Matthew Karnitschnigg, Journalist bei Politico und Experte für europäische Politik, Florian Scheuba, Satiriker mit scharfer Analyse der österreichischen Politik, und Ruth Wodak, Sprachwissenschaftlerin, die Diskurse und Kommunikation erforscht, diskutieren die Erosion der Demokratie in Österreich. Sie beleuchten die Manipulation und Inszenierung in der Politik, den Einfluss von Social Media und die aktuelle politische Lage. Themen sind Korruption, Mediensteuerung und die Herausforderung an kritische Debatten in der österreichischen Medienlandschaft.
Die Vorwürfe gegen Sebastian Kurz zeigen eine erhebliche Erosion der Demokratie in Österreich und eine gefährliche Normalisierung zuvor inakzeptabler Argumente.
Die angespannte Beziehung zwischen Medien und Politik in Österreich führt zu einer eingeschränkten Berichterstattung und gefährdet die Unabhängigkeit der Presse.
Deep dives
Anklage gegen Sebastian Kurz
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat auf 58 Seiten dargelegt, warum sie dem österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz Falschaussage vorwirft und ein Strafverfahren einleitet. Diese drohende Anklage hat die Innenpolitik in Österreich erheblich durcheinandergebracht und könnte den Schaden für Kurz langfristig sichtbar machen. Es wird darauf hingewiesen, dass die politische Kultur in Österreich durch die Ignoranz der Führungsebene gegenüber rechtsstaatlichen Mechanismen beeinträchtigt ist. Eine kritische Presse ist notwendig, um die Bevölkerung über diese Entwicklungen aufzuklären und zu handeln, bevor diese Umstände als normal wahrgenommen werden.
Autoritäre Tendenzen in Österreich
Es besteht das Risiko, dass Österreich in autoritäre Tendenzen driftet, ähnlich wie in einigen osteuropäischen Ländern. Experten verweisen auf eine starke Presse und Opposition, die derzeit reagieren können, um die Unnormalität der aktuellen Situation anzuprangern. Der Vergleich mit autoritären Führern wie Orbán zeigt, dass der Umgang mit politischen Gegnern und Presse in Österreich besorgniserregend ist. Zudem gab es eine besorgniserregende Steigerung der Regierungsinserate, die 180 Millionen Euro erreichen könnten, was auf eine problematische Beziehung zwischen Regierung und Medien hindeutet.
Normalisierung von intolerablen Handlungen
Die Diskussion thematisiert eine schamlose Normalisierung von Argumenten und Handlungen, die zuvor nicht akzeptabel waren und langsam zur Norm werden. Bei anderen Führern wie Berlusconi und Trump gab es ähnliche Muster, die zu einer Erosion demokratischer Standards führten. Die öffentlichen Reaktionen auf Kurz' Handlungen zeigen eine gefährliche Tendenz, akzeptable Grenzen zu verschieben. Es stellt sich die Frage, wo in Zukunft die neuen roten Linien gezogen werden und wie es dazu kommen kann, dass sozial nicht akzeptable Äußerungen gesellschaftlich legitimiert werden.
Rolle der Medien und Message Control
Die Medienlandschaft in Österreich steht unter erheblichem Druck durch die Politik, was zu einer eingeschränkten Berichterstattung führt. Interventionen von politischen Akteuren gegen kritische Berichterstattung sind weit verbreitet, was die Unabhängigkeit der Medien gefährdet. Gleichzeitig wird kritischen Medien häufig geholfen, der politischen Kontrolle zu entkommen, was jedoch nicht immer erfolgreich ist. Der Umgang mit Themen durch die Regierung sowie ständige Ablenkungsmanöver zeigt, wie Message Control zur Normalität geworden ist und die öffentliche Wahrnehmung beeinflusst.
House of Kurz oder Message Out of Control. Die Entzauberung von Sebastian Kurz in Europa und die Erosion von Demokratie in Österreich. Zu hören: Journalist Matthew Karnitschnigg (Politico), Satiriker Florian Scheuba und Sprachforscherin Ruth Wodak. Diese Episode ist der Mitschnitt einer Online-Veranstaltung des Bunds Sozialdemokratischer AkademikerInnen vom 11. Mai 2021.
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