
Archivradio – Geschichte im Original
Historische Aufnahmen und Radioberichte von den ersten Tonaufzeichnungen bis (fast) heute. Das Archivradio der ARD macht Geschichte hör- und die Stimmung vergangener Jahrzehnte fühlbar. Präsentiert von: Gábor Paál, Lukas Meyer-Blankenburg, Maximilian Schönherr und Christoph König. Ein Podcast von SWR, BR, HR, MDR und WDR. https://archivradio.de | Übersicht über alle Beiträge: http://x.swr.de/s/archivradiokatalog
Latest episodes

May 7, 2024 • 17min
SARS: Erste Pandemie des 21. Jahrhunderts | 7.5.2003
Parallelen und Unterschiede zur Corona-Pandemie
Hört man die Hintergrundsendung vom 7. Mai 2003, zeigen sich Ähnlichkeiten, aber auch große Unterschiede zur Situation im Jahr 2020. An jenem Tag erschien eine neue Studie über die Gefährlichkeit des Virus.
Schon damals hieß es: Die Bundesregierung strebe ein "europaweit einheitliches Vorgehen" an.
Eltern drohen in Hessen mit Schulstreik
Schulschließungen gab es damals in Europa keine. Aber in einer hessischen Schule wurde eine Lehrerin für zehn Tage vom Schuldienst suspendiert. Nicht weil sie infiziert war, sondern weil Eltern andernfalls mit "Schulstreik" drohten. Die Lehrerin hatte die Osterferien in China verbracht. Zwar in einer unbedenklichen Region, aber das spielte für die Eltern keine Rolle. Auch davon ist in der Sendung die Rede.
SARS Ende 2002 erstmals in China aufgetaucht
Ende 2002 taucht das Schwere Akute Atemwegssyndrom (SARS) in der Provinz Guandong auf. Doch China hält die Gefahr unterm Deckel, erst im Februar 2003 informiert das Land die WHO. Das Virus breitet sich aus, vor allem nach Singapur und Taiwan. Über eine Kanadierin, die sich in Hongkong infiziert, gelangt das Virus nach Toronto. Dadurch wird Kanada das am stärksten betroffene Gebiet außerhalb Asiens.
Im Mai 2003 – ein halbes Jahr nach Ausbruch der Pandemie sind mehr als 700 Menschen gestorben. Inzwischen wächst auch in Deutschland die Alarmstimmung. Doch es bleibt bei Empfehlungen, es gibt keine Reisebeschränkungen.
Am Ende kommt Deutschland bei der SARS-Pandemie 2003 mit dem Schrecken davon. Neun Infizierte wurden gemeldet, alle überlebten.
Ohne SARS 2003 wäre die Situation 2020 wohl eine andere gewesen
Die Erfahrungen von 2003 führten schließlich 2005 zum ersten Nationalen Pandemieplan in Deutschland. Und sie sorgten dafür, dass sich die Fachwelt intensiver mit SARS-Corona-Viren auseinandersetzten.
SARS 1 war weniger ansteckend. Zum einen weil die Inkubationszeit deutlich kürzer war als beim neuen SARS-Corona-Virus 2020. Zum anderen, weil sich das Virus damals vor allem in der Lunge festsetzte, während das neue Virus lange im Rachenraum bleibt und sich so über die Luftwege weiter verbreitet.
Der junge Christian Drosten entwickelt SARS-Test
Während der SARS-Pandemie macht auch der damals 30-jährige Virologe Christian Drosten Schlagzeilen, der früh mit Kollegen den Erreger identifiziert und einen Schnelltest entwickelt. In der Corona-Krise 2020 war sein Rat erneut sehr gefragt. Bekannt wurde er auch durch den Podcast "Das Coronavirus-Update" vom NDR. Hier ein Bericht über Christian Drosten von 2003.
Mehr historische Aufnahmen zur Medizingeschichte: http://swr.li/medizingeschichte

May 6, 2024 • 28min
Die Guillaume-Affäre – Warum Kanzler Brandt über einen DDR-Spion stürzte | Archivradio-Gespräch
Große Aufregung um enttarnte Spione? Alles schon mal da gewesen, 1974 nah beim Kanzler, medial noch gewürzt mit Bettgeschichten: Der Fall Günter Guillaume aus dem Jahr 1974 zeigt, wie Spionageabwehr nicht laufen sollte. Lukas Meyer-Blankenburg im Gespräch mit der Historikerin Daniela Münkel (SWR 2024) | Die Affäre Guillaume im Bundesarchiv: https://www.stasi-unterlagen-archiv.de/informationen-zur-stasi/themen/beitrag/die-affaere-guillaume/ | Historische Tonaufnahmen und mehr zur Sendung: http://swr.li/guillaume-brandt | Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: daswissen@swr.de | Folgt uns auf Mastodon: https://ard.social/@DasWissen

Apr 30, 2024 • 6min
DDR-Spion Guillaume bedauert Brandt-Rücktritt | 8.12.1990
Günter Guillaume kam 1956 als angeblicher DDR-Flüchtling
Als angeblicher DDR-Flüchtling war Günter Guillaume mit seiner Frau Christel 1956 nach Westdeutschland gekommen. Nach einigen Jahren Partei-Arbeit in der SPD schaffte er es schließlich bis ins Kanzleramt von Willy Brandt. Seine Enttarnung löste den größten Spionage-Skandal der Bundesrepublik aus, in dessen Folge Willy Brandt als Kanzler zurücktrat.
Nachdem Guillaume einen Teil seiner Haftstrafe wegen Landesverrats abgesessen hatte, durfte er bei einem Gefangenen-Austausch 1981 in die DDR zurückreisen.Am 8. Dezember 1990 erläutert der nunmehr arbeitslose Ex-Agent im Interview sein Bedauern über den Rücktritt Willy Brandts.

Apr 30, 2024 • 6min
Helmut Schmidt wird zum Bundeskanzler gewählt | 16.5.1974
Helmut Schmidt wird nach Willy Brandts Rücktritt neuer Kanzler
Nachdem Willy Brandt im Zuge der Guillaume-Affäre um einen DDR-Spion im Kanzleramt am 6. Mai 1974 seinen Rücktritt erklärt hat, wird zehn Tage später im Bonner Bundestag sein Nachfolger gewählt.
Helmut Schmidt, der laut eigener Aussage Brandt den Rücktritt noch ausreden wollte, übernimmt am 16. Mai 1974 die Regierungsgeschäfte. Er ist dabei ziemlich nervös, wie im folgenden Beitrag zu hören ist, während sein Vorgänger Brandt den Bundestag allein und schweigsam verlässt.

Apr 30, 2024 • 3min
Rundfunkansprache von Ex-Kanzler Willy Brandt zu seinem Rücktritt | 8.5.1974
Willy Brandt tritt wegen Guillaume-Affäre als Kanzler zurück
Weil im Zuge der Guillaume-Affäre um den verhafteten DDR-Spion im Bonner Kanzleramt der politische Druck auf Bundeskanzler Willy Brandt zunimmt und ihm die eigene SPD-Parteiführung die Rückendeckung verweigert, reicht Brandt am Abend des 6. Mai 1974 Bundespräsident Gustav Heinemann seinen Rücktritt ein.
In einer kurzen Ansprache im Rundfunk erklärt er zwei Tage später, am 8. Mai 1974, seine Beweggründe. – Noch Jahre später wird Willy Brandt mit der Entscheidung, zurückgetreten zu sein, hadern. Schon damals hielten viele diesen Schritt nicht für nötig.

Apr 30, 2024 • 4min
Medienspekulationen um die Spionage-Affäre Guillaume | 24.4.1974
Spekulationen um Affären und weitere Spione im Kanzleramt
Der enttarnte DDR-Spion Günter Guillaume wird nach seiner Verhaftung am 24. April 1974 immer mehr zum Problem für Bundeskanzler Willy Brandt. Nicht, weil brisante Geheimdokumente auftauchen, sondern weil in den Medien über Affären von Guillaume zu Bonner Sekretärinnen und über mögliche weitere Spione rund ums Kanzleramt gemunkelt wird.
Ein bisschen James Bond in Bonn – die männlichen Journalisten, aber auch Bonner Politiker ergehen sich hörbar süffisant in ihren Spekulationen.

Apr 30, 2024 • 8min
DDR-Spion Günter Guillaume wird verhaftet | 24.4.1974
Ein Spion im Bundeskanzleramt
Am 24. April 1974 wird der DDR-Agent Günter Guillaume verhaftet, zusammen mit seiner Ehefrau Christel. Er ist zu dem Zeitpunkt Referent im Bundeskanzleramt von Willy Brandt.
Wie nah stand Günter Guillaume Willy Brandt?
Die Nachricht von Guillaumes-Verhaftung ist an dem Tag Gesprächsthema Nummer eins in den Medien und natürlich auch im Bundestag in Bonn. Es wird spekuliert, was Günter Guillaume im Auftrag der DDR ausspioniert haben könnte, wie nah er dem Kanzler stand und welche politische Tragweite der Fall besitzt.
In den folgenden Tagen verlagert sich das Interesse von Medien und Politik immer weiter weg vom DDR-Spion Günter Guillaume und hin zu Bundeskanzler Willy Brandt. Zwei Wochen nach der Verhaftung von Guillaume, am 6. Mai 1974, erklärt Willy Brandt seinen Rücktritt.

Apr 29, 2024 • 2min
1984: USA verkünden Entdeckung von Aidsvirus | 29.4.1984
Aids: neue Krankheit betrifft vor allem Homosexuelle – und wird unterschätzt
Anfang der 1980er-Jahren kamen aus den USA Nachrichten von einer bis dahin unbekannten, ansteckenden und tödlichen Immunschwächekrankheit: Aids. Die meisten Betroffenen sind homosexuell, was dazu führt, dass die Gefährlichkeit der Krankheit in der breiten Öffentlichkeit zunächst unterschätzt wird.
In den Archiven der ARD datieren die ersten spärlichen Berichte zum Stichwort Aids aus dem Jahr 1983. In jenem Jahr kamen Wissenschaftler auch erstmals dem verantwortlichen Virus auf die Spur. Im Folgejahr, am 29. April 1984, gab es dann Gewissheit: US-Gesundheitsministerin Margaret Heckler präsentiert Robert Gallo als Entdecker des Aidsvirus. Gleichzeitig kündigt sie an: Einen Impfstoff werde es "frühestens in zwei Jahren geben". Das war optimistisch: Einen Impfstoff gegen Aids gibt es bis heute nicht.
Gallo geht leer aus: Medizin-Nobelpreis 2008 an Barré-Sinoussi und Montagnier
Der Virologe Robert Gallo, auf dessen Forschung sie sich berief, ging leer aus, als es einen Nobelpreis für die Entdeckung des Aidsvirus gab. Den bekamen 2008 Françoise Barré-Sinoussi und Luc Montagnier aus Frankreich. Denn die hatten das Virus vor dem US-Amerikaner Gallo isoliert.
Mehr historische Aufnahmen zur Medizingeschichte: http://swr.li/medizingeschichte

Apr 20, 2024 • 14min
"Wir haben abgetrieben" – Die Stern-Kampagne, initiiert von Alice Schwarzer | 3.6.1971
Es war eine der bekanntesten Titelgeschichten der Zeitschrift "Stern" und zugleich die Kampagne, mit der die Journalistin Alice Schwarzer als Kämpferin für Frauenrechte bundesweit bekannt wurde.
In der "Stern"-Ausgabe am 6. Juni 1971 erklären 374 prominente Frauen öffentlich, dass sie abgetrieben hätten und fordern die Abschaffung des Paragrafen 218. Zwei Monate zuvor hatte es schon eine ähnliche Kampagne in Frankreich gegeben, an der Alice Schwarzer ebenfalls beteiligt war.
"Bild" gegen "stern"
Bevor die Ausgabe des "Stern" erscheint, schaltet er Anzeigen in verschiedenen deutschen Tageszeitungen. Davon handelt der folgende Bericht vom 3. Juni 1971 im Süddeutschen Rundfunk. Alice Schwarzer wird dabei nicht erwähnt, man kennt sie noch kaum. Dafür die Schauspielerin Vera Tschechowa. Denn die Bild-Zeitung behauptet, Tschechowa habe nicht gewusst, was sie da unterschreibe. Also ruft der Reporter sie einfach an und fragt sie. Tschechowa erklärt, sie stehe zu ihrer Aussage.
"Wir haben abgetrieben" – Muss jetzt die Staatsanwaltschaft ermitteln?
Nachdem dieser Sachverhalt geklärt ist, geht die Sendung auf die juristischen Folgen dieser öffentlichen Selbstbezichtigung ein. Der ehemalige Bundesrichter Heinrich Jagusch erklärt, dass die Staatsanwaltschaft nach dieser Kampagne keineswegs zwangsläufig aktiv werden müsse.

Apr 14, 2024 • 6min
David Hilberts Radioansprache: "Wir müssen wissen, wir werden wissen!" | 8.9.1930
Kurt Gödel bewies ein Jahr später in seinem berühmten Unvollständigkeitssatz, dass David Hilbert daneben lag. Hilbert war zum Zeitpunkt des Radiovortrags 68 Jahre alt.
Gegen das "Ignorabimus"
Hilbert, der Mathematik in Göttingen lehrte, wollte sein Fach streng systematisieren. Er verlangte, dass selbst scheinbare mathematische Banalitäten nicht einfach hingenommen werden und sich beweisen lassen müssen, aus einfachen Axiomen, also Grundannahmen.
Und er wollte klare Kriterien, was als Beweis anzuerkennen ist und was nicht. Vor allem aber war er überzeugt, dass sich alle mathematischen Probleme so lösen lassen. Platt gesagt, alle Wahrheiten, jedenfalls alle mathematischen, lassen sich auch irgendwie beweisen.
Gödels Unvollständigkeitssatz zeigte Irrtum Hilberts
Diese Auffassung brachte er auch am 8. September 1930 in einer berühmten Radioansprache zum Ausdruck. Auch wenn sich später herausstellten sollte, dass Hilbert daneben lag, ist dies der historisch wohl bedeutendste Radiovortrag eines deutschsprachigen Mathematikers überhaupt. Hilbert war zu diesem Zeitpunkt 68 Jahre alt.
Ein Jahr nach diesem Vortrag, im Dezember 1931, veröffentlichte Hilberts österreichischer Kollege Kurt Gödel einen Aufsatz, der zeigte, dass Hilbert sich geirrt hatte. Gödel zeigte in seinem berühmten Unvollständigkeitssatz, dass es kein vollständiges mathematisches Wissen gibt. Dass es Wahrheiten gibt, die sich schlicht nicht beweisen lassen. Damit muss sich die Mathematik bis heute abfinden.