

WDR Zeitzeichen
WDR
Der tägliche Podcast über Geschichte von der Antike bis heute, über Europa und die Welt, über die Geschichte der Menschheit: 15 Minuten zu historischen Persönlichkeiten und Erfindungen. Von George Washington bis Rosa Luxemburg, vom Büstenhalter bis Breaking Bad.
Episodes
Mentioned books

Oct 9, 2024 • 16min
Wettlauf gegen die Zeit: Die Schwalbenrettung von 1974
Herbst 1974: Der plötzliche Wintereinbruch kommt für mehrere Millionen Schwalben unerwartet: Zu geschwächt für ihre Reise nach Süden schauen sie dem sicheren Tod entgegen.Es ist ungemütlich in Mitteleuropa im Herbst 1974: Ein von Meteorologen und Schwalben gleichermaßen unerwarteter, plötzlicher Einbruch des Winters. Normalerweise machen sich die Vögel zwischen Ende August und Anfang Oktober auf den Weg nach Süden. Zuvor fressen sie Fluginsekten und tanken so die nötige Energie für die lange Reise.Doch dieses Mal ist die Natur durcheinander. Landwirte melden bei Vogelschützern haufenweise Rauchschwalben und Mehlschwalben, die sich in den Ställen sammeln und nicht losfliegen. Die frühe Kälte hat die Insekten getötet - die Schwalben haben keine Chance, Energiepolster anzulegen. Die ersten Tiere sterben.Rolf Gogné aus Bruchköbel-Roßdorf bei Hanau gehört damals zu den ersten, die das Ausmaß der Schwalben-Katastrophe erkennen. Er trommelt alle Vogelschützer zusammen, die er kennt. Schließlich spricht sich die Schwalbenrettungsaktion deutschlandweit herum.Bald starten Flugzeuge von Frankfurt am Main, Echterdingen bei Stuttgart, aus dem Saarland, Baden-Württemberg und der Schweiz. Insgesamt werden wohl fast zwei Millionen Schwalben transportiert. Aber nicht alle Schwalben fliegen in den Süden, manche reisen - etwa von Freiburg aus - per Bahn über die Alpen.In diesem Zeitzeichen erzählt Wolfgang Meyer:warum es normalerweise schwierig ist, Mehlschwalben einzufangen,womit die Vogelschützer die abgemagerten Tiere für den Flug aufpäppeln,wie viele Maschinen allein von Frankfurt am Main nach Genua fliegen,wie die Schwalben von Italien aus mit eigener Kraft weiter nach Afrika ziehen,welche kritischen Reaktionen es 1974 auf die Rettungsaktion gibt.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Rolf J.A. Gogné (Vogelschützer und Mitinitiator der Schwalbenrettung 1974)Rolf J.A. Gogné: Ich flog mit den Schwalben. In: Wir und die Vögel, Heft 1/1975. S. 18Weiterführender Link:NABU: Als die Schwalben per Lufthansa reistenWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Wolfgang MeyerRedaktion: Matti Hesse

Oct 9, 2024 • 15min
Geheimnisvolle Zeitreise: Die Weltkarte des Piri Re'is von 1513
Am 9.10.1929 machten Forscher eine verblüffende Entdeckung: Eine Karte aus dem Jahr 1513, die bereits Teile der Welt zeigt, die zu der Zeit noch gar nicht entdeckt waren.Für Erich von Däniken gibt es nur eine Antwort: Die Weltkarte, die der osmanische Admiral Piri Reis 1513 erstellt hat und auf der scheinbar überraschend detailliert Südamerika und die Antarktis eingetragen sind, muss auf Luftaufnahmen basieren. Nur Außerirdische seien damals in der Lage gewesen, die Küstenlinie aus großer Höhe zu fotografieren.Doch es gibt auch rationale Erklärungen für viele der Rätsel um die Entstehung der Karte, die nicht komplett erhalten ist. Gezeichnet auf Pergament aus Kamelhaut, zeigt das Fragment auf einer Fläche von 85 mal 60 Zentimetern die Westküsten von Europa und Afrika, den Atlantik und die Ostküste Amerikas.Auf der Karte sind rund 20 unterschiedliche Karten aufgeführt, die zur Konstruktion dieser Weltkarte beigetragen haben sollen. Unter anderem auch eine angebliche Karte von Kolumbus und anderen weniger bekannten Seefahrern. In diesem Zeitzeichen erzählt Martin Herzog:Wie Piri Reis mithilfe seines Onkels angeblich an eine Karte von Kolumbus kommt,wie Paul Kahle, Spezialist für alte Handschriften, die verschollene Weltkarte von Piri Reis entdeckt,wer als Erster behauptet, die Karte basiere möglicherweise auf Luftaufnahmen prähistorischer Flugzeuge,wie genau die Karte tatsächlich ist,welche Rätsel um die Karte heute noch immer existieren.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Tobias Trebesius (Geschichtsblogger)Peter Mesenburg (emeritierter Professor für Kartografie und Geodäsie, Universität Duisburg/Essen)Susanne Billig: Die Karte des Piri Reis - Das vergessene Wissen der Araber und die Entdeckung Amerikas. München, 2017Erich von Däniken: Erinnerungen an die Zukunft - Ungelöste Rätsel der Vergangenheit. Düsseldorf, 1968Weiterführende Links:Zeitzeichen 13.2.1970: Verurteilung des Autors Erich von DänikenPeter Mesenburg: Kartometrische Untersuchung und Rekonstruktion der Weltkarte des Piri Re'is (1513)Tobias Trebesius: Dampierblog - Reisende HeldenWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Martin HerzogRedaktion: Matti Hesse

Oct 7, 2024 • 14min
Der Populist von Rom: Aufstieg und Fall des Cola di Rienzo
Ein Freiheitskämpfer. Ein früher Faschist, sagen andere. Am 8.10.1354 wird der Volkstribun Cola die Rienzo ermordet, nachdem er dem verfallenen Rom zu neuer Größe verholfen hatte...Einfach ist es nicht, die historische Rolle von Cola di Rienzo zu bewerten. Für Richard Wagner, der den italienischen Gastwirtssohn zur Titelfigur seiner Oper macht, ist di Rienzo ein Freiheitskämpfer mit guten Absichten, der den Intrigen seiner Gegner und seiner eigenen Volksverbundenheit zum Opfer fällt. Historiker sehen in ihm heute eher einen Populisten, der das Elend der Bevölkerung ausnutzt, um mit autokratischen Mitteln seine Macht auszubauen.Der Aufstieg des Volkstribunen beginnt mit der Analyse der Zustände, in die er hineingeboren wird. Als Cola di Rienzo im Jahr 1313 in Rom das Licht der Welt erblickt, hat seine Heimatstadt viel von ihrem Glanz als einstige Hauptstadt der Welt eingebüßt. Weite Teile des Stadtgebiets sind entvölkert, Monumente wie der Circus Maximus verfallen. Di Rienzo ergreift den Notar-Beruf - und setzt sich ein Ziel. Das lautet: "Make Rome great again!"Mit Hilfe der Kirche steigt er zum einflussreichen Politiker auf, stürzt 1347 die adlige Senatsherrschaft und versucht, als selbsternannter Tribun eine volksnahe, an alte römische Traditionen anknüpfende Herrschaft zu errichten. Doch sein Plan scheitert, als das Volk und die Wirtschaftsbosse von Rom ihm die Gefolgschaft versagen. Ende 1347, nach nur sieben Monaten, flieht di Rienzo aus der Stadt und führte ein Eremitendasein in den Bergen.Unerwartet bekommt er 1354 eine zweite Chance, in Rom für Ordnung zu sorgen - die er letztlich mit dem Leben bezahlt. Cola di Rienzo regiert selbstherrlicher denn je, bis er schließlich vollkommen isoliert ist. Am 8. Oktober 1354 wird er von einer aufgebrachten Volksmenge regelrecht massakriert. In diesem Zeitzeichen erzählt Michael Struck-Schloen:warum Cola di Rienzo zum Vorbild Adolf Hitlers wird,von den mafiösen Zuständen im Rom des frühen 14. Jahrhunderts,wie di Rienzo die Rolle der Frau sieht,von der Wiederentdeckung Cola di Rienzos in der Musik des 19. Jahrhunderts.Das ist unser wichtigster Interviewpartner:Andreas Rehberg, Mittelalter-Experte am Deutschen Historischen Institut in RomWeiterführende Links:Planet Wissen: Richard WagnerPlanet Wissen: Adolf HitlerZeitzeichen: 4. Juli 1348 - Papst Clemens VI. schützt die Juden während der grassierenden PestZeitzeichen: 14.05.1316 - Geburtstag von Kaiser Karl IV.Welches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autor: Michael Struck-SchloenRedaktion: David RotherTechnik: Jürgen Beiner

Oct 6, 2024 • 15min
Gründung der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (7.10.1929)
Ihren Ursprung hat die Scouting-Bewegung in England. In Deutschland wird aus zuerst losen katholischen Sankt-Georgs-Gemeinschaften 1929 ein Pfadfinder-Bundesverband.In der Weimarer Zeit wird die Bündische Jugend vielfach umworben. Ihre Gruppen spiegeln alle politischen Strömungen der Zeit wider - von extrem rechts bis ganz links. Auch die Kirchen wollen Einfluss gewinnen und gründen Ableger. Erste katholische Pfadfindergruppen entstehen 1928 parallel an verschiedenen Orten.Am 7. Oktober 1929 schließen sich diese losen Gruppen in Altenberg im Bergischen Land zur Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) zusammen. Der heldenhafte Drachentöter Sankt Georg wird ihr Symbol. Doch die Eigenständigkeit währt nicht lange. Ab 1933 beginnt die Gleichschaltung der Bündischen unter die Hitler Jugend. Ab 1938 ist der katholische Jugendbund verboten.Nach dem Zweiten Weltkrieg machen sich die Pfadfinder wieder auf den Weg. 1947 zählen die Georgsritter 10.000 Mitglieder, heute sind es 80.000 - und die Wartelisten lang. Die DPSG gehört zu den Gründern des Dachverbandes "Ring der Pfadfinderverbände".In diesem Zeitzeichen erzählt Doris Arp:wie der Brite Robert Baden-Powell 1908 die erste Pfadfinderbewegung gründet,wer die Idee nach Deutschland bringt,warum die deutschen Pfadfinderinnen zunächst eng mit der Frauenbewegung verbunden sind,was die Wandervogelbewegung mit den Pfadfindern zu tun hat,weshalb Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt auch bei katholischen Pfadfindern ein Thema sind.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartnerinnen:Annkathrin Meyer (Bundesvorsitzende der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg)Professorin Sabine Maschke (Erziehungswissenschaftlerin Uni Marburg)Jürgen Oelkers: Eros und Herrschaft - Die dunklen Seiten der Reformpädagogik. Weinheim 2011Thomas Koebner (Hrsg.): "Mit uns zieht die neue Zeit" – Der Mythos Jugend. Frankfurt am Main 1985Weiterführende Links:Stichtag 08.01.1941: Robert Baden-Powell stirbt in NyeriPlanet Wissen: PfadfinderEigendarstellung: Geschichte der Deutsche Pfadfinderschaft Sankt GeorgArchiv der deutschen JugendbewegungWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens!Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Doris ArpRedaktion: Christoph Tiegel und David RotherTechnik: Petra Laubach

Oct 5, 2024 • 15min
Ritalin: Hilfreiche Droge oder Doping fürs Gehirn?
Fast 58 Millionen Tagesdosen Ritalin werden jedes Jahr in Deutschland verschrieben. Ausgangsdiagnose: ADHS. Seit seiner Zulassung am 6.10.1954 stellt sich die Frage: Ist das Medikament Fluch oder Segen?In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstehen immer mehr Wirkstoffe, die auf die Nervenzellen des Gehirns Einfluss nehmen. Dem jungen Chemiker Leandro Panizzon gelingt 1944 in einem Labor der Schweizer Firma CIBA einen neuen Wirkstoff zu synthetisieren: Methylphenidat.Auch Panizzons Gattin versucht das Mittelchen. Sie hat den Namen Marguerite, Spitzname Rita, und nimmt es zur Verbesserung ihres Tennisspiels, weil sie sich damit besser auf ihre Aufschläge konzentrieren kann. Ihr zu Ehren nennt man das Präparat Ritalin. 1954 lässt CIBA es sich patentieren.Ritalin kommt bei gesteigerter Ermüdbarkeit, mangelnder Konzentrationsfähigkeit, depressiver Verstimmungen, bei Antriebsarmut und bei Narkolepsie zum Einsatz. Schon in den 1930er Jahren stellt man fest, dass Amphetamin unruhige Kinder von jetzt auf gleich aufmerksamer macht, ohne sie zu sedieren. Methylphenidat ist zwar selbst kein Amphetamin, wirkt aber ähnlich.Ritalin und andere Psychostimulanzien stellen sich in klinischen Tests als wirkungsvoll und auch langfristig sicher in der Anwendung heraus. Die Diagnose stellen erfahrene Fachärzte und approbierte Therapeuten. Denn eine Manipulation des Hirnstoffwechsels stellt trotz allem einen massiven Eingriff dar. In diesem Zeitzeichen erzählt Jana Magdanz:wieso Ritalin in den 1950er-Jahren bevorzugt gegen Depressionen eingesetzt wird,welches Medikament in den 1960er-Jahren strengere Arzneimittel-Regulierungen zur Folge hat,auf welche Botenstoffe Methylphenidat im Gehirn wirkt,wie sich die Zahl der verschriebenen Tagesdosen Ritalin deutschlandweit entwickelt,warum die Diagnose ADHS bis heute häufig mit einer Stigmatisierung einhergeht.Das sind unsere wichtigsten Interviewpartner:Axel Helmstädter, Pharmahistoriker und Apotheker.Dr. Philipp Bode, Philosoph Schwerpunkt Ethik, Literatur- und Medienwissenschaftler.PD Alexander Häge, Kinder- und Jugendpsychiater, Leitender Oberarzt Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim.Weiterführende Links:Planet Wissen: Gehirn-Tuning - Kann das unsere Leistung verbessern?Zeitzeichen: 18. Januar 1887 - Erste Herstellung von AmphetaminWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Jana MagdanzRedaktion: Frank ZirpinsTechnik: Christina Gabriel

Oct 4, 2024 • 15min
Filmklassiker "Apocalypse Now": Die Inszenierung des Wahnsinns
Der Wahnsinn des Vietnamkriegs wird eindrucksvoll in einem filmischen Meisterwerk eingefangen. Die dramatischen Dreharbeiten führten zu persönlichen Krisen, insbesondere für Martin Sheen, der gesundheitliche Probleme hatte. Herausforderungen wie Taifune und hohe Kosten machten das Projekt zur Tortur. Dennoch belohnen Auszeichnungen wie die Goldene Palme die kreative Inszenierung. Der Film beleuchtet existenzielle Fragen, die Abgründe des Krieges und seine surrealen Elemente, während wichtige Themen wie koloniale Einflüsse und die Erfahrungen von Veteranen angesprochen werden.

Oct 3, 2024 • 13min
Erbsenzählen auf dem Weg in die weite Welt
Als der Verleger Karl Baedeker am 4.10.1859 stirbt, ist sein Name schon ein Synonym für den Reiseführer schlechthin geworden. Steht es nicht im "Baedeker", dann lohnt es nicht die Anreise.Karl Baedeker wird am 3. November 1801 in Essen geboren. Der Sohn eines Buchhändlers absolviert eine Ausbildung im väterlichen Geschäft, studiert Geschichte und Philosophie in Heidelberg und macht in Berlin eine Buchhändlerlehre. Mit 25 Jahren gründet er am 1. Juli 1827 eine eigene Buchhandlung in Koblenz. Bald bemerkt Baedeker, dass sich dort das Buch "Die Rheinreise von Mainz bis Köln. Ein Handbuch für Schnellreisende. Von Johann August Klein" extrem gut verkauft.Baedeker erkennt das Potenzial, kauft nach dem Tod von August Klein die Rechte an dessen Handbuch und bringt 1835 eine Neuauflage heraus. Vier Jahre später hat er den Reiseführer nach seinen eigenen Ideen komplett überarbeitet und legt damit den ersten richtigen Baedeker vor: Rheinreise. Baedekers Maxime: Überprüfe alles, wenn nötig doppelt! Dafür wird er bald berühmt. In der englischen Übersetzung von Jaques Offenbachs Oper "Pariser Leben" heißt es, Könige und Parlamente könnten sich irren - nicht aber Herr Baedeker.Als Karl Baedeker am 4. Oktober 1859 in Koblenz stirbt, haben seine zahlreichen Reiseführer schon einige Neuauflagen erlebt. Sein Sohn Fritz führt das erfolgreiche Unternehmen weiter, verlegt es nach Leipzig und bringt schließlich die Bände heraus, die den Baedeker endgültig weltweit berühmt machen.In diesem Zeitzeichen erzählt Maren Gottschalk:warum Karl Baedeker ein Erbsenzähler im besten Sinn ist,wie es sich viele Deutsche zum Reiseziel gemacht haben, Fehler in den Reiseführern zu finden,was Karl Baedeker über Trinkgelder in Gasthöfen denkt,wie Baedekers Reiseführer auch militärisch genutzt werden,was Lawrence von Arabien, Karl May, Sigmund Freud, Jule Verne und Mark Twain gemeinsam haben. Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartnerinnen:Dr. Susanne Müller, Medienwissenschaftlerin an der Universität PotsdamAndrea Baumeister, Reisekauffrau aus ViersenSusanne Müller: Die Welt des Baedeker. Eine Medienkulturgeschichte des Reiseführers 1830-1945. Mark Twain: Bummel durch Europa. Zürich 1990. Zimmer mit Aussicht Verfilmung des gleichnamigen Romans von E.M. Forster, 1908. Weiterführende Links:Planet Wissen: Tourismus - Geschichte des ReisensPlanet Wissen: Tourismus - Reisefieber mit Risiken und NebenwirkungenStichtag: 19. Mai 2010 - Vor 75 Jahren: Thomas Edward Lawrence stirbtZeitzeichen: 30. März 1912 - Der Schriftsteller Karl May stirbt in Radebeul Stichtag: 23. September 1939 - Sigmund Freud stirbt in LondonWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Maren Gottschalk Redaktion: Christoph Tiegel und Frank Zirpins Technik: Nicolas Dohle

Oct 2, 2024 • 15min
Akio Morita - Der Vater des Walkman
Akio Morita, der Gründer von Sony und Erfinder des Walkmans, erzählt von seinem Werdegang und der Gründung des Unternehmens nach dem Zweiten Weltkrieg. Er beschreibt, wie seine Leidenschaft für Musik ihn prägte und zu innovativen Ideen führte. Besonders spannend ist die Entwicklung des Walkmans, der die Musikindustrie revolutionierte und Sony weltberühmt machte. Morita gibt auch Einblicke in die Herausforderungen, die mit rechtlichen Auseinandersetzungen um den Walkman einhergingen, sowie in die kulturellen Unterschiede zwischen Japan und den USA.

Oct 1, 2024 • 15min
Eine Pionierin der Geschlechterforschung: Helge Pross
Ihr Fokus liegt auf dem Forschungsfeld Frau und Familie. Ihre Männerstudien kann die Soziologin Helge Pross nicht mehr vertiefen. Sie stirbt am 2.10.1984, mit 57 Jahren.Helge Pross prägt die gesellschaftspolitischen Reformen der 1970er und 80er Jahre in Deutschland. Mit kritischem Blick erforscht die Soziologin die Lebenswirklichkeit von Hausfrauen, die Bildungschancen von Mädchen und das Rollenbild von Männern. Mit ihren Ergebnissen formt sie die öffentliche Debatte - fast immer als einzige Frau unter Männern.Die Publizistin und Soziologin lebt selbstbestimmt und emanzipiert. Dabei wächst die Düsseldorferin, geboren 1927 als Helge Agnes Nyssen, mit dem Frauenbild der Nationalsozialisten auf.Als erste Frau in ihrer Familie beginnt sie 1946 ein Studium. Unterstützt und ermutigt wird sie von ihrem Vater, der seine Tochter vor der "Abhängigkeit der Ungelernten" bewahren will. 1950 promoviert Helge und heiratet Harry Pross. Doch die Ehe hält nur vier Jahre. "Sie wollte eine berühmte Soziologin werden. Sie ist es als Helge Pross auch geworden; aber da waren wir längst voneinander geschieden", schreibt der Publizistikwissenschaftler später in seiner Autobiografie.Am 2. Oktober 1984 stirbt Helge Pross mit nur 57 Jahren an Krebs. Wer heute ihre Texte, Kolumnen, Forschungsarbeiten und Studien liest, hat aber kaum das Gefühl, in der Vergangenheit zu wühlen. Denn vieles, was sie damals erforschte und forderte, ist noch immer nicht erreicht.In diesem Zeitzeichen erzählen Ulrich Biermann und Veronika Bock:wie der Krieg ihr Elternhaus und auch die schulische Laufbahn von Helge Pross beeinflusst,von ihrer prägenden, aber tragisch endenden Ehe mit Staatsrechtler Franz Leopold Neumann,wie eine verlorene Landtagswahl ihre Karriere in der Politik verhindert,wie die Universität Siegen bis heute ihre Leistungen ehrt.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartnerinnen:Sabine Hering, Sozialwissenschaftlerin und Mitgründerin des Archivs der deutschen FrauenbewegungSabine Hering/Elke Hüwel: Helge Pross - Wegbereiterin der Frauenforschung. Universität Siegen, 2018Bundeszentrale für politische Bildung: Helge ProssUniversität Siegen: Helge-Pross-PreisWeiterführender Link:Erlebte Geschichten: Sigrid Metz-Göckel, Soziologin und FeministinWelches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens!Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autoren: Ulrich Biermann und Veronika BockRedaktion: Christoph Tiegel und David Rother

Oct 1, 2024 • 15min
Das Urteil im "Lesben-Mord-Prozess" fällt (am 1.10.1974)
Als Monika Ihns und Judy Andersen wegen Mordes vor Gericht stehen, macht die Presse aus ihrer Liebe einen Skandal. Für die Frauenbewegung wird der Prozess zum Wendepunkt.Anfang der 1970er Jahre gründen sich überall in Deutschland Schwulen- und Lesbengruppen, um für ihre Rechte zu kämpfen. Im Gegensatz zur männlichen ist weibliche Homosexualität zwar nicht verboten, aber in den Siebzigern gesellschaftlich ein großes Tabu. Und nicht nur Homosexualität, auch die Gleichberechtigung von Frauen wird nur zögerlich akzeptiert. Gewalt in der Ehe ist Privatsache, Vergewaltigung in der Ehe kein Straftatbestand. Das muss auch Marion Ihns erfahren. Als sie sich von ihrem Mann Wolfgang scheiden lassen will, willigt dieser nicht ein. Jahre später lernt Marion Ihns bei einem Besuch in Dänemark die zehn Jahre jüngere Judy Andersen kennen - und lieben. Doch Wolfgang verweigert ihr weiterhin die Scheidung. Wenig später ist er tot, getötet von einem Auftragsmörder. Doch für die eigentliche Tat interessiert sich kaum jemand, der Mörder wird schnell zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt. Stattdessen wird die lesbische Liebe der Frauen zum Skandal. Die Boulevardpresse macht aus dem Mordprozess einen "Lesben-Prozess". Lange bevor er überhaupt losgeht, macht die BILD-Zeitung schon Stimmung. Die Texte sind voller homophober Klischees. Die Berichterstattung eskaliert mit dem Prozessauftakt im Sommer 1974. Doch die Frauen der Bundesrepublik lassen sich die Diffamierung nicht gefallen. Der Prozess wird zum Schlüsselereignis der Frauenbewegung. Während des Prozesses kommt es zu Protesten und Tumulten vor und auch im Gerichtssaal.Am 01. Oktober 1974 werden beide Frauen wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Der Prozess macht Gewalt gegen Frauen zu einem Kernthema der zweiten Frauenbewegung und regt unter anderem Alice Schwarzer dazu an, die "Emma" zu gründen.In diesem Zeitzeichen erzählt Laura Dresch:wie Frauen in den 1970er Jahren von ihren Ehemännern abhängig sind,mit welchen Schlagzeilen die Presse gegen die lesbischen Frauen hetzt,wie die beiden Frauen beim Prozess regelrecht vorgeführt werden,dass während der Verhandlung zum ersten Mal fotografiert werden darf, wie wichtig der Prozess für die Frauenbewegung ist.Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:Dr. Sarah Bornhorst (Historikerin Berlin)Monne Kühn (Aktivistin und Teilnehmerin an den Protesten in Itzehoe)Urteil des Prozesses, Landgericht Itzehoe, 1974Pressedokumentation zum Mordprozess gegen Marion Ihns und Judy Andersen, Berichtszeitraum: 1973-1987, einsehbar im Archiv FrauenMediaTurm, Köln, Signatur: Pressedokumentation / PD-LE.11.07 / Objekt-Nr.: 13431Bornhorst, Sarah: 1974. Lesben vor Gericht und auf den Barrikaden: Der Itzehoe-Prozess und die Lesbenbewegung, in: Agnes Bresselau von Bressensdorf, Jürgen Finger, et. al (Hg.): Kipppunkte. Momente des Wandels im 20. Jahrhundert, Göttingen 2024, S. 245-258.Bayramoğlu, Yener: Die kriminelle Lesbe. Die Kriminalisierung des lesbischen Subjekts in den 1970er-Jahren in der BILD-Zeitung, in: Ders. [Hg.]: Queere (Un-)Sichtbarkeiten. Die Geschichte der queeren Repräsentationen in der türkischen und deutschen Boulevardpresse, Bielefeld 2018, S. 223-235. Weiterführende Links:Chronik der Lesbenbewegung in der BRDFeministische Projekte in Berlin 1974-78: HexenjagdDossier: FrauenbewegungUnser Hör-Tipp: “Der Zerfall Babylons” - Im Podcast geht Volker Kutscher, Bestseller-Autor der Gereon Rath-Reihe und damit der Vorlagen für “Babylon Berlin”, auf eine Zeitreise in die Jahre 1929-1938: Was hat die Menschen damals angetrieben und wie kam es zur Machtergreifung Hitlers.Welches Thema sollen wir im Zeitzeichen recherchieren? Gibt es Kritik oder Lob?Gerne her damit: Einfach schreiben an zeitzeichen@wdr.de Wir freuen uns auch über Bewertungen auf der Podcast-Plattform des Vertrauens! Das ganze Zeitzeichen-Archiv gibt’s hier.Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen: Autorin: Laura DreschRedaktion: Carolin Rückl und David Rother