Warum zu viel Wissen der Öffentlichkeit schaden könnte
Apr 5, 2023
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Alexander Bogner, ein renommierter Soziologe aus Wien und Senior Scientist, beleuchtet die Problemfelder zwischen Wissenschaft und Demokratie. Er diskutiert, wie die Überflutung mit wissenschaftlichen Informationen in der Pandemie und Krisenzeiten zur Skepsis führt. Die Spannungen zwischen klaren Klimafakten und politischen Entscheidungen werden hervorgehoben. Außerdem thematisiert er die Notwendigkeit einer offenen Fehlerkultur in der Wissenschaft und reflektiert über die Herausforderungen im digitalen Raum, insbesondere im Umgang mit Algorithmen und der Verantwortung von Nutzern.
Die Problematisierung der 'Alternativlosigkeit' in politischen Entscheidungen zeigt, wie diese die demokratische Debatte einschränken kann.
Die Erkenntnis, dass mehr Wissen nicht stets bessere Entscheidungen garantiert, regt zu einer kritischen Reflexion über den Einfluss der Wissenschaft auf die Politik an.
Die Förderung eines offenen Dialogs und die Bereitschaft zur Selbstkritik sind entscheidend, um den öffentlichen Diskurs zu revitalisieren und die Demokratie zu stärken.
Deep dives
Gerhard Schröder und seine Politische Rhetorik
Gerhard Schröder wird als ein Charakter betrachtet, der durch seine Autorität und seine politischen Entscheidungen auffällt. Seine Aussage, dass es keine Alternative zu bestimmten wirtschaftlichen Politiken gibt, wird kritisch hinterfragt, da sie den demokratischen Diskurs einschränkt und die Diskussion über verschiedene Meinungen erschwert. Diese 'Alternativlosigkeit' hat nicht nur seine Ära geprägt, sondern wird auch auf andere Politiken übertragen, da ähnliche Tendenzen bei anderen führenden Politikern beobachtet werden können. Dies führt dazu, dass der politische Diskurs oft polarisiert ist, was eine gesunde Auseinandersetzung mit verschiedenen Perspektiven erschwert.
Krise des öffentlichen Diskurses
Der öffentliche Diskurs wird zunehmend als gescheitert angesehen, da trotz technischer Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung immer weniger gemeinsame Erkenntnisse erzielt werden können. Diese Diskrepanz führt zu vergifteten Diskussionen, die sogar so weit führen, dass sie zu Gewaltanwendung anregen können. Daher wird die Notwendigkeit hervorgehoben, das gegenseitige Zuhören und Verstehen zu fördern, anstatt nur Fakten zu produzieren und zu konsumieren. Insbesondere Politikerinnen erfahren häufig Anfeindungen, was den öffentlichen Austausch weiter belastet.
Wissenschaft und ihre Rolle in der Demokratie
Die Bedeutung von Wissenschaft im politischen Entscheidungsprozess wird verstärkt, da aufgezeigt wird, dass mehr Wissen nicht automatisch zu besseren Entscheidungen führt. Dieser Gedanke wird durch die kritische Analyse von wissenschaftlich basierten Entscheidungen in der Corona-Pandemie untermauert, wo der anfängliche Fokus auf Naturwissenschaftlern später von einer breiteren Diskussion über soziale und politische Aspekte abgelöst wurde. Trotz der Wissenschaftsorientierung, die ursprünglich als durchweg positiv erachtet wurde, führen die unterschiedlichen Interpretationsebenen zu Verwirrung und Spannungen. Es ist evident, dass die Politik selbst bei bestehendem wissenschaftlichen Konsens oft nicht die richtigen Entscheidungen trifft, was die Glaubwürdigkeit beeinträchtigt.
Die Probleme der Epistemisierung und Alternativlosigkeit
Die Epistemisierung des politischen Diskurses führt dazu, dass politische Fragen oft als einfache Wissensfragen dargestellt werden, was den eigentlichen Wertdiskurs ignoriert. Es wird diskutiert, wie die Behauptung der 'Alternativlosigkeit' die Diskussion über verschiedene Lösungsmöglichkeiten einschränkt und somit die Demokratie gefährdet. Diese Dynamik führt zu einem Rückzug der Menschen in alternative Wahrheitswelten und zu einer Zunahme von Mythen und Verschwörungstheorien. In diesem Kontext wird die Notwendigkeit betont, dass politische Entscheidungen nicht nur auf Fakten, sondern auch auf gesellschaftlichen Werten basieren sollten.
Der Weg zu einer lebendigeren Demokratie
Die Stärkung der Demokratie erfordert eine Rückkehr zu offenem Dialog und Diskurs, wo jede Stimme Gehör findet, ohne dass der Wissensträger über den anderen dominiert. Es wird betont, dass Selbstkritik und die Bereitschaft, Fehler einzugestehen, entscheidend sind, um einen konstruktiven Diskurs zu fördern. Eine Fehlerkultur in beiden Bereichen, Wissenschaft und Politik, könnte helfen, die zwischenmenschlichen Spannungen zu reduzieren und gemeinsame Lösungen zu finden. Um echte demokratische Fortschritte zu erzielen, sind mehr offene Gespräche über Werte und Normen notwendig, damit die Demokratie wieder vital werden kann.
In der Pandemie war die Wissenschaft präsent wie nie. In der Klimakrise ist die Faktenlage überwältigend eindeutig. In den öffentlichen Diskurs wagt sich heute niemand mehr ohne den Verweis auf Studien und Expertise. Das klingt nach Fortschritt, ist aber für demokratische Politik ein Problem. Über diese These des Wiener Wissenssoziologen Alexander Bogner unterhalten wir uns mit ihm (und zwar nicht nur auf der Sachebene).
Weitere Links zur Folge und zum Thema Krise des Westens finden Sie hier auf ZEIT ONLINE.
Per Mail erreichen Sie das Team unter krisen@zeit.de.
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