Welche wirtschaftlichen Ursachen stecken hinter regionalem Wahlverhalten? Eine Analyse
Sep 20, 2024
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Bert Rürup, Chefökonom des Handelsblatts, und Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, analysieren die wirtschaftlichen Ursachen regionalen Wahlverhaltens in Deutschland. Sie beleuchten, wie die gefühlte Benachteiligung der Ostdeutschen oft größer ist als die objektive Realität. Zudem diskutieren sie die Rolle von Infrastruktur, Bildung und Zuwanderung für die wirtschaftliche Stabilität in ländlichen Regionen. Auch die Herausforderungen der Klimaneutralität und deren Einfluss auf das Wahlverhalten kommen zur Sprache.
Die Diskrepanz zwischen der gefühlten und der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage führt zu einem Anstieg der Unterstützung für populistische Parteien wie die AfD.
Bildung und bessere Integration von Migranten sind entscheidend, um wirtschaftliche Disparitäten in den neuen Bundesländern zu verringern.
Deep dives
Wahrnehmung regionaler Unterschiede
Die Wahrnehmung der Lebensverhältnisse in verschiedenen Regionen Deutschlands zeigt signifikante Diskrepanzen zwischen Empfinden und Realität. Viele Bürger in den neuen Bundesländern beurteilen ihre wirtschaftliche Lage als schlechter, als sie objektiv ist, wobei etwa 70 Prozent die Situation negativ einschätzen. Diese Wahrnehmung führt zu einem Anstieg der Unterstützung für Parteien wie die AfD, insbesondere in ländlichen Gebieten, wo Infrastrukturmängel deutlich ausgeprägt sind. Es wird betont, dass es wichtig ist, diese Wahrnehmungen ernst zu nehmen, um adäquate Lösungen in der regionalen Politik zu finden.
Demografische Herausforderungen und Zuwanderung
Die demografischen Veränderungen in den neuen Bundesländern zeigen, dass trotz einer Netto-Zuwanderung viele junge Menschen weiterhin in städtische Gebiete abwandern. Der Anstieg von Beschäftigten mit Migrationshintergrund wird als entscheidend für die wirtschaftliche Stabilität in diesen Regionen betrachtet, da die Zuwanderung viele Arbeitsplätze sichert. Interessanterweise sind die Ausländeranteile in diesen Gebieten signifikant geringer als im Westen, jedoch ist die Fremdenangst ausgeprägter. Dies deutet darauf hin, dass die wirtschaftlichen Realitäten und die emotionalen Reaktionen der Bevölkerung nicht im Einklang stehen.
Bildung und wirtschaftliche Chancen
Die Diskussion um Bildung und deren Rolle in der regionalen Entwicklung ist zentral, da bessere Bildungschancen als Schlüssel zur Bekämpfung wirtschaftlicher Disparitäten identifiziert werden. Universitäten in Sachsen und Thüringen zeigen eine hohe Rate an Patentanmeldungen, was auf eine starke Innovationskraft hinweist. Um jedoch die Talente vor Ort zu halten und geschäftliche Erfolge zu fördern, müssen Bildungsangebote verbessert und die Verbindungen zu lokalen Unternehmen gestärkt werden. Eine erfolgreiche Ansiedlung von Unternehmen hängt nicht nur von wirtschaftlichen Faktoren ab, sondern auch davon, die soziale Integration und den Zusammenhalt in den betroffenen Regionen zu fördern.
In der aktuellen Folge Economic Challenges tauchen Handelsblatt-Chefökonom Bert Rürup und Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, tief in die komplexen Zusammenhänge zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und politischem Wahlverhalten in Deutschland ein. In dem Zusammenhang analysieren die Ökonomen zunächst die kürzlich durchgeführte Konferenz des Bundeswirtschaftsministeriums, die sich mit Trends und Ursachen der Regionalentwicklung befasst hat. Dabei steht besonders die AfD im Fokus. Die Wahlerfolge, die die Partei bei den jüngsten Wahlen in Ostdeutschland erzielen konnte, halten die Experten für besorgniserregend.
Eine signifikante Rolle spiele dabei en Ökonomen zufolge die gefühlte Benachteiligung, die sehr viel größer sei als die reale. Bert Rürup und Michael Hüther erörtern deshalb, wie genau sich die gefühlte wirtschaftliche Benachteiligung von Ostdeutschen von der objektiven Realität unterscheidet. Fast 70 Prozent der Ostdeutschen schätzen ihre wirtschaftliche Lage offenbar schlechter ein, als sie tatsächlich ist. Was sind die Gründe für diese Wahrnehmung? Welche Rolle spielen Daseinsvorsorge und Infrastruktur in den ländlichen Regionen, und wie beeinflussen sie das Wahlverhalten? Diese und weitere Fragen diskutieren die Experten im Podcast.
Außerdem thematisieren Bert Rürup und Michael Hüther die Herausforderungen der Transformation zur Klimaneutralität und deren Auswirkungen auf städtische und ländliche Räume. Dabei geben sie unter anderem Antworten auf folgende Fragen: Welche ökonomischen Chancen und Risiken ergeben sich aus der Zuwanderung für die neuen Bundesländer, und wie kann das Verständnis für die Notwendigkeit von ausländischen Arbeitskräften gefördert werden?
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