

NDR Kultur - Das Gespräch
NDR Kultur
Bei "Das Gespräch" kommen Menschen zu Wort, die Stellung beziehen und Positionen vertreten: kulturell oder gesellschaftlich, kenntnisreich, vielfältig und nicht selten provokant. Mal sind sie prominent und in aller Munde, mal ausgewiesene Experten auf ihrem Gebiet. Gemein ist ihnen allen, dass sie Inspirierendes zu sagen haben zu den Themen unserer Zeit - und oft auch sehr Persönliches. Wir stellen drängende Fragen und rollen nicht einfach den roten Teppich aus.
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May 25, 2025 • 26min
Diversitäts-Agentin Leyla Ercan: Bedrohte Vielfalt nicht nur in der Natur
Und genau das hat sich Leyla Ercan zur Aufgabe gemacht. Die überzeugte Hannoveranerin war "Diversitäts-Agentin" am Staatstheater der niedersächsischen Hauptstadt. Heute trägt sie ihre Erfahrungen und ihr Wissen über die Vielfalt von ethnischer und sozialer Herkunft, von religiöser und geschlechtlicher Orientierung, von Möglichkeiten und Handicaps als Referentin, Lehrbeauftragte und Kulturberaterin in Unternehmen, Hörsäle und die Öffentlichkeit.
Kurz vor dem diesjährigen Deutschen Diversity Day am 27. Mai hat Alexandra Friedrich mit Leyla Ercan darüber gesprochen, warum Diversität essenziell ist, und warum sie nicht von selbst "passiert", sondern Engagement erfordert. Sie verrät, wie divers und offen die Theaterwelt tatsächlich ist, und ob das, was im Künstlerischen behauptet wird, auch hinter den Kulissen Realität ist.

May 18, 2025 • 26min
Axel Bojanowski: "Die Welt ist besser, als wir denken"
Mit seinen Büchern erreicht Axel Bojanowski regelmäßig eine große Leserschaft. "Was sie schon immer übers Klima wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten" wurde zum Spiegel-Bestseller. Wohl auch, da der Welt-Journalist einen Hang zu steilen Thesen hat, die von vielen nicht unwidersprochen bleiben. So findet er die Berichterstattung über den Klimawandel einseitig, die Debatten darüber von einer grünen Lobby gesteuert und Atomkraftwerke grundsätzlich prima.
In seinem neuesten Buch geht der Geowissenschaftler auf positive Entwicklungen ein, die nach seinem Geschmack zu wenig Beachtung finden. "33 erstaunliche Lichtblicke, warum die Welt besser ist als wir denken" ist gerade im Westend-Verlag erschienen. Im Gespräch beweisen Axel Bojanowski und Martina Kothe, dass man über kontroverse Themen freundlich und gepflegt diskutieren kann.

May 11, 2025 • 26min
Shila Behjat: "Wir stehen am Beginn der fünften Welle des Feminismus"
"Wir leben in einer Zeit, in der wir ohne Zweifel Angriffe auf die Demokratie erleben und eine Rückkehr in autokratische Systeme", sagt die Journalistin Shila Behjat. Die Folge sei unter anderem eine Untergrabung der Frauenrechte. Doch Behjat beobachtet, wie vielerorts mutige Frauen aufstehen gegen solche Diktatoren und menschenverachtende Regime - im Iran, im Sudan, in Belarus, in Polen. Diese weiblich angeführten Bewegungen finden fast zeitgleich statt und sind allesamt gewaltfrei.
Doch woher nehmen die Frauen die Kraft und den Mut, sich den brutalen Machthabern entgegenzustellen? Für ihr Buch hat die Deutsch-Iranerin mit mehreren Revolutionärinnen gesprochen: mit der belarussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja, der iranischen Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi und der sudanesischen Aktivistin Alaa Salah. Im Gespräch mit Andrea Schwyzer beschreibt Behjat, was die aktuellen Proteste von den Bewegungen der vergangenen Jahrhunderte unterscheidet, welches Ziel sie verfolgen und inwiefern sie uns neue Perspektiven auf gelebte Gerechtigkeit und Demokratie liefern.

May 4, 2025 • 26min
Jörn Leonhard: "Über Kriege und wie man sie beendet"
Dass das Deutsche Reich den Zweiten Weltkrieg verlieren würde, war den meisten ab den Niederlagen in Stalingrad und Kursk klar. Trotzdem vergingen noch zwei Jahre bis zur bedingungslosen Kapitulation am 8. Mai 1945. Der renommierte Historiker Jörn Leonhard nennt dafür zwei Gründe: den Terror des Regimes gegen seine eigenen Bürger und die Verteidigung der Heimat gegen die drohende Besetzung durch die "Feinde". Bei vielen Frontsoldaten hätte die Angst vorgeherrscht, "dass das, was man gerade in Osteuropa selbst als Täter erlebt hat, auf Deutschland, und das heißt eben auf die eigenen Familien, die eigenen Frauen, die eigenen Kinder zurückfallen könnte."
Im Gespräch mit Ulrich Kühn erläutert der Freiburger Historiker außerdem, warum fast alle großen Kriege der Neuzeit in ihrer Endphase besonders blutig waren, wie unterschiedlich das Ende des Zweiten Weltkriegs in Ost- und Westdeutschland bis heute bewertet wird und wie trotz ausgeprägter Erinnerungs- und Gedenkkultur in Deutschland revisionistische Kräfte am rechten Rand massiv Zulauf gewinnen.

Apr 27, 2025 • 26min
Paul und ich: Schauspieler Winfried Glatzeder zum 80. Geburtstag
Er gab Till Eulenspiegel ein Film-Gesicht, ermittelte im ARD-Tatort und war in diesem Jahr zum zweiten Mal als „Kundschafter des Friedens“ im Kino zu sehen: Winfried Glatzeder. Seit mehr als 55 Jahren steht der Schauspieler auf Theaterbühnen und vor Filmkameras. Mit seiner Rolle als Paul in der DEFA-Produktion „Die Legende von Paul und Paula“ hat er sich 1972 unsterblich gemacht.
Axel Seitz hat mit dem „Belmondo des Ostens“, wie er genannt wurde, auch darüber gesprochen, wie er 1982 die DDR verließ, am Düsseldorfer Schauspielhaus eine neue Theaterheimat fand und im Kino unter anderem in Margarete von Trottas „Rosa Luxemburg“ an der Seite von Barbara Sukowa zu sehen war.

Apr 20, 2025 • 26min
Christopher Schlicht: "Wurde nach Gottesdiensten schon angeschrien"
Er predigt in Jeans und mit Basecap, fährt Skateboard und begrüßt die Gemeinde erstmal mit einem gepflegten "Moin". Christopher Schlicht ist Pastor an der Gospelkirche in Hannover und war davor mit Max Bode im ersten Pfarrer-Jobsharing der hannoverschen Landeskirche in Bremerhaven tätig. Sein Stil eckt an, gibt aber auch vielen Menschen das Gefühl, Kirche erst richtig zu verstehen. "Ich versuche den Gottesdienst zu machen, den ich als Jugendlicher gebraucht hätte", sagt Schlicht im Gespräch mit Andrea Schwyzer auf NDR Kultur.
Aufgewachsen in unterschiedlichen Regionen in Niedersachen und als Sohn eines Pastors, beschreibt sich Christopher Schlicht als sehr sensibles Kind. Offen und ehrlich erzählt er heute davon, wie sein Weg zu Gott aussah, wie er mit ihm - oder gern auch mit ihr - ins Gespräch geht und wo er die große Chance von Social Media sieht; Christopher Schlicht ist nämlich auch Internetpfarrer.

Apr 13, 2025 • 26min
Wechseljahre - Srefanie de Velasco über Menopause und Superpower
Die Schriftstellerin Stefanie de Velasco bricht in ihren Essays und Romanen regelmäßig Tabus, sie zeichnet unkonventionelle Lebenswege nach und erzählt dabei immer auch etwas von sich. Von ihrem Aufwachsen und dem Ausstieg bei den Zeugen Jehovas, von Schwangerschaftsabbruch und freiwilliger Kinderlosigkeit, von alternativen Familienkonzepten und im neusten Buch: von der Menopause.
In dem Essay "Heiß" räumt die 47-Jährige jetzt mit stereotypen Erzählungen und Mythen über die Wechseljahre auf. Die meisten denken hier nur an Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen, schlaflose Nächte und letztlich: das Ende des Frauseins. Gibt es alles! Aber für sie - und für viele andere Frauen - bringt diese Phase des Lebens neuen Lebensmut und positive Energien mit sich, ein Gefühl von Aufbruch und Unabhängigkeit.
Alexandra Friedrich spricht mit der Wahlberlinerin über das Stigma und die Verheißungen der Wechseljahre. Wir erfahren aber auch, warum eine Abtreibung sie zur Feministin gemacht hat, ob das tradierte Modell der Kleinfamilie ausgedient hat und wie eine Zukunft des Zusammenlebens aussehen könnte.

Apr 6, 2025 • 22min
Schriftstellerin Heike Geißler: An Verzweiflungen wachsen!
Als die vielfach ausgezeichnete Leipzigerin gerade an ein ihrem neuen Roman arbeitete, merkte sie: „Meine Romanfigur ist ständig verzweifelt. Aber die ist es eigentlich nicht, es war meine Verzweiflung. Die sprach da immer rein. Die floss immer in diese Figur. Und dann dachte ich, ich muss das ablegen, muss es notieren, muss einen Umgang damit finden.“
So entstand ihr Essay „Verzweiflungen“. Wohlgemerkt im Plural. Im Gespräch mit Joachim Dicks beschreibt die gerade 48 gewordene Heike Geißler, dass es vom Klimawandel über die Coronapandemie bis zu den aktuellen Wahlergebnissen reichlich Gründe gab und gibt zu verzweifeln. Aber: „Es ist irgendwie ja auch gut, wenn es nicht die eine Verzweiflung ist, die man erst einmal als Gegnerin hat, sondern wenn es mehrere Verzweiflungen sind. Das scheint eine Vermehrung. Es heißt aber irgendwie für mich auch: Da ist ein Anfang und ein Ende. Da ist eine Verzweiflung. Und da noch eine. Und dazwischen sind Lücken. Und da kann man auch rein.“
Heike Geißler hat dazu intensiv in sich selbst hineingehört, aber auch die Verzweiflungen von Familie und Freunden beobachtet. Die hat sie notiert und nun abgelegt. Denn: „Ich bin ein Gefäß und stehe zur Verfügung für den Text der Zeit.“

Mar 30, 2025 • 26min
Leipziger Buchpreis: Kristine Bilkau über Mütter, Töchter und die Küste
Für den - wie sie fand - "ziemlich unwahrscheinlichen Fall", dass ihr der Preis der Leipziger Buchmesse zuerkannt werden würde, hatte Kristine Bilkau vorsichtshalber eine kleine Rede vorbereitet. Neben dem obligatorischen Dank an alle am Buch Beteiligten äußerte sie sich auch zum teils unsicheren Verhalten von Eltern gegenüber ihren Kindern. Denn darum geht es in ihrem Mutter-Tochter-Roman, der überwiegend auf einer Halbinsel im nordfriesischen Wattenmeer spielt. Für die Jury des Preises der Leipziger Buchmesse ist "Halbinsel" ein "sensibel gebauter Roman über emotionale Altlasten, über Großzügigkeit und über das Geschäft mit dem Klima-Gewissen".
Am Tag nach der Preisverleihung erzählt Kristine Bilkau im Gespräch mit Alexander Solloch, was sie zu ihrem Roman "Halbinsel" bewogen hat und welche Rolle Nordfriesland und das Watt darin spielen.

Mar 16, 2025 • 26min
Tim Vollert: Mit Physik auf der Suche nach dem Sinn des Lebens
Angesichts der unermesslichen Größe und des unvorstellbaren Alters unseres Universums scheint ein einzelnes Menschenleben darin nahezu bedeutungslos. Ist es aber nicht, widerspricht der Wissenschaftsinfluencer Tim Voller: "Wir sind nicht lediglich Bewohner dieses Universums. Wir sind ein Teil davon." Denn wir bestehen aus genau der Materie, die beim Urknall entstanden ist. Bis heute. Atom für Atom. Und wir werden es immer bleiben.
Mit der Verbreitung solch faszinierender Gedanken ist der 24-jährige Physikstudent aus Göttingen zum Social Media-Star geworden. Jetzt ist Tim Vollert in Buchform "mit Physik auf der Suche nach dem Sinn des Lebens" (dtv) - nach nur vier Wochen ein SPIEGEL-Bestseller. Tim Vollert schreitet darin die gesamte Geschichte des Kosmos aus, vom Anfang bis in ein paar Billionen Jahren. Er beschreibt wie es vor 4,5 Milliarden Jahren durch Gravitationskräfte zur Entstehung der Erde kam und wie darauf vor 350.000 Jahren der Homo sapiens entstand. Dass dabei anderes als Naturgesetze bestimmend gewesen sein könnten, schließt Tim Vollert im Gespräch mit Jürgen Deppe aus: "Es gibt ja nichts Zweites neben der Physik, was gerade unsere Realität kontrolliert. Die Tatsache, dass wir sehen können, weil Photonen gerade unsere Augen erreichen, ist Physik. Jeder einzelne Gedanke und jede Wahrnehmung um uns herum, aber auch die ganze Realität. Wir sitzen hier gerade in einer Raumzeit, die halt gefüllt ist mit der Materie, die mal aus Elementarteilchen bestand, die im Urknall entstanden sind. Das ist ja alles Physik!"
Ob in einem solchen Erklärungsmuster Platz für eine schöpferische oder spirituelle Kraft ist, bleibt den Leserinnen und Lesern oder den Hörerinnen und Hörern selbst überlassen. Zu trösten weiß Vollert allemal: "Sie sind die Summe Ihrer Teilchen. Das ist keine Abwertung Ihrer Person, sondern eine Aufwertung. Zwar sind Sie vergänglich und die Teilchen, aus denen Sie bestehen, lassen sich herunterbrechen oder umwandeln, jedoch werden die elementarsten Bauteile, welche der Ursuppe des Urknalls entstiegen sind, immer da sein. Für den Rest der Lebenszeit unseres Universums. Und in dieser Ursuppe waren Sie wahrhaftig vereint mit dem ganzen Kosmos."


