das Chthuluzän ist der Entwurf eines Anderswo und eines Anderswann.

Nov 30, 2021 • 53min
tl;dr #10: Silvia Federici: «Caliban und die Hexe» mit Susanne Schultz
Susanne Schultz, Soziologin und Privatdozentin an der Goethe-Universität, diskutiert mit Alex Demirović über die tiefgreifenden Themen in Silvia Federicis Buch „Caliban und die Hexe“. Sie beleuchtet die historische Unterdrückung von Frauen im Kapitalismus und die Verknüpfungen zu Hexenverfolgung und Kolonialismus. Themen wie die Rolle des weiblichen Körpers, unbezahlte Arbeit und die Notwendigkeit feministische Theorien in der heutigen Gesellschaft einzubringen, werden intensiv erörtert. Dabei wird klar, wie diese Fragen auch heute noch soziale Ungleichheiten prägen.

Oct 29, 2021 • 51min
tl;dr #9: Max Horkheimer: "Dialektik der Aufklärung" mit Rahel Jaeggi
Rahel Jaeggi, Professorin für Praktische Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin, spricht über die „Dialektik der Aufklärung“ von Horkheimer und Adorno. Sie beleuchtet das Scheitern der Aufklärung angesichts von Faschismus und Autoritarismus. Die Diskussion dreht sich um den Wandel des Aufklärungsdenkens zur Mythenbildung und die Macht der Kulturindustrie. Jaeggi betont die Notwendigkeit tiefgreifender gesellschaftlicher Veränderungen und die ambivalente Beziehung zwischen Aufklärung und Mythos, um zukünftige Herausforderungen zu meistern.

Sep 30, 2021 • 56min
tl;dr #8: Nicos Poulantzas: «Staatstheorie» mit Serhat Karakayalı
Serhat Karakayalı, Professor für Soziologie und Migrationsexperte, diskutiert die ambivalente Rolle des Staates im Kapitalismus. Er beleuchtet, wie der Staat sowohl als Instrument der Herrschaft als auch als Arena gesellschaftlicher Konflikte fungiert. Die Staatstheorie von Nicos Poulantzas wird hervorgehoben, besonders die Bedeutung interner Reorganisationen für Machtkontrolle. Zudem wird das Zusammenspiel von sozialen Bewegungen, autoritären Tendenzen und der Rolle der politischen Linken analysiert, um gegenwärtige Herausforderungen zu verstehen.

Aug 30, 2021 • 1h
tl;dr #7: Walter Benjamin: «Passagenwerk» mit Ruth Sonderegger
Ruth Sonderegger, Professorin für Kunst- und Kulturwissenschaften an der Akademie der bildenden Künste Wien, taucht tief in das Leben und Werk des kritischen Intellektuellen Walter Benjamin ein. Sie diskutieren sein unvollendetes 'Passagenwerk', das komplexe Beziehungen zwischen bürgerlicher Kultur und Warenfetischismus aufzeigt. Sonderegger beleuchtet Benjamins dialektische Methode und ihre Relevanz für die heutige Konsumgesellschaft. Zudem wird die Rolle von Podcasts als Plattform für gesellschaftliche Diskussionen thematisiert.

Jul 27, 2021 • 60min
tl;dr #6: Balibar/Wallerstein: «Rasse Klasse Nation. Ambivalente Identitäten» mit Manuela Bojadžijev
Der Theoriepodcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit Alex Demirović
Balibar/Wallerstein: Rasse Klasse Nation. Ambivalente Identitäten
Nach gemeinsamen Seminaren in den 1980er Jahren haben Étienne Balibar und Immanuel Wallerstein eine Reihe von individuell verfassten Texten zu einem Buch zusammengetragen. Darin geht es um die Funktionsweise des Rassismus, Nationalismus und Sexismus im kapitalistischen Weltsystem. Sie bilden spezifische und doch eng miteinander verbundene Herrschaftspraktiken. Diese Formen ideologischer Herrschaft bleiben nicht stabil. Nach dem Holocaust war völkischer Rassismus verpönt, die Rechte entwickelt daraufhin einen Neorassismus. Balibar analysiert die Funktionsweise dieser neuen rechten Leitideologie. Das Ende des Kolonialismus kehrt die Richtung der Migrationsprozesse und verändert die Stellung des Nationalen. Im Buch geht es um den Widerstand gegen diese Herrschaftsformen, die ein Netzwerk bilden, das im umfassenden Sinn aufgelöst werden muss. Die Bedingungen dafür halten die Autoren für günstig, weil sie überzeugt sind, dass das kapitalistische System zu seinem Ende tendiert. Im Gespräch mit Manuela Bojadžijev werden einzelne Fragen der kritischen Rassismustheorie aufgegriffen und vertieft.

Jun 28, 2021 • 58min
tl;dr #5: Edward Said: «Orientalismus» mit María do Mar Castro Varela
María do Mar Castro Varela, Postkolonialismus-Expertin an der Alice Salomon Hochschule, beleuchtet die Relevanz von Edward Saids Werk 'Orientalismus' für soziale Bewegungen. Sie diskutiert, wie postkoloniale Kritik gegenimperialistische Perspektiven fördern kann. Ein zentraler Punkt ist, dass die Konstruktion der 'Anderen' durch den Westen zur Identitätsbildung beiträgt. Zudem wird die Bedeutung von Literatur als Machtinstrument und das Fehlen kritischer Diskurse in der Forschung thematisiert. Die komplexen Verflechtungen von Identität und Macht stehen im Fokus.

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May 29, 2021 • 53min
tl;dr #4: Michel Foucault: «Überwachen und Strafen» mit Andrea Kretschmann
Die Expertin für soziologische Theorien und Ideologiekritik, Andrea Kretschmann, diskutiert mit Alex Demirović über Michel Foucaults Werk 'Überwachen und Strafen'. Es wird die Entstehung des Gefängnissystems, die Disziplinarmacht, die bürgerlichen Grundbegriffe von Freiheit und Gerechtigkeit sowie die Reformen im Strafvollzug angesprochen.

Apr 27, 2021 • 43min
tl;dr #3: Antonio Gramsci: «Gefängnishefte» mit Lia Becker
Der Theoriepodcast der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit Alex Demirović.
«Offensichtlich setzt die Tatsache der Hegemonie voraus, daß den Interessen und Tendenzen der Gruppierungen, über welche die Hegemonie ausgeübt werden soll, Rechnung getragen wird, daß sich ein gewisses Gleichgewicht herausbildet, daß also die hegemoniale Gruppierung Opfer ökonomisch-korporativer Art bringt, aber diese Opfer können nicht das Wesentliche betreffen, denn die Hegemonie ist eine politische, aber auch und besonders eine ökonomische, sie hat ihre materielle Basis in der entscheidenden Funktion, welche die hegemoniale Gruppierung im entscheidenden Kern der ökonomischen Aktivität ausübt.»
Antonio Gramsci, Gefängnishefte
Antonio Gramsci wurde 1926 als Kommunist und Gegner des faschistischen Regimes in Italien verhaftet. In seiner Gefängniszeit schrieb er sein Hauptwerk. Die Gefängnishefte, die in der deutschen Übersetzung 2.300 Seiten umfassen, versammeln eine Vielzahl von kurzen Notizen, Literaturhinweisen, Kommentaren oder mehrseitigen Essays. Sie werden von Gramsci festgehalten mit dem Ziel, sie später, wenn er wieder in Freiheit wäre, auszuarbeiten. Jedoch ging es ihm nach seiner Entlassung 1934 gesundheitlich so schlecht, dass er sein Werk nicht abschließen konnte. Zu Recht sind Antonio Gramscis Gefängnishefte berühmt geworden. Vor allem sein Verständnis von Hegemonie, seine Begriffe der Subalternen, der Zivilgesellschaft hat die Linke, die postcolonial studies, die feministische Diskussion weltweit beeinflusst. Mit diesem und anderen begrifflichen Neuerungen leistete er einen bedeutenden Beitrag zur Fortentwicklung der marxistischen Theorie. Gramsci ist kein Denker der gescheiterten Revolution von 1918/19, vielmehr tritt er für die Bildung von politischen Verhältnissen der Selbstregierung der popularen Gruppen, für eine neue Kultur und Lebensweise, eine Reorganisation des Produktionsapparats, und einer Reform des Verhältnisses von Stadt und Land ein. Zentral geht es Gramsci um die Frage des Konsenses und der Hegemonie. In einem einfachen Sinn kann unter Hegemonie zunächst die politische und kulturelle Vorherrschaft einer Klasse verstanden werden. Aber Gramsci geht über dieses Grundverständnis hinaus. Das hegemoniale Verhältnis zwischen den Herrschenden und den Subalternen bleibt niemals stabil, es handelt sich um ein ständig sich veränderndes Kräftegleichgewicht, in dem die Interessen der herrschenden Gruppe überwiegen, aber in dem die der Subalternen immer auch Berücksichtigung finden.
Im Podcast gibt Alex Demirovic einen Überblick über Gramscis politisches Wirken und fasst die zentralen Thesen der Gefängnishefte zusammen. Anschließend diskutiert er mit der Gramsci-Expertin Lia Becker darüber, welche Relevanz die Gefängnishefte für aktuelle politische Kämpfe haben und was wir von Gramsci über den Umgang mit der Querdenkerbewegung lernen können.