Johannes Preiser-Kapeller, ein Umwelthistoriker, erforscht die Auswirkungen von Wetterextremen im europäischen Mittelalter. Er diskutiert, wie klimatische Veränderungen gesellschaftliche Ungleichheiten verstärkten und Ressourcen beeinflussten. Die Pestpandemie führte zu einem unerwarteten Überfluss, der sogar die Entstehung des berühmten Kremser Senfs begünstigte. Zudem wird die Rolle von Extremwetter in sozialen Unruhen und die Verbindung zwischen Konsumverhalten und Hierarchien im Wandel thematisiert.
Historische Wetterkapriolen führten zu sozialen Ungleichheiten, da ärmere Schichten oft stärker unter Ressourcenknappheit litten.
Der aktuelle Klimawandel unterscheidet sich durch seine Geschwindigkeit und globale Reichweite erheblich von den früheren klimatischen Veränderungen.
Deep dives
Gesellschaftliche Ungleichheit und Klimawandel
Im Mittelalter und der frühen Neuzeit führte der Zugang zu Ressourcen und Macht maßgeblich dazu, wie eine Gesellschaft auf klimatische Veränderungen reagierte. Verschiedene gesellschaftliche Schichten waren unterschiedlich stark von Missernten und anderen klimatischen Krisen betroffen, was oft zu Ungleichheiten führte. Bei Ernährungsengpässen bestimmten soziale Hierarchien, wer Zugang zu den verbleibenden Vorräten hatte, was grundlegend für das Überleben war. Diese historischen Entwicklungen zeigen Parallelen zu aktuellen Diskussionen über die Verteilung von Lasten und Ressourcen im Kontext des Klimawandels.
Moralische Ökonomie und gesellschaftliche Unruhen
Das Konzept der moralischen Ökonomie beschreibt das allgemeine Empfinden der Bevölkerung über ein Recht auf Grundversorgung und die Risiken, die entstehen, wenn dieses Recht nicht gewährt wird. Historische Beispiele zeigen, dass selbst mächtige Herrscher wie Kaiser Claudius mit dem Zorn der Bürger konfrontiert wurden, wenn die Grundbedürfnisse nicht ausreichend erfüllt waren. Solche sozialen Spannungen führten oft zu Aufständen und Unruhen, was auf die begrenzte Leidensfähigkeit der Bevölkerung hinweist. Diese Erkenntnisse sind auch in der heutigen Zeit relevant, da Krisen bestehende Ungleichheiten deutlich machen und gesellschaftliche Reaktionen hervorrufen können.
Vergangenheit und moderne klimatische Veränderungen
Frühere klimatische Veränderungen unterscheideten sich erheblich von den gegenwärtigen, menschengemachten Veränderungen, sowohl in der Geschwindigkeit als auch in der globalen Reichweite. Historische Klimaschwankungen liefen über Jahrhunderte, während der aktuelle Klimawandel in einem Bruchteil dieser Zeit dramatische Effekte zeigt. Ein starker Anstieg der globalen Durchschnittstemperaturen und die damit verbundenen Veränderungen sind für die Entwicklung menschlicher Zivilisationen von zentraler Bedeutung. Der Temperaturkorridor, in dem komplexe Gesellschaften gedeihen konnten, wird gegenwärtig verlassen, was ernsthafte Fragen bezüglich der zukünftigen Lebensbedingungen aufwirft.
Klimatische Anpassungen und soziale Strukturen
Bestimmte Regionen profitierten klimatisch von früheren Veränderungen, während andere als stark betroffen galten und Siedlungen aufgegeben wurden. Die Niederlande beispielsweise entwickelten Techniken zur Landbewirtschaftung und Wasserregulierung, die es ihnen ermöglichten, sich an klimatische Extrembedingungen anzupassen und ihre gesellschaftliche Struktur zu stärken. Diese historische Resilienz zeigt, wie wichtig gemeinschaftliche Ansätze und technologische Innovationen sind, um mit Herausforderungen umzugehen. Im Gegensatz dazu konnten andere Gesellschaften aufgrund unzureichender Anpassungsstrategien oder röhler gesellschaftlicher Strukturen große Verluste erleiden.
Zu allen Epochen hatten Wetterkapriolen und Umweltkatastrophen einen direkten Einfluss auf die Gesellschaften, die unter ihnen zu leiden hatten. Meistens führten diese Phänomene zu einer Verknappung notwendiger Ressourcen und damit zu einer Verschärfung von gesellschaftlichen Trennlinien und Klassenprivilegien. Manchmal folgten auf große Massensterben aber auch Phasen großen Überflusses. Als der schwarze Tod im 14. Jahrhundert große Teile der Bevölkerung Mitteleuropas dahingerafft hatte, standen den Überlebenden plötzlich große Mengen an Ressourcen zur Verfügung. Diesem Zeitfenster des ungekannten Wohlstands verdanken wir auch den Kremser Senf, dem nun der im Überfluss zur Verfügung stehende Traubenmost zugesetzt werden konnte und der erst so seinen charakteristischen Geschmack bekam. Mariella Gittler spricht wieder mit dem Umwelthistoriker Johannes Preiser-Kapeller über die gesellschaftlichen Auswirkungen von Wetterextremen und Umweltkatastrophen im europäischen Mittelalter.
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