

Wahlkreis Ost - Der Politik-Podcast aus Leipzig
Mitteldeutscher Rundfunk
Mit dem Blick aus dem Osten schauen Anja Maier und Malte Pieper nach Berlin: Wer dealt mit wem und warum, welcher politische Schachzug bedeutet was und welchen Einfluss haben wir zwischen Rügen und Thüringer Wald eigentlich auf die Entwicklung an der Spree? Alle 14 Tage neu, immer freitags, ziehen sie einen Schlussstrich unter das politische Geschehen und fassen die Entwicklungen zusammen. Was bewegt die Politik? Was hemmt sie? Was bewirkt sie?
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Jun 26, 2023 • 56min
Sonneberg - die AfD ist angekommen
Das gab es noch nie: Robert Sesselmann, Jurist und noch Landtagsabgeordneter der AfD in Thüringen, wird neuer Landrat von Sonneberg. Er wird damit der erste AfD-Landrat, den es in Deutschland gibt. Von einem Dammbruch ist die Rede, von Alarmzeichen für die Demokratie. Darüber sprechen Malte Pieper und Anja Maier in dieser Folge mit dem Journalisten Sebastian Haak und dem CDU-Politiker Mike Mohring.
Haak sagt, in den Reaktionen auf Sonneberg seien viele politische Reflexe und Schnappatmung dabei. Das helfe jetzt aber nicht weiter. Der Erfolg der AfD hat für ihn viele Gründe. Ja, es gebe viele Protestwähler. Aber es gebe auch viele Menschen, die schlicht Demokratiefeinde seien. Die nie im gesamtdeutschen Staat angekommen seien. Es gebe viele Rechtsextremisten. Es gebe außerdem massive Defizite in der politischen Bildung. Das sei ein massives Problem im Osten. Und es vererbe sich. Gesamtgesellschaftlich herrsche eine vergiftete Debattenkultur.
Anja Maier sieht nach der Wahl Analogien zu dem ostdeutschen Wahlverhalten in den 1990er Jahren. Was sie damit meint, erklärt sie genauer. Außerdem glaubt sie, dass die Ostdeutschen zu viele grundlegende Transformationen erlebt hätten. Bis auf eine kurze Phase der gefühlten Ruhe hätten sie seit der Wiedervereinigung stetig große Veränderungen erlebt. Das mache etwas mit den Menschen. Im politischen Berlin sieht Maier Ratlosigkeit über den Umgang mit dem Osten und dem Rechtsextremismus.
Die Runde schaltet auch ein Thüringer CDU-Urgestein zu, Mike Mohring. Er war lange Zeit Landesvorsitzender seiner Partei in Thüringen. Das Wahlergebnis sei ein Ausdruck von Vertrauensverlust, findet er. Die Menschen wendeten sich von den etablierten Parteien ab. Mit Blick auf die Landtagswahl in Thüringen 2024 könne man Angst bekommen. Die CDU müsse sich von der AfD abgrenzen, genauso aber von der Linkspartei. Sie müsse aber auch so den Menschen viel mehr zuhören und sich um deren Probleme kümmern. Fest stehe auch: Die demonstrative Verbrüderung aller Parteien gegen die AfD stärke die Rechtspopulisten.
Malte Pieper puhlt als westdeutscher Teilnehmer des Gesprächs in den ostdeutschen Wunden. Er sieht eine Kultur des Meckerns und Jammerns. Haak entgegnet, es gebe durchaus strukturelle Benachteiligungen der Ostdeutschen. Einig ist sich die Runde in zwei Punkten: Ja, es wird zu viel gemeckert und zu wenig selber gemacht. Und ja, die Debattenkultur in Deutschland ist schlecht.
Darüber hinaus analysieren Pieper, Maier, Haak und Mohring im Podcast weitere Aspekte der Wahl. Es geht unter anderem um diese Fragen: Welche Befugnisse wird Sesselmann als Landrat haben? Welche Auswirkungen wird seine Wahl auf Sonneberg haben? Was bedeutet sie für die nächsten Landtagswahlen im Osten? Und kann man die AfD überhaupt noch entzaubern? Oder ist sie schlicht angekommen?
Wenn Sie Fragen und Anregungen an Anja Maier und Malte Pieper haben: Schreiben Sie an wahlkreis-ost@mdr.de.

Jun 9, 2023 • 41min
Der Osten - Kampf um die Deutungshoheit
Das deutsch-deutsche Verhältnis ist kompliziert. Und es ist geprägt von sehr unterschiedlichen Arten des Zurückblickens auf die DDR. Derzeit wird wieder heftig debattiert, es gibt einen neuen Streit über die Deutungshoheit beim Blick auf die DDR-Geschichte. Den Anfang machte der Leipziger Germanistikprofessor Dirk Oschmann, der in einem Buch „den Osten“ als westdeutsche Erfindung abtat und eine heftige Diskriminierung der Ostdeutschen anprangerte. Dann legte die Historikerin Katja Hoyer nach, die ebenfalls ein Buch zum Thema geschrieben hat. Sie verweist darin darauf, dass der Alltag der Menschen in der DDR von mehr geprägt war als vom Leben in einer Diktatur. Und dann gibt es die Dramatikerin, Drehbuchautorin und Essayistin Anne Rabe. Sie zeichnet in einem Roman die Lebenswirklichkeit in der DDR kritischer nach als Oschmann und Hoyer.
In diesem Podcast sprechen Malte Pieper und die Hauptstadt-Journalistin Anja Maier mit Anne Rabe über die Sicht auf die DDR-Vergangenheit. Rabe sagt, für sie stehe die DDR zunächst vor allem für eine gewalttätige Diktatur, die mit ihren Bürgern schlecht umgegangen sei. Generelle Urteile über „den Osten“ lehne aber auch sie ab. Anja Maier empfindet die Sichtweisen von Rabe als bereichernd, geht aber in vielen Punkten nicht mit. Und so wird debattiert über die Härten der DDR-Erziehung, über den Zwang zum Einreihen ins Kollektiv und über das Jahr 1968 in Ost und West. Es geht auch um langlebige ostdeutsche Eigenheiten nach dem Fall der Mauer. Anne Rabe und Anja Maier diskutieren lebhaft darüber, ob es in Ordnung ist, „schöne“ Erinnerungen an die DDR zu haben. Ober ob selbst solche Erinnerungen immer im Kontext der Diktatur zu sehen sein müssen.
Wenn Sie Fragen und Anregungen an Anja Maier und Malte Pieper haben: Schreiben Sie an wahlkreis-ost@mdr.de.

May 26, 2023 • 34min
Chaostage bei der Ampel
Malte Pieper ist sprachlos, wie es derzeit bei der Ampel auf Bundesebene zugeht. Die Regierung zerlege sich beim Streit um Energiewende und Co. auf offener Bühne. Die Hauptstadt-Politik-Auskennerin Anja Maier ist ebenso entsetzt: „Hier herrscht grad Alle gegen Alle, Jeder gegen Jeden.“ Auch als Bürgerin und Steuerzahlerin sei sie nur noch genervt.
Pieper und Maier sezieren die Probleme und Antriebe, die jede der drei Ampel-Parteien gerade hat. Die FDP ist einerseits rechthaberisch, andererseits ständig verstimmt. Die Grünen führen sich auf wie Streber. Die SPD dagegen wird von einem Merkel-Wiedergänger im Kanzleramt vertreten. Olaf Scholz hat den Streit um das Heizungsgesetz viel zu lange laufen lassen und sollte endlich ins Handeln kommen, urteilen Maier und Pieper. Die FDP dagegen sollte ihr internes Chaos in den Griff bekommen und verinnerlichen, dass man mit reinem Verhindern nichts verändert und auch keine Wahlen gewinnt. Die Grünen wiederrum haben eine ganze Reihe von Problemen. Das Gesetz, dass ihnen am Herzen liegt, ist schlecht gemacht und schlecht erklärt. Die Partei ist personell miserabel aufgestellt und macht es mit ihrer Schwippschwager-Politik nur noch schlimmer. Und ein wenig Kontakt zur Basis täte den Grünen auch nicht schlecht.
Am Ende bleibt eine Frage: Ist diese Regierung überhaupt noch fähig, sich zusammenzureißen und zusammenzuarbeiten? Anja Maier ist verhalten optimistisch – und sie hat einen Grund dafür.
Wenn Sie Fragen und Anregungen an Anja Maier und Malte Pieper haben: Schreiben Sie an wahlkreis-ost@mdr.de.

May 12, 2023 • 52min
Fehlt der AfD im Westen der Mumm?
In dieser Folge sprechen Malte Pieper und Anja Maier über die Bremen-Wahl. Als Gast haben sie sich Robert Kiendl von Radio Bremen dazugeholt. Zusammen schauen sie unter anderem auf die Protestwähler. Für Kiendl gibt es nicht nur in Ostdeutschland Protestwähler. Auch Bremen habe viel Erfahrung mit Protestparteien. Diesmal könnten die "Bürger in Wut" ein zweistelliges Ergebnis einfahren. Das habe auch damit zu tun, dass die AfD nicht antreten dürfe. Dazu erklärt Kiendl die Hintergründe.
Ein weiterer Gast in dieser Folge ist der AfD-Co-Fraktionschef in Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund. Ihn hat Malte Pieper gefragt, warum die Wahlergebnisse der AfD in Ostdeutschland besser sind als im Westen. Siegmund zufolge haben die Menschen im Osten einen "Unrechtsradar". Außerdem würden ostdeutsche AfD-Politiker Probleme klarer ansprechen, auch wenn das politisch unbequem sei. An dieser Stelle hakt Pieper nach und will wissen, ob Siegmund finde, dass die West-Verbände keinen Mumm hätten.
Der AfD-Co-Fraktionschef macht auch deutlich, dass seine Partei regieren möchte. Dazu brauche sie "eine Position der Stärke". Die AfD werde sich auf keinen Fall anpassen. "Wenn wir Koalitionspartner langfristig finden, die sich unseren Zielen ergeben und unsere Ziele mitmachen, dann kann man über alles sprechen", führt Siegmund aus. Ein weiteres Thema ist das Verhältnis zwischen der AfD und den Medien. Siegmund führt aus, warum er der Meinung ist, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk ändern müsse.
Wenn Sie Fragen an Anja Maier und Malte Pieper haben: Schreiben Sie an wahlkreis-ost@mdr.de.

Apr 28, 2023 • 30min
Der Existenzkampf der Berliner SPD
Vermisst haben sie nur wenige, in Berlin ist sie nun wieder da: Die große Koalition erlebt ihre Wiederauferstehung. Kai Wegner von der CDU ist zum Regierenden Bürgermeister gewählt worden, wenn auch erst im 3. Wahlgang. Eine große Koalition ist für viele der Inbegriff des Stillstands. In Berlin wollen nun CDU und SPD die in vielen Bereichen malade Hauptstadt in eine bessere Zukunft führen. Kann das funktionieren? Darüber spricht Malte Pieper mit Sebastian Schöbel vom rbb. Dieser vertritt Anja Maier, die im Urlaub weilt.
Schöbel glaubt, dass der chaotische Status quo in Berlin auch unter dem neuen Regierungsbündnis erhalten bleiben wird. Das bleibe „Berliner Stadtkultur“. Und: So viel Rückstand bei Reformen könne niemand in nur einer Legislatur aufholen. Baustellen gibt es viele, Schöbel nennt die dringendsten.
Noch interessanter ist, wie es zu diesem Bündnis gekommen ist. Die SPD hätte auch mit Grünen und Linken weitermachen können und so sogar das Rote Rathaus behalten können. Stattdessen rückt die SPD-Chefin Franziska Giffey ins zweite Glied. Künftig wird sie nicht mehr Bürgermeisterin sein, sondern Wirtschaftssenatorin. Dass sich die SPD von Grünen und Linken abgewendet hat, hat eine interessante Vorgeschichte. Laut Schöbel liegt es an einem inzwischen sehr problematischen Verhältnis der SPD zu den Grünen. Wie es dazu kam, erklärt er im Detail. Und wir stellen die Frage: Kann die SPD als Juniorpartner der CDU wirklich besser in die Zukunft gehen und sich für kommende Wahlen empfehlen? Schöbel sieht einen Richtungsstreit bei den Sozialdemokraten. Sie seien gespalten und befänden sich im Existenzkampf. Giffey gehe einen riskanten Weg. Der verdiene Respekt, berge aber auch viele Unsicherheiten.
Wer Sebastian Schöbel auch im Politik-Podcast „Spreeblick“ vom rbb lauschen möchte, findet den hier.
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Mar 31, 2023 • 39min
Heizungs-Chaos: Lässt die Politik Handwerker im Stich?
In Deutschland sollen ab 2024 neue Heizungen zu 65 Prozent Erneuerbare Energien nutzen. Das bedeutet, herkömmliche Öl- und Gas-Heizungen können dann nicht mehr eingebaut werden. Aber wie soll das gehen? Überall fehlen Handwerker. Darüber sprechen Hanno Grieß und Anja Maier mit dem Präsidenten des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Jörg Dittrich.
Der Handwerkspräsident wirft der Politik unter anderem vor, dass jedes Jahr um finanzielle Mittel gekämpft werden müsse. Als Beispiel nennt er die Azubi-Tickets für den öffentlichen Nahverkehr. Beim Studium stelle die Förderung dagegen niemand in Frage. Außerdem diskutieren Grieß, Maier und Dittrich über die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre sich in einigen Punkten an der ehemaligen DDR zu orientieren. Dort gab es das Unterrichtsfach Produktive Arbeit (PA). Dabei bekamen Schüler Einblicke in die Betriebe.
Grieß, Maier und Dittrich stellen auch fest, dass auf Baustellen kaum Frauen arbeiten. Dabei verändern sie nach Angaben des Handwerkspräsidenten das Arbeitsklima positiv. Was muss getan werden, um den Handwerksberuf weiblicher zu machen? Trotz der vielen Probleme im Handwerk schaut Dittrich optimistisch in die Zukunft und verweist auf die Vorteile in Ostdeutschland. Den Gender-Gap gäbe es hier nicht so wie im Westen. Die Kinderbetreuung sei ebenfalls besser. Außerdem werden die Löhne im Handwerk Dittrich zufolge weiter steigen.
Wenn Sie Fragen an Anja Maier und Hanno Grieß haben, schreiben Sie an: wahlkreis-ost@mdr.de

Mar 20, 2023 • 40min
Kann Einwanderung im Osten klappen?
Es fehlt an Lehrkräften, medizinischem Personal und Handwerkern. Der Arbeitskräftemangel zieht sich in Deutschland durch nahezu alle Branchen. Eine Strategie der Politik ist es, Arbeitskräfte aus dem Ausland anzuwerben. Doch sind diese Menschen im Osten Deutschlands willkommen? Darüber sprechen Hanno Grieß und Anja Maier in dieser Folge mit Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig von der SPD. Dabei wird ziemlich schnell klar, dass es einen Mentalitätswechsel braucht.
Martin Dulig meint, es müsse besser für die Akzeptanz ausländischer Fachkräfte geworben werden. Hier sieht er auch die Arbeitgeber in der Pflicht, entsprechend auf die Belegschaft einzuwirken. Und: Der Umgang mit den Geflüchteten werde entscheidend sein für die Frage, ob Sachsen attraktiv für Zuwanderung werde. Nicht alle Unternehmen hätten erkannt, dass sie auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen werden sein. Der SPD-Politiker berichtet von vielen Gesprächen, in denen er auf eine Reihe von Vorurteilen stößt. Anja Maier sieht auch die Politik am Zug. Es gehe darum, weltoffen zu sein und da müsse die Politik Vorbild sein. Wenn man sich da nicht bewege, verpasse man etwas. Deutschland stehe beim Werben um Arbeitskräfte in Konkurrenz zu vielen anderen Ländern.
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Mar 3, 2023 • 53min
Frieden für die Ukraine … nur wie?
Seit mehr als einem Jahr herrscht in der Ukraine Krieg. Das Land wird in Trümmer gelegt. Auf beiden Seiten sterben Menschen, Russen wie Ukrainer. Aus dem Kreml in Moskau heißt es, das Erreichen der Kriegsziele in der Ukraine habe Vorrang vor möglichen Friedensverhandlungen. Und die Ukraine will die Halbinsel Krim zurück, die Russland 2014 besetzt hatte. Ein Ende des Krieges scheint nicht in Sicht. Wie soll es also weitergehen? Häufig sind bei dieser Frage im Osten andere Töne zu hören als im Westen. Zum Beispiel auch von Thüringens SPD-Fraktionschef Matthias Hey. Er sagt, dieser Krieg wird nicht auf dem Schlachtfeld entschieden, sondern am Verhandlungstisch. Darüber sprechen Malte Pieper und Anja Maier mit dem SPD-Politiker. Sie analysieren, wie sich die Debatte um Waffenlieferungen und Friedensverhandlungen im Osten entwickelt hat. Matthias Hey stellt fest, dass immer mehr Menschen ausloten wollen, ob nicht neben Waffenlieferungen noch andere Lösungen möglich wären und so fordert der SPD-Politiker, die Verantwortlichen des Krieges an den Verhandlungstisch zu zwingen.
Deutliche Kritik äußert Hey am deutschen Außenministerium und er fragt, warum China einen Friedensplan für die Ukraine ankündige und nicht Annalena Baerbock. Von der deutschen Chefdiplomatin gebe es zu wenig Diplomatie.
Außerdem befragen Malte Pieper und Anja Maier den SPD-Politiker nach Hildburghausen. In der südthüringischen Stadt war ein Linken-Politiker als Bürgermeister abgewählt worden. Dieser Bürgerentscheid war unter anderem von Stadträten von SPD, AfD und einer rechtsextremen Wählervereinigung in Gang gesetzt worden. Das führte zu heftigen Kontroversen.
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Feb 17, 2023 • 40min
Sachsen-Anhalt: Das vergessene Bundesland
Malte Pieper und Anja Maier beginnen mit einer Analyse des Berliner Wahl-Paukenschlags. Die SPD hat dort eine herbe Schlappe kassiert. Die Wahl ist der Nachweis, dass die SPD Vertrauen verloren hat, analysiert Anja Maier. An vielen Ecken in der Stadt knirsche es, Berlin sei eine anstrengende Stadt. Sie brauche einen Neuanfang. Die SPD will aber weiter regieren. Maier sieht das kritisch und legt der Sozialdemokratie den Gang in die Opposition nahe.
Das Hauptthema dieser Folge ist Sachsen-Anhalt: Ein Land so groß wie Israel, durch das viele Deutsche vor allem durchfahren, beispielsweise, wenn sie nach Berlin wollen. Malte Pieper findet, Sachsen-Anhalt ist eines der am wenigsten beachteten Bundesländern. Dabei sei es politisch ziemlich einzigartig. Es wird von einer sogenannten Deutschland-Koalition geführt. CDU, SPD und FDP regieren – interessanterweise bräuchte es einen der drei Partner gar nicht für die Mehrheit im Landtag.
Malte Pieper und Anja Maier haben sich für den Blick auf das Land Sachsen-Anhalt Unterstützung geholt – mit dabei ist Anne-Marie Kriegel, die über Jahre MDR AKTUELL-Landeskorrespondentin war. Sie sagt, Sachsen-Anhalt sei ein Land mit Platz für Ideen. Wenn jemand Mumm habe, könne er da was aufbauen. Viele Menschen zeichneten sich jedoch durch eine skeptische Grundhaltung aus. Das hat Kriegel auf zahlreichen regierungskritischen Demonstrationen erlebt. Anja Maier erkennt Parallelen zu Brandenburg. Sie freut sich, dass Sachsen-Anhalt nun ein Zukunftszentrum bekommen soll – in Halle. Beide sind sich einig in ihrer Analyse: Die Sachsen-Anhalter fühlen sich zu wenig gehört – und das nicht zu Unrecht.
Anne-Marie Kriegel hat übrigens eine sehr hörenswerte Reportage über den "heißen Herbst" in Sachsen-Anhalt gemacht, hier nachzuhören.
Und die Deutschland-Koalition? Die hat zum Beginn vor allem viel gestritten, so Kriegel. Inzwischen sei es ruhiger geworden. Jede Partei habe ihre Rolle gefunden. Über all dem steht Ministerpräsident Reiner Haseloff von der CDU. Er ist beliebt, ein wenig eigen – und er verleiht dem Land ein wenig mehr Beachtung auf Bundesebene. Denn auf ihn hört man auch in der Bundes-CDU. Haseloff rede keinen Plüsch, er habe viel bewegt, findet Maier. Gibt es einen Kronprinzen? Es gäbe eine logische Wahl, aber das müsse in Sachsen-Anhalt noch nichts heißen, so Kriegel.
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Feb 10, 2023 • 34min
Wenn das Dorf die Stadt nicht mehr versteht
In dieser Folge bohren Malte Pieper und Anja Maier ein besonders dickes Brett. Sie nehmen den Unterschied zwischen Stadt und Land in den Fokus, speziell die Abgehängtheit mancher ländlicher Räume und die Folgen für die Demokratie in unserem Land. Plakativ gesagt: Es geht um die arroganten, woken und hippen Städter, die abschätzig auf das Land blicken – und um das hinterwäldlerische Land mit Hang zum Extremismus, das mit Misstrauen auf die Städte blickt. Für ihre Analyse haben sich Pieper und Maier Unterstützung organisiert: Yvonne Magwas, CDU-Bundestagsabgeordnete mit Direktmandat aus dem Vogtland und Vize-Präsidentin des Bundestags.
Anja Maier pendelt zwischen beiden Welten, Stadt und Land. Sie kennt die Unterschiede und die Reizthemen: Gendern, Verkehrswende, Zuwanderung, Corona. Da tun sich Klüfte auf zwischen Metropolen und Dorfleben. Maier findet: Das Misstrauen auf dem Land gegen „die Politik“ ist nicht immer gerechtfertigt, oft aber würden Politikerinnen und Politiker die Verhältnisse dort bei ihren Entscheidungen nicht konsequent mitdenken. Das habe Folgen.
Magwas tut sich schwer damit, von „DER Stadt“ oder „DEM ländlichen Raum“ zu sprechen. Beides habe Vor- und Nachzüge für jene, die dort lebten. Auf dem Land könne man beispielsweise viel einfacher einen Kitaplatz bekommen oder ein Haus kaufen. Dennoch müsse man mit Blick auf das Land von einer teilweise „deformierten Gesellschaft“ sprechen. Viele junge Männer und vor allem Frauen seien weggegangen, die Gesellschaft sei überaltert. Dazu kämen ständig neue Veränderungen durch die Krisen unserer Zeit – und die Nachwirkungen des Lebens in der DDR und der großen Transformation zur Wende.
Maier plädiert dafür, endlich zeitgemäße Antworten auf die Bedürfnisse und Eigenheiten des ländlichen Raumes zu finden. Magwas sagt, bei Projekten im ländlichen Raum müsse geschaut werden, was die Menschen brauchten, unabhängig davon, ob sich das rechne.
Außerdem befragen Malte Pieper und Anja Maier die CDU-Politikerin Magwas dazu, wie sie das Ringen ihrer Partei mit der „Brandmauer nach rechts“ sieht. Und es geht um das Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation, das einen Standort sucht.
Wenn Sie Fragen an Anja Maier und Malte Pieper haben: Schreiben Sie an wahlkreis-ost@mdr.de.


