In dieser Diskussion beleuchten Professorin Gabriela Hauch, Historiker Wolfgang Maderthaner und FALTER-Journalistin Barbara Tóth die Wurzeln der Sozialdemokratie in Österreich. Sie diskutieren die 150-jährige Entwicklung der Bewegung und den oftmals übersehenen Einfluss der Frauenpolitik. Besonderes Augenmerk liegt auf Elisabeth Schilders Kampf für Geschlechtergerechtigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Zudem wird die komplizierte Beziehung der Sozialdemokratie zum Antisemitismus thematisiert und die Rolle von jüdischen Intellektuellen in dieser Bewegung erkundet.
Die Sozialdemokratie steht vor der Herausforderung, sich in einer globalisierten Welt und dem Aufstieg rechtspopulistischer Strömungen neu zu erfinden.
Die Integration der Errungenschaften und Visionen von Frauen wie Elisabeth Schilder ist entscheidend für die heutige politische Relevanz der Partei.
Deep dives
Die Herausforderungen der Sozialdemokratie in der modernen Welt
Die Sozialdemokratie hat historisch den Wohlstaat nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt, steht aber heute vor der Herausforderung, in einer globalisierten Welt und angesichts des Aufstiegs rechtspopulistischer Strömungen zu bestehen. Es wird diskutiert, wie die ursprünglichen Forderungen nach Emanzipation und sozialer Gerechtigkeit, die einmal zentrale Ziele der Bewegung waren, nun erfüllt scheinen und ob diese Erfüllung die Partei in eine identitätskrise stürzt. Dabei wird die Frage aufgeworfen, wie sich die Sozialdemokratie neu erfinden kann, um in der gegenwärtigen politischen Landschaft relevant zu bleiben. Es wird angenommen, dass die historischen Wurzeln und der Wandel der sozialen Rahmenbedingungen entscheidend für die zukünftige Ausrichtung der Partei sein werden.
Der Einfluss von Frauen in der Sozialdemokratie
Im Podcast wird die Bedeutung von Frauen in der Sozialdemokratie, insbesondere die Rolle von Persönlichkeiten wie Elisabeth Schilder, hervorgehoben, die in der Zwischenkriegszeit entscheidende Beiträge zur Sozialpolitik leistete. Schilder setzte sich für feministische Anliegen ein und kämpfte gegen Missstände in der Jugendfürsorge, und ihre Visionen bleiben in der gegenwärtigen Diskussion relevant. Die Historikerin Gabriela Hauch betont, dass trotz einer Vielzahl engagierter Frauen in der Bewegung, diese oft nicht in Führungspositionen gelangten. Die Herausforderung besteht darin, die Errungenschaften und das Engagement dieser Frauen in das heutige politische Denken der Partei zu integrieren.
Historisches Bewusstsein und die Zukunft der Sozialdemokratie
Die Bedeutung des historischen Bewusstseins für die Sozialdemokratie wird im Podcast als doppelschneidig dargestellt; es kann einerseits den Sinn für Tradition stärken, andererseits aber auch als Hindernis für innovatives Denken wirken. Historische Ereignisse wie die Antisemitismus-Diskussion innerhalb der Partei und die Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit unter dem Einfluss des Holocaust zeigen, dass ein Bewusstsein für die Geschichte unerlässlich für die Entwicklung ist. Experten betonen, dass ein differenzierter Blick auf die Vergangenheit grundlegend notwendig ist, um auf die Herausforderungen der gegenwärtigen Zeit zu reagieren. Diese Reflexion könnte helfen, die Partei in der modernen, zunehmend komplexen politischen Landschaft neu zu positionieren.
Sozialdemokratie und Geschichte. Wie die Wurzeln der Arbeiterbewegung in Österreich die Aktualität prägen. Zu hören: Historikerin Gabriela Hauch („Aus der Sintflut einige Tauben. Zum Leben von Elisabeth Schilder“), Historiker Wolfgang Maderthaner („Vorwärts. Österreichische Sozialdemokratie nach 1889“) sowie FALTER-Journalistin und Buchautorin Barbara Tóth („Wahl 2019. Strategien, Schnitzel, Skandale“) im Gespräch mit Raimund Löw
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