WDR Zeitzeichen

WDR
undefined
May 24, 2024 • 15min

Künstlerin ohne Konventionen: Rosa Bonheur, Tiermalerin

Heute gilt sie - nicht ganz zurecht - als Ikone der LGBTQ-Community. Rosa Bonheur (gestorben am 25.5.1899) malte brillante Tierporträts, von den man damals glaubte, Männer hätten sie gemalt...Rosa Bonheur ist die Tiermalerin des 19. Jahrhunderts. Die gefeiertste und reichste französische Künstlerin ihrer Zeit, die erste, die den Ritterorden der Ehrenlegion bekommt. Und sogar die erste Frau überhaupt, die man zum Offizier dieses Ordens ernennt. Eine hübsche Person, auffallend durch kurze Haare und weite dunkle Kostüme - obwohl Frauen doch eigentlich komplizierte Aufsteckfrisuren tragen und sich in Korsetts und Krinolinen zu zwängen haben.Rosa Bonheur will die Einzigartigkeit der Tiere darstellen, ihr Wesen, fast ihre Psychologie. In jahrzehntelangen anatomischen Studien, Tausenden von Skizzen, arbeitet Rosa Bonheur ein Leben lang an diesem Ideal. Manchmal hart am Kitsch, aber meist unsentimental realistisch. Anfangs im Rock, aber sehr schnell in den nicht nur bequemeren Hosen, für die sie extra eine polizeiliche Genehmigung braucht. Erneuerbar alle sechs Monate.Weltruhm erlangt Rosa Bonheur 1853 mit ihrem "Pferdemarkt", einer wie ein Schlachtgemälde aufgebauten bewegten Szene mit malträtierten und rebellierenden schweren Ackergäulen. Gekauft wird es für 268.000 Goldfrancs vom amerikanischen Multimillionär Vanderbilt. Er schenkt es dem neuen Metropolitan Museum of Art. Einhellig schließt die Kritik auf das "männliche Genie" der Künstlerin.In diesem Zeitzeichen erzählt Sabine Mann:Warum Rosa Bonheur beim Malen eines Ochsengespanns mit Steinen beworfen und als Hexe beschimpft wird,wie es dazu kommt, dass Rosa Bonheur heute als lesbische Ikone gilt,was Buffalo Bill zu Bonheurs Popularität in den USA beiträgt.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:innen:Marie Borin, Bonheur-BiografinKatherine Brault, Besitzerin des Ateliers von Rosa Bonheur Léon Roger-Milès: Rosa Bonheur, sa vie, son œuvre. Société d’Edition Artistique, 1900, S. 116, zitiert in: Marie Borin: Rosa Bonheur. Une artiste à l’aube du féminisme. Paris. 2011. Anna Klumpke: Rosa Bonheur, sa vie, son oeuvre. Paris, 1908, S. 311, zitiert in: Marie Borin, Rosa Bonheur: Une artiste à l’aube du féminisme. Paris 2011.Weiterführende Links:Mehr zum Thema "Malerei" bei wdr.deWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Sabine MannRedaktion: David RotherTechnik: Annett Bastian
undefined
May 23, 2024 • 15min

Begnadeter Schriftsteller und Theaterkönig: George Tabori

Endet jede Show mit einem tödlichen Sturz? Das glaubt der vierjährige György, aus dem einmal George Tabori werden soll - frenetischer Drehbuchschreiber, Stückeautor, begnadeter Schriftsteller und der Theaterkönig von Wien und Berlin.Wie lautet der kürzeste deutsche Witz? "Auschwitz". Da, wo für viele der Spaß aufhört, macht George Tabori einfach weiter. Mit schwarzem Humor und politisch völlig unkorrekt nutzt der jüdische Journalist, Autor und Theatermacher seine Kunst zeitlebens auch dazu, die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten.Sarkasmus ist dabei Taboris Strategie, die eigene Lebenstragödie auszuhalten: Am 24. Mai 1914 als György Tabori in Budapest geboren, lebt der wortgewandte Künstler im Laufe seines Lebens in 17 Ländern. Sein Vater und große Teile seiner jüdischen Familie werden in Auschwitz ermordet. Tabori selbst überlebt den Holocaust in Großbritannien.Für sein Schaffen erhält der Theatermann zahlreiche Preise - unter anderem darf er 1992 als erster nichtdeutschsprachiger Autor den Georg-Büchner-Preis entgegen nehmen. 2007 stirbt George Tabori im Alter von 93 Jahren in Berlin.In diesem Zeitzeichen erzählt Jürgen Werth:Durch welches "Wunder" Taboris Mutter Elsa dem Transport nach Auschwitz entkommt,welche Rolle Bertolt Brecht bei Taboris Theaterkarriere spielt, wie ausgerechnet die Farce "Mein Kampf" zu Taboris größtem Erfolg wird, von Taboris Tierliebe - vor allem zu seinem Hund Hapschi.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Wolf Biermann (Liedermacher und Lyriker) George Tabori: Autodafé - George Tabori erzählt aus seinem Leben. Berlin 2023George Tabori: Theaterstücke. München 1994George Tabori: Meine Kämpfe Erzählungen. München 1986Andrea Welker: George Tabori - Dem Gedächtnis, der Trauer und dem Lachen gewidmet. Wien 1994George Tabori: Betrachtungen über das Feigenblatt. Ein Handbuch für Verliebte und Verrückte. Frankfurt am Main 1993Weiterführender Link:Hörbuch der Woche: "Autodafé" von George TaboriSie hat George Tabori und Günter Grass entdeckt: Verlegerin Maria Müller-Sommer gestorbenWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens!Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Jürgen WerthRedaktion: Frank Zirpins
undefined
May 22, 2024 • 15min

Das deutsche Grundgesetz wird verkündet (am 23.5.1949)

Acht Monate arbeiten 65 Frauen und Männer in Bonn am Grundgesetz. Dieser Parlamentarische Rat will die Verfassung eines Rechtsstaats schaffen - mit nüchterner Sprache und hehren Zielen.Am 23. Mai 1949 endet mit der feierlichen Verkündung und Unterzeichnung des Grundgesetzes zu Bach´scher Orgelmusik die Arbeit des Parlamentarischen Rates. Ein dreiviertel Jahr zuvor sind in den Westdeutschen Landtagen 65 Frauen und Männer gewählt und nach Bonn entsandt worden. Sie sollen die Verfassung für einen Rechtsstaat ausarbeiten. Aus den ursprünglich geplanten drei Monaten werden schließlich acht.Am vierten Jahrestag der Kapitulation, dem 8. Mai 1949, verabschiedet der Parlamentarische Rat kurz vor Mitternacht das Grundgesetz mit 53 gegen zwölf Stimmen. Vier Tage später wird es von den drei westlichen Alliierten bestätigt und danach von den westdeutschen Landtagen ratifiziert.Die Mütter und Väter des Grundgesetzes sind nicht nur von der Geschichte und dem Leitsatz "Nie wieder" geprägt. Sie sind auch von der Sorge getrieben, die Spaltung zwischen Ost- und Westdeutschland nicht weiter zu vertiefen. Zeitgleich entsteht in der DDR ebenfalls eine Verfassung, die für vier Jahrzehnte gilt."Grundrechte sind weder rechts noch links. Sondern Grundrechte sind schlicht fundamental für den demokratischen Rechtsstaat. Und das ist der Satz, der für mich über den Feierlichkeiten zum Grundgesetzjubiläum steht", erklärt Heribert Prantl, Autor und Kolumnist der Süddeutschen Zeitung.In diesem Zeitzeichen erzählt Anja Arp:Warum das Grundgesetz weniger ein Liebesbrief an ein Land ist, sondern eher ein Liebeskummerbrief,woran die beiden ersten demokratischen Verfassungen in Deutschland scheitern,welche großen Bewährungsproben das Grundgesetz bisher gemeistert hat,wie die "Gesellschaft für Freiheitsrechte" als privater Verein über das Grundgesetz wacht.Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:Heribert Prantl (Autor und Kolumnist der Süddeutschen Zeitung)Ulf Buermeyer (Vorsitzender der Gesellschaft für Freiheitsrechte) Podcast-Tipp: Live-Reportage vom 23.5.1949 in voller Länge im ARD ArchivradioWeiterführende Links:Planet Wissen: Verfassung in Deutschland - Das GrundgesetzWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Anja ArpRedaktion: Christoph Tiegel / Frank Zirpins
undefined
May 21, 2024 • 15min

Trotziger Schriftsteller und Grenzgänger: Stefan Heym

Am 22.5.1979 wird Stefan Heym in der DDR wegen angeblicher Devisenvergehen verurteilt. Dem Schriftsteller sollten Grenzen aufgezeigt werden. Grenzen - ohnehin Heyms zentrales Thema.Schon als Schüler veröffentlicht er 1931 in einer Chemnitzer Zeitung ein Anti-Kriegs-Gedicht. Damals noch unter seinem richtigen Namen Helmut Flieg. Daraufhin fliegt er vom Gymnasium, studiert Journalistik in Berlin, schreibt in linken Zeitungen - und landet als Feind auf der schwarzen Liste der Nazis. Als Hitler an die Macht kommt, veröffentlicht Flieg nur noch unter dem Pseudonym Stefan Heym und flieht erst nach Schlesien, von dort aus zu Fuß über die Berge nach Prag. Später emigriert er weiter in die USA und kehrt im Krieg als amerikanischer Soldat zurück. Im besetzten Deutschland arbeitet er als Militärjournalist am Aufbau einer freien Presse mit, kehrt dann aber in die USA zurück. 1948 erscheint sein Kriegsroman "The Crusaders". Als in den USA die McCarthy-Ära beginnt, kehrt er zurück nach Europa, nach Ost-Berlin. In der DDR versteht er sich als "kritischer Marxist".Schon mit SED-Parteichef Walter Ulbricht bekommt Heym Ärger wegen seiner unangepassten Kommentare. Seit den 1960er-Jahren lehnt die Zensur immer mehr Bücher von Heym ab. 1976 organisiert Heym mit anderen den Protest gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann. 1979 rechnet er in seinem Roman "Collin" mit dem Stalinismus ab. In der DDR darf das Buch nicht erscheinen. Weil Heym es im Westen drucken lässt, wird er am 22.05.1979 wegen Devisenvergehen verurteilt und aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen. Nach dem Fall der Mauer macht Heym eine kurze politische Karriere. Er stirbt am 16. Dezember 2001 bei einer Vortragsreise in Israel.In diesem Zeitzeichen erzählt Jutta Duhm-Heitzmann:Warum Stefan Heym nach seiner USA-Zeit nicht in der BRD, sondern in der DDR sesshaft wurde,dass die DDR ihn erfolglos "zu Tode schweigen" wollte,warum Stefan Heym nach der Wende in die Politik ging - und sie desillusioniert wieder verließ,dass seine Gedichte heute von jungen Leuten neu entdeckt werden.Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin:Beate Kunath (Filmemacherin, u.a. "Abschied und Ankunft")Weiterführende Links:Zeitzeichen 13.11.1976: Wolf Biermann gibt folgenreiches Konzert in KölnInternationale Stefan-Heym-GesellschaftWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Jutta Duhm-HeitzmannRedaktion: Matti Hesse / Christoph TiegelTechnik: Moritz Raestrup
undefined
May 20, 2024 • 16min

Bezahlbar wohnen in der Stadt: Jakob Reumann und das "Rote Wien"

Am 21.5.1919 wird Jakob Reumann der erste sozialdemokratische Bürgermeister Wiens. So wird das "Rote Wien" geboren: ein Reformprojekt, das die Stadt bis heute prägt.Am Ende des Ersten Weltkriegs ist Wien in Not - eine überfüllte Stadt mit schlechter Versorgungslage. Die Menschen versuchen, sich selbst zu versorgen, sich auch selbst um Wohnraum zu kümmern. Sie bauen sich am Stadtrand Hütten und legen große Gärten an.Bis 1919 gilt in Österreich das Kurienwahlrecht: Ob und wer wählen darf, hängt unter anderem von der Steuerleistung ab. Das ändert sich mit der Wahlrechtsreform. Am 4. Mai 1919 finden bei der Gemeinderatswahl in Wien erstmals allgemeine und gleiche Wahlen statt. Dabei erzielen die Sozialdemokraten mit 54,2 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit. Der Gemeinderat wählt Jakob Reumann zum Bürgermeister. Das rote Wien ist geboren.Zum Programm der neuen Stadtregierung zählt unter anderem kostenlose medizinische Versorgung, Bildungsreformen sowie die Schaffung von Wohnraum. Zentral dabei: Es sollen nicht nur Wohnungen für Menschen geschaffen werden, sondern Lebensräume. Das hat nicht nur in Wien Konsequenzen: Die eher traditionell und konservativ denkende Landbevölkerung schaut so skeptisch nach Wien, dass Wien und Niederösterreich sich trennen. Wien wird zum unabhängigen Land in Österreich und kann eigene Gesetze und eigene Steuern erheben - etwa die Wohnbausteuer.In diesem Zeitzeichen erzählt Wolfgang Meyer:Welche traurige Inschrift heute Reumanns Bronzebüste ziert,warum die Versorgungslage in Wien so schlecht war, obwohl alle Eisenbahnlinien über die Stadt liefen,warum Gemeindewohnungen in den alten Gebäuden heute noch so begehrt sind,wieso die Wohnbausteuer in der Bevölkerung große Zustimmung fand.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Werner Michael Schwarz (Historiker, Kurator im Wien-Museum)Weiterführende Links:Eine Stunde History: Österreich - Das rote Wien 1919Zeitzeichen 21.11.1916: Todestag Franz Joseph I., Kaiser von ÖsterreichWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Wolfgang MeyerRedaktion: Matti Hesse
undefined
May 19, 2024 • 15min

Mit Humor gegen den Krebs ankämpfen: Komikerin Gilda Radner

Mit ihrem humoristischen Talent ist Gilda Radner einer der Stars der TV-Show "Saturday Night Live". Den Humor verliert sie auch nicht, als bei ihr Krebs diagnostiziert wird.Im Leben von Gilda Radner sind Komödie und Tragödie immer eng verknüpft. Als Tochter eines wohlhabenden Hotelmanagers ist sie ein aufgekratztes, gut gelauntes Mädchen. Trotzdem findet sie schwer Anschluss, denn durch die Umzüge der Familie wechselt sie oft die Schule - und sie wird immer wieder wegen ihres Gewichts gehänselt.Mit zehn Jahren erhält sie Diätpillen, die heftige Stimmungsschwankungen verursachen. Ihr Kindermädchen rät ihr: "Wenn sie sagen, dass du fett bist, mach einen Witz darüber und lach. Mach du den Witz, bevor sie darauf kommen." Auch als ihr Vater an einem Tumor stirbt, ist für den Teenager Humor ein Weg, um mit der Trauer umzugehen."Meine Comedy war immer dazu gedacht, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen", sagt sie später. "Ich benutzte Comedy, um die Kontrolle über mein Leben zu halten." Doch für den Umgang mit ihrer Bulimie muss sie auf ärztliche Hilfe zurückgreifen - und weist sich selbst ins Krankenhaus ein.Als sie den Schauspieler Gene Wilder heiratet, geht es ihr gut wie nie zuvor. Doch schon bald hat sie mit Schmerzen zu kämpfen: Sie hat Krebs. Auch diesen Kampf nimmt sie mit ihrer eigenen Waffe auf: dem Humor.In diesem Zeitzeichen erzählt Jana Fischer:Wie das komödiantische Talent von Gilda Radner entdeckt wird,welche Stationen zu ihrer Karriere gehören,welches Verhältnis sie zu Fans hat,wie Ehemann Gene Wilder auf die tragische Krankheitsgeschichte von Gilda Radner reagiert.Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin:Lisa D’Apolito (Regisseurin der Doku "Love, Gilda")Weiterführende Links:Zeitzeichen: Erste Ausgabe von "Saturday Night Live"Zeitzeichen: Der Schauspieler Gene Wilder wird geborenSaturday Night Live: "Extremely stupid"Saturday Night Live: "Baba Wawa at large"Welches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Jana FischerRedaktion: Frank Zirpins
undefined
May 18, 2024 • 15min

Ikone der Evolution: das Primatenfossil "Ida"

Die Grube Messel in Hessen wird 1983 Fundort von etwas, das mit der öffentlichen Präsentation am 19.5.2009 zur Weltsensation wird: ein Primatenfossil, 47 Mio. Jahre alt.Mitten in Deutschland, auf halbem Weg zwischen Darmstadt und Frankfurt am Main, ist ein ganz besonderes Fenster in die Vergangenheit zu finden. Die Grube Messel. Etwa einen Kilometer im Durchmesser und rund 60 Meter tief ist die Grube eine sehr ergiebige Fundstelle für Fossilien, die auch besonders gut erhalten sind. Eines dieser Fossilien wird vor 15 Jahren zum weltweiten Medienstar. Am 19. Mai 2009 stellen der norwegische Paläontologe Jørn Hurum und sein Team der Weltöffentlichkeit die Sensation im New Yorker Museum für Naturgeschichte vor. Ausgegraben wird das Fossil in der heutigen UNESCO-Weltnaturerbestätte Grube Messel schon 1983 - also über ein Vierteljahrhundert vor seiner öffentlichen Präsentation. Die Politik hat zu diesem Zeitpunkt den wissenschaftlichen Wert der stillgelegten Ölschiefergrube noch nicht erkannt und will sie zur Mülldeponie umfunktionieren. Bis es soweit ist, dürfen auch Hobby-Forscher auf dem Gelände nach Fossilien suchen. Einer von ihnen findet die Schieferplatte, in der sich ein versteinertes Primatenskelett verbirgt. Die Wissenschaftler geben ihrer Entdeckung den lateinischen Namen "Darwinius masillae". Einen Spitznamen hat das Fossil auch. Jørn Hurum hat es zu Ehren seiner Tochter "Ida" getauft.In diesem Zeitzeichen erzählt Daniela Wakonigg:Wie aus einem Vulkan die Grube Messel entsteht,warum der neu entstandene See für Tiere zur tödlichen Falle wird,wie Jørn Hurum die Präsentation des Fossils und der wissenschaftlichen Untersuchungen über "Ida" zum medienwirksamen Event macht,warum Wissenschaftler darum streiten, ob "Ida" ein Trocken- oder Feuchtnasenprimat ist.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Prof. Dr. Ottmar Kullmer, Leiter der Abteilung Paläoanthropologie im Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt.Colin Tudge: Missing Link: Ida und die Anfänge der Menschheit. Der Sensationsfund aus Deutschland. 2009.Weiterführende Links:Abteilung Paläoanthropologie im Senckenberg und Naturmuseum Frankfurt.Die wissenschaftliche Erstbeschreibung Idas, veröffentlicht am 19.05.2009 (auf Englisch).BBC-Interview mit dem norwegischen Paläontologen Jørn Hurum (auf Englisch).Planet Wissen: Fossilien - Spuren im SteinWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Daniela WakoniggRedaktion: Christoph Tiegel und David RotherTechnik: Moritz Raestrup
undefined
May 17, 2024 • 15min

Todfeind der Mafia: Der italienische Richter Giovanni Falcone

Giovanni Falcone (geboren am 18.5.1938) war der wichtigste Mafia-Jäger. Er bewies, dass man die Mafia wohl nicht besiegen, aber bekämpfen kann. Dafür zahlte er mit seinem Leben.Im Frühjahr 1992 stellt die Mafia dem Richter Giovanni Falcone eine Falle: In einem Abwasserkanal unter der Autobahn 29 vom Flughafen Punta Raisi nach Palermo werden in Höhe der Kleinstadt Capaci 500 Kilogramm Sprengstoff versteckt. Der Mafia-Jäger ist seit den 1980er-Jahren der Star-Jurist Italiens. Mittlerweile arbeitet er im Justizministerium in Rom an einer Reform des Strafvollzugs.Wenn der Richter das nächste Mal heim nach Sizilien kommt, soll die Bombe hochgehen. Das ist am 23. Mai 1992 der Fall: Das Auto der drei vorausfahrenden Leibwächter wird von der gewaltigen Explosion 60 Meter hoch in die Luft geschleudert. Falcones Fahrzeug kracht in den Bombenkrater. Der Richter stirbt im Krankenhaus. Er wird 53 Jahre und fünf Tage alt.In diesem Zeitzeichen erzählt Edda Dammmüller:wie Giovanni Falcone als Kind mit den Söhnen der Mafia-Familien spielt,was der Richter über die Chancen des Kampfes gegen die Mafia denkt,mit wem Falcone im Justizpalast von Palermo eng zusammenarbeitet,welches Ermittlungscredo er verfolgt,mit wem Falcone die "Pizza-Connection" aufgedeckt.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Michael Kadereit (interviewte als letzter deutscher Journalist Falcone neun Tage vor dessen Tod)Marcelle Padovani: Giovanni Falcone – Mafia intern. München 1993Roberto Saviano: Falcone. München 2024Weiterführende Links:Planet Wissen: Mord an Mafia-Richter Giovanni FalconeFalcone-Stiftung: Ausführliche und bebilderte Biografie von Giovanni FalconeWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Edda DammmüllerRedaktion: Matti HesseProducerin: Sarah Fitzek
undefined
May 16, 2024 • 15min

Zur Rettung ungarischer Juden: ein Deal mit den Nazis

Wie können ungarische Juden vor der Vernichtung gerettet werden? Ein Hilfskomitee setzt im April/Mai 1944 auf Verhandlungen mit der SS. Ein Resultat der Gespräche ist der "Kasztner-Zug".Der Holocaust in Ungarn verläuft in einem enormen Tempo: Am 19. März 1944 marschiert die deutsche Wehrmacht das Land ein und schon gut einen Monat später, am 28. April, verlässt der erste Zug mit ungarischen Juden Budapest in Richtung Auschwitz. Innerhalb von acht Wochen werden 438.000 von ihnen dorthin deportiert. Dagegen stemmt sich das Komitee für Rettung und Hilfe, das seit 1941 versucht, Juden aus den Konzentrationslagern und Ghettos ins sichere Ausland zu bringen. Das Komitee nimmt Kontakt zur SS auf: zu Adolf Eichmann, dem Organisator der Judenvernichtung. Es kommt zu einem Versprechen: 10.000 Lastwagen gegen eine Million Juden.100.000 Juden will Eichmann als "Vorschuss" freilassen, falls Vertreter der vermeintlichen "jüdischen Weltmacht" eine Zusage für den Deal unterschreiben. Am 17. Mai 1944 macht sich deshalb Joel Brand als Komitee-Vertreter nach Istanbul auf. Derweil verhandelt Rezsö Kasztner in Ungarn weiter mit Eichmann.Schließlich fährt der sogenannte Kasztner-Zug mit 1.684 ungarischen Juden Ende Juni 1944 los - aber nicht wie ausgemacht in die Schweiz, sondern nach Bergen-Belsen. Dort gibt es auf Weisung von SS-Chef Heinrich Himmler 30.000 "Austauschjuden", die als Geiseln für mögliche "Geschäfte" mit den Westalliierten dienen sollen.In diesem Zeitzeichen erzählt Peter Meisenberg:warum Eichmann Kasztner überhaupt ernst nimmt,was aus der Mission von Joel Brand wird,welches Kalkül die SS mit dem Deal "Juden gegen Lastwagen" verbindet,wie einige Juden tatsächlich die Schweiz erreichen,dass Rezsö Kasztner nach dem Zweiten Weltkrieg für sein Engagement mit dem Leben bezahlt.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Sybille Steinbacher (Direktorin des Fritz-Bauer-Instituts und Inhaberin des Lehrstuhls zur Erforschung der Geschichte und Wirkung des Holocaust an der Goethe-Universität Frankfurt am Main)Yehuda Bauer: Freikauf von Juden? Verhandlungen zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und jüdischen Repräsentanten von 1933 bis 1945. Berlin 2019Andreas Biss: List als Waffe. Wir hielten die Vernichtung an. Berlin 2022Christian Gerlach, Götz Aly: Das letzte Kapitel - Der Mord an den ungarischen Juden 1944 bis 1945. Frankfurt am Main 2002Ladislaus Löb: Geschäfte mit dem Teufel - Die Tragödie des Judenretters Rezsö Kasztner - Bericht eines Überlebenden. Köln 2010Weiterführende Links:RBB-Retro: Interview mit Joel Brand (1961)bpb.de: Interview mit Ladislaus Löb über seinen Retter Rezsö Kasztner (2011)BR: Die Quellen sprechen - Ungarn 1944 bis 1945 (Vertonte Dokumente)Stichtag: Das Fritz-Bauer-Institut wird gegründetZeitzeichen: Die Entführung von Adolf EichmannUnser Hörtipp: WDR 5 "Das Philosophische Radio" mit Jürgen WiebickeWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Peter MeisenbergRedaktion: Matti Hesse
undefined
May 15, 2024 • 15min

Josip Broz Tito: Autokrat und Lebemann, verehrt und verachtet

Am 16.5.1974 wurde Tito als jugoslawischer Staatspräsident auf Lebenszeit bestätigt. Er war Kämpfer, Landesvater, Unterdrücker, Jetset-Mensch... eine Jahrhundertfigur.Josip Broz, genannt Tito, wird 1892 in Kumrovec, einem Dorf an der kroatisch-slowenischen Grenze, geboren und wächst in einer kinderreichen Bauernfamilie auf. Während des Ersten Weltkriegs gerät er in russische Kriegsgefangenschaft und kommt dort mit sozialistischen Ideen in Kontakt. Im Zweiten Weltkrieg führt er die Partisanen im Kampf gegen die deutsche Besatzung und gegen nationale Gruppen, die Jugoslawien in den Bürgerkrieg treiben. Nach dem Krieg gründet Tito ein sozialistisches Jugoslawien, später versucht er das Land zwischen den politischen Blöcken in Ost und West zu positionieren. Seine Herrschaft ist von strenger Kontrolle geprägt, er erlaubt aber auch eine gewisse Liberalisierung, die Reisefreiheit und Meinungsvielfalt zulässt. 1974 wird er zum Staatspräsidenten auf Lebenszeit ernannt. Titos Tod im Jahr 1980 hinterlässt ein Machtvakuum, das die kommunistische Partei nicht füllen kann. Der Slogan "Brüderlichkeit und Einheit" entpuppt sich als Illusion, und in den 1990er Jahren zerbricht Jugoslawien in einem blutigen Bürgerkrieg. Heute ist Titos Erbe ambivalent. Die Figur spaltet immer noch: Für manche ist er der Held, der Jugoslawien vereint, für andere der Diktator, der das Land ins Unglück stürzt. In diesem Zeitzeichen erzählt Claudia Friedrich:warum warmer Topfenstrudel viel mit Titos Biografie zu tun hat, woher der Name Tito kommt, warum in Jugoslawien gerade unter Jugendlichen eine Titostalgie zu beobachten ist. Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Marie-Janine Calic: Tito. Der ewige Partisan, München 2020. Marie-Janine Calic: Geschichte Jugoslawiens, München 2018. Slavko Goldstein: 1941. Das Jahr, das nicht vergeht. Die Saat des Hasses auf dem Balkan, Frankfurt am Main 2018. -Sarah Wiener: 1969. Josip Broz Tito. Der Topfenstrudel, den der jugoslawische Staats-Chef der Schauspielerin Sophia Loren servierte, in: Gerichte, die die Welt veränderten. S. 209-216), Wien 2018. Und das ist unsere Interviewpartnerin: Marie-Janine Calic, Professorin für Ost- und Südosteuropäische Geschichte, Universität München. Weiterführende Links:Planet Wissen: Kalter KriegPlanet Wissen: KommunismusPlanet Schule: JugoslawienWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Claudia Friedrich Redaktion: David Rother Technik: Claudia Friedrich

The AI-powered Podcast Player

Save insights by tapping your headphones, chat with episodes, discover the best highlights - and more!
App store bannerPlay store banner
Get the app