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Apr 2, 2025 • 1h 11min

tl;dr #48: Bertolt Brecht: «Das Buch der Wendungen»

»Ich halte nichts von Mitleid, das sich nur in Hilfsbereitschaft und nicht auch in Zorn verwandelt.« Schreibt Brecht in seinem unvollendeten Buch der Wendungen, das posthum 1965 erschien. Brecht reflektiert dabei unter Rückgriff auf fernöstliche Anekdoten seine philosophische Methode der Dialektik. Diese «große Methode» dient ihm zur Analyse der Gesellschaft. Die Klassiker des Marxismus tauchen nur wenig chiffriert auf und Brecht versucht die Kämpfe und Niederlagen des Sozialismus zum Ausgangspunkt einer dialektischen Erneuerung der «großen Ordnung» produktiv zu machen. «Denken wird definiert, als etwas, das dem Handeln vorausgeht», schreibt der ehemalige Professor für Philosophie Wolfgang Fritz Haug zur Grundlage des Herangehens von Brecht. Das Buch ist der Versuch, für den Marxismus eine Verhaltenslehre zu entwickeln. Wie sollen Menschen denken und sich verhalten, um zu einer freien Gesellschaft zu gelangen? Welche Art von Tugenden sollen sie dann leben, wenn alles leicht, gerecht, frei zugeht? Zu Gast bei Alex Demirović ist in dieser Folge Wolfgang Fritz Haug. Der 1936 geborene Haug war bis 2001 Professor für Philosophie an der FU Berlin. Neben zahlreichen Klassikern der marxistischen Debatte der letzten Jahrzehnte und der Herausgeberschaft von «Das Argument» lieferte er auch viele Beiträge zur philosophischen Bedeutung von Bertolt Brecht, z.B. «Philosophieren mit Brecht und Gramsci». Text von Wolfgang Fritz Haug: «Nützliche Lehren aus Brechts Buch der Wendungen»
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Mar 11, 2025 • 59min

tl;dr #47: Simone de Beauvoir: «Das andere Geschlecht»

Andrea Maihofer, Geschlechtertheoretikerin und Professorin, diskutiert mit Leidenschaft Simone de Beauvoirs Werk „Das andere Geschlecht“. Sie beleuchtet, wie Beauvoirs Ideen zur Konstruktion weiblicher Identität und zur kritischen Auseinandersetzung mit patriarchalen Strukturen beitragen. Das Gespräch thematisiert die Notwendigkeit, Geschlechterhierarchien zu hinterfragen und die Rolle des Existenzialismus bei der Selbstbestimmung von Frauen. Zudem wird die Transformation von Geschlechterrollen und Sexualität im Kontext der modernen Gesellschaft erörtert.
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Jan 31, 2025 • 1h 7min

tl;dr #46: Willi Münzenberg: «Propaganda als Waffe» | mit Brigitte Studer

Brigitte Studer, emeritierte Professorin an der Universität Bern und Expertin für internationale Kommunismusgeschichte, spricht über die beeindruckende Analyse von Willi Münzenberg zur Propaganda im Nationalsozialismus. Sie erläutert, wie die Nazis Propaganda als Waffe einsetzten, um Massen zu manipulieren und eine Kultur der Gewalt zu schaffen. Themen wie die gesellschaftliche Rolle der Frauen und die historische Bedeutung der Propaganda werden vertieft. Zudem diskutiert sie die Herausforderungen und Hoffnungen der Gegenpropaganda in der heutigen Zeit.
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Dec 30, 2024 • 60min

tl;dr #45: Alfred Sohn-Rethel: «Geistige und körperliche Arbeit» | mit Frank Engster

Frank Engster, Autor und Experte für Alfred Sohn-Rethel, diskutiert die Herausforderungen bei der Synthese von geistiger und körperlicher Arbeit. Er kritisiert Marx' Ansätze zur Wertabstraktion und beleuchtet die historische Entwicklung dieser Beziehung. Die Verbindung von Naturwissenschaften und historischem Materialismus wird untersucht, während Engster die ökonomischen Implikationen von Faschismus und Krieg analysiert. Zudem thematisiert er die Spannungen zwischen Lohnarbeit, immaterieller Arbeit und der Suche nach einer klassenlosen Gesellschaft.
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Dec 4, 2024 • 1h 9min

tl;dr #44: Fritz Naphtali: «Wirtschaftsdemokratie» | mit Hans-Jürgen Urban

Sozialismus braucht Demokratie – nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich. Fritz Naphtali fordert in seiner Schrift «Wirtschaftsdemokratie», dass die parlamentarische Demokratie, die dem Bürgertum von der Arbeiterbewegung abgerungen wurde, unvollendet ist und durch Wirtschaftsdemokratie ergänzt werden muss. Seiner Ansicht nach soll nicht mehr das Kapitaleigentum über das Schicksal des Gemeinwesens entscheiden. Für Naphtali bedeutet Sozialismus, dass auch die Wirtschaft Teil des Gemeinwesens wird und ökonomische Prozesse planvoll gestaltet werden können – mit gleichberechtigter Teilhabe aller. Dabei zeigt sich, dass schon jetzt relevante Veränderungen stattfinden. Deshalb ist es möglich, nicht auf eine letzte Stunde der Entwicklung zu warten, sondern den Kapitalismus zu biegen, bevor er einmal durch grundlegende Veränderungen der Eigentumsverhältnisse gebrochen wird. Zu Gast bei Alex Demirović ist in dieser Folge Hans-Jürgen Urban. Er ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall und Honorarprofessor für Soziologie an der Universität Jena.
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Oct 30, 2024 • 1h 9min

tl;dr #43: Leo Löwenthal: «Falsche Propheten» | mit Simon Strick

Simon Strick, Kultur- und Medienwissenschaftler, entblättert die faszinierenden und alarmierenden Themen in Leo Löwenthals Werk 'Falsche Propheten'. Er diskutiert, wie Agitatoren emotionale Manipulation nutzen, um gesellschaftliche Ängste zu schüren und von echten Problemen abzulenken. Die Relevanz dieser rhetorischen Techniken für die heutige Zeit wird ergründet, insbesondere im Hinblick auf den Rechtspopulismus und die Mobilisierungsmechanismen, die die Demokratie gefährden. Strick gibt wertvolle Einsichten in die Dynamik politischer Wahrnehmung und die Wurzeln des Rechtsextremismus.
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Oct 2, 2024 • 1h 5min

tl;dr #42: Franz Neumann: «Behemoth» | mit Fabian Virchow

Fabian Virchow, Leiter des Forschungsschwerpunkts Rechtsextremismus an der Hochschule Düsseldorf, diskutiert aufregende Aspekte des NS-Regimes und Franz Neumanns bedeutendes Werk 'Behemoth'. Er beleuchtet die dynamischen Machtstrukturen im Nationalsozialismus und die Rolle von Angst und Gewalt als Bindemittel des Regimes. Parallelen zu aktuellen rechtsextremen Bewegungen in Deutschland, speziell zur AfD, werden gezogen. Zusätzlich wird die Verbindung zwischen Kapitalakkumulation und imperialistischem Raub sowie die Bedrohungen für die Demokratie thematisiert.
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Sep 10, 2024 • 1h 4min

tl;dr #41: Rancière: «Das Unvernehmen» | mit Ruth Sonderegger

In seinem Buch «Das Unvernehmen» begreift Jacques Rancière Herrschaft als eine Aufteilung des Sinnlichen: In der Ordnung haben alle ihre Funktion, ihren Platz, dass was sie sagen, wird vernommen. Doch es gibt diejenigen, die keinen Anteil haben, deren Sprechen nicht gehört wird, sondern von denen in der Ordnung nur als störendes Geräusch wahrgenommen wird. In der Repräsentation der bestehenden Aufteilungen der Gemeinschaft kommen viele Menschen und deren Situationen, deren Handeln, nicht vor - sie werden nicht gezählt. Doch jede Ordnung der Ungleichheit und des Befehls hat zur Grundlage die Gleichheit der Beliebigen mit den Beliebigen. Es gibt den Streit um die Maßstäbe. Und plötzlich kann unter Berufung auf Gleichheit durch die Beliebigen der «Anteil der Anteilslosen» eingefordert werden. Subversion und Emanzipation sind zentrale Ziele von Rancière. Ihn interessiert, wie in der Ordnung Brüche entstehen, Konsense aufgebrochen und verschoben werden, die Teile neu angeordnet werden. Die Bekämpfung dieser gesellschaftlichen Ordnung ist daher nicht zu begreifen als ein bloßes Gegeneinander von bestehenden Interessen; vielmehr müssen die Anteillosen die Normalität, die Aufteilung des Sinnlichen durch Wortergreifung, durch eine neue Anordnung der Körper die Koordinaten für eine neue Subjektivierung und Verteilung der Teile schaffen. Im «Unvernehmen» entfaltet sich somit ein Subversionsdenken, das Revolution als Verschiebung von Normalität erachtet. Zu Gast bei Alex Demirović ist in dieser Folge Ruth Sonderegger, Professorin für Philosophie und ästhetische Theorie an der Akademie der bildenden Künste Wien. Sie hat zusammen mit Jens Kastner das Buch «Pierre Bourdieu und Jacques Rancière» herausgegeben.
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Jul 29, 2024 • 1h 2min

tl;dr #40: Vološinov: Marxismus und Sprachphilosophie | mit Sylvia Sasse

Wir sprechen. Aber was tun wir, wenn wir sprechen? Drücken wir unser Inneres aus? Wenden wir ein äußeres Sprachsystem an? Sprechen ist eine materielle Praxis, sie ist an Töne, an den Körper und häufig an Medien gebunden. Unser Sprechen ist Teil unserer täglichen Praktiken, ohne zu sprechen, könnten wir diese gar nicht ausführen. In der kritischen Gesellschaftstheorie wurde von den einen vertreten, dass die Sprache auf Verständigung zielt, demnach können wir alle die Sprache wie einen gemeinsamen Schatz verwenden. Andere vertraten die Ansicht, dass jede Klasse eine eigene Sprache ausbildet, die Beherrschten hätten dann keine Sprache, in der sie sich über ihre Freiheitsbestrebungen verständigen könnten. Vološinovs Buch ist ein wichtiger Beitrag, der im Zusammenhang des legendären Bachtin-Kreises in den 1920er Jahren in Leningrad entstanden ist. Ihm zufolge besteht die Sprache aus Zeichen, Zeichen sind ideologisches Material. Wir verstehen Zeichen, indem wir Zeichen auf andere Zeichen beziehen. Wörter sind Zeichen par excellence. Das Reden findet zeichenhaft statt, mit der Äußerung von Wörtern beziehen wir uns immer dialogisch auf andere und geben ihnen überkreuzte Bedeutungen. Wir nehmen die Zeichen als innere Rede in unser Bewusstsein hinein, das sich dadurch überhaupt erst bildet und aus Zeichen besteht. Der Klassenkampf findet im Inneren des Zeichenmaterials statt und wird um die Bedeutungen der Zeichen geführt. Zu Gast bei Alex Demirović ist in dieser Folge Sylvia Sasse, Slawistin und Literaturwissenschaftlerin, die das Buch „Michail Bachtin zur Einführung“ geschrieben hat.
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Jul 5, 2024 • 60min

tl;dr #39: Wilhelm Reich: Massenpsychologie des Faschismus | mit Helmut Dahmer

Wilhelm Reich lieferte mit dem Buch die erste psychologisch-gesellschaftskritische Analyse des Erfolgs der Nazis. Wie hängen autoritäre Triebunterdrückung und faschistische Ideologie zusammen? Anders als die meisten Vertreter der KPD war Reich überzeugt davon, dass der Faschismus 1933 einen dauerhaften Sieg errungen hatte. Er fragte sich, warum die Arbeiterinnen bereit waren, gegen ihre ökonomischen Interessen zu wählen. Sie sahen offensichtlich den Widerspruch nicht, dass Hitler allen alles versprach, also dem Proletariat auch die Revolution, aber am Ende nur die Politik des Großkapitals verfolgte. Seine Antwort rückte die Rolle der Ideologie in den Blick; ideologische Reproduktion von Ausbeutung und Herrschaft will er durch Psychoanalyse erklären. Die linke Praxis, propagandistisch auf das soziale Elend hinzuweisen, erschien ihm verkürzt. Er betonte, wie die Nazis durch ihre Propaganda das rationale Denken umgingen und Gefühle mobilisierten. Der kulturelle Kampf ging darum, wie die Arbeiterinnen ihre soziale Lage deuteten. Auf der Grundlage seiner kommunistischen Jugendarbeit und der Erfahrungen, die er mit der sexuellen Not der Jugendlichen und ihren alltäglichen Praktiken gemacht hatte, brachte Reich die Psychoanalyse Sigmund Freuds ins Spiel. Der kleinbürgerliche Alltag müsste geändert werden, die Macht der Familie, der Kirchen müsste kritisiert werden. Es wäre Aufklärung notwendig, mit der autoritären Sexualmoral müsste gebrochen werden. Reich argumentiert dafür, dass die Linke sich für Abtreibung, vorehelichen Geschlechtsverkehr, für sexuell befriedigende Beziehungen einsetzte, um den Autoritarismus zu überwinden. Im Gespräch mit Alex Demirović ist Prof. Helmut Dahmer, studierte bei Horkheimer und Adorno in Frankfurt am Main, war Professor für Soziologie in Darmstadt und lebt in Wien. Literatur: Helmut Dahmer: Libido und Gesellschaft. Studien über Freud und die Freudsche Linke, Münster 2013 (Verlag Westfälisches Dampfboot). Marxismus – Psychoanalyse – Sexpol, Bd. 1, hrsg. von Hans-Peter Gente, Frankfurt am Main 1970 (Fischer). Andreas Peglau: Unpolitische Wissenschaft? Wilhelm Reich und die Psychoanalyse im Nationalsozialismus, Gießen 2017 (Psychosozial-Verlag). Alle Podcasts der Rosa-Luxemburg-Stiftung: www.rosalux.de/podcasts Du möchtest keine Podcast-Folge mehr verpassen? Abonniere unseren monatlichen Newsletter.

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