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Der tägliche Podcast über Geschichte von der Antike bis heute, über Europa und die Welt, über die Geschichte der Menschheit: 15 Minuten zu historischen Persönlichkeiten und Erfindungen. Von George Washington bis Rosa Luxemburg, vom Büstenhalter bis Breaking Bad.
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Nov 28, 2024 • 15min
Massenmedien: "The Times" erstmals mit Schnellpresse gedruckt
Friedrich Koenig hieß der deutsche Erfinder der dampfgetriebenen Zylinderpresse. Die Schnelligkeit des Drucks war revolutionär. Am 29. November 1814 wurde "The Times" erstmals mit der Schnellpresse gedruckt.Was heute im britischen Parlament besprochen wird, ist bei der Londoner "Times" schon am nächsten Morgen zu lesen - bei den anderen Zeitungen dagegen erst am übernächsten Tag. Dank der Schnellpresse brechen für das Blatt goldene Zeiten an und in ganz Europa boomt der Zeitungsmarkt: Es ist der Beginn der Massenblatt-Ära.Die technische Revolution ist zugleich der Höhepunkt im Leben von Friedrich Koenig. Denn der 1774 in Eisleben als Sohn eines Bauern geborene Unternehmer ist der Erfinder dieser buchstäblichen "Zeit-Spar-Maschine".Schon 1802 kommt der junge Koenig auf die Idee mit der neuen Druckpresse, doch anfangs will davon niemand etwas wissen. Erst John Walter von der "Times" erkennt 1814 die Zeichen der Zeit und bestellt zwei der Doppelzylinderdruckpressen. Damit verschafft der Verleger seiner Zeitung einen entscheidenden Vorsprung gegenüber der Konkurrenz.Die Original "Times"-Schnellpresse ist etwa 3,50 Meter lang, knapp zwei Meter hoch und komplett aus Metall. Das Auftragen der Druckerschwärze besorgt die Maschine selbstständig mit Färbewalzen. Mit mehr als 1.000 Bogen pro Stunde ist Koenigs Apparat viermal so schnell wie die herkömmlichen handbetriebenen Druckapparate - bei halbem Personaleinsatz.In diesem Zeitzeichen erzählt Stephan Beuting:wieso der Technikoptimismus des einen die Zukunftsangst der anderen ist,weshalb man den Drucker von damals angeblich an seinem Gang erkennen kann,und warum keine deutsche Zeitung zuschlägt und Koenig für den Erfolg seiner Maschine nach England auswandern muss.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Eckhard Rieck, Maschinenbau-Ingenieur, Historiker und AutorVolker Jansen, Professor für Print-Media-Technologies an der Uni StuttgartSonja Neumann, Kuratorin im Fachbereich Drucktechnik, Deutsches Museum MünchenKathrin Fahlenbrach, Medienwissenschaftlerin und Medienrezeption, Uni HamburgEckhard Rieck: Friedrich Koenig und die Erfindung der Schnellpresse. Wege eines Pioniers der modernen Unternehmensgeschichte (2015)Benjamin Krebs: Handbuch der Buchdruckerkunst. Frankfurt a.M., 1827Weiterführende Links:Spiegel: Wie Zeitungen zum Massenmedium wurden. Die Welt im LeserauschDeutschlandfunk Kultur: Wie die "Times" die Medienwelt revolutionierteStichtag: 1. Januar 1785 - Erstausgabe der "Times"Zeitzeichen: 3. Oktober 1932 - "The Times" erscheint erstmals in der Schrift "Times New Roman"Welches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens!Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor und Technik: Stephan BeutingRedaktion: Sefa İnci Suvak

Nov 27, 2024 • 15min
Wie ein Preuße die US-Armee schuf: Wilhelm von Steuben
F.W. von Steuben (gestorben am 28.11.1794) wird vermutlich wegen seiner Homosexualität aus dem preußischen Militär entlassen. Dann spielt er eine entscheidende Rolle im US-Unabhängigkeitskrieg...Der preußische Ex-General Friedrich Wilhelm von Steuben von ist gerade zum wiederholten Male entlassen worden und braucht dringend einen neuen Job. Auf der anderen Seite des Atlantiks verzweifelt zur gleichen Zeit George Washington an seiner Bauernarmee. Mit diesen ungehorsamen Männern, die zur Erntezeit einfach nach Hause fahren, lässt sich die englische Krone nicht besiegen. Einen preußischen Militärexperten könnten die neu gegründeten Vereinigten Staaten gut gebrauchen - also reist Friedrich Wilhelm von Steuben nach Amerika.Dort bringt der Preuße die Truppen mit mehr Hygiene, Training und Disziplin so auf Vordermann, dass sie am Ende sogar die Engländer besiegen. Friedrich Wilhelm von Steuben avanciert zum amerikanischen Kriegshelden. Nach seinem Tod am 28. November 1794 werden Denkmäler errichtet, jedes Jahr zieht zu seinen Ehren eine bunte Parade durch New York.Heute steht vor allem Steubens sexuelle Orientierung im Blickpunkt und hat ihn ins Zentrum aktueller US-amerikanischer Kulturkämpfe gerückt. Baron Friedrich Wilhelm von Steuben soll Männer geliebt haben, junge Männer. Während die LGBTQ-Szene ihn nun als queeren Militär feiert, der die amerikanische Geschichte mitgeschrieben hat, wollen christlich-konservative Amerikaner seine Denkmäler abreißen.In diesem Zeitzeichen erzählt Almut Finck:warum die Armee der neu gegründeten Vereinigten Staaten von Amerika hauptsächlich aus Bauern besteht,wie Latrinen helfen, die Engländer zu vertreiben, warum die Frage zur Sexualität des Preußen so schwer zu beantworten sind,von der Steuben-Parade, zu der jährlich Vereine aus Deutschland in die USA reisen.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Michael Hochgeschwender, Historiker, LMU MünchenMichael Hochgeschwender: Die Amerikanische Revolution. Geburt einer Nation. 1763-1815. München 2018Franz Fabian: Steuben. Ein Preuße in Amerika. Berlin 1996Armin M. Brandt: Friedrich Wilhelm von Steuben. Preußischer Offizier und amerikanischer Freiheitsheld. Halle 2006Weiterführende Links:6.4.1798: George Washington wird zum ersten US-Präsidenten gewählt16.12.1773: Die Boston Tea Party17.9.1730: Friedrich Wilhelm von Steuben wird geborenWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Almut Finck Redaktion: David RotherTechnik: Annette Skrzydlo

Nov 26, 2024 • 15min
Auto-Fan Bertolt Brecht kauft einen Sportwagen (am 27.11.1949)
Bertolt Brecht hat den Kapitalismus verachtet - aber schnelle Sportwagen geliebt. Und deshalb sogar einen Werbeslogan für die Marke "Steyr" geschrieben...Von einem rot-schwarzen Steyr träumt Bertolt Brecht schon lange. Die österreichische Automobilmarke hat Ende der 1920er Jahre eine Strahlkraft wie später Porsche oder Ferrari. Doch zunächst muss sich Brecht mit einem Opel begnügen, mehr gibt sein Budget nicht her. Erst mit dem Erfolg der Dreigroschenoper kann sich der Schriftsteller seinen ersten Steyr leisten. Doch die Gestapo beschlagnahmt sein Auto nur wenige Jahre später zusammen mit seinem Haus. Im dänischen Exil fährt Brecht einen Ford T - kein Vergleich mit einem Steyr. Er notiert: "Ford hat ein Auto gebaut; das fährt ein wenig laut; es ist nicht wasserdicht; und fährt auch manchmal nicht." Erst als er aus dem Exil zurück nach Berlin kommt, ist Bertolt Brecht wieder mit dem Wagen unterwegs, an dem sein Herz besonders hängt: Am 27. November 1949 kauft er einen gebrauchten, rot-schwarzen Steyr.Sein Traumauto wird später von der DDR-Polizei aus dem Verkehr gezogen. Ein 15 Jahre altes Auto auf der Straße? Eine Konsumverweigerung gegenüber der heimischen Autoindustrie, nahezu konterrevolutionär. In diesem Zeitzeichen erzählt Jürgen Werth:warum Brecht einige Autos wie Geliebte behandelt haben soll,wofür der notorisch untreue Schriftsteller seine Autos außer für Ausfahrten noch genutzt hat,warum der Minister für Kultur der DDR Bertolt Brecht in den fünfziger Jahren ein EMW Kabrio überlässt.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner und -partnerinnen:Erdmut Wizisla, langjähriger Leiter des Brecht-ArchivsUrsula Muscheler, ArchitekturhistorikerinEgon Monk, Brecht-SchülerUrsula Muscheler: Ein Haus, ein Stuhl, ein Auto. Bertolt Brechts Lebensstil. Berlin 2024. Werner Hecht: Brechts Leben in schwierigen Zeiten. Berlin 2007.Weiterführende Links:06.05.1971: Helene Weigel stirbt 14.08.1956: Bertolt Brecht stirbt in Ost-Berlin02.02.1954: Sie beherbergt Brecht im finnischen Exil: Hella Woulijoki17.01.1932: Uraufführung von "Die Mutter" von Brecht31.08.1928: Uraufführung der "Dreigroschenoper" von BrechtWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Jürgen WerthRedaktion: Matti HesseTechnik: Holger Maerten und Antonia Herzog

Nov 25, 2024 • 15min
Verträumter Nonsens statt Moralerziehung: Alice im Wunderland
Bei einem Bootsausflug mit der kleinen Alice Liddell erfindet Lewis Carroll die Geschichte, die später Dalí und die Beatles inspiriert. Am 26.11.1864 übergibt er ihr sein Manuskript."Alice’s Adventures Under Ground" - so lautet der ursprüngliche Titel, den Charles Dodgson, besser bekannt als Lewis Carroll, 1864 seiner ersten Version der berühmten Erzählung gibt. Was als spontane Geschichte während eines Bootsausflugs auf der Themse beginnt, wird auf Drängen der zehnjährigen Alice Liddell, Dodgsons junger Zuhörerin, zu einem Manuskript - ausgestattet mit Zeichnungen des Autors selbst.Die Geschichte der jungen Alice ist weit mehr als ein Kinderabenteuer: Sie sprengt die Regeln viktorianischer Konventionen und belehrender Kinderliteratur. Statt Gehorsam und Moral zeigt Alice Mut, Witz und die Fähigkeit, im Chaos ihren eigenen Weg zu finden. Figuren wie die Grinsekatze, der Hutmacher oder die herzlose Herzkönigin, die absurde Logik und sprachliche Spielereien machen die Geschichte bis heute zu einem literarischen Phänomen.Im November 1864 überreicht Dodgson der kleinen Alice sein handgeschriebenes Manuskript. Doch dabei bleibt es nicht: Dodgson überarbeitet und erweitert sein Werk. Mit Unterstützung eines befreundeten Schriftstellers veröffentlicht er seine Geschichte 1865 schließlich unter dem Titel, den man bis heute kennt: "Alice’s Adventures in Wonderland".In diesem Zeitzeichen erzählt Christian Kosfeld:warum der Mathematik-Dozent und Hobbyfotograf Charles Dodgson unter dem Pseudonym Lewis Carroll schrieb, wer die zehnjährige Alice Liddell ist, die Carrolls Geschichte inspirierte, wie Carroll reale Personen, Orte und Eigenheiten wie sein Stottern humorvoll in die Figuren des Buches einarbeitet,und warum seine Fotos von Alice Liddell und anderen Kindern noch heute kontrovers diskutiert werden.Das sind unsere wichtigsten Quellen:Lewis Carroll: Alles über Alice. Hamburg 2002.Peter Hunt: Alice im Wunderland. Wie alles begann, Darmstadt 2021.Thomas Kleinspehn: Lewis Carroll, Hamburg 1997.Und das ist unsere Interviewpartnerin:Prof. Dr. Monika Schmitz-Emans, Professorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Ruhr-Universität BochumWeiterführende Links:Klassiker der Weltliteratur – Lewis Carroll British Library – The Original Alice Planet Wissen – KinderliteraturWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Christian Kosfeld Redaktion: Carolin Rückl und David Rother

Nov 24, 2024 • 15min
Deutsche Antwort auf Sherlock Holmes: Autorin Jenny Hirsch
Jenny Hirsch war eine Pionierin der Frauenbewegung des 19. Jahrhunderts und kämpfte für die Unabhängigkeit von Frauen. Unter dem Pseudonym J. N. Heynrichs veröffentlichte sie Kriminalromane, um finanziell unabhängig zu sein. Ihr geheimes Doppelleben als Autorin und Frauenrechtlerin kam ans Licht, als sie als Schöpferin des erfundenen Fritz Arnefeldt enttarnt wurde. Ihre Werke stellten Geschlechterrollen in Frage, während sie sich für Bildung und Berufschancen für Frauen einsetzte. Hirsch bleibt eine inspirierende Figur für die heutige Emanzipation.

Nov 23, 2024 • 15min
Patent für Stacheldraht: Das Ende der Cowboy-Ära?
Am 24. November 1874 revolutionierte ein Patent für Stacheldraht die Viehhaltung im Wilden Westen. Die innovative Erfindung von Joseph Glidden überzeugte skeptische Texaner in einer spektakulären Demonstration. Der Stacheldraht bot wirtschaftliche Vorteile, reduzierte den Materialaufwand und führte zu einem Verkaufsboom. Doch während Glidden Reichtum erlangte, klagten Cowboys über verlorene Weidefreiheit und Landkonflikte. Auch die indianischen Völker litten unter den neuen Zäunen, die sie als 'Teufelsseil' bezeichneten.

Nov 22, 2024 • 15min
Das geheime Leben der DDR-Elite: die Waldsiedlung Wandlitz
Die Waldsiedlung Wandlitz, fast 30 Jahre exklusiver Wohnort für SED-Politbüromitglieder. Am 23.11.1989 gewährt erstmals eine TV-Reportage der Öffentlichkeit Einblick.Offiziell existiert die Waldsiedlung Wandlitz nicht. Das Gebiet ist auf keiner Karte verzeichnet. Es ist scheinbar Niemandsland. Die DDR-Öffentlichkeit erfährt nichts von der Siedlung. Intern gilt die Regel: Wer Mitglied oder Kandidat des SED-Politbüros wird, muss nach Wandlitz umziehen. Es reicht also nicht aus, nur Minister oder Vorsitzender einer Blockpartei zu sein.Im Herbst 1989 versucht das DDR-Fernsehen erstmals, die Siedlung zu besichtigen. Reporter Jan Carpentier fährt mit einem Kamerateam für die Jugendsendung "Elf99" dorthin, wo die politische Macht Ostdeutschlands wohnt. Doch sie werden abgewiesen. Es handele sich um ein militärisch gesichertes Objekt.Erst zwei Tage später, am 23. November, gibt es den ersten offiziellen Termin zur Besichtigung der Politbürosiedlung. Ein Mensch, der sich als Schmidt vorstellt, führt die Pressevertreter durch ein schon länger leer stehendes Wohnhaus und behauptet, die Einrichtung stamme aus DDR-Produktion. Nur einige Sanitärarmaturen seien importiert worden.In diesem Zeitzeichen erzählt Thomas Klug:in welchem Teil von Berlin die DDR-Führung zunächst wohnt,was der russische Dichter Wladimir Majakowski damit zu tun hat,warum die SED-Prominenz 1953 nach Berlin-Karlshorst umzieht,wann sich die ersten Funktionäre in der Wandlitzer Waldsiedlung niederlassen,wie das Haus von SED-Chef Walter Ulbricht ausgestattet ist.Das ist unser wichtigster Interviewpartner:Ulrich Mählert (Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur)Weiterführende Links:Zeitzeichen 14.07.1945: Beginn der "Blockparteien" in der Sowjetischen BesatzungszoneZeitzeichen 22.04.1946: KPD und SPD vereinigen sich in Ost-Berlin zur SEDZeitzeichen 17.06.1953: Aufstand in Ost-Berlin und in der DDRZeitzeichen 06.01.1990: Erste DDR-Tournee von Udo LindenbergIFL: Stelenrundgang in der Waldsiedlung WandlitzBundesarchiv: Stasi-Dokumente zum "Politbüro des ZK der SED"bpb.de: Institutionen der SEDWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Thomas KlugRedaktion: Christoph Tiegel und Matti Hesse

Nov 21, 2024 • 15min
Start ins Chaos: Konferenz zur Rechtschreibreform (22.11.1994)
Groß, klein, zusammen, getrennt - die deutsche Rechtschreibung ist voller Fallstricke. Mit einer Reform sollte sie vereinheitlicht und vereinfacht werden - mit gemischtem Erfolg.Fachleute aus der BRD, DDR, Österreich und der Schweiz beraten über viele Jahre, wie die Rechtschreibung einfacher, einheitlicher, verständlicher für Lernende werden kann: 1964 wird das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in Mannheim gegründet, als wissenschaftliche Einrichtung zur Erforschung der deutschen Sprache.1987 beauftragt die Kultusministerkonferenz der Länder das Institut, ein Regelwerk zu erstellen. Sieben Jahre später ist es soweit. Vom 22. bis 24. November 1994 treffen sich Wissenschaftlerinnen, Fach-Beamte und Verbände zur Wiener Orthographiekonferenz. Sie empfehlen eine umfassende Rechtschreibreform.Schließlich beschließt die Kultusministerkonferenz die Einführung der neuen Rechtschreibung zum 1. August 1998. Als die Vorschläge bekannt werden, bricht eine Protestwelle los. Doch das Bundesverfassungsgericht entscheidet: Die Reform ist rechtmäßig und darf bis zum Jahr 2005 in Behörden, Verwaltungen, Schulen und Hochschulen eingeführt werden. Auch sie wird in den folgenden Jahren mehrmals reformiert.In diesem Zeitzeichen erzählt Christian Kosfeld:was Konrad Duden 1876 anlässlich einer ersten Rechtschreib-Konferenz erklärt,welche wichtigen Änderungen die "Neue Rechtschreibung" von 1901 enthält,wie viele Germanisten an der Wiener Orthographie-Konferenz teilnehmen,warum 2004 der "Rat für Deutsche Rechtschreibung" gegründet wird,wie wichtig das Lernen von Rechtschreibregeln trotz KI und Textprüf-Programmen ist.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Sabine Krome (Projektleiterin Orthographieforschung am Leibniz Institut für Deutsche Sprache Mannheim, Ex-Geschäftsführerin des "Rats für deutsche Rechtschreibung")Ilpo Tapani Piirainen: Der Weg zur deutschen Rechtschreibreform von 1998. Zur Geschichte einer Kulturfertigkeit. In: Orbis Linguarum, 1999Günther Thomé: Deutsche Orthographie: historisch - systematisch - didaktisch. Grundlagen der Wortschreibung. Oldenburg 2019Weiterführende Links:Planet Wissen: Geschichte der RechtschreibungMoMa: 25 Jahre RechtschreibreformRat für deutsche Rechtschreibung: Grundlagen der deutschen RechtschreibungWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Christian Kosfeld Redaktion: Frank Zirpins

Nov 20, 2024 • 15min
Der Schelm Nasreddin Hoca: Humorist der islamischen Welt
Nasreddin Hoca (Todesjahr 1284) begeistert mit seinen humorvollen Geschichten seit Jahrhunderten. Er zeigt, wie Islam und Humor zusammenpassen.Im Herzen der Türkei, in der mittelanatolischen Stadt Akşehir, steht ein Mausoleum, dessen Tür ein überdimensionales Vorhängeschloss sichert – reinste Ironie, denn ansonsten ist die Grabstätte ringsum frei zugänglich.Das Grab von Nasreddin Hoca ist mit einem übergroßen Turban aus Marmor geschmückt. Darauf steht: Gestorben 683 Hedschra. Nach christlicher Zeitrechnung also 1284. Ob er aber tatsächlich existiert hat oder nicht, ist nicht bekannt.Heute geht man davon aus, dass Nasreddin Hoca eine historische Persönlichkeit des 13. oder 14. Jahrhunderts gewesen sein könnte. Damals erscheinen die ersten Nachrichten über ihn. Sie berichten über ein Schlitzohr, das verschmitzt und mit Schläue, manchmal auch frech, die Schwächen der Menschen humorvoll karikiert.In diesem Zeitzeichen erzählt Marfa Heimbach:Warum Nasreddin Hoca in der Erzählforschung als "Kristallisations-Figur" bezeichnet wird,welche Art von Anekdoten und Geschichten von ihm stammen sollen,wie groß das Spektrum der Themen ist,welche Rolle die Gestalt des berühmten mongolischen Eroberers Timur Leng spielt,was Michail Gorbatschow mit Nasreddin Hoca zu tun hat.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Professor Ulrich Marzolph (Islamwissenschaftler, Universität Göttingen)Ulrich Marzolph (Hg.): Nasreddin Hoca – 666 wahre Geschichten. München 1996Ulrich Marzolph: Arabia Ridens. Frankfurt 1992Celal Özcan (Hg.): Die besten Geschichten von Nasreddin Hoca. München 2014Weiterführende Links:HR2: Nasreddin Hodscha und der WalnussbaumNDRKultur: Wie steht es um den Humor im Islam?SWR: Humor in den ReligionenWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Marfa HeimbachRedaktion: David RotherTechnik: Sarah Fitzek

Nov 19, 2024 • 14min
Der Jahrhundertroman: 100 Jahre "Zauberberg"
Bequem, lustig und auf begrenztem Raum - so stellt sich Thomas Mann sein neues Werk vor. Am Ende ufert die Arbeit so aus wie der Aufenthalt von Hans Castorp im Sanatorium. Im November 1924 kommt das Buch erstmals in den Handel.Thomas Manns Roman begleitet den jungen Hans Castorp, der seinen kranken Vetter im Berghof besucht. Er will eigentlich nur ein paar Wochen bleiben, doch schon bald verändert sich sein Leben – und das Verständnis von Zeit. In der dünnen Bergluft wird er mit Liebe, Tod und philosophischen Fragen konfrontiert, die ihn bis zum Ersten Weltkrieg begleiten. Mann verarbeitet in seinem Jahrhundertroman mit präziser Sprache und feiner Ironie sein eigenes Leben. Im Frühsommer 1912 begibt sich der 36-Jährige in die Schweizer Berge, um seine an Tuberkulose erkrankte Frau Katia zu besuchen. Im Sanatorium von Davos begegnet er einer faszinierenden Welt aus Kranken und Genesenden, deren seltsames Verhalten seine Fantasie anregt. Noch lange nach seiner Reise spielt er mit den Eindrücken, und aus diesen keimen die ersten Ideen für seinen großen Roman.Über Jahre hinweg geschrieben, entfaltet sich "Der Zauberberg" als psychologisches und geistiges Abenteuer, das tief in die Zeitgeschichte der Vorkriegsjahre eintaucht. Es ist ein literarisches Monument über den Wandel der Wahrnehmung und die Komplexität des Lebens, das auch ein Jahrhundert nach seiner Veröffentlichung zum Nachdenken und Staunen anregt.In diesem Zeitzeichen erzählt Monika Buschey:wie der Roman mit seinen langen Dialogen und tiefgründigen Reflexionen auch zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der eigenen Wahrnehmung anregt,wie die Charaktere des Romans, Leo Naphta und Ludovico Settembrini, zentrale Fragen des 20. Jahrhunderts behandeln und dabei die politische Landschaft der damaligen Zeit widerspiegeln,und wie das Buch den Leser in eine Welt entführt, in der Entschleunigung den Tag bestimmt.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Prof. Dr. Ralph Köhnen, Ruhr Universität BochumThomas Mann: Der Zauberberg, Frankfurt am Main 1924. Hans Wysling: Thomas Mann. Selbstkommentare: „Der Zauberberg“, Informationen und Materialien zur Literatur, Berlin 1939.Weiterführende Links:Planet Wissen - Thomas MannARTE Dokumentation - "Der Zauberberg", Thomas Manns JahrhundertromanPlanet Schule - Dichter dran: Thomas MannWDR Zeitzeichen - 27. September 1942 - Thomas Mann spricht in der BBC über den HolocaustWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Monika Buschey Redaktion: Frank Zirpins Technik: Sarah Fitzek


