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Aug 11, 2024 • 15min

Todestag des Schauspielers Robin Williams (11.8.2014)

Komik und Tragik kann Robin Williams als Schauspieler hervorragend verbinden. Privat kämpft der Weltstar mit schweren Krankheiten. Im Alter von nur 63 Jahren geht er aus dem Leben.Seine Karriere beginnt der Schauspieler Robin Williams als Stand-up-Comedian. Mitte der 1970er-Jahre erhält er die Hauptrolle in der TV-Show "Mork vom Ork". Darauf folgen kleinere Rollen in Filmen - bis Williams 1988 seinen Durchbruch hat: In "Good Morning Vietnam" spielt er einen Radiomoderator, der im Vietnamkrieg bei einem US-Soldatensender die Truppen vor Ort aufheitern soll.In dieser Filmrolle kann Williams seine Qualitäten als Schauspieler und sein Improvisationstalent als Komiker zeigen. Das eröffnet ihm neue Möglichkeiten. Mit "Club der toten Dichter" kommt er 1989 endgültig in Hollywood an. Doch mit dem Ruhm kommen für Williams die Probleme. Er leidet unter dem Konkurrenzdruck und trinkt zu viel.Williams schafft zwar den Entzug und knüpft mit Familienfilmen wie "Mrs. Doubtfire" und "Hook" an alte Erfolge an. Doch 2006 folgt ein Rückfall in die Alkoholsucht. Nach einer weiteren Therapie dreht Williams weitere Filme, aber die Blockbuster bleiben aus. 2014 wird bei ihm Parkinson festgestellt. Am 11. August des Jahres wird der 63-Jährige tot aufgefunden. Die Umstände lassen auf Suizid schließen.In diesem Zeitzeichen erzählt Amy Zayed:Wie Robin Williams aufwächst und Theaterkurse in der Schule besucht,mit wie viel Arbeit er seine Improvisationen kombiniert,warum er betonen muss, dass er sein Handwerk an einer der besten Schauspielschulen gelernt hat,für welchen Film Williams mit dem Oscar ausgezeichnet wird,welche Sehnsucht der Weltstar nach Normalität und Alltag hat.Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:Dave Itzkoff (Journalist und Autor einer Biografie von Robin Williams)Hennes Bender (Comedian und Filmkritiker)Weiterführende Links:Tagesthemen ehren Robin Williams: "O Captain! My Captain!"Zu Gast bei Conan O'Brien: Robin Williams' Auftritt in einer Late-Night-ShowWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Amy ZayedRedaktion: Christoph Tiegel und Sefa Inci SuvakTechnik: Petra LaubachHaben Sie Suizidgedanken? Hier gibt es HilfeWer Suizidgedanken hat, dreht sich dabei innerlich meist im Kreis. Dadurch wirkt die Situation festgefahren, der Teufelskreis lässt sich aber durchbrechen. Anonyme und kostenlose Hilfe finden Betroffene zum Beispiel bei der Telefonseelsorge unter den Rufnummern 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222 sowie 116 123. Per Chat bietet die Telefonseelsorge auf dieser Webseite Unterstützung. Die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention listet hier Beratungsstellen für persönliche Gespräche auf.
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Aug 9, 2024 • 15min

Der Vater der Stratocaster: Clarence Leonidas "Leo" Fender

Er erfand eine Rock-Ikone: die "Strat". Die weltberühmte E-Gitarre, die den Sound der Blues-, Rock- und Popmusik für immer geprägt hat. Leo Fender wurde am 10. August 1909 geboren. Der 1909 in Kalifornien geborene Clarence Leo Fender begeistert sich schon auf der Highschool für elektrotechnische Tüfteleien. 1938 eröffnet der gelernte Buchhalter ein Radiogeschäft, in dem er auch Lautsprecheranlagen, Gitarren und Verstärker repariert. Bald beginnt Fender selbst, Gitarrenverstärker und elektrische Gitarren zu bauen und gründet 1946 die Fender Electric Instruments Manufacturing Company.Die sogenannten "Hawaii-Gitarren" haben noch einen Resonanzkörper mit F-Löchern wie eine Geige und werden im traditionellen Instrumentenbau mit fest verleimten Hälsen handgefertigt. Fender jedoch experimentiert mit einer völlig neuartigen Bauweise, einer brettartigen, aus Massivholz gesägten Gitarre mit angeschraubtem Hals - ohne Resonanzraum und Schallloch.Als er 1950 die erste Fender Broadcaster in "Solid-Body"-Bauweise vorstellt, lacht ihn die Konkurrenz aus. Doch das als "Kanupaddel" und "Fliegenklatsche" verhöhnte Brett wird zur ersten kommerziell erfolgreichen E-Gitarre der Welt. 1954 folgt mit der weiterentwickelten Fender Stratocaster die bis heute meist kopierte Gitarre der Welt. Superstars wie Jimi Hendrix, Eric Clapton oder Pink Floyds David Gilmour schwören auf ihre "Strat".Keinen der Musiker, die auf seinen Gitarren Rockgeschichte schreiben, lernt Fender persönlich kennen. Er ist kein Partygänger, raucht und trinkt nicht. Bis ins hohe Alter tüftelt er daran, die Gitarren, Bässe und Verstärker, die seinen Namen tragen, zu verbessern. Ein Jahr nach seinem Tod im März 1991 wird Clarence Leo Fender in die "Rock and Roll Hall of Fame" aufgenommen.In diesem Zeitzeichen erzählt Christopher Heimer:Welche zwei Dinge man braucht, um einen guten Verstärker zu bauen,warum Fenders E-Gitarre so kostengünstig herzustellen ist,dass Fender selbst den 1951 herausgebrachten E-Bass für seine größte Errungenschaft hält, welche für die damalige Zeit astronomische Summe er für den Verkauf seiner Firma erhält.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:"Captain" Jörg Medwed, Inhaber der Captain Guitar Lounge. Medwed sammelt, repariert und verkauft alte Gitarren und Verstärker. Gleichzeitig baut er auch eigene Verstärker, die einen exzellenten Ruf genießen und häufig auf alten Fender-Schaltungen basieren. Forrest White: Fender - The Inside Story (Backbeat, 1994)Richard R. Smith: Fender - Ein Sound schreibt Geschichte (Nikol, 2005)Phyllis Fender/Randall Bell: Leo Fender - The Quiet Giant Heard Around The World (Leadership, 2017)Leo Fender History von G&L GuitarsWeiterführende Links:30. März 1945 - Gitarrist Eric Clapton wird geboren18. September 1970 - Gitarrist Jimi Hendrix gestorbenKurt-Cobain-Gitarre bringt 1,5 Millionen DollarWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Christopher HeimerRedaktion: Sefa Inci Suvak
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Aug 8, 2024 • 15min

Tove Jansson – Queere Ikone und Mutter der Mumin-Trolle

Weltweit bekannt ist Tove Jansson für ihre Geschichten und Zeichnungen rund um die Mumin-Trolle. In Finnland ist die Zeichnerin und Autorin dazu eine Ikone und Wegbereiterin der queeren Community.Was Pippi Langstrumpf für Schweden, sind die Mumins für Finnland: Die rundlichen weißen Trolle, die ein wenig an Nilpferde erinnern, sind wohl Finnlands bekanntesten Kinderfiguren. Für ihre Erfinderin, die Zeichnerin und Autorin Tove Jansson, sind die Geschichten zunächst eine Flucht vor Krieg und Gewalt.Die am 9.8.1914 geborene Malerin und Zeichnerin Tove Jansson feierte gerade ihre ersten Erfolge, als im November 1939 die Russen in Finnland einmarschieren. Mit dem Winterkrieg beginnen schreckliche Jahre: Ihre Freunde kämpfen an der Front, in ihrer Geburtsstadt Helsinki heulen ständig die Sirenen. Jansson entwirft die Mumins und ihre eigene Märchenwelt.Die witzig-versponnenen Mumin-Familie lebt zusammen mit anderen Kreaturen in einem grünen Tal, umgeben von Bergen. Aufkommende Bedrohungen und Probleme werden stets von der Mutter souverän gelöst. Als Vorbild gilt Janssons eigene Mutter, die liebevoll die Kinder aufzieht und die Familie mit ihrer Arbeit als Grafikerin zusammen hält. Ihr Vater ist Bildhauer, exzentrisch und häufig unterwegs.Insgesamt schreibt Tove Jansson neun Bücher über die Mumins, die in mehr als 40 Sprachen übersetzt werden. Auch ihre große Liebe, die Grafikerin Tuulikki Pietilä, ist unschwer in den Geschichten als Too-Ticki zu erkennen. Die sagt in einer Mumin-Geschichte einmal den bemerkenswerten Satz: "Alles ist sehr ungewiss, und das finde ich beruhigend."In diesem Zeitzeichen erzählt Christine Kopka:dass die rebellische Tove Jansson schon mit 16 Jahren die Schule verlässt,wie sie Karikaturen von Adolf Hitler zeichnet und sich deswegen mit ihrem Vater streitet,über Toves Liebe zu Frauen, als Homosexualität in Finnland noch verboten war,warum "Die Mumins" noch aktuell sind und immer neu aufgelegt werden.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Christian Panse, Übersetzer, Jansson-Experte und Gründer des Virtuellen MuminforschungszentrumsTove Jansson: Komet in Mumintal. Würzburg 2023Tove Jansson: Eine drollige Gesellschaft. Würzburg 2016Tove Jansson: Geschichten aus dem Mumintal, Würzburg 2016Tove Jansson: Das Sommerbuch. Köln 2014  Tuula Karjalainen: Tove Jansson. Die Biographie Stuttgart 2014Weiterführende Links:Virtuelles Muminforschungszentrum von Christian Panse mit vielen Informationen über die Mumins und Tove JanssonDie Mumins - WDR Hörspiel-Serie nach dem Kinderbuch-KlassikerWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Christiane KopkaRedaktion: Frank ZirpinsTechnik: Theo Kramer
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Aug 7, 2024 • 15min

"Game of Thrones" im Frankenreich: Skandal um Lothar II.

Es ist die Promi-Trennung des 9. Jahrhunderts: König Lothar II. will zu seiner Geliebten Waldrada, ist aber mit Theutberga verheiratet. Es mischen sich ein: der Papst und machthungrige Onkel. Am 8.8.869 stirbt Lothar.Als der fränkische König Lothar II. im Jahr 857 seine kinderlose Ehefrau Königin Theutberga verstößt, um seine Geliebte Waldrada zu heiraten und seinen unehelichen Sohn als Nachfolger einzusetzen, greifen die Chronisten empört zu Feder und Pergament und halten alle schmutzigen Details für die Nachwelt fest.Die pikante Angelegenheit ist hochumstritten und zieht weite Kreise. Theutberga und ihre Familie wehren sich gegen die Kränkung. Bischof Hinkmar von Reims lehnt eine Trennung strikt ab. Viele Adlige hingegen unterstützen den König. Seine Brüder und Onkel wiederum spekulieren darauf, dass die Trennung des Königspaares – das keinen legitimen Erben hat – ihnen in die Hände spielt und sie Teile von Lothars Gebiet übernehmen können.Der Papst Nikolaus I. höchstpersönlich verlangt, dass Lothar sich von Waldrada fernhält, solange die Angelegenheit nicht endgültig geklärt ist. Aber auch die Autorität des Papstes stimmt Lothar II. nicht um. Noch bevor der König seine Angelegenheit zu einem guten Ende führen kann, stirbt er am 8. August 869 nach seinem Besuch beim Papst auf dem Heimweg in Piacenza, wo er beigesetzt wird.In diesem Zeitzeichen erzählt Maren Gottschalk:warum Lothar II. überhaupt die fränkische Adelige Theutberga im Jahr 855 heiratet,mit welchem Gottesurteil sich Königin Theutberga gegen Gerüchte wehrt,wie brutal König Lothar gegen seine Ehefrau vorgeht,welche Gebiete zu Lothars Königreich gehören.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Linda Dohmen (Historikerin am Institut für Mittelalterliche Geschichte der Universität Bonn)Linda Dohmen: Die Ursache allen Übels - Untersuchungen zu den Unzuchtsvorwürfen gegen die Gemahlinnen der Karolinger. Ostfildern 2017Max Sdralek: Hinkmars von Rheims kanonistisches Gutachten über die Ehescheidung des Königs Lothar II. Freiburg 1881Weiterführender Link:Zeitzeichen 05.06.774: Karl der Große wird König der Franken und LangobardenWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Maren GottschalkRedaktion: David RotherTechnik: Nico Söllner
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Aug 6, 2024 • 15min

Tanz in den Wolken: Hochseilakt am World Trade Center (7.8.1974)

55 Meter trennten die Türme des World Trade Centers. Philippe Petit überwindet den Abgrund auf einem illegal gespannten Hochseil - in 415 Metern Höhe. Es ist das künstlerische Verbrechen des Jahrhunderts."Mein erster Schritt war furchterregend. Die Luftdichte ist anders. Manhattan ist nicht mehr unendlich", erinnert sich Philippe Petit später. Mehr als 400 Meter unter ihm gehen die New Yorker gerade zur Arbeit und können kaum glauben, was sie sehen: Zwischen den Türmen des noch nicht einmal ganz fertig gestellten Word Trade Centers tänzelt ein Mann auf einem Drahtseil.Für Philippe Petit sind seine spontanen Zuschauer nicht größer als Stecknadelköpfe. Aber herunterschauen kann er nicht – jede Unachtsamkeit würde ihn das Leben kosten. Dabei kennt er sich aus mit kühnen Aktionen: Der Franzose ist bereits auf einem dünnen Geflecht zwischen den Türmen von Notre-Dame in Paris und den Pfeilern der Harbour Bridge in Sydney flaniert. Als der Akrobat vom Bau des World Trade Centers hört, ist ihm sofort klar, dass er nach New York muss.Über Monate plant Philippe Petit seinen, wie er es nennt, Coup, der ihn berühmt machen wird. Dazu verschafft er sich als Journalist, Monteur, Industrieunternehmer unzählige Male Zutritt zu den Zwillingstürmen. Zusammen mit Freunden misst er aus, erstellt Zeitpläne und schmuggelt die tonnenschwere Ausrüstung ins neue Prestige-Gebäude der USA. Am frühen Morgen des 7. August 1974 ist es soweit. Philippe Petit spaziert mit seiner 35 Kilo schweren Balancestange ohne jede Sicherung zwischen den Türmen hin und her. Nach einer Dreiviertelstunde ist Schluss. Polizisten stürmen die Plattform und nehmen Philippe Petit fest. Das ist ihm egal, sein Name für immer mit dem World Trade Center verbunden. In diesem Zeitzeichen erzählt Claudia Friedrich:wie Philippe Petit den Seiltanz für sich entdeckt hat,dass er sein Seil spannte, weil ihn niemand engagieren wollte,wie der Künstler seine illegalen Aktionen vorbereitet hat,dass sich der Einsturz des World Trade Centers für Philippe Petit angefühlt habe, als hätte er sein Zuhause verloren.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Angeli Janhsen, Professorin für Kunstgeschichte Angeli Janhsen, Angeli: Philippe Petit. IN: Neue Kunst als Katalysator. Berlin 2012Philippe Petit: Über mir der offene Himmel. Szenen aus dem Leben eines Hochseilkünstlers. Stuttgart 1998Philippe Petit: On the high wire. London 2019Philippe Petit: To reach the Clouds. New York 2002.Paul Auster: Auf dem Hochseil. In: Die Kunst des Hungers. Hamburg 2000Weiterführende Links:Zeitzeichen über Konrad Thurano - ältester aktiver Artist der Welt Mathias Rust landet in MoskauWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Claudia FriedrichRedaktion: Frank Zirpins
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Aug 5, 2024 • 15min

Carl Schuchhardt - der größte unbekannte deutsche Archäologe

Er revolutionierte die Archäologie: Statt wild in der Erde zu wühlen und Schätze zu suchen, trug er sie schichtweise ab und berücksichtigte Bodenverfärbungen. Am 6. August 1859 wurde Carl Schuchhardt geboren.Wer war der größte deutsche Archäologe? Nicht etwa Heinrich Schliemann mit seinem "Schatz des Priamos" in Troja. Für Archäologin Anne Viola Sievert vom Museum August Kestner in Hannover ist es Carl Schuchhardt.Er reformiert die Archäologie: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt er eine neue Grabungsmethode, die heute noch immer Gültigkeit hat. Sein Vorgehen bei Grabungen im wiederentdeckten Römerlager in Haltern: Zunächst entfernt er die Humusschicht und erzeugt eine ebene Fläche, das sogenannte Planum. Darauf zeichnen sich ehemalige Gruben als dunkle Verfärbungen ab.Beim Graben nach weiteren Bodenschichten können vertikale Schnitte angelegt werden. Im Schnitt eines Planums ist zu sehen, wie weit sich beispielsweise eine Bodenverfärbung von der Oberfläche weiter nach unten zieht. Auf diese Weise werden auch ehemalige Pfosten von Holzbauten sichtbar, deren Erdlöcher Spuren hinterlassen haben.Solche "Pfostenlöcher" ermöglichen es, Rückschlüsse auf die Anordnung und Architektur ehemaliger Bauten zu ziehen. 1904 informiert Schuchhardt den Kaiser über seine Erkenntnisse und sagt: "Nichts ist dauerhafter als ein ordentliches Loch." Darüber amüsiert sich Wilhelm II. so sehr, dass er einen Lachanfall bekommt.In diesem Zeitzeichen erzählt Marko Rösseler:wie Carl Schuchhardt bei einem Aufenthalt in Rumänien sein Interesse für Bodendenkmäler entdeckt,um welche Art Burgen es in Schuchhardts Spezialgebiet der Burgen-Archäologie gehtwelcher berühmte Althistoriker dem jungen Mann ein Archäologie-Reise-Stipendium vermittelt,wie er als Archäologe das wahre Alter der angeblichen "Römerschanze" in Potsdam bestimmt.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Anne Viola Sievert (Archäologin, Museum August Kestner in Hannover)Carl Schuchhardt: Aus Leben und Arbeit. Berlin 1944Carl Schuchhardt: Die Burg im Wandel der Geschichte. Unveränderter Nachdruck von 1931. Wiesbaden 1991Cassius Dio: Römische Geschichte. Düsseldorf 2007Weiterführende Links:LWL-Video: Wie Archäologen im Römerlager in Haltern am See arbeitenSWR: Altersbestimmung in der Archäologie - Woher wissen wir das?Zeitzeichen 11.05.2017: Erster internationaler Kongress der Spurenleser in KölnWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Marko RösselerRedaktion: Matti Hesse
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Aug 4, 2024 • 15min

Frankreichs größtes Geschenk an die USA: die Freiheitsstatue

Geburtsstätte einer der berühmtesten Ikonen der USA war eine Werkstatt in Paris. Am 5.8.1884 wurde in New York der Grundstein für den Sockel der Freiheitsstatue gelegt."Liberty Enlightening the World" - so lautet der offizielle Name und die weltweite Botschaft der grünen Frauen-Statue im Hafen von New York. Das 46 Meter hohe Original steht seit 1886 im New Yorker Hafen und gehört zu den meistbesuchten Monumenten der Welt. Doch ihre Geburtsstätte ist eine Werkstatt in Paris.Während amerikanische Nord- und Südstaatler bis 1865 im Bürgerkrieg über die Deutungshoheit des Begriffs Freiheit streiten, kommt eine Gruppe französischer Liberaler auf der anderen Seite des Atlantiks bei einem Festbankett nahe Paris zusammen. Sie entwickeln die Idee, 1876 den USA zum 100. Unabhängigkeitstag eine Freiheitsstatue zu überreichen.Der Zeitplan wird zwar nicht eingehalten, der Bau des Monuments ist aber dennoch wie geplant ein Gemeinschaftsprojekt: Der Bildhauer Frédéric Bartholdi konstruiert die Statue in Paris, die Amerikaner finanzieren den Sockel auf der Insel Bedloe‘s Island in der Bucht von New York. Der Grundstein für die Errichtung der Freiheitsstatue wird 1884 gelegt.In diesem Zeitzeichen erzählt Melahat Simsek:Welcher französische Bewunderer von Abraham Lincoln die Idee einer Freiheitsstatue vorantreibt,was das mit dem Regime von Napoleon III. zu tun hat,warum die USA gerade zu diesem Zeitpunkt ein Vorbild für Freiheit und Selbstverwaltung ist,wie sich der spätere Eiffelturm-Erbauer am Bau der Freiheitsstatue beteiligt,beim welchem Wetter die Statue im Oktober 1886 feierlich eingeweiht wird.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Jasper Trautsch (Historiker Nordamerikastudien, Universität Bonn)Michaela Hampf (Historikerin Nordamerikastudien, Universität Hamburg)Jonathan Harris: A Statue for America - The First 100 Years of the Statue of Liberty. New York 1985Weiterführende Links:Bildergalerie: Wie Lady Liberty geplant, gebaut und aufgestellt wurdeARD-alpha: Die Freiheitsstatue (USA) - Symbol der FreiheitZeitzeichen 20.04.1808: Napoleon III. wird geborenZeitzeichen 12.02.1809: Abraham Lincoln wird geborenZeitzeichen 15.12.1832: Gustave Eiffel wird geborenZeitzeichen 01.01.1832: US-Einwanderungsbehörde nimmt Arbeit auf Ellis Island aufWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Melahat SimsekRedaktion: Christoph Tiegel und Sefa SuvakTechnik: Christiane Blanke und Annett Bastian
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Aug 3, 2024 • 15min

Todesurteil für einen eierlegenden Hahn (am 4.8.1474)

Ein Hahn legt ein Ei – das bringt für die Menschen im Spätmittelalter die göttliche Ordnung durcheinander. Der Hahn muss auf den Scheiterhaufen, 1474 in Basel...Für die Menschen im 15. Jahrhundert verhält sich dieser Hahn widernatürlich wie ein Huhn. Und als die Basler nach der Hinrichtung den Hahn aufschneiden und weitere Eier entdecken, entzünden sie den Scheiterhaufen. Die Menschen hegen den Verdacht, der Hahn sei des Teufels und aus den Eiern könnten Mischwesen schlüpfen, denen man nachsagt, sie hätten den tödlichen Blick. Im späten Mittelalter ist die weltliche und geistliche Ordnung getragen von Verwaltung, vom römischen Recht und von Gerichten. Von der Rechtswissenschaft erhoffen sich die Menschen die Lösung aller Probleme, damit die Ordnung erhalten bleibt – die auch mit Macht zu tun hat. Wenn also ein Tier etwas tut, das dieser Ordnung widerspricht oder so ungewöhnlich ist, dass es für Unruhe in der Bevölkerung sorgt, kommt es zum Prozess. Das Tier wird zum Rechtssubjekt, ihm wird Willensfreiheit, Motiv und Böswilligkeit unterstellt. Damit kann es beschuldigt, angeklagt und verurteilt werden. Aber wie war das eigentlich mit dem Hahn und dem Ei? Hätten die Basler 1474 beim Aufschneiden des Hahnes richtig nachgesehen, hätten sie keine zwei Hoden gefunden. Sie hätten links in der Bauchhöhle einen Eierstock entdeckt und rechts so etwas wie einen zurückgebildeten Eierstock. Denn dieser Hahn war in Wirklichkeit ein Huhn. Eine physische Anomalie, die bei Hühnern gelegentlich vorkommt.In diesem Zeitzeichen erzählt Irene Geuer:Wie 1457 im französischen Savigny eine Muttersau samt Ferkeln vor Gericht landet,dass in Tierprozessen in der heutigen Schweiz, Frankreich, Flamen und Westdeutschland die Angeklagten vor Gericht befragt werden, aber naturgemäß die Aussage verweigern warum in England im 18. Jahrhundert ein Kutschpferd zum Ackergaul degradiert wird,welch abenteuerliche Konstruktion Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA bei der Hinrichtung einer Elefantenkuh zum Einsatz kommt.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:René Hendricks, Tierarzt Ferdinand Leuxner, Historiker am Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte und Historische Grundwissenschaften an der Uni WürzburgPeter Dinzelbacher: Das Fremde Mittelalter, Gottesurteil und Tierprozess. Essen 2006Weiterführende Links:Planet Wissen: Leben im MittelalterWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Irene GeuerRedaktion: Christoph Tiegel u. David RotherTechnik: Petra Laubach
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Aug 2, 2024 • 15min

Skandalös und schonungslos: Colette, frz. Schriftstellerin

Sie schreibt von einer lesbischen Schulleiterin in der Provinz, nimmt auch sonst kein Blatt vor den Mund: Vor über 100 Jahren schreibt Colette "Autofiktion" - und revolutioniert so die französische Literatur. Am 3.8.1954 stirbt Colette.Sidonie-Gabrielle Claudine Colette polarisiert 1900 schon mit ihrem ersten Roman "Claudine erwacht". Er handelt von einem störrischen jungen Mädchen der 1880er-Jahre in einem kleinen Dorf in Burgund, von einer lesbischen Schulleiterin, die gleichzeitig eine Geliebte und ein Verhältnis mit einem verheirateten Arzt hat - sowie von allerhand verderbten Klassenkameradinnen.Schnell lernt Colette, dass sich mit Skandalen gutes Geld verdienen lässt. Sie tritt zusammen mit ihrer Gönnerin und Intimfreundin, der nur Männerkleidung tragenden hochadeligen Missy, halbnackt im Moulin Rouge auf und küsst sie auf offener Bühne. Die Pantomime wird polizeilich verboten. Wohlgemerkt: wir schreiben das Jahr 1907.1910 folgt ein Berufswechsel: Colette wird Journalistin bei der seriösen Tageszeitung "Le Matin", wagt sich als erste Passagierin in ein Flugzeug, verfasst Kolumnen, Kritiken und Gerichtsberichte, heiratet Baron Henry de Jouvenel, einen der Chefredakteure, und schreibt unermüdlich weiter. Immer nur von dem, was sie sieht, kennt, erlebt. Mit ihren scheinbar leichthin geschriebenen psychologischen Werken und ihrem locker gelebten Leben erobert sie die Herzen der Franzosen. Sie gilt als Wunder- und Naturkind der Literatur. Frankreich ernennt sie als erste Frau zum Offizier der Ehrenlegion. Als sie am 3. August 1954 nach Jahren schwerer Krankheit stirbt, erhält sie, wiederum als erste Frau, ein Staatsbegräbnis. Über sechstausend Trauergäste defilieren an ihrer Bahre vorbei.In diesem Zeitzeichen erzählt Sabine Mann:Wie Colette sich mit ihrem ersten Roman an einem ganzen Dorf rächt,wie Colettes Ehemann "Willy" Henry Gauthier-Villars die Talente seiner Frau fördert und gleichzeitig ausnutzt,auf welch zahlreichen Feldern Colette sich tummelt um Geld zu verdienen,wie das einst verhasste Heimatdorf inzwischen von seiner berühmten Tochter profiitert.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Frédéric Maget, Direktor des Geburtshauses, Ehrenvorsitzender der Association des Amis de Colette, Biograph.Frédéric Maget: Colette, Ecrire, pouvoir écrire, Schweiz 2023Frédéric Maget: Notre Colette, Paris 2023 Weiterführende Links:Zeitzeichen 29.10.1946 - Uraufführung von "La Belle et la Bete"Zeitzeichen: 18. November 1922 - Der Schriftsteller Marcel Proust stirbt in ParisWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Sabine MannRedaktion: David RotherTechnik: Annett Bastian
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Aug 1, 2024 • 15min

Der größte Hit des Zweiten Weltkriegs: Das Lied "Lili Marleen"

Am 2.8.1939 wird die Studioaufnahme des Liedes "Lili Marleen" der Sängerin Lale Anderson fertig. Erst ein Flop - dann wird das Lied durch einen Zufall ein Welterfolg.Den Text zu "Lili Marleen" schreibt 1915 der Infanterist Hans Leip. Der junge Mann ist erfüllt von düsterer Todesahnung: Am nächsten Tag soll seine Einheit an die Karpatenfront verlegt werden. Dabei ist er gerade in zwei Mädchen verliebt: Die blonde Lili und die dunkle Marleen. Das Gedicht landet 1937 in seiner ersten Lyriksammlung. Dort entdeckt es die Sängerin Lale Andersen, die auf der Suche nach Liedern für ihr Bühnenprogramm ist. 1939 wird das Gedicht vertont und aufgenommen. Das "Lied eines jungen Wachtpostens" ist zunächst ein Ladenhüter. Erst mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Jugoslawien taucht es 1941 aus der Versenkung auf. In Belgrad wird ein Soldatensender aufgebaut, der die Front mit der Heimat verbinden soll. Auch "Lili Marleen" landet dort auf dem Plattenteller. Schnell entwickelt sich ein wahrer Hype: Der Sender Belgrad richtet eine abendliche Grußsendung ein, die er immer um kurz vor 22 Uhr mit dem Lied beendet. So wird der wehmütige kleine Schlager zur Verbindung zwischen den Soldaten und den Lieben daheim. Doch auch bei den alliierten Soldaten wird das Lied ein großer Erfolg. Als es ihnen nicht gelingt, den Song zu unterdrücken, beschließen sie, ihn zu kapern und eigene Versionen herauszubringen. Besonders berühmt wird die Fassung von Marlene Dietrich, die es vor den GI’s an der Westfront singt. "Lili Marleen" wird der erste deutsche Millionenseller. In diesem Zeitzeichen erzählt Christiane Kopka:was Lale Andersen in jungen Jahren für ihre Karriere aufgibt,wie die Sängerin sich zunächst mit den Nazis arrangiert,wie deutsche und britische Soldaten in Nordafrika gemeinsam "Lili Marleen" lauschen,mit welchem Text die BBC das Lied persifliert,wie "Lili Marleen" vielleicht Lale Andersens Leben rettet.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Dr. Julia Kahleyß, Leiterin des Stadtarchivs BremerhavenNorbert Schultze, Komponist (aus WDR Hörfunk-Archiv)Christian Peters: Lili Marleen - Ein Schlager macht Geschichte. Stiftung Haus der Geschichte. Bonn 2001 Lale Andersen: Der Himmel hat viele Farben - Leben mit einem Lied. Stuttgart 1972Gisela Lehrke: Wie einst Lili Marleen - Das Leben der Lale Andersen. Berlin 2002Heike Frey: Lili Marleen hatt‘ einen Kameraden - Musik in der Wehrmacht-Truppenbetreuung 1939-1945. Münster 2020 Weiterführende Links:Zeitzeichen: 29.08.1972 - Todestag der Sängerin Lale AndersenStichtag: 6. Mai 1992 - Marlene Dietrich stirbt in ParisZeitzeichen: 18.04.1939: Sendestart der "Orient-Redaktion" des Deutschen KurzwellensendersPlanet Wissen: Nationalsozialismus - Der Zweite WeltkriegWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Christiane KopkaRedaktion: Matti HesseTechnik: Theo Kramer

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