

Archivradio – Geschichte im Original
SWR
Historische Aufnahmen und Radioberichte von den ersten Tonaufzeichnungen bis (fast) heute. Das Archivradio der ARD macht Geschichte hör- und die Stimmung vergangener Jahrzehnte fühlbar. Präsentiert von: Gábor Paál, Lukas Meyer-Blankenburg, Maximilian Schönherr und Christoph König. Ein Podcast von SWR, BR, HR, MDR und WDR. https://archivradio.de | Übersicht über alle Beiträge: http://x.swr.de/s/archivradiokatalog
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Nov 24, 2024 • 23min
Hans Bredow: Der Weg zum Rundfunk | 25.11.1954
Bredow hatte die Radiotechnik vorangetrieben, lange bevor 1923 der reguläre Rundfunkbetrieb begann. Im Gespräch wird deutlich, welche Rolle der Erste Weltkrieg als Katalysator spielte. Bredow spricht auch über seine Motivation, "die Einsamkeit aus dem Leben der Menschen zu verbannen."
Hans Bredow gibt dieses Interview dem Südwestfunk am 25. November 1954 – anlässlich seines 75. Geburtstags.
Das Interview im Wortlaut
Interviewer: Eduard Roderich Dietze
Herr Staatssekretär, Vater des Rundfunks werden sie genannt, und doch wir alle, die wir Sie mit Dankbarkeit und Ehrfurcht so nennen, können kaum ermessen, welche Geduld und Beharrlichkeit Sie haben aufwenden müssen, um aus der Idee des Rundfunks zu seiner Realisierung vorzustoßen. Wie sind Sie eigentlich auf den Gedanken gekommen? War es nicht schon sehr früh schon vor dem Ersten Weltkrieg, Herr Staatssekretär?
Ja, Herr Dietze, Rundfunk hat es eigentlich schon so lange gegeben, wie es möglich war, elektrische Wellen zu verbreiten und aufzunehmen. Denn der Rundfunk beruht ja auf der Eigenschaft der elektrischen Welle, dass sie sich nach allen Richtungen ausbreitet und von jedermann aufgenommen werden kann, der einen abgestimmten Empfänger besitzt. Und Rundfunk, natürlich nicht im heutigen Sinne, ist schon seit Anfang des Jahrhunderts verwendet worden.
Aber doch nur mit Morsezeichen?
Nur mit einem Morsezeichen, denn die technischen Vorbedingungen für die drahtlose Telefonie waren damals noch nicht vorhanden. Ich entsinne mich, dass zuerst von einem Sender aus Zeitzeichen verbreitet wurden, für die Schiffe und für die Uhrmacher, um ihre Uhren danach zu stellen. Dann das nächste war die telegrafische Verbreitung von neuen Nachrichten für die auf hoher See befindlichen Schiffe, die dann diese Nachrichten vor Zeitungen den Passagieren zur Kenntnis geben. Und auch während des Krieges hat man schon von der Großstation Nauen aus die Heeresnachrichten für das Inland und Ausland verbreitet. Aber natürlich war die Aufnahme nur möglich durch ausgebildete Telegrafisten,
Aber schon vor dem Kriege, Herr Staatssekretär, machten Sie doch den ersten Telefonieversuch, das erste eigentliche Unterhaltungsrundfunkprogramm im heutigen Sinne, damals in den USA
Ja, das hängt damit zusammen, das in Folge gewissen Erfindungen die Möglichkeit geschaffen wurde, auch das Wort, den Ton zu übertragen. Allerdings genügten diese Vorrichtungen noch nicht, um einen wirklichen Rundfunk, wie wir ihn heute kennen und lieben, ins Leben zu rufen. Aber immerhin, man konnte telefonieren, und es wurden verschoben gemacht, um einen Sprechverkehr einzurichten, um das zu propagieren, fuhr ich 1913 nach New York, ließ dort eine Vorrichtung aufstellen und machte Versuche mit drahtloser Telefonie.
Es sollte dann eine Pressevorführung gemacht werden, um die Öffentlichkeit zu interessieren. Und um das etwas lebendiger zu machen, ließ ich von der Sendestation zur Empfangsstation, die in einem hohen Wolkenkratzer, dem Tower Building in York aufgestellt war, ein richtiges Rundfunkprogramm, bestehend aus Grammophon, Darbietungen und Vorträgen, verbreiten und von New Yorker Presseleuten aufnehmen. Es war eine ziemliche Sensation, aber sehr eindrucksvoll war es sonst nicht, weil die Aufnahme nur mit Kopfhörer geschehen konnte. Denn Lautsprecher, Verstärker, und alle neuen Dinge gab es damals noch nicht. Aber trotzdem waren die Presseleute doch entzückt, weil die Aufnahme klar, wenn auch sehr, sehr leise war, und schrieben viel darüber in Zeitungen.
Sie waren aber doch gar nicht dabei, denn zufällig waren Sie doch schon abgerufen auf dem Atlantik.
Diese Vorführung hatte ich angeordnet, musste aber aufgrund eines Telegramms vorher nach New York abfahren, weil ich eine Verhandlung mit Marconi durchzuführen hatte. Und wie ich nun am Tage nach dieser Vorführung auf hoher See war, auf dem Dampfer George Washington – Sie sehen mich hier mit einigen Funkoffizieren, an Bord der George Washington – bekam ich einen Funktelegram. Ich möchte um zehn Uhr vormittags am Empfänger sein, um etwas aufzunehmen. Ich bin dann in die Kajüte gegangen, habe den Kapitän dazugebeten, weil ich etwas ahnte. Und dann schallte uns - das heißt, schallt ist übertrieben - wir hatten die Hörer ans Ohr gepresst, und da hörten wir also leise Musikklänge, die sehr, sehr klar deutlich durchkamen. Dann wurde eine Begrüßungsansprache an mich von einem Stationsleiter an der amerikanischen Küste gehalten. Und dann kamen meine zurückgebliebenen Kollegen einzeln und begrüßten mich und beglückwünschten mich zu den Erfolgen. Und so schloss es dann mit gutem Reisewünschen und der amerikanischen Nationalhymne „The star spangled banner“.
Das war also die erste Funksendung im eigentlichen Sinne, würden wir heute sagen, und das war schon am 22. Februar 1913, Herr Staatssekretär. Sicher hat das durch sehr in ihnen nachgewirkt. Sie haben ja in unendlicher Geduld die technischen Fortschritte abwarten müssen, ehe sie diesen Gedanken einmal nachgehen konnten und dann kam der Krieg.
Ja, also Sie können sich vorstellen: Wenn jemand auf hoher See ist, abgeschlossen von allem und jetzt plötzlich eine Stimme ertönt von Ferne und Sie begrüßt das, dass das ein Menschen nicht ganz ungepackt lassen kann. Ich hatte damals den Eindruck, aus dieser Sache muss noch einmal etwas Großes werden. Aber wie gesagt, die technischen Vorbedingungen waren noch nicht vorhanden. Auf diese Weise war kein Rundfunk zu machen.
Aber die Idee hat mich nicht losgelassen. Nun, kam sehr bald der Krieg, da hatten wir andere Sorgen. Und mit dem Kriege kam gleichzeitig etwas, was man als eine völlige Umwälzung der drahtlosen Technik betrachten kann. Dr. [Alexander] Meißner hatte im Telefunken Laboratorium den Röhrensender erfunden. Dr. Rokob [?] hat die ersten Senderöhren gemacht, und damit konnte man nun ganz klar telefonieren. Gleichzeitig war durch die Röhre eine Verstärkungsmöglichkeit geboten, sodass man wesentlich lauter und auf größere Entfernung hören könnte. Damit war man nun einen entscheidenden Schritt weitergekommen. Und als ich nun als Soldat im Jahr 1917 an die Front kam und zwar nach Rethel, in der Nähe von Reims und dort ein Versuchskommando zu führen hatte zum Ausprobieren der neuartigen Röhreneinrichtungen, verfiel ich sofort wieder auf meine alten Gedanken und richtete eine Rundfunkstation ein…
Den ersten Soldatensender …
Ja, Soldatensender, insofern, weil Soldaten ihn betrieben. Ich hatte dort ein kleines Team. Einer von meinen Funkern, der sang sehr nett. Ein anderer spielte Geige, ein spielte gefühlvoll Mundharmonika. Und so legte ich damit los und verbreitete Programme. Ich bin auf diese Weise der erste Ansager geworden und der erste Programmdirektor, denn ich stellte diese Programme zusammen, sagt sie an. Ich las aus Zeitungen vor, las ein Roman in Fortsetzung, täglich ein Stück, und so machten wir Musik, und alles Mögliche, und freuten uns ungeheuer über den Beifall, der wir bei den Frontsoldaten hatten, die in großen Menge über Empfänger verfügten zur Aufnahme der Heeresnachrichten und so weiter.
Ich muss sagen, ich habe das noch ziemlich mit einer gewissen Gleichgültigkeit gemacht. Aber als ich dann in die Schützengräben kam und die Leute mit zuströmten und begeistert waren davon und sagten: „Sie wissen gar nicht, was Sie damit machen, dass wir hier in der in tiefen Bunkern eingegrabenen Station hier so etwas bekommen, das gibt uns ein ganz neues Leben. Das hat mich so gepackt, dass ich gesagt habe, sowie ich zurückkomme, wird die Sache durchgeführt. Ich konnte aber nicht weiterarbeiten. Wir mussten das aufgeben, weil Störungen dadurch verursacht worden. Die Leute an den Empfängern wurden abgelenkt, und der Oberkommandierende hat es dann aus militärischen Gründen verboten. Und wir sind dann später Peter abgezogen. Aber unmittelbar nach dem Kriege habe ich dann die Sache wieder angefasst.
(Unterbrechung)
Sie sprachen, Herr Staatssekretär, von der Wirkung auf den Einzelnen. Ist das für den Rundfunk ihrer Ansicht nach kennzeichnend, dass eben der Einzelne dieses Hörerlebnis hat. Und gilt das in gewissem Sinne vielleicht auch für das Fernsehen, dass es sich an den einzelnen richtet, was da über den Äther getragen wird? Klänge, Worte und Bilder?
Das ist das, was mich am meisten beeindruckt hat, dass es zukünftig möglich sein würde, die Einsamkeit aus dem Leben des Menschen zu verbannen. Ich ging dabei von Erlebnissen in den Schützengräben aus. Und als ich nun nach Ende des Krieges die Möglichkeit bekam, mit großem Nachdruck meine Ideen durchzuführen, nämlich – ich war es der Industrie ausgeschieden, in der ich vor tätig war - durch Ernennung zum Leiter des Reichsfunkwesens bei der Reichspost, da kam eine ganze Reihe von großen Aufgaben an mich heran. Aber eine der ersten Aufgaben, die ich anpackte, war der Rundfunk.
Und fanden sie gleich den nötigen Widerhall und für ihre Ideen?
Nein, nein, nein. Ich stand immer da, auch von meiner eigenen Behörde, als ein Fantast, der seinen Lieblingsideen nachlief. Und das führte mich eines Tags zu einer Katastrophe. Als ich bei der Nationalversammlung, deren Hauptausschuss ich im Oktober 1919 über meine Pläne berichtete, ging man überhaupt mit keinem Wort darauf ein. Ich entschloss mich deshalb, mich an die Öffentlichkeit zu wenden und veranstaltete einen öffentlichen Vortrag in der Berliner Urania. Zu dem ich Behörden, Wissenschaft, Presse und Industrie und Technik und so weiter einladen ließ, wollte nun praktischen Rundfunkempfang dort vorführen. Und meine Schlussfolgerung aus diesen technischen Möglichkeiten ziehen.
Zu meinem Unglück - ich erwähnte schon, dass es keine Lautsprecher gab, wir hatten aber zu diesem Zweck einige zusammengebastelt - versagte der Lautsprecherempfang, wie er es lange Jahre getan hat, gänzlich, und das Programm, das ich damals aussenden ließ, zusammengestellt hatte, und das nun das Publikum hören sollte, kam sehr stark verzerrt an.
Und die Anwesenden sahen nur die technische Seite und die Verzerrung, die aufgetreten war. Und meinen Hinweis darauf, es handelt sich hier um die grundsätzliche Frage und nicht um die Vorführung einer fertigen Technik. Und wir wollen mit der Entwicklung der Technik beginnen und ich möchte Ihr Interesse dafür erwecken.
Da war ich allerdings außerordentlich deprimiert, denn die Versammlung reagierte mit Stillschweigen, teilweise mit Kichern. Meine Kollegen von der Reichspost behandelten mich nach diesem Vortrag eisig, und ich kam mir vor wie eine Art Betrüger.
Damals habe ich die Aufgaben des Rundfunks als Hauptaufgabe des Rundfunks erkannt, den einsamen, einzelnen Menschen zu dienen, indem ich hinwies auf die Schiffe auf See, die einsamen Leute in den Heidedörfern, die einsame Witwe, die ohne Zusammenhang mit dem Leben leben muss, am diejenigen, die sich keine Konzerte leisten können und so weiter, dass denen ein neues Leben gebracht wird. An die politische Anwendung des Rundfunks, die heute im Vordergrund steht, habe ich weniger gedacht. Mich interessierte die Seite, den Menschen Menschen, die einsam sind, ein ganz neues Leben zu verschaffen.
Wie neu damals diese Gedanken waren, geht daraus vor, dass Hans Dominik [ein Ingenieur und Science-Fiction-Autor, Anm. d. Red.], dem man gewiss nicht ein Mangel an Fantasie vorwerfen kann, denn er hat viele utopische Romane geschrieben, damals im Berliner Lokalanzeiger über meinen Vortrag schrieb: Der Vortragende brachte Ideen von geradezu „Jules Vernescher Kühnheit“. Ich habe das nicht so empfunden. Für mich war das eine Selbstverständlichkeit und auch für jeden Techniker.
Und es ist nun für Millionen eine Selbstverständlichkeit geworden. Herr Staatssekretär. Vielleicht ist es ganz gut, wenn wir gerade diesen Anlass nehmen, die Millionen daran zu erinnern, wie wenig selbstverständlich diese ganze beharrliche und sehr Arbeit gewesen ist. All der namenlosen Ingenieure, die ihnen dabei geholfen haben und in einem gewissen Sinne sind Sie auch nicht nur der Vater des Rundfunks, Herr Staatssekretär, sondern wie man belegen kann, aus dem Schrifttum, in gewissem Sinn und sogar der Vater auch des Fernsehens. Sie haben doch diese Aufgabe damals schon 1923, den Ingenieuren ganz bewusst gestellt.
Das ist schon richtig. Aber, um Gottes Willen, bezeichnen sie mich nicht als Vater des Fernsehens. Denn es gibt viele Väter. Beim Fernsehen war es genau beim Rundfunk. Am Anfang stand die Technik. Erst viel, viel später kamen die Gestalter hinzu, und Väter der Fernsehtechnik gibt es eine ganze Anzahl.
Als wirklichen Vater des neuzeitlichen Fernsehens, an dem wir uns täglich hier in Deutschland erfreuen können, betrachte ich den Herrn Professor [Werner] Nestel vom NWDR, der sich ungeheure Verdienste um das Fernsehen erworben hat. Wenn er neulich, wie ich las, das Bundesverdienstkreuz dafür bekommen hat, so war das nur berechtigt, und ich denke mit großer Freude an die Leistung dieses Mannes.
Denn er hat auch einen anderen Gedanken sehr tatkräftig verwirklicht, der auch von ihnen stammte, nämlich der Ultrakurzwellen, nicht wahr, Herr Staatssekretär?
Ja, das hat nur sehr lange Jahre gedauert. Ich habe, das war auch eine plötzliche Konzeption im Jahr 1930, wie Sie gelesen haben, in Wien den Vorschlag gemacht, die Ultrakurzwelle für Lokalsendungen anzuwenden, und das damit begründet, dass er auf die Weise die Länderinteressen und die lokalen Interessen im Anfang wesentlich mehr berücksichtigt werden könnten als bei der Verwendung des Mittelwellenrundfunks, der damals üblich war. Und später ist dann ganz von selbst durch die Notwendigkeit der Wellenknappheit diese Aufgabe in an Vordergrund getreten und Prof. Nestel ist es wohl wiederum gewesen, der wohl als der Hauptförderer dieser neuen Einrichtung gelten kann.

Nov 23, 2024 • 3min
Rita Süssmuth über ihren Kampf in der Aids-Politik | 23.11.1988
Rita Süssmuth (*1937) ist Bundesgesundheitsministerin bis 1988, als der CDU-Vorsitzende und Bundeskanzler Helmut Kohl sie zur Bundestagspräsidentin vorschlägt. Süssmuth folgt diesem Ruf nicht ohne zu betonen, dass sie in der Aids-Politik weiter mitreden werde.
Am 23. November 1988 gibt sie zur Überraschung vieler eine Abschiedspressekonferenz und zieht eine deutliche Bilanz. Sie habe in der Regierung oft mit dem Rücken zur Wand gestanden.
Im Bild: Bundesgesundheitsministerin Rita Süssmuth (rechts) und und die amerikanische Sexualtherapeutin Ruth Westheimer (Mitte) sammeln am 29. Mai 1987 auf der Königsallee in Düsseldorf Spenden für an Aids erkrankte Kinder in der Bundesrepublik. Die Spendenaktion "Aids-Kids" soll einen bessere Betreuung und Versorgung der rund 400 Aids-kranken Kinder in Deutschland gewährleisten.
Mehr historische Aufnahmen zur Medizingeschichte: http://swr.li/medizingeschichte

Nov 20, 2024 • 4min
"Es ist besser, nicht zu regieren ..." – Jamaika-Sondierungen scheitern | 20.11.2017
Acht Wochen nach der Bundestagswahl 2017 platzen die Sondierungsgespräche für eine Jamaika-Koalition aus CDU/CSU, den Grünen und der FDP. Die Liberalen steigen aus. Nach knapp einem Monat harter Verhandlungen ist Schluss. In der Nacht vom 19. auf den 20. November erklärt FDP Parteichef Christian Lindner. "Es ist besser, nicht zu regieren als falsch zu regieren."
Die Bürgerinnen und Bürger wie hier in Friedrichshafen reagieren enttäuscht.
Im politischen Berlin beginnt noch Morgen des 20. November 2017 die Suche nach den Schuldigen.
Im Januar 2018 nehmen SPD und CDU/CSU Sondierungsgespräche und kurz darauf Koalitionsverhandlungen auf. Am 14. März 2018 wird Angela Merkel zur Kanzlerin einer großen Koalition gewählt – rund ein halbes Jahr nach der Bundestagswahl.

Nov 19, 2024 • 7min
Chaos Computer Club (CCC) wird öffentlich bekannt | 19.11.1984
CCC knackt Benutzerkonto der Hamburger Sparkasse
Der Chaos Computer Club ist heute eine anerkannte Nichtregierungsorganisation, die sich für Datensicherheit engagiert. 1984, als der CCC erstmals öffentlich bekannt wurde, war er vielen Menschen suspekt: Leute, die die Daten anderer Leute anzapfen! Das Wort "Hacken" war damals noch kaum geläufig.
Gegründet wurde der Chaos Computer Club schon 1981 in Berlin in den Redaktionsräumen der taz. Aber dann ging es in Hamburg weiter.
Öffentlich bekannt wurde der Chaos Computer Club 1984, als er in einer spektakulären Aktion ein Benutzerkonto der Hamburger Sparkasse knackte.

Nov 17, 2024 • 6min
Schweizer Schriftsteller Max Frisch auf dem SPD-Parteitag in Hamburg | 17.11.1977 | RAF
Eigentlich stehe im Zentrum des SPD-Parteitags die Energiepolitik und speziell die Haltung zur Kernkraft, sagt der Moderator. Aber die erst drei Wochen zurückliegenden dramatischen Entwicklungen um die RAF drückten der Veranstaltung ihren Stempel auf. Prominentester Redner ist der Schweizer Schriftsteller Max Frisch, der in der zweiten Hälfte dieses Beitrags mehrmals im O-Ton zu hören ist.
Max Frisch fordert Unabhängigkeit der Regierung von Industrie und Kapital
Frisch solidarisiert sich mit der harten Haltung der Bundesregierung, als es um die Freipressung von Gefangenen ging, sagt aber, diese unbestechliche Haltung tauge nichts, wenn sie sich nicht auch auf allen anderen Gebieten durchschlage. Insbesondere dürfe die Regierung "nicht auf die stille Erpressung durch Besitz der Produktionsmittel" eingehen, sich also nicht in Abhängigkeit von Industrie und Kapital begeben. Applaus.
Glaubwürdig sei eine solche Politik nur, wenn die Regierung auf Erpressungen "nicht eingeht und auch an keinem anderen Menschenhandel irgendwo in der Welt beteiligt ist; wenn sie, soweit es nach Völkerrecht möglich ist, den Terror bekämpft auch dort, wo er ein Territorium hat, das ein Markt ist" – eine Anspielung auf den Staatsterror. Applaus.
Schriftsteller Max Frisch nennt junge Menschen "Moralisten"
Max Frisch zitiert Rudi Dutschke und stellt fest, alle Terroristen gehörten der jungen Generation an, sie seien "Moralisten also" wie die Alten. "Wie unschuldig ist unsere Gesellschaft an der Wiederkunft des Terrorismus?" Wie viel Raum sei den Jungen von den Älteren eingeräumt worden, um ihre Zukunft mitzugestalten? Mit mehr Polizei und schärferen Strafgesetzen könne man dem nicht gerecht werden.
In Anspielung auf die Mescalero-Debatte um die "klammheimliche Freude" angesichts der RAF-Morde sagte Max Frisch, er spreche hier nicht zu den Zeitgenossen, die eine "klammheimliche Erleichterung" anlässlich der Ermordung des chilenischen Präsidenten Salvador Allende gespürt hätten. Langer Applaus. "Sondern ich rede zu uns."
Die Intellektuellen seien "wieder mal dran", also Opfer der Terrorismusdiskussion. Die Regierung sei "Erblindet am Status quo".
Aus der Archivdatenbank
Frischs Rede auf dem SPD-Parteitag könnte man überschreiben mit "Die Herausforderung durch den Terrorismus und die Art, wie man ihr begegnet" / Der Schriftsteller suchte die geistige Auseinandersetzung mit dem Terrorismus, die viel mit dem Selbstverständnis und der Glaubwürdigkeit der SPD zu tun hat / Frisch charakterisierte die Stimmung in der BRD folgendermaßen: Es scheint, dass die Zukunft der Angst gehört und nicht der Hoffnung auf mehr Demokratie. Die Hoffnung auf mehr Demokratie gilt als Verharmlosung des Terrorismus. Angst ist des Bürgers erste Pflicht / Die Regierung muss sich die Frage nach der ethischen Legitimation ihres Handelns (d.h. des Hartbleibens gegenüber den Forderungen der Terroristen) stellen / (O-Ton) Max FRISCH, Schweizer Schriftsteller: Diese Legitimation hat eine Regierung nur, wenn sie sich auch auf keinem anderen Gebiet erpressen lässt, wenn sie Terror auch dort bekämpft, wo er institutionalisiert ist / "Die ethische Legitimation für Härte kann nur heißen Verwirklichung des Versprechens nach mehr Demokratie" / Unser Staat muß erst ein Menschenrechtsstaat geworden sein / Die Frage, was die Menschen, die ihrem Ursprung nach Moralisten waren, zu Gewalttätern hat werden lassen, ist gesellschaftlich unerwünscht, da sie zu der Frage führen kann: Wie unschuldig ist unsere Gesellschaft an der Wiederkunft des Terrorismus / "Wie schuldig sind wir durch familiären und institutionalisierten Unverstand gegenüber einer ganzen Generation / Den Beitrag der Intellektuellen "Innovation durch Kritik" darf die Regierung nicht unterschlagen
Sendung: Südfunk AktuellModerator: Volker DiepesReporter: Ralf UhlemannArchiv des SWR

Nov 17, 2024 • 1h 16min
Badener fühlen sich in Südfunk Stuttgart nicht vertreten – SDR-Hörerforum | 17.11.1949
Südfunk – ein reiner Schwabensender?
Ist der Südfunk ein reiner Schwabensender, der auch noch einseitig die Befürworter eines vereinigten Südweststaats unterstützt? Diese Frage steht im Mittelpunkt eines öffentlichen Hörerforums des Süddeutschen Rundfunks in Karlsruhe.
Menschen in Baden empfinden Misstrauen gegenüber dem Sender in Stuttgart
Das Hörerforum am 17. November 1949 findet in einer aufgeladenen Zeit statt: Es ist erst paar Monate her, dass aus dem von der US-Militärregierung kontrollieren Radio Stuttgart der Süddeutsche Rundfunk wurde, und somit der öffentliche Sender für das Nachkriegs-Land Württemberg-Baden. Im Frühjahr war auch die Bundesrepublik gegründet worden, und im Südwesten steht die Frage im Raum, ob sich die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern zu einem Südweststaat zusammenschließen sollen oder nicht. Deutlich zu hören ist in der gesamten Diskussion das Misstrauen der Menschen in Baden gegenüber dem Sender in Stuttgart.
Hitzige Debatte um Sprache, Berichterstattung und Musikauswahl
Nach einleitenden Worten des Intendanten Fritz Eberhard und einem kurzen Sketch über die Landesfürsten von Baden und Württemberg-Baden – Leo Wohleb und Reinhold Maier – folgt ab etwa der 10. Minute in dieser Aufnahme eine hitzige Debatte. In "Radio Stuttgart" würde hauptsächlich Schwäbisch gesprochen, es herrsche eine Kultur des "Häberle und Pfleiderer" und in den Berichten kämen badische Politiker viel schlechter weg als schwäbische. Und weil es damals nur ein Hörfunkprogramm auf Mittelwelle gibt, das naturgemäß nicht jeden Geschmack treffen kann, gibt es auch einige Kritik an der Musikauswahl.
Zweites Hörfunk-Programm: unterschiedlichen Erwartungen gerecht werden
Ein Jahr nach dieser Veranstaltung wird der Süddeutsche Rundfunk ein zweites Hörfunkprogramm starten, um den unterschiedlichen Erwartungen besser gerecht zu werden. Gleichzeitig führt er als erster Sender UKW ein. Vom Start dieses 2. Radioprogramms gibt es im Archivradio eine eigene Aufnahme.
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Im Bild: Die Intendanten (v.l.n.r.) Friedrich Bischoff (Südwestfunk), Walter Geerdes (Radio Bremen), Eberhard Beckmann (Hessischer Rundfunk), Rudolf von Scholtz (Bayerischer Rundfunk), Fritz Eberhard (Süddeutscher Rundfunk) und Adolf Grimme (Nordwestdeutscher Rundfunk) stehen am 22. November 1951 vor einer Sitzung der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Rundfunkanstalten (ARD) in Berlin zusammen

Nov 16, 2024 • 1h 21min
Erich Mielke über ideologische Diversion | 16.11.1984
Stasi-Chef Erich Mielke war der Gründer der Juristischen Hochschule in Potsdam und damit auch oberster Chef des Lehrstuhls zur Operativen Psychologie. In dieser Rede vom 16. November 1984 an der Parteihochschule Karl Marx beim ZK der SED spricht er über innere und äußere Feinde, die Waffe der Konspiration und die ideologische Diversion durch die Bundesrepublik. Die Psychologie spricht er in diesem halbstündigen O-Ton nur indirekt an, etwa wenn er zwei Bevölkerungsgruppen herausgreift, denen er unterstellt, der Manipulation durch Dritte ausgesetzt zu sein. Er meint Punks und Homosexuelle.
Interessant an der Rede ist die Einschätzung der Grünen, die im Westen in den 1980er Jahren an Einfluss gewinnen und die Ablehnung von deren Pazifismus.
Signatur MfS ZAIG/Tb/152

Nov 15, 2024 • 3min
Konrad Adenauer will Versöhnung mit Frankreich | 15.11.1949
Konrad Adenauer berichtet dem Parlament zunächst vom aktuellen Stand der Gespräche mit dem Alliierten Kontrollrat. Aus seiner Sicht ist die Demontagefrage von größter wirtschaftlicher und psychologischer Bedeutung. Er befürchtet, dass das Wort "Demontage" zukünftig denselben Platz einnehmen könnte, wie das Wort "Versailles" in den 1920er Jahren und spielt damit auf den von vielen Deutschen nicht akzeptierten und als Demütigung empfundenen Friedensvertrag ab, der 1919 im Schloss von Versailles von England, Frankreich, Italien und Russland und deren Verbündeten weitgehend festgelegt worden war.
Adenauer bekräftigt, er verstehe das Sicherheitsbedürfnis der Westmächte. Er wolle dem auch Rechnung tragen. Daher sei er grundsätzlich zur Mitarbeit in jedem Organ bereit, dass dazu diene, das Kriegspotential Deutschlands zu kontrollieren.
Der Bundeskanzler unterrichtet das Parlament weiter über die ersten Gespräche, die er mit den hohen Kommissaren des Alliierten Kontrollrates geführt hat. Heute sei ihm mitgeteilt worden, dass der Bundesrepublik weitere Vollmachten zugeteilt würden. Diese Vollmachten wurden wenige Tage nach Adenauers Rede im deutschen Bundestag im Petersburger Abkommen besiegelt.
Zum deutsch-französichen Verhältnis sagt Konrad Adenauer:
"Die Frage Deutschland-Frankreich ist in Wahrheit eine der Angelfragen des europäischen Geschicks. Von vielen Besuchern, die in Frankreich waren und von vielen ausländischen Journalisten höre ich, dass der ehrliche Wille besteht, ein für allemal den deutsch-französischen Gegensatz aus der Welt zu schaffen Ich bitte das französische Volk und die Weltöffentlichkeit, davon überzeugt zu sein, dass bei der ganz überwiegenden Mehrheit des deutschen Volkes der gleiche Wille besteht."

Nov 10, 2024 • 25min
FDP-Minister verlassen Regierung Schmidt – Ende der sozial-liberalen Koalition | 17.9.1982
13 Jahre lang, von 1969 bis 1982 regierte die SPD zusammen mit der FDP. Erst mit Kanzler Willy Brandt, seit 1974 dann mit Helmut Schmidt. 1982 dann das Aus.
Das Lambsdorff-Papier
Eingeleitet wird es durch das sogenannte Lambsdorff-Papier, benannt nach dem Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff. Der FDP-Politiker formuliert darin ein "Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit".
Es enthält stark wirtschaftsliberale Vorschläge, die mit SPD-Positionen unvereinbar sind. Am 17. September treten die vier FDP-Minister Genscher, Lambsdorff, Ertl und Baum zurück.
Vertrauensfrage oder Misstrauensvotum? – Diskussion über Neuwahlen
Helmut Schmidt fordert Oppositionsführer Helmut Kohl zu einem konstruktiven Misstrauensvotum und zu raschen Neuwahlen auf. Dies lehnt Kohl zunächst ab, sondern erwartet von Schmidt einen klaren Rücktritt.
Zu hören ist die aktuelle Mittagssendung im Südwestfunk. Es geht aufgrund der laufenden Ereignisse etwas durcheinander. Die Sendung beginnt mit einem kurzen Ton aus der Rede von Helmut Schmidt, dann blendet sie in die laufende Rede von Kohl, dann sind mehrere Korrespondenten aus Bonn zugeschaltet.

Nov 8, 2024 • 11min
Reportage nach Georg Elsers Hitler-Attentat | 9.11.1939
Jedes Jahr am Vorabend des 9. November pflegte Adolf Hitler eine Rede im Münchner Bürgerbräukeller zu halten – dem Ort, wo 1923 sein gescheiterter Putsch seinen Ausgang nahm.
Elser will Hitler-Auftritt im Bürgerbräukeller für Anschlag nutzen
1939 geht der Schreiner und Widerstandskämpfer Georg Elser davon aus, dass Hitler dort auch in diesem Jahr wieder auftreten würde. Ein Jahr zuvor hatten in Deutschland die Synagogen gebrannt, im September ließ Hitler Polen überfallen. Georg Elser will Hitler stoppen – und dessen traditionelle Rede im Bürgerbräukeller für einen Anschlag nutzen.
Hitler geht früher, 8 Menschen sterben durch die Explosion
In wochenlanger Vorbereitung lässt er sich nachts in der Gaststätte einschließen, höhlt eine Säule aus, platziert dort eine Bombe mit Zeitzünder. Doch sein Plan scheitert. Hitler kommt zwar, doch wegen des Kriegsgeschehens will er abends früh wieder nach Berlin abreisen, die Rede wird deshalb etwas vorverlegt. Hitler beendet sie um kurz nach 21 Uhr. Als die Bombe am 8. November 1939 um 21:20 Uhr explodiert und acht Menschen tötet, hat Hitler das Gebäude bereits verlassen.
Am Tag darauf, am 9. November 1939, sendet der Rundfunk diese Reportage.
Quelle: DRA


