Wie das Coronavirus die Globalisierung demoliert – #295
Mar 5, 2020
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Hannes Androsch, ehemaliger Vizekanzler und Industrieller, diskutiert mit dem Historiker Philipp Blom, wie das Coronavirus die Globalisierung erschüttert. Shalini Randeria wirft einen Blick auf die psychosozialen Herausforderungen. Isolde Charim betont die Rolle politischer Diskurse, während Marcus Bachmann von Ärzte ohne Grenzen die internationalen gesundheitlichen Folgen thematisiert. Gemeinsam erörtern sie die Fragilität globaler Lieferketten und die Notwendigkeit einer effektiven globalen Zusammenarbeit in Krisenzeiten.
Die Corona-Epidemie hat die Verwundbarkeit globaler Lieferketten aufgezeigt und die Notwendigkeit einer Neubewertung ihrer Abhängigkeiten verstärkt.
Politische Unruhen in Indien während der Epidemie zeigen, wie gesundheitliche Krisen auch tiefere gesellschaftliche Konflikte hervorrufen können.
Die Rolle internationaler Organisationen wie der WHO wird während globaler Gesundheitskrisen entscheidend, jedoch gibt es Bedenken hinsichtlich ihrer Effektivität und Transparenz.
Deep dives
Globale Auswirkungen der Epidemie
Die Auswirkungen der Corona-Epidemie sind global und betreffen sowohl die Wirtschaft als auch die Gesellschaft. In Europa und Amerika kam es zu folgenschweren Lieferengpässen, insbesondere bei Vorprodukten, die aus China importiert werden. Die Schließungen von Fabriken und die Unterbrechungen in den Lieferketten haben zu einer direkten Beeinträchtigung von Unternehmen und Märkten geführt. Diese Krisen verdeutlichen, wie stark die Weltwirtschaft miteinander verbunden ist und dass Epidemien unmittelbare wirtschaftliche Effekte erzeugen können.
Indiens politische Krise
Die gesundheitliche Krise in Indien wird durch bedeutende politische Probleme überschattet, einschließlich nationalistischer Gewalt und Unruhen. Trotz der geographischen Nähe zu China ist die Anzahl der gemeldeten Fälle relativ niedrig, was auf unzureichendes Testen und eine verharmlosende Berichterstattung in den Medien zurückgeführt wird. Die Unruhen in Delhi, die mit schweren Ausschreitungen einhergingen, lenkten die Aufmerksamkeit von der Epidemie ab und verdeutlichten, wie Epidemien nicht nur gesundheitliche, sondern auch politische Dimensionen haben. Indiens Rolle als wichtiger Lieferant für pharmazeutische Wirkstoffe verdeutlicht die globalen Abhängigkeiten in Krisenzeiten.
Vergleich zu früheren Epidemien
Erfahrungen aus früheren Epidemien, wie der Ebola-Epidemie, geben wichtige Einblicke in die psychologischen und sozialen Auswirkungen einer solchen Krise. Tätermentalitäten und Ängste können die gesellschaftliche Zusammenarbeit beeinträchtigen, was die Bekämpfung der Epidemie erschwert. Die Diskussion über die Vergänglichkeit der Solidarität und das Versagen von nationalen Systemen wird durch derartige Krisen intensiviert. Ängste und Unsicherheiten in Bezug auf die eigene Sicherheit rücken in den Vordergrund und können leicht in Panik umschlagen.
Kritik an der Globalisierung
Die Epidemie zwingt die Gesellschaft dazu, die Konstrukte der Globalisierung zu hinterfragen und zu erkennen, wie verwundbar uns diese Struktur macht. Abhängigkeiten von globalen Lieferketten sowie die Fragilität dieser Verknüpfungen werden nun deutlich, was zu Diskussionen über eine Reduzierung von Produktionsstätten in Krisengebieten führt. Zudem zeigt die Krise, dass sich nationale Grenzen nicht wirksam gegen globale Bedrohungen schützen lassen. Dies hat zur Folge, dass die Diskussion über die Nachhaltigkeit und Effizienz der Globalisierung neu angestoßen wird.
Rolle internationaler Organisationen
Internationale Organisationen wie die WHO stehen während einer globalen Gesundheitskrise im Fokus, da ihre Rolle als Koordinatoren entscheidend wird. Kritische Stimmen äußern jedoch Bedenken hinsichtlich der Transparenz und der Effektivität dieser Organisationen, insbesondere im Hinblick auf ungleiche Ressourcenverteilung. Die WHO hat in der Vergangenheit bereits für ihre Reaktionen während der Ebola-Krise Kritik einstecken müssen, was das Vertrauen in ihre Fähigkeiten beeinträchtigt hat. Es bleibt abzuwarten, wie nachhaltig die Tiefe der internationalen Zusammenarbeit in der Bekämpfung dieser und zukünftiger Epidemien sein wird.
Die Börsen stürzen ab, die Lieferketten sind unterbrochen, der Ruf nach Grenzen wird lauter. Epidemien haben Gesellschaften in der Geschichte immer schon verändert. In welche Richtung geht die Reise mit dem Coronavirus Covid 19? Im dieser Episode sind Einschätzungen vom Industriellen Hannes Androsch, dem Historiker Philipp Blom, der Soziologin Shalini Randeria, Philosophin und FALTER-Kolumnistin Isolde Charim sowie Marcus Bachmann von Ärzte ohne Grenzen zu hören.
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