

Gut durch die Zeit. Der Podcast rund um Mediation, Konflikt-Coaching und Organisationsberatung.
Dr. Sascha Weigel
Ich bin Sascha Weigel und möchte Sie in diesem Podcast gemeinsam mit meinen Gästen mit spannenden Sichtweisen und Einschätzungen rund um die Themengebiete Mediation, Konflikt-Coaching und Organisationsberatung zum Nachdenken anregen. Wir hegen die Absicht, dass Sie hier durchaus die zündende Idee oder bei Bedarf einen neuen Lösungsansatz für ihre Problem- oder Konfliktsituation entwickeln können.
Zu Wort werden in diesem Podcast auch Fachexperten kommen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, deren Forschungsergebnisse wichtige Erkenntnisse für den Umgang mit Konflikten und damit für die Mediation und Konfliktberatung in der VUKA-Welt bieten.
Mehr zu Mediation und Konfliktmanagement: www.inkovema.de
Zu Wort werden in diesem Podcast auch Fachexperten kommen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, deren Forschungsergebnisse wichtige Erkenntnisse für den Umgang mit Konflikten und damit für die Mediation und Konfliktberatung in der VUKA-Welt bieten.
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Episodes
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Nov 4, 2023 • 34min
#146 - Konfliktmanagement als Führungsaufgabe. Im Gespräch mit Jörg Pulfrich
Systemkompatible Unterstützung externer Konfliktexperten - am Beispiel des Fraunhofer Mediatoren-Pools
Jörg Pulfrich: Führungskräfte-Coach und erfahrener Leiter von Führungskräfte-Entwicklungsprogrammen und Leadership-Maßnahmen.
Entwickelte und leitet den Mediatoren-Pool der Fraunhofer-Gesellschaft und hat damit fundierte Kenntnisse im Schnittpunkt von Organisationsinterner Führungsarbeit und externer Konfliktvermittlungsarbeit.
Inhalte:
Schnittpunkt organisationsinterne Führungsarbeit und organisationsexterne Konfliktvermittlung.
Orientierungspunkte für Führungskräfte, selbst oder beauftragend Konflikte im Team zu managen, zu vermitteln etc..
Relevante Perspektiven für die Frage des (systematischen) Konfliktmanagements in Organisationen: Organisation, Führungskraft, Mitarbeiter
Ein- und Auswirkungen externer Konfliktexperten und Mediatoren auf das Führungssystem?
Nebenwirkungen von externen Mediator*innen?
Kontext: Konfliktmanagement als Führungsaufgabe
Konfliktmanagement spielt eine entscheidende Rolle Führungskräfte, da es direkt die Arbeitsatmosphäre, die Mitarbeiterzufriedenheit und die Produktivität beeinflusst.
Wichtige Aspekte sind für Führungskräfte:
- Erhaltung einer positiven Arbeitsumgebung: Der Umgang mit Konflikten, Spannungslagen und widerstreitenden Interessen ist essentiell für die Arbeitsatmosphäre aller Beteiligten. Für Mitarbeitende ist die Arbeitsatmosphäre regelmäßig das wichtigste Kriterium für das Engagement in der Organisation.
- Qualität und Produktivität: Ungeklärte Konflikte können zu einer Verringerung der Arbeitsleistung führen. Ein effektives Konfliktmanagement hilft, Probleme zu lösen, sodass sich die Mitarbeiter wieder auf ihre Aufgaben konzentrieren können.
- Kooperation und Teamarbeit: Konflikte beeinflussen die Teamarbeit, zuweilen konstruktiv, in aller Regel jedoch destruktiv. Wie anderswo auch, verschlechtern sich Beziehungen, wenn die Konfliktpotenziale nicht bewusst und konstruktiv angegangen werden. Führungskräfte müssen Teammitglieder dabei unterstützen, ihre Differenzen zu überwinden und produktiv zusammenzuarbeiten.
- Fluktuation und Mitarbeiterbindung: Gutes Konfliktmanagement kann dazu beitragen, dass sich Mitarbeiter wertgeschätzt und verstanden fühlen, sorgt für Klarheit in den Arbeitsbeziehungen und erhöht durchaus die Mitarbeiterbindung.
- Entwicklung einer lernenden Organisation: Konflikte bieten Gelegenheiten zum Lernen und zur Verbesserung von Prozessen und Beziehungen. Führungskräfte können diese Gelegenheiten nutzen, um die Organisation insgesamt weiterzuentwickeln.
Erwartungen der Organisation an Führungskräfte im Bereich Konfliktmanagement
Effizienz: Schnelle und effektive Lösung von Konflikten, um Unterbrechungen der Geschäftsprozesse zu minimieren.
Professionalität: Professioneller Umgang mit Konflikten unter Wahrung der Unternehmenswerte und -richtlinien.
Vermittlungsfähigkeit: Die Fähigkeit, als neutraler Vermittler zwischen Parteien zu fungieren.
Prävention: Konflikte durch proaktives Handeln vermeiden, beispielsweise durch Schaffung klarer Kommunikationswege und Zuständigkeiten.
Erwartungen der Mitarbeiter an Führungskräfte im Bereich Konfliktmanagement
Fairness: Eine unparteiische, aber engagierte Bearbeitung von aufgetretenen bzw. eskalierten Konfliktpotenzialen.
Unterstützung: Hilfe bei der Artikulation ihrer Anliegen und Bedürfnisse. (Konflikte in die Kommunikation führen! "Put the fish on the table")
Zuhören/Zugewandheit: Eine Führungskraft, die zuhört und versucht, die Ursachen von Konflikten zu verstehen, um daraus Entscheidungen zu treffen, baut Vertrauen auf.
Transparenz: Offene Kommunikation über den Umgang mit Konflikten und getroffenen Entscheidungen.
Insgesamt ist Konfliktmanagement eine Kernkompetenz für Führungskräfte, die das Wohlbefinden der Mitarbeiter, die Teameffizienz und die organisatorische Leistungsfähigkeit maßgeblich beeinflusst.

Oct 28, 2023 • 53min
#145 - Herausforderungen für die Organisationsmediation. Im Gespräch mit Prof. Claus Nowak
Das Machtproblem, das Freiwilligkeitsproblem, das Ergebnisoffenheitsproblem
Prof. Dr. Claus Nowak, Coach, Berater, Fachbuchautor, Honorarprofessor für Personal- und Organisationsentwicklung an der Universität Hamburg; promovierter Meeresbiologe und ausgebildeter Gymnasiallehrer.
Die drei Herausforderungen für die Mediation im Kontext von Organisationen
(Organisationsmediation = Mediation in, für und durch die Organisation)
Inhalte:
In Organisationen können Mediatoren nicht einfach arbeiten wie in einer klassischen Mediation, in der die beiden Konfliktparteien/-Personen die Mediation gemeinsam in Auftrag gegeben haben und je zur Hälfte bezahlen. Der Kontext Organisation (als Arbeitgeberin, die die Mediation beauftragt und bezahlt) hat nicht nur inhaltlich ein Wörtchen mitzureden, sondern auch noch weitere Auswirkungen. Welche? Das besprechen wir im Podcast.
Die drei Herausforderungen für die Mediation im Kontext von Organisationen
(Organisationsmediation = Mediation in, für und durch die Organisation)
1. Das Machtproblem der Hierarchie oder müssen die Mächtigen draußen bleiben?
Organisationen begründen Hierarchien zwischen den Rollenträgern. Das ist unvermeidbar - ebenso wie Konflikte zwischen den Hierarchieebenen. Die Organisation selbst ist strukturell mächtiger als die einzelnen Personen. Bedeutet das, dass das Instrument der Mediation nicht für Konflikte zwischen Organisationsmitgliedern anwendbar ist?
2. Das Freiwilligkeitsproblem für die Mediation oder was bedeutet das Direktionsrecht des Arbeitgebers?
Das Direktionsrecht erlaubt es dem Arbeitgeber, Anweisungen bezüglich der Arbeitsleistung, des Arbeitsorts und der Arbeitszeit zu geben. Dies kann das Prinzip der Freiwilligkeit in der Mediation untergraben, da Mitarbeiter sich gezwungen fühlen könnten, an der Mediation teilzunehmen oder bestimmte Lösungen zu akzeptieren. Handelt es sich nicht um eine Mediation, wenn die Beteiligten dazu aufgefordert wurden, die Mediation zu beginnen?
3. Das Ergebnisoffenheitsproblem der Mediation oder darf Offenheit Grenzen haben?
In der Mediation soll der Weg zu einer Lösung ergebnisoffen gestaltet sein. Dies steht im Gegensatz zu vielen organisationalen Entscheidungsprozessen, die ergebnisorientiert sind und spezifische Ziele verfolgen. Ist eine Mediation deshalb unmöglich, weil die Organisation für die Lösung bestimmte Leitplanken, also Grenzen hat (Kapazitätsgrenzen etc.)?
Um diese und weitere Fragen geht es in dieser Episode des Podcasts. Viel Erkenntnisfreude - und wir freuen uns über Dein Feedback.
Literatur
Nowak, Claus: Konfliktlandschaften in Organisationen, Limmer-Verlag, 2021.(Link zum Verlag)

Oct 20, 2023 • 32min
#144 - Die Kunst der Konflikteskalation. Eskalationsbedarfe im Konflikt. Im Gespräch mit Rolf Balling
Wieso es manchmal wichtig ist, Konflikte kunstvoll zu eskalieren - und wie das geht.
Häufig kommt es vor, dass man in einer Organisations-Rolle - oder allgemein in sozialen Austauschbeziehungen - nicht das bekommt, worauf man ein Recht zu haben glaubt.
Eskalation meint dann die Strategie und deren Durchführung, um die Leistung doch noch zu erhalten. Erfolgreiches Eskalieren ist schwierig, insbesondere deshalb, weil es nicht nur darum geht, das „Ausstehende“ zu erhalten, sondern auch darum, möglichst intakte Austauschbeziehungen (wieder)-herzustellen; d.h. keinen unnötigen Schaden in organisationalen / professionellen / persönlichen Beziehungen anzurichten.
Dafür muss – meistens - gestritten werden, aber ein „Krieg“, bei dem es um Sieg/Triumph bzw. Niederlage/Schmach geht, und speziell darum, den „Feind“ kampfunfähig zu machen, sollte – wo immer möglich – vermieden werden.
Beim Eskalieren haben sich folgende Regeln bewährt:
1. Schrittweise eskalieren; immer als nächstes den kleinsten möglichen Schritt auf der Eskalations-
Treppe gehen.
2. Es wird der Nicht-Leister in seiner speziellen Rolle angesprochen, das Problem des Nicht-Leistens bleibt im Vordergrund. Als Person mit speziellen Eigenschaften/Verhaltensweisen bleibt er ausgeklammert. Also das Problem, von der Person und von einer menschlichen Beziehung trennen.
3. Keine Abwertungen, insbesondere kein Unterstellen von bösen Absichten auf der anderen Seite. Keine Empörung oder gar Beschimpfung. Die emotionale Qualität der Forderung muss sorgend – allenfalls „enttäuscht“ oder „ratlos“ sein. Wenn man dabei schon viel Ärger angesammelt hat, sollte ein Kollege Schriftstücke auf unterschwellige Beleidigungen prüfen, bevor diese abgeschickt werden.
4. Das „Shifting of bad feelings“ ist ein wichtiger und legitimer Leitgedanke. Schon zur eigenen Psycho-Hygiene. Es ist zu überlegen, wie man es erreicht, dass der Nicht-Leister sich schlechter fühlt als man selber. Kann die Sache diesem peinlich werden? oder erfordert sie ihm zunehmend Aufwand? oder muss dieser sich immer mehr rechtfertigen? oder droht diesem ein Geld-/Ressourcen-/Gesichts-Verlust? oder geht ihm der Spaß am Aufruhr verloren?
5. Falls die andere Seite ein Problem hat, warum sie nicht leisten kann, ist das im Prinzip deren Sache. Keine Diagnosen oder Lösungsvorschläge ungefragt abliefern, allenfalls ein Angebot, unter bestimmten Bedingungen bei deren Verbesserungs-Aktivitäten zu kooperieren.
6. Die Eskalation immer als Notlösung zur Wahrung der Regeln von Geben und Nehmen, bzw. der eigenen Rechte, darstellen und immer mit einem Angebot auf Deeskalation für den Fall der Leistung verbinden. Deshalb goldene Brücken einbauen, über welche die andere Seite ohne großen Gesichtsverlust gehen kann.
7. Wenn die andere Seite unsaubere Tricks gebraucht, etwa lügt bzw. blufft, ist es wichtig zu zeigen, dass man dieses bemerkt. Allerdings ist es meist besser, von einer moralisierenden Bewertung Abstand zu nehmen. Dann lieber unangenehme Fragen stellen oder auf eine Aufklärung durch Dritte drängen.
8. Den Kreis der Involvierten schrittweise erhöhen, dabei auch informale Kräfte einbinden, die hilfreich sein können; dies meist, bevor auf formal höhere Hierarchie-Ebenen eskaliert wird.
9. Eine genaue Dokumentation der Nicht- oder Schlechtleistung kann sehr hilfreich sein. Hier reine Fakten zusammenstellen. Die Emotionen können sich dann umso mehr beim Leser einstellen.
10. Es ist legitim mit Konsequenzen zu drohen. Allerdings in einer Form, die möglichst Trotzreaktionen vermeidet. Drohungen eher unspezifisch halten, denn man muss die angedrohten Maßnahmen unbedingt durchführen, wenn der bezeichnete Auslöse-Tatbestand eingetreten ist; man verliert sonst seine Glaubwürdigkeit. Besser ist es meistens, nur zu schildern, welche „schrecklichen“ Maßnahmen einem durch den Kopf gehen und dann zu betonen, dass man die ja eigentlich nicht will.
11. Wenn sich die Gegenseite zunehmend irrational verhält, ist es meistens günstig professionelle Dritte einzuschalten. Also Mediatoren, Schlichter, geeignete Stabstellen. Auch entfernte Organisations-Funktionen wie Aufsichtsrat, Betriebsrat, Verbände usw. Irgendwann auch Rechtsanwälte und sogar Gerichte.
12. Wenn man in ständigem Leistungsaustausch steht, kann man auch eigene Leistungen, die eigentlich fällig wären, zurückhalten, oder an anderen Stellen Kooperation verweigern. Hier muss man allerdings genau auf Angemessenheit achten, damit man sich nicht selber ins Unrecht setzt.
13. Vor jeder Eskalation muss man sich innerlich prüfen, wie weit man denn wirklich gehen will, falls die andere Seite „stur“ bleibt. Denn manchmal ist es besser – irgendwann auch mit Verlusten – den Kampfplatz zu verlassen. Ist das geklärt, kann man entsprechende Ressourcen an Zeit, Geld und Beratung einzuplanen.
14. Effektive Eskalation verlangt kluges, erwachsenes Handeln. Dies wird schwierig, wenn die eigene Betroffenheit, angesammelte Verletzungen und Erinnerungen an schlechte Erfahrungen eine gelassene Distanziertheit verunmöglichen. Spätestens dann wird es wichtig, Unterstützung in Form von Coaching oder Supervision zu organisieren.
15. Ist die Eskalation gelungen - die Gegenseite hat geliefert - kann man sich freuen und dies auch zeigen. Verhaltensweisen, die als Triumph gedeutet werden können, sollten allerdings unterlassen werden. Eventuell braucht es dann noch ein versöhnendes Ritual, um wieder zu normalen Austauschbeziehungen zurückkehren zu können.
Rolf Balling: Diplom-Kaufmann (Universität Köln) mit einem Schwerpunkt in Sozialpsychologie, 7 Jahre in Managementfunktionen (Marketing/Controlling) bei der Alcatel-SEL AG, Danach 10 Jahre Leiter der Abteilung Managementtraining und Organisationsentwicklung im gleichen Konzern, Ausbildung in Transaktionsanalyse bis zum lehrenden Transaktionsanalytiker im Bereich Organisation (12 Jahre berufsbegleitend), Ausbildung in Gruppendynamik (2 Jahre berufsbegleitend), Ausbildung in Systemischer Beratung (7 Jahre berufsbegleitend); Von 1990 bis 2002 Aufbau der PROFESSIO GmbH, Akademie im Bereich Humanressourcen, als Lehrtrainer und geschäftsführender Gesellschafter.

Oct 5, 2023 • 32min
#143 - Ersatzgefühle. Ein Konzept der Transaktionsanalyse. Im Gespräch mit Günther Mohr.
Ersatzgefühle sind für die Gefühlswelt das, was Vorurteile für die Ideenwelt sind.
Günther Mohr, Diplom-Volkswirt, Diplom-Psychologe, Lehrberechtigter Transaktionsanalytiker, Senior Coach DBVC und BDP, Supervisor BDP, Mediator, Scrum-Master, Zen-Lehrer, Autor zahlreicher Fachbücher
Grundlagen zu Emotionen und Gefühle:
Emotionen sind funktional Steuerungsprozesse unseres Lebens und das erste „Meldesystem des Organismus“ über Veränderungen in der Umwelt. Soziale Gefühle sind das Ergebnis eines originären Lernprozesses, der im Austausch mit anderen und durch (Nach-)Denken, also Reflexion erfolgt. Dazu lassen sich Gefühle der Scham und Schuld zählen, aber auch des Vertrauens und der Gelassenheit. Komplexe Gefühle sind Resultate von Reflexionsprozessen und damit Zeugnisse von individuellen Bewusstwerdungs- und Entwicklungsprozessen. Grundlegend allerdings lassen sich – vor allem für die Arbeit in der Mediation – vier Grundgefühle benennen, die besonders in Konflikten und in Konfliktbearbeitungen relevant werden.
Die vier Grundgefühle sind Angst, Ärger, Trauer und Freude.
Während Angst bzw. Furcht dazu dient, Kräfte und Energien zu mobilisieren, um Gefahren aus dem Weg zugehen, dient Ärger bzw. Wut funktional dazu, Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Trauer ermöglicht ihrerseits Liebgewordenes loszulassen und Verluste zu „verarbeiten“. Gemeinsame Funktion dieser Gefühle ist es, das Problem der Anpassung an die veränderte Umwelt zu bewältigen.
Die Transaktionsanalyse unterscheidet zwischen authentischen Gefühlen und Ersatzgefühlen. Authentisch sind Gefühle, die situationsangemessen und spontane Reaktionen sind. Situationsangemessen sind Gefühle, die als Reaktion auf aktuelle Ereignisse aufkommen und – biophysisch gewissermaßen – Spannung abbauen. Unter funktionalen Gesichtspunkten sind authentische Gefühle dienlich und hilfreich. Sie machen ihren Job.
Ersatzgefühle hingegen sind angelernte Reaktionen, gewissermaßen eine aktuelle Reaktion auf vergangene Ereignisse, in denen die Ersatzreaktion erlernt wurde. Diese Abgrenzung lässt sich praktisch nicht stets durchhalten, vermittelt aber die Idee, dass Ersatzgefühle fehlerhafte Lernergebnisse sind. Oder anders formuliert: Was früher unter den damaligen Umständen angemessen war, muss es heute nicht mehr sein.
Ersatzgefühle sind für die Gefühlswelt, was Vorurteile für die Ideenwelt sind – wahre Blockierer und Verhinderer.
Ersatzgefühle sind damit Lösungsversuche für vergangene Problemsituationen. Sie sind die stereotypen Lösungsversuche, die dysfunktionalen, aber „bewährten“ Gefühlsreaktionen von heute. Sie verursachen genau das Unwohlsein, das im Konflikt den anderen angelastet wird. Sie sind gewissermaßen die Vorurteile der Gefühlswelten.
Links:
Grundlagenbeitrag zum TA-Verständnis von Gefühlen und Emotionen: Grundgefühle / Denkgefühle / Ersatzgefühle. 25 Grundlagen von Mediation (18). Emotionen und Gefühle in der Mediation.
Blogbeitrag: Ersatzgefühle in der Mediation. Wie ein Konzept der Transaktionsanalyse Mediatoren hilft, im Konflikt professionell zu navigieren.

Oct 1, 2023 • 38min
#142 - Mediation im Schnittpunkt von Sport und Wirtschaft. Im Gespräch mit Ingo Schiller
Konfliktmanagement und Mediationspotenziale im Profifussball der Bundesliga
In eigener Sache: Bitte entschuldigt, dass die Episode anfangs Probleme mit dem Ton aufweist, das war in der Nachbereitung nicht mehr zu reparieren.
Gast:
Ingo Schiller: Betriebswirt und langjähriger Finanzvorstand von Hertha BSC; von 1992-1998 arbeitete Ingo Schiller für den Traditionsklub Borussia Mönchengladbach, verantwortlich für Sportmarketing und das damalige Stadionprojektes, 1998 wechselt Schiller nach Berlin zu Hertha BSC, verantwortlich für den kaufmännischen Bereich. 2013 stößt Schiller zu den Bundesligamanagern, die im Aufsichtsrat des Ligaverbands DFL die Interessen der Bundesligaclubs vertreten. Außerdem vertritt Schiller den Ligaverband im Vorstand des Deutschen Fußball-Bunds (DFB). 2022 verlässt Schiller Hertha BSC und bildet sich zum Mediator aus.
Mediation im Kontext des Profifussballs:
Im Kontext des Profifußballs, insbesondere der Bundesliga, spielt das Konfliktmanagement eine entscheidende Rolle. Konflikte können zwischen Spielern, Trainern, Fanclubs, den Gemeinden und Städten sowie den Vereinsführungen oder sogar zwischen den Vereinen selbst auftreten. Als eine zunehmend bewährte Methode zur Konfliktlösung in diesem Bereich ist die Mediation.
Die Mediation bietet den Beteiligten im Profifußball eine effektive Möglichkeit, Konflikte auf faire und nachhaltige Weise beizulegen. Ein erfahrener Mediator kann dabei helfen, die Parteien zusammenzubringen und den Kommunikationsprozess zu erleichtern. Maßgebend ist hier letztlich, dass alle Vereine auf das Publikum angewiesen sind und letztlich gemeinsam eine interessante Sport- und Unterhaltungsmaschinerie betreiben.
Im Rahmen der Mediation werden die relevanten Konfliktthemen identifiziert und die Standpunkte aller Beteiligten angehört. Durch individuelle Gespräche mit den Parteien wird ein Verständnis für die zugrunde liegenden Bedürfnisse entwickelt. Anschließend werden Kriterien erarbeitet, die erfüllt werden müssen, damit alle Parteien einer Lösung zustimmen können.
Die Mediation im Profifußball hat den Vorteil, dass sie die Beziehung zwischen den Parteien bewahrt und langfristige Lösungen ermöglicht. Sie bietet die Möglichkeit, gemeinsam Vereinbarungen zu treffen, die für alle Beteiligten akzeptabel sind. Dadurch können Konflikte nicht nur gelöst, sondern auch Präventionsmaßnahmen ergriffen werden, um zukünftige Konflikte zu vermeiden.
Konfliktkonstellationen im Profifussball
Spieler-Trainer-Konflikte: Konflikte zwischen Spielern und Trainern können entstehen, wenn es Meinungsverschiedenheiten über Spielstrategien, Einsatzzeiten oder persönliche Differenzen gibt, vor allem mit Blick auf außersportliche Aktivitäten (Social Media, Werbeverträgen etc., die zur Sichtbarkeit beitragen).
Spieler-Vereinsführung-Konflikte: Konflikte zwischen Spielern und der Vereinsführung können auftreten, wenn es um Vertragsverhandlungen, Gehaltsforderungen, Transferentscheidungen oder die Vereinspolitik geht.
Vereins-Vereins-Konflikte: Konflikte zwischen verschiedenen Vereinen können entstehen, zum Beispiel bei Transferverhandlungen, Wettbewerbsverzerrungen oder Streitigkeiten über Spieltermine.
Fan-Vereinsführung-Konflikte: Konflikte zwischen Fans und der Vereinsführung können auftreten, wenn es um Entscheidungen bezüglich Ticketpreisen, Stadionausbau oder Vereinsidentität geht. Dies ist ein besonders emotionalisiertes und umkämpftes Feld, was z.B. hier in Sachsen mit RB Leipzig und Dynamo Dresden besonders kontrovers "verhandelt" wird…
Medien-Vereinsführung-Konflikte: Konflikte zwischen den Medien und der Vereinsführung können entstehen, wenn es um Berichterstattung, Pressekonferenzen oder den Umgang mit Skandalen geht.
Diese Konflikte können zu Spannungen und Unruhe führen und die Leistung des Teams oder des Vereins beeinträchtigen. Die Mediation kann in solchen Situationen eine wertvolle Methode sein, um Konflikte zu lösen, Kommunikation zu verbessern und langfristige Lösungen zu finden.
LINK zur Webseite Mediator Ingo Schiller:

Sep 23, 2023 • 42min
#141 - Der ästhetische Konflikt in der Musik. Im Gespräch mit Barbara Venetikidou und Hans-Peter Achberger
Der Ohr-an-Ohr-Konflikt bei Orchestermusikern.
Barbara Venetikidou
Seit 2018 Orchestermanagerin bei der Sächsischen Bläserphilharmonie,
vorher professionelle Musikerin (Klarinettistin), z.B. Solo-Klarinettistin beim Landespolizeiorchester Brandenburg,
anschließend Masterstudium in Kultur- und Medienmanagement an der FU Berlin.
Hans-Peter Achberger
Musikstudium als Schlagzeuger und Dirigent
Studium der Philosophie, Sinologie und Musikwissenschaft
Seit 1985 tätig als Schlagzeuger und Dirigent am Opernhaus Zürich
Masterstudium Mediation und Konfliktmanagement an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder)
Spezialausbildung als Familienmediator
Tätigkeit als Schlichter bei einer kantonalen Schlichtungsbehörde
Beisitzer in Bezirksarbeitsgerichten
Der ästhetische Konflikt im Kontext von weiteren Konfliktarten
Ein ästhetischer Konflikt unter Musikern bezieht sich auf Meinungsverschiedenheiten oder Diskussionen über künstlerische Vorlieben und Stilrichtungen in der Musik. Für Musiker stellt sich ein solcher Konflikt ganz ähnlich eines Wertekonfliktes dar. Dies kann auftreten, wenn Musiker unterschiedliche Auffassungen darüber haben, welche musikalischen Elemente, Genres oder Herangehensweisen am besten geeignet sind, um bestimmte musikalische Ziele zu erreichen. Solche Konflikte können sich auf Themen wie Genrezuordnung, Stilrichtungen, Arrangements, Texte und künstlerische Ausdrucksformen beziehen. Sie sind ein natürlicher Teil des kreativen Prozesses und können dazu beitragen, die Vielfalt und Innovation in der Musikwelt zu fördern, solange sie konstruktiv ausgetragen werden.
Ein Wertekonflikt tritt auf, wenn Personen oder Gruppen unterschiedliche Wertesysteme, Überzeugungen oder moralische Prinzipien haben, die in Konflikt miteinander stehen. Diese Konflikte können in verschiedenen Lebensbereichen auftreten, einschließlich der Politik, der Arbeitswelt, der Familie und der Gesellschaft im Allgemeinen. Wertekonflikte können sich auf Themen wie Ethik, Religion, Politik, soziale Gerechtigkeit und viele andere Aspekte beziehen.
Interessenkonflikte: Diese treten auf, wenn verschiedene Parteien unterschiedliche Interessen oder Ziele verfolgen, die miteinander in Konflikt stehen. Zum Beispiel, wenn zwei Mitarbeiter um eine Beförderung konkurrieren.
Beziehungskonflikte: Diese Art von Konflikten bezieht sich auf Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen, die sich auf Kommunikation, Vertrauen und Interaktion auswirken können. Konflikte zwischen Freunden, Kollegen oder Familienmitgliedern sind Beispiele für Beziehungskonflikte.
Macht- oder Hierarchiekonflikte: Diese treten auf, wenn Konflikte aufgrund von Ungleichheiten in der Macht oder Hierarchie zwischen den beteiligten Parteien entstehen. Dies kann in Organisationen, Unternehmen oder Institutionen auftreten.
Ressourcenkonflikte: Wenn es Streitigkeiten über begrenzte Ressourcen wie Geld, Zeit, Raum oder materielle Güter gibt, handelt es sich um Ressourcenkonflikte. Diese treten oft in wirtschaftlichen und organisatorischen Kontexten auf.
Kulturkonflikte: Unterschiede in kulturellen Hintergründen, Werten, Normen und Praktiken können zu Konflikten führen, insbesondere in multikulturellen Gesellschaften oder in globalen Organisationen.
Diese Konfliktarten, das muss man sich klarmachen, beschreiben unterschiedliche Beobachtungs- und Beschreibungszugänge zu einem Konfliktsystem. Mit diesen Titulierungen und Etikettierungen lassen sich vor allem die vorrangig in Streit stehenden Themenfelder aufgreifen und damit die Konfliktkommunikation spiegeln und paraphrasieren, als das sie echten Analysewert haben.
Es gilt vor allem dem Trugschluss zu entgehen, als dass diese Typologie Rand- und Erkenntnisschärfe hat: Diese Konfliktarten sind nicht randscharf voneinander abgrenzbar. Es scheinen eher Ebenen zu sein, wie man über diesen Konflikt spricht oder sprechen könnte. Kurz: Auch diese Kategorien stehen zur Debatte, bedürfen der Deutung - sowohl von den Konfliktparteien als auch von Dritten, Beobachtern und Beratern.
Literatur:
Achberger, Hans-Peter: Der Ohr-an-Ohr-Konflikt. Störungsmuster in der musikalischen Interaktion. Wolfgang-Metzner-Verlag, 2020

Sep 15, 2023 • 56min
#140 - Entwicklungslinien des Coachings - Pfadbeschreibungen für die Mediation? Im Gespräch mit Dr. Siegfried Greif
Was kann die Mediationsbewegung von der Entwicklung des Coachings lernen?
Prof. Dr. Siegfried Greif ist Geschäftsführer für die Bereiche Coaching und Unternehmensberatung am Institut für wirtschaftspsychologische Forschung und Beratung GmbH (IwFB), Osnabrück. Neben seiner umfangreichen wirtschaftspsychologischen Forschung, u.a. zum Thema Change-Management hat er sich mit seinem Buch „Coaching und ergebnisorientierte Selbstreflexion. Theorie, Forschung und Praxis des Einzel-und Gruppencoachings“ (ISBN: 978-3-8017-1983-8) als Nestor der deutschen Coaching-Psychologie-Forschung etabliert. Auf dem DBVC-Coaching-Kongress 2008 stellte er sein Modell zur Diskussion.
Entwicklungslinien des Coachings
Seit den 1980er Jahren hat sich der Coaching-Markt in Deutschland enorm entwickelt und professionalisiert. Im Folgenden sind einige Schlüsselaspekte der Entwicklung des Coaching-Marktes in Deutschland dargestellt:
Frühe Phase (1980er-1990er)
Beginnende Popularität: Das Konzept des Coachings begann in den 1980er Jahren in Deutschland an Popularität zu gewinnen, inspiriert von Entwicklungen in den USA und Großbritannien.
Fokussierung: Anfänglich lag der Fokus auf dem Management und der Führungskräfteentwicklung in Unternehmen.
Diversität der Ansätze: Verschiedene Coaching-Methoden und -Ansätze wurden eingeführt, oft ohne klare Standards oder Definitionen.
Wachstum und Professionalisierung (2000er)
Boom in der Branche: Die Nachfrage nach Coaching-Dienstleistungen in verschiedenen Sektoren (Wirtschaft, Bildung, Gesundheit usw.) stieg an.
Verbandsgründungen: Verschiedene Berufsverbände wie der Deutsche Bundesverband Coaching e.V. (DBVC) oder die International Coach Federation (ICF) Deutschland wurden gegründet, um Standards und Ethikrichtlinien zu etablieren.
Ausbildung und Zertifizierung: Zahlreiche Ausbildungsprogramme und Zertifizierungen wurden angeboten, um die Qualität der Coaching-Dienstleistungen zu sichern.
Aktuelle Trends (2010er-2020er)
Diversifikation: Neben Business Coaching gibt es jetzt auch Angebote in Bereichen wie Life Coaching, Gesundheitscoaching, Karrierecoaching und vieles mehr.
Digitales Coaching: Mit dem Aufkommen digitaler Technologien hat auch das Online-Coaching zugenommen.
Wissenschaftliche Fundierung: Es gibt eine wachsende Anzahl an wissenschaftlichen Studien und Veröffentlichungen zum Thema Coaching, was zur Weiterentwicklung und Legitimation des Feldes beiträgt.
Individualisierung: Personalisierte, auf den Klienten zugeschnittene Coaching-Angebote werden immer populärer.
Corporate Coaching: Viele Unternehmen integrieren Coaching als festen Bestandteil ihrer Personalentwicklungsstrategie.
Herausforderungen
Qualitätskontrolle: Aufgrund der Vielzahl von Anbietern und Methoden bleibt die Qualitätssicherung eine Herausforderung.
Regulierung: Coaching ist in Deutschland nicht gesetzlich reguliert, was es schwierig macht, einheitliche Standards zu etablieren.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Coaching-Markt in Deutschland seit den 1980er Jahren ein erhebliches Wachstum und eine beträchtliche Professionalisierung erfahren hat, aber auch vor Herausforderungen wie der Qualitätskontrolle und der Regulierung steht.
Was ist Nondirektivität im Coaching?
Nondirektivität ist ein Ansatz im Coaching, bei dem der Coach den Klienten in seiner eigenen Problemlösung und Entscheidungsfindung unterstützt, ohne selbst Ratschläge, Lösungen oder Richtungen vorzugeben. Der Coach stellt Fragen, bietet ein offenes Ohr und schafft einen sicheren Raum, in dem der Klient seine Gedanken und Gefühle erkunden kann.
Der nondirektive Ansatz hat seine Wurzeln in der klientenzentrierten Therapie, die von Carl Rogers entwickelt wurde. Rogers betonte die Bedeutung von bedingungsloser positiver Wertschätzung, Echtheit und empathischem Verstehen in der therapeutischen Beziehung. Diese Prinzipien wurden später in vielen anderen Bereichen wie Coaching, Beratung und Pädagogik angewendet.
Carl Rogers ist der Hauptvertreter der nondirektiven, klientenzentrierten Therapie, die die Grundlage für die Nondirektivität im Coaching bildet. Andere Psychotherapieansätze wie die Gestalttherapie und bestimmte Formen der systemischen Beratung integrieren ebenfalls nondirektive Elemente.

Sep 8, 2023 • 34min
#139 - Professionalität und Pragmatismus in der Mediation. Im Gespräch mit Thomas Robrecht
Identitätsmerkmale von Mediator*innen in Fragen der Mediation - und ihre Auswirkungen auf die Praxis?
Thomas Robrecht, Organisationsberater, Trainer, Coach und Mediator, Begründer von teamfixx®, einer Methode, um zerstrittene Teams innerhalb von 3 Stunden wieder arbeitsfähig zu machen.
Pragmatismus
Pragmatismus ist eine Philosophie, die sich auf praktische Auswirkungen und Nutzen konzentriert. Sie bevorzugt Ansätze, die funktionieren und Nutzen bringen, anstatt sich nur auf Theorien zu stützen. In der Philosophie versteht der Pragmatismus Wahrheit und Wissen auf Grundlage ihrer praktischen Anwendbarkeit.
Angewendet auf die Professionalisierung von Konfliktvermittlungsarbeit/ Mediation bedeutet Pragmatismus, dass effektive und praktische Strategien zur Lösung von Konflikten bevorzugt werden, statt sich zunächst und vorrangig auf Theorien der Konfliktlösung zu stützen. Konfliktvermittler tun gut daran pragmatisch zu handeln und Strategien anzuwenden, die in der Praxis funktionieren und so zu positiven Ergebnissen führen.
Zudem könnte die pragmatische Philosophie die Konfliktvermittlungsarbeit dazu ermutigen, neue Techniken und Ansätze zu erforschen und zu implementieren, die sich als nützlich erweisen könnten, auch wenn sie nicht den tradierten Vorstellungen entsprechen. Denn Pragmatismus betont die Bedeutung der stetigen Anpassung und Verbesserung von Strategien auf der Grundlage ihrer tatsächlichen Ergebnisse in der Praxis. Durch diesen Ansatz könnte die Konfliktvermittlungsarbeit effektiver und professioneller gestaltet werden.

Sep 2, 2023 • 31min
#138 - Singapur-Übereinkommen zur internationalen Durchsetzung von Mediationsvergleichen. Im Gespräch mit Prof. Heetkamp
Vertraglich geregelte Verpflichtungen und vollstreckbare Vollstreckungstitel von Mediationsabschlussvereinbarungen
Simon J. Heetkamp:
Seit 2022 beurlaubter Richter am Landgericht zugunsten einer Professur für Wirtschaftsrecht an der TH Köln; 2022 Sieger des eJustice Cup des Hessischen Richterbundes
Inhalt: Singapur Übereinkommen über Mediation: Eine Einführung
Historie
Das „Singapur-Übereinkommen über Mediation“ ist ein Meilenstein in der Geschichte der internationalen Handelsgesetzgebung. Es wurde am 7. August 2019 zur Unterzeichnung in Singapur aufgelegt und am selben Tag von 46 Ländern unterzeichnet, einschließlich wichtiger Wirtschaftsmächte wie den USA und China. Die Entstehung dieses Übereinkommens, das auf amerikanische Initiative zustande kam, war das Ergebnis zügiger Diskussionen und Verhandlungen unter den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen. Noch nie ist in so kurzer Zeit ein Übereinkommen unterschriftsreif entwickelt worden.
Anwendungsbereich
Das Singapur-Übereinkommen bietet einen einheitlichen rechtlichen Rahmen für die Durchsetzung von Vereinbarungen über vermittelte Vergleiche in Bezug auf internationale Handelsangelegenheiten. Es wurde mit dem Ziel konzipiert, den internationalen Handel zu erleichtern und zu fördern, indem es die Mediation als effiziente und anerkannte Methode zur Beilegung von Handelsstreitigkeiten etabliert. Länder, die das Übereinkommen ratifizieren, sind verpflichtet, Vergleichsvereinbarungen, die sich aus einer Mediation ergeben, nach ihren eigenen innerstaatlichen Vorschriften durchzusetzen.
Entwicklungsstand
Seit seiner Einführung hat das Singapur-Übereinkommen eine positive Resonanz erhalten und wurde von einer wachsenden Zahl von Ländern ratifiziert.
Mittlerweile haben insgesamt 55 Staaten das Singapur-Übereinkommen unterzeichnet, aber weder Deutschland noch ein anderer EU-Staat sind beteiligt. Nach entsprechenden Ratifikationen ist eine Anerkennung und Vollstreckung von Mediationsergebnissen nunmehr in zehn Staaten möglich (Belarus, Ecuador, Fidschi, Katar, Saudi-Arabien, Singapur, Georgien, Honduras, Türkei, Kasachstan).
Das Singapur-Übereinkommen über Mediation hat das Potenzial, die Mediation zu einem wichtigen Instrument in der internationalen Handelslandschaft zu machen und die Art und Weise zu verändern, wie Handelsstreitigkeiten gelöst werden. Doch ob dies gelingt, ist keineswegs eine ausgemachte Sache.
Die nächste Ratifizierung ist durch Uruguay vorgesehen, das Ende September 2023 das Übereinkommen nationalstaatlich ratifizieren will.
Kritik
Trotz seiner positiven Aspekte hat das Singapur-Übereinkommen auch einige Kritikpunkte aufgeworfen. Einige Kritiker weisen darauf hin, dass das Übereinkommen möglicherweise nicht ausreichend detailliert ist, was zu Unklarheiten in seiner Anwendung und Durchsetzung führen könnte. Darüber hinaus gibt es Bedenken, dass das Übereinkommen die Autonomie der Parteien in der Mediation einschränken könnte, indem es die Durchsetzung von Vergleichsvereinbarungen vorschreibt. Es gibt auch Bedenken, dass die Umsetzung des Übereinkommens in den innerstaatlichen Rechtsordnungen der verschiedenen Länder aufgrund von Unterschieden in den Rechtssystemen und kulturellen Normen Herausforderungen mit sich bringen könnte.
Schlussendlich bleibt festzuhalten, dass das Singapur-Übereinkommen einen wichtigen Schritt in Richtung der Erleichterung des internationalen Handels darstellt. Trotz der Kritikpunkte bietet es einen vielversprechenden Ansatz zur Lösung von Handelsstreitigkeiten durch Mediation und hat das Potenzial, die internationale Handelslandschaft maßgeblich zu prägen.
Juristischer Hintergrund:
Dogmatik von Schuld und Haftung
Schuld und Haftung, Schulden haben und der Haftung unterliegen, das sind zwei verschiedene Dinge.
Schuld im Sinne einer obligatorischen Verbindlichkeit ist das Leistenmüssen des Verpflichteten.
Bei einem Kaufvertrag beispielsweise schuldet der Käufer dem Verkäufer den Kaufpreis. Kommt es zum Streit darüber und wird in einer Mediation eine neue oder konkretisierende Vereinbarung über die Zahlungsmodalitäten getroffen, begründet dieser Vertrag abermals eine schuldrechtliche Verpflichtung, also ein Leistenmüssen.
Haftung bedeutet das Unterworfensein des Schuldnervermögens unter den Vollstreckungszugriff des Gläubigers. Erfüllt der Schuldner die ihm obliegende Schuld nicht, kann der Gläubiger die Forderung durch Klage und Zwangsvollstreckung erzwingen. Das Vollstreckenkönnen durch einen entsprechenden Vollstreckungstitel ermöglicht die eigenständige, durch die Staatsgewalt (Gewaltmonopol!) begründete Fähigkeit, „sich das Geschuldete zu holen“. In dieser zwangsweisen Durchsetzung verwirklicht sich die zur Schuld hinzutretende Haftung. Sie erstreckt sich idR auf das gesamte Schuldnervermögen (sog. unbeschränkte Vermögenshaftung). Ausnahmsweise ist die Haftung auf bestimmte Vermögensteile beschränkt, so etwa bei der Haftung des Erben (§ 1975 BGB).
...weitere Informationen finden Sie auf der Webseite von INKOVEMA (Folgenwebseite s.o.)
LINK:
Alexander, Nadja: UN-Übereinkommen zur internationalen Durchsetzung von Mediationsvergleichen ZKM 5/2019, 160-164. (LINK)
Heetkamp, Simon J.: Singapur-Übereinkommen und IFG-Anfrage: Update zur internationalen Anerkennung und Vollstreckung von Mediationsergebnissen (CfM-Blogbeitrag)

Aug 26, 2023 • 47min
#137 - Transformer als digitale Companions für Mediatoren, Coaches und Berater? Im Gespräch mit Timm Richter (swf)
Was bieten uns Chat-GPT & Co. für einen Mehrwert und was müssen wir dafür tun?
Timm Richter: Dipl.-Mathematiker mit Nebenfach Informatik, MBA der MIT Sloan School of Management, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der NEO Culture GmbH, seit 2020 im Kernteam von Simon Weber Friends, seit 2021 ist er gemeinsam mit Torsten Groth Geschäftsführer von SWF.
Thema: Transformer-Modelle
Large Language Models und Transformer-Modelle wie ChatGPT oder Aleph Alpha sind leistungsstarke Werkzeuge, die es uns ermöglichen, einen natürlich klingenden Dialog (auch mit uns selbst als Dialogpartner) zu generieren.
Diese Modelle nutzen sog. Maschinelles Lernen, um auf Grundlage vorhandener Datensätze Sprache zu lernen und dann Texte oder Konversationen in Echtzeit zu generieren. Sie können neben verschiedener Sprachen auch Programmiersprachen, können aber auch Tabellen auswerten und erstellen.
Sie verfügen über mehrere verschiedene Komponenten - vom Textgenerator bis hin zum Sprachmodell - um den Dialog möglichst realistisch erscheinen lassen. Die Funktionsweise ist relativ einfach: Der Benutzer gibt dem Modell einige Inputdatensätze, sog. Prompts (z.B., Sätzestrukturen), woraufhin der Generator diese Information nutzt, um neue Outputdatensätze (Dialog) basierend auf dieser Prompts zu erstellen. Die starke Bezugnahme der Outputs auf die Prompts/Eingaben, die auch im Verlaufe mehrerer Durchläufe nicht verloren geht, führt zu einem anregenden, komplexen "Dialog zwischen Mensch und Maschine".
Inhalte:
Faszination Chat-GPT
Die Faszination von CHATGPT liegt in seiner Einfachheit und Benutzerfreundlichkeit. Es ist eine intuitive Plattform, die es Menschen ermöglicht, mit künstlicher Intelligenz zu interagieren. Die Technologie hinter dem Chatbot ist so fortschrittlich, dass sie auf natürliche Weise menschliche Konversation nachempfindet und sogar intelligente Antworten liefern kann. Darüber hinaus bietet CHATGPT vielseitige Anwendungsmöglichkeiten für Unternehmen jeder Größe - vom Kundenservice bis zur automatisierten Datenerfassung - was es für alle Beteiligten noch attraktiver macht!
Risiken Chat-GPT
Chat-GPT und ähnliche Tools bzw. darauf basierende Anwendungen stellen unterdessen auch ein potenzielles Risiko für Menschen und Unternehmen dar.
Sie können leicht missbraucht werden, um persönliche Daten zu stehlen oder unangemessene Inhalte auszutauschen. Daher ist es wichtig, dass Benutzer vorsichtig sind und beim Austausch von Informationen über Chat-GPT besonders verantwortungsvoll handeln.
Unternehmen sollten außerdem die Sicherheit ihrer Systeme verbessern, indem sie Schutzmaßnahmen implementieren, um unbefugten Zugriff zu vermeiden. Auf diese Weise können mögliche Gefahren reduziert werden.
LINKS
Timm Richter (Blog von swf): Making Sense von Chat-GPT. Was soll man davon halten?, 2023.