Archivradio – Geschichte im Original

SWR
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May 20, 2025 • 15min

Otto Schily erhebt Beschwerde gegen Haftbedingungen für RAF-Mitglieder | 10.1.1977 | RAF

Die Entwicklungen im Stammheimer Prozess hält der Moderator für „schwerwiegend“. Verteidiger Otto Schily unterstellt, dass zwischen dem Oberlandesgericht, wo der Prozess stattfindet, und dem Bundesgerichtshof Absprachen stattfanden. Angeblich habe zudem Bundesrichter Albrecht Meyer Journalisten der Zeitung „Die Welt“ Material aus den Prozessakten zugespielt. Im Studiogespräch wird das, wenn es denn wahr sei, als „ungeheuerlich“ bezeichnet. Schily, im O-Ton, fasst die Dinge sehr sachlich zusammen: Er vermute ein mögliches Zusammenspiel zwischen einem Richter in Stammheim und Bundesrichter Mayer. Es verstehe es sich von selbst, dass das aufgeklärt werden müsse. Der Grundsatz des „Fair Trial“ sei hier möglicher Weise beeinträchtigt. Der Reporter aus Karlsruhe schildert, dass die Aktion von Schily in Karlsruhe überraschend angekommen sei. Verschärfend komme hinzu, dass Mayers Brief an den „Welt-Chefredakteur Herbert Kremp heute in einer Tageszeitung abgedruckt sei. Diese Entwicklung schlage sich auch direkt im Prozess nieder, in Form des 78. Befangenheitsantrags gegen Richter Prinzing, dem laut Schily „der Schutz der Angeklagten gleichgültig“ sei. Nach diesem Antrag sei das Verfahren bis vorerst 15 Uhr unterbrochen worden. Albrecht Mayer wird versetzt Otto Schilys Beschwerde hat Erfolg. Noch am selben Tag wird Mayer versetzt - dies wiederum ist Thema der Nachmittagsausgabe von Südfunk Aktuell. Zu hören im zweiten Teil des Audios. Aus der Archivdatenbank (O-Ton) Otto Schily, Rechtsanwalt im Prozess um Mitglieder der Baader-Meinhof-Gruppe, anlässlich der von ihm gestellten Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Albrecht Mayer, Bundesrichter am Bundesverfassungsgericht, und dem 78. Befangenheitsantrag: Der Befangenheitsantrag betrifft den Richter, der Aktenteile an einen Journalisten [Herbert Kremp Chefredakteur der 'Welt'] übersandt haben soll / Vermutet ein Zusammenspiel mit einem Richter des Zweiten Strafsenats in Stuttgart / Sieht den Grundsatz des "fair trial" beeinträchtigt // Quelle: Landesarchiv Baden-Württemberg, Abteilung Staatsarchiv Ludwigsburg Sendung: Südfunk aktuellModerator: Winfried RoesnerReporter: Heiner Krauss und Erhard BeckerArchiv des SWR
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May 20, 2025 • 10min

Urteil: Bundesregierung muss nicht Terroristen nachgeben, um Leben zu retten | 16.10.1977

Palästinensische Terroristen hatten eine Lufthansa-Maschine nach Mogadischu entführt. Gleichzeitig haben RAF-Terroristen den Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer verschleppt. Sie drohen ihn zu ermorden und fordern, dass die in Stuttgart-Stammheim einsitzenden RAF-Terroristen freigelassen werden. Diese Ereignisse bilden im Oktober 1977 die Hochphase des sogenannten Deutschen Herbstes. Bundeskanzler Helmut Schmidt ist nicht bereit, auf die Forderungen einzugehen oder mit den Terroristen zu verhandeln – und riskiert dadurch zwangsläufig den Tod von Hanns-Martin Schleyer. Darf die Bundesregierung das? Oder hat das Leben eines Entführten eine so hohe Priorität, dass sich eine Regierung erpressen lassen muss?Schleyers Familie ruft das Bundesverfassungsgericht an – da die Zeit drängte, fällen die Richter eine Entscheidung im Eilverfahren in einer langen Nachtsitzung. Am Ende weisen sie den Antrag ab: Eine Regierung müsse sich nicht erpressen lassen, um Leben zu schützen. Der Bericht vom 16. Oktober 1977 schildert, was in jener Nacht in Karlsruhe los war. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts trägt den Titel „Grenzen verfassungsrechtlicher Kontrolle bei der Bekämpfung lebensbedrohender terroristischer Erpressungen“ und ist hier abrufbar.
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May 20, 2025 • 11min

Baader kritisiert Stammheim-Prozess, Schily fordert Nixon als Zeuge | 4.5.1976

Baader und Ensslin: Prozess wegen Wahlkampf künstlich in die Länge gezogen Der Stuttgarter Stammheim-Prozess gegen die Mitglieder der RAF zieht sich hin. Der Angeklagte Andreas Baader wirft dem Gericht vor, dass der Prozess aus wahlkampftaktischen Gründen künstlich in die Länge gezogen werde. Baader sieht das Gerichtsverfahren letztlich als Spiegelbild der globalen Machtverhältnisse. Transkript Andreas Baader "Ja, ich finde das auch sehr erstaunlich, denn das ist ja eigentlich eine Erklärung, die eine erhebliche Relevanz hat. Sie haben, ich stelle das hier nochmals fest, Sie haben ignoriert, was wir hier zwei Tage lang vorgetragen haben. Nämlich die Darstellungen von Verantwortung und Verantwortlichkeit, bezogen auf Ihr Ritual hier. Und sie ignorieren es jetzt wieder, das heißt Sie versuchen, eine einfache Erklärung dazu, drei Sätze, die im Grunde wirklich das Ungeheuer, dem Sie hier vorsitzen, füttert, die unterbinden Sie einfach. Das ist wirklich sehr interessant. Wir glauben inzwischen, dass Sie diesen Prozess hier gar nicht abkürzen können. Nun hören Sie doch mal auf zu grinsen!  Egal, was immer sich hier ereignet, gar nicht abkürzen können, weil er tatsächlich vollkommen bestimmt ist von der Dramaturgie des Bundestagswahlkampfes. Darauf ist dieser Prozess bezogen, das ist anzunehmen zumindest. Deswegen ist gar nicht relevant, was hier gesagt wird, was hier für Zeugen auftreten, das alles spielt überhaupt keine Rolle. Es läuft, es rollt die leere Fassade. Aber ich wollte noch mal sagen: Die Anträge sind möglich, weil sie zwei Zusammenhänge vermitteln. Sie fassen, erstens, wenn es überhaupt juristisch möglich ist, etwa die Widersprüche, aus denen sich diese Politik sich entwickelt hat und überhaupt möglich war. Und sie machen, zweitens, im Ansatz transparent, was der Gegenstand dieses Verfahrens ist, genauer, was der Gegenstand rechtlicher Erwägungen hier überhaupt nur sein könnte. Nämlich die totale Bestimmung, Kontrolle und Verfügung dieses Staates nach innen und außen, Verfügbarkeit dieses Staates nach innen und außen für die Weltinnenpolitik, des Hegemonialen, des US-Kapitals. Das heißt die zentrale strategische Funktion der Bundesrepublik als ökonomisches, politisches und militärisches Sub-Zentrum des amerikanischen Imperialismus, hier entwickelt, an seiner Funktion erstens für die offene Aggression gegen die Völker der Dritten Welt, konkret an Vietnam, und zweitens die verdeckte Aggression gegen die Staaten der westeuropäischen Peripherie. Aber juristische Kategorisierungen sind nur kodifizierter Ausdruck realer Machtverhältnisse. Die Anträge der Verteidigung werden also, wie sich das in Ihrer ganzen Geste schon andeutet, unmittelbar natürlich hilflos sein. Das infame Ritual hier wird sich über die Argumentation wälzen, als wäre sie überhaupt nicht gesprochen werden. Und auch nicht gesprochen worden, so sehen wir sie nämlich, als ein Reflex, wenn auch ein schwacher, des globalen Klassenantagonismus, der das gesamte politische Leben in den kapitalistischen Metropolen und wesentlich in der Bundesrepublik seit sechs Jahren militarisiert hat - ein Ausdruck dieser Militarisierung ist dieses Gericht und seine Verfahrensweise. Aber dass Worte überhaupt keine Evidenz mehr haben, spricht nur über die Evidenz der Politik, der Aktion, die Sie hier verurteilen sollen. An ihr halten wir ganz sicher fest. Und wir stellen das hier nur noch mal fest: Sie genau ist es, die die monströse Unwirklichkeit des Projekts, dieser Staatsschutzküche definiert, wie sie hier seit zwölf Monaten tagt. Tatsächlich hat gegenüber der verdeckten Konzeption dieses Verfahrens ein faschistischer Militärgerichtsprozess wenigstens die Würde der Eindeutigkeit einer Maßnahme, die sich zu ihren Mitteln bekennen kann." Ensslin: RAF verantwortlich für Anschläge in Frankfurt und Heidelberg Auch die ebenfalls angeklagte Gudrun Ensslin behauptet, dass der Prozess unter dem Einfluss des Bundestagswahlkampfs steht. Hinsichtlich der Anklage bekennt sie, dass die RAF für die Angriffe auf das CIA-Hauptquartier sowie das Hauptquartier des 5. US-Korps in Frankfurt/Main und das US-Hauptquartier in Heidelberg verantwortlich sei. Das gelte auch für den Anschlag auf das Springer-Hochhaus, auch wenn sie dieser Aktion eines einzelnen Kommandos nicht zugestimmt habe. Transkript Gudrun Ensslin "Wenn uns an der Aktion der RAF '72 etwas bedrückt, dann das Missverhältnis zwischen unserem Kopf und unseren Händen und den B-52. Hier noch mal einfach: Wir sind auch verantwortlich für die Angriffe auf das CIA-Hauptquartier und das Hauptquartier des 5. US-Korps in Frankfurt am Main und auf das US-Hauptquartier in Heidelberg, insofern wir in der RAF seit '70 organisiert waren, in ihr gekämpft haben und am Prozess der Konzeption ihrer Politik und Struktur beteiligt waren. Insofern sind wir sicher auch verantwortlich für Aktionen von Kommandos, zum Beispiel gegen das Springer-Hochhaus, deren Konzeption wir nicht zustimmen und die wir in ihrem Ablauf abgelehnt haben. Zu erwägen ist nicht ein Widerstandsrecht in der Bundesrepublik, wie es hier nicht um Rechte geht, sondern was die Politik der RAF ausdrückt, ist das Bewusstsein der Pflicht zum Widerstand in der Bundesrepublik. Und das exakt war zwei Tage lang der Inhalt unserer Erklärung zur Sache, wie das heißt. Also nicht nur die Erklärung von Verantwortung, sondern was Verantwortlichkeit gegenüber imperialistischer Politik nur sein kann: Widerstand, Kampf. Das hat der Text, der im Januar hier gekommen ist, artikuliert. Das Gericht hat ihn ignoriert. Eine Reaktion, die nur zwei Deutungen zulässt: Sie haben nichts verstanden, aber wahrscheinlicher: Prinzing darf die Veranstaltung nicht abkürzen, weil sie von der Dramaturgie des Bundestagswahlkampfes bestimmt ist." Otto Schily fordert: Nixon, Heinemann und alle Kanzler in den Zeugenstand Ein Beitrag im süddeutschen Rundfunk beleuchtet die Strategie der Verteidigung. Verteidiger Otto Schily fordert mehrere ehemalige Staatsoberhäupter in den Zeugenstand, unter anderem den einstigen US-Präsidenten Richard Nixon, den früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann, aber auch alle noch lebenden Kanzler der Bundesrepublik. Sie sollen bezeugen, dass in Vietnam ein völkerrechtswidriger Krieg stattgefunden habe, der – so das Argument – den politischen Widerstand der RAF rechtfertige. Quelle: Landesarchiv Baden-Württemberg, Abteilung Staatsarchiv Ludwigsburg
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May 20, 2025 • 22min

Der Baader-Meinhof-Prozess beginnt in Stuttgart-Stammheim | 21.5.1975

Prozess gegen die RAF-Terroristen Baader, Meinhof, Ensslin und Raspe Stuttgart-Stammheim, 21. Mai 1975. Beginn des Prozesses gegen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe. Sicherheitskontrollen wie noch nie bei einem bundesdeutschen Gerichtsverfahren. Ansonsten: Eine Angeklagte, die im Gerichtssaal raucht. Drei Rechtsanwälte, darunter Hans-Christian Ströbele, die durch einen Trick ihrem Gerichtsausschluss entgehen wollten. Und im Luftraum über Stammheim taucht auch noch ein verdächtiges Sportflugzeug auf. Das war der Stand der Dinge in der Mittagsausgabe von SDR1 Aktuell. Am Nachmittag gab es schon eine Weiterentwicklung – dann war auch klar, was es mit dem Sportflugzeug auf sich hatte.
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May 12, 2025 • 6min

Interview mit Walentina Tereschkowa, erste Frau im All | 17.6.1968

Walentina Tereschkowa, die erste Frau im Weltraum, erzählt von ihrem Abenteuer beim Raumflug Wostok 6 und der atemberaubenden Sicht auf die Erde. Trotz Übelkeit und Herausforderungen war ihr Mut wegweisend für die Frauen in der Raumfahrt. Sie reflektiert über die Bedeutung von Teamarbeit und die sich bietenden Chancen für zukünftige Pilotinnen. Ihre Erfahrungen formen eine inspirierende Botschaft für Frauen, die ebenfalls Richtung Sternen streben.
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May 7, 2025 • 3min

Reichssender Flensburg meldet Niederlage der Wehrmacht | 9.5.1945

Der Krieg ist zu Ende. Am 8. Mai 1945 tritt die bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht in Kraft. Einen Tag später, am 9. Mai 1945, verbreitet der Reichssender Flensburg die Nachricht von der endgültigen Niederlage. Mehr Aufnahmen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs
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May 7, 2025 • 4min

V-Day in Germany – Wie die Bevölkerung in Lüneburg die Kapitulation aufnimmt | 8.5.1945

Am 8. Mai 1945 verkündet ein walisischer Journalist für die BBC die bedingungslose Kapitulation in Lüneburg. Die Reaktionen der Bevölkerung sind bemerkenswert still und apathisch. Während in Großbritannien Euphorie herrscht, stehen die Lüneburger emotionslos auf dem Rathausplatz. Der Bericht schildert, wie die Menschen nach der Ankündigung schweigend den Platz verlassen. Durch persönliches Erleben und historische Fakten wird der Kontrast zwischen diesen Stimmungen und den Alltagssorgen der Deutschen in dieser entscheidenden Zeit deutlich.
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May 5, 2025 • 3min

Mädchen auf dem Kölner Schwarzmarkt | 9.2.1948

In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg liegt die deutsche Wirtschaft am Boden. Die Städte sind zerstört, viele Menschen leben von der Hand in den Mund. Die Schwarzmärkte florieren, sie sind für viele Familien oft die einzige Möglichkeit, über die Runden zu kommen. Unter den Händlerinnen und Händlern auf den Straßen sind auch viele Kinder, wie hier in einem Beitrag aus Köln von 1948 zu hören. Im Bild: Kinder auf dem Schwarzmarkt in Berlin 1947
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May 5, 2025 • 2min

Reportage über Trümmerfrauen in Berlin | 21.6.1947

Propaganda: fröhlich anpackende Trümmerfrau Das Bild der fröhlich anpackenden Trümmerfau prägt bis heute unsere Wahrnehmung vom Wiederaufbau der zerbombten deutschen Städte nach dem Zweiten Weltkrieg. Schon während des Krieges hatte Goebbels Propagandaministerium Schauspielerinnen in den Trümmern fotografieren lassen, um nach alliierten Luftangriffen Zuversicht in der Bevölkerung zu verbreiten. Frauen leisten harte Arbeit Nach dem Krieg prägen wieder Frauen die Aufräumarbeiten, vor allem auch, weil viele Männer umgekommen oder in Kriegsgefangenschaft sind. Sie machen aber im Gegensatz zur Nazi-Propaganda keinen Hehl daraus, wie hart diese Arbeit ist. Gut zu hören hier im Beitrag aus Berlin vom 21. Juni 1947.
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May 5, 2025 • 4min

Deutsche Flüchtlingsfrauen in Wesermünde | 1946

Als die Deutschen den Zweiten Weltkrieg verlieren, kommen Millionen deutscher Flüchtlinge aus den Ostgebieten ins Land, aus Schlesien, Pommern oder dem Sudetenland. Von ihren deutschen Landsleuten werden sie meist nicht gerade herzlich empfangen, Lebensmittel und Wohnraum sind knapp. Von der Oberschule in die Fischfabrik Doch die Flüchtlinge sind fleißig und wollen sich integrieren, wie diese Reportage von 1946 über Flüchtlingsfrauen in Wesermünde zeigt, die in einer Heringsfabrik arbeiten. Inspiriert von den Fischen wählt der Reporter einen sehr eigenwilligen Einstieg in den Beitrag. Im Bild: Fischbörse Wesermünde um 1930

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