
ÄrzteTag
ÄrzteTag - der Podcast der "Ärzte Zeitung". Wir blicken kommentierend und persönlich auf den Tag, wichtige Ereignisse und Meilensteine. Wir laden Gäste ein, mit denen wir über aktuelle Ereignisse aus Medizin, Gesundheitspolitik, Versorgungsforschung und dem ärztlichen Berufsalltag reden.
Latest episodes

Jun 25, 2024 • 45min
Klimasensible Beratung, iMVZ, Kioske: Welche Ideen schaffen es noch ins GVSG, Herr Weller?
Ein Leiter im BMG zum Stand einiger Projekte
„Wir waren noch nie so weit in Richtung Krankenhausreform wie jetzt.“ – Michael Weller, Leiter der Abteilung 2 im Bundesgesundheitsministerium (BMG) gibt sich im „ÄrzteTag“-Podcast zuversichtlich, dass es in dieser Legislaturperiode noch viele Reformprojekte für das Gesundheitswesen ins Bundesgesetzblatt schaffen, darunter auch das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), das in dieser Woche ebenso wie das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) im Parlament vorgestellt wird.
Alle bräuchten einen Planungsrahmen für die Weiterentwicklung der Krankenhausstruktur, so Weller weiter. Daher ist er sicher, dass das KHVVG bis zum 1. Januar in Kraft getreten sein wird. Wenig später werde die Notfallreform kommen, „noch im 1. Quartal“. Alle geplanten Reformen seien zwar getrennte Projekte in der Gesetzgebung – allenfalls die Reform des Rettungsdienstes und die Notfallreform könnten in einem Reformprojekt zusammengefasst werden, verrät der Abteilungsleiter.
Aufklärung gibt er auch dazu, wie der weitere Gesetzgebungsprozess läuft und welche Vorhaben eventuell noch in die Gesetze aufgenommen werden könnten, etwa Gesundheitskioske, die Regelungen zu den Investoren-getragenen Medizinischen Versorgungszentren, Gesundheitskioske, die klimasensible Beratung als vertragsärztliche Leistung oder auch die Schaffung weiterer Studienplätze. Allerdings sei nun nicht mehr das BMG Herr des Verfahrens, sondern es seien die Parlamentarier, die über Änderungsanträge entscheiden. Aus dem Ministerium seien dann nur noch Formulierungshilfen und juristische Beratung gefragt.
Im Gespräch gibt Weller weitere Einblicke in den Maschinenraum der Reformwerkstatt im BMG, der gerade ziemlich heiß läuft angesichts der vielen Reformprojekte. Über viele Reformen rede man im Gesundheitswesen seit Jahren, teilweise seit Jahrzehnten. Auch deshalb habe sich einiges angestaut, der in dieser Legislaturperiode abgebaut werden müsse. Er erläutert außerdem, warum Gesetzestexte manchmal so kompliziert ausfallen müssen, wie sie ausfallen, gibt aber auch zu, dass das fünfte Sozialgesetzbuch an der einen oder anderen Stelle einer Bereinigung bedürfte, zum Beispiel zur vertragsärztlichen Honorierung. (Dauer: 44: 57 Minuten)

Jun 21, 2024 • 36min
Warum könnte die Klinikreform zu längeren Wartezeiten führen, Dr. Ivančić?
Der Arzt und Chef der Schön-Kliniken zu Krankenhäusern und DRG
Am kommenden Donnerstag (27. Juni) ist die 1. Lesung des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes im Bundestag angesetzt. Für den Chef der privaten Krankenhauskette Schön Kliniken Dr. Mate Ivančić ist das keine gute Nachricht. Der Arzt und Klinikmanager sieht die Reformansätze aus dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) eher kritisch, wie er im „ÄrzteTag“-Podcast erläutert.
Die Zuweisung der Leistungsgruppen in Nordrhein-Westfalen habe zwar dem Schön-Klinikum in Düsseldorf etwa das gebracht, was beantragt worden war, und aktuelle Verschiebungen sollten über das Stellungnahmeverfahren berücksichtigt werden können, glaubt Ivančić. Aber mit den Leistungsgruppen würden zugleich auch Mengen zugeteilt, die ein Klinikum, das die Strukturvoraussetzungen erfüllt, erbringen darf. „Wir rutschen wirklich ab in ein vollkommen zentralisiertes System, es gibt überhaupt keine Anreize, eine möglichst hohe Ergebnisqualität zu erzielen“, schimpft der Klinikmanager im Podcast.
Im Gespräch erklärt Ivančić, warum er die Diagnosis Related Groups (DRG) immer noch als Grundlage für die Honorierung der Krankenhäuser für geeignet hält, wie die DRG nachgeschärft werden müssten, um Probleme zu beseitigen, was dafür bereits getan worden ist, um Auswüchse zu verhindern, etwa bei Bonusvereinbarungen. (Länge: 35:56 Minuten)

Jun 18, 2024 • 32min
Wie funktioniert Gesundheitsversorgung im Kollektiv, Frau Dr. Hänel?
Wie sich Ärztinnen und Ärzte im Kollektiv einbringen und ein Primärversorgungszentrum beispielhaft funktioniert
Was bringt es, wenn Ärztinnen und Ärzte Menschen mit Asthma behandeln, Symptome kurieren – und sie dann wieder in ihr krankmachendes Leben zurückschicken, etwa in eine Wohnung mit einem gravierenden Schimmelproblem? Am Ende nicht viel, stellt Dr. Patricia Hänel fest. Die Koordinatorin im Verein Gesundheitskollektiv Berlin e. V. beschreibt im „ÄrzteTag“-Podcast den stärker auf Public-Health-Standards ausgelegten Ansatz des Geko-Stadtteilgesundheitszentrums im Rollberg-Kiez in Berlin-Neukölln.
Die Einrichtung, gegründet als eines der ersten von der Robert-Bosch-Stiftung geförderten Port-Zentren, gilt als Prototyp für die vom Bundesgesundheitsministerium geplanten Primärversorgungszentren, die es nun doch nicht in den Kabinettsentwurf des Gesundheitversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) geschafft haben. Im Gespräch erläutert Hänel das Konzept des Zentrums und wie die dort arbeitenden Ärztinnen und Ärzte, Kinder- und Jugendpsychotherapeuten, Pflegerinnen und Pfleger, Sportbetreuer, Sozialarbeiter und die Mitarbeitenden im Café gemeinsam daran arbeiten, die Lebensumstände der Menschen im Stadtteil zu verbessern.
Dabei seien alle Beteiligten „auf Augenhöhe“, so die Ärztin, etwa wenn in den Fallkonferenzen über die betreuten Menschen gesprochen wird. Jede Berufsgruppe habe eine eigene Perspektive auf die Probleme der Menschen. Das sei aber kein Hemmnis, sondern eine Bereicherung. Jeder komme so „raus aus seinen Blasen“, und alle lernten den Gesprächen immer weiter dazu, auch wenn es manchmal nicht ganz einfach sei, auf einen Nenner zu kommen. Das Geko ist mittlerweile mehrfach preisgekrönt und hat auch im vergangenen Jahr den von Springer Medizin ausgelobten CharityAward gewonnen.
Im August beginnt zudem ein Innovationsfonds-Projekt mit dem Geko, in dem untersucht werden soll, inwieweit der multidisziplinäre Ansatz im Zentrum tatsächlich zu einer verbesserten Versorgung im Stadtteil führt – und ob sich das Modell des Geko in die Regelversorgung übertragen lassen könnte.
Im Gespräch erläutert Hänel, wie das Zentrum sich aus ganz unterschiedlichen Quellen finanziert und welcher bürokratische Aufwand entsteht, die verschiedenen Fördertöpfe zu finden. Sie beschreibt, wie die Ärztinnen und Ärzte in den eigenständig arbeitenden Praxen an das Zentrum angegliedert sind. Nicht zuletzt erklärt sie, warum sie selbst den ursprünglichen Entwurf aus dem BMG zu den Primärversorgungszentren immer noch für zu kurz gesprungen hält, auch wenn manche gute Ideen darin angelegt gewesen seien.

Jun 11, 2024 • 9min
Was ist das Havanna-Syndrom?
Aktuelle Studienlage zum mysteriösen Angriff
In der neuen Folge des „ÄrzteTag“-Podcasts geht es um das Havanna-Syndrom – ein Begriff, der wohl erst seit wenigen Jahren im Gebrauch ist und das Auftreten vieler neurologischer und psychiatrischer Symptome meint.
Zwischen 2016 und 2018 wurden mehrere Fälle von US-Botschaftern auf Kuba beschrieben, die an einer Reihe recht unspezifischer Symptome litten. Dazu gehören initial vor allem auditive Phänomene wie plötzliche Klickgeräusche, aber auch visuelle Symptome wurden beschrieben. Betroffene schildern sonst noch eine Reihe weiterer ungenauer Symptome: von Tinnitus und Ohrenschmerzen über Schwindel und Übelkeit bis hin zu kognitiven Einbußen wie Konzentrationsschwäche und Gedächtnisverlust.
Aufgrund politischer Konflikte zwischen Kuba und den USA wurde vermutet, dass eine akustische Hochfrequenzwaffe die Beschwerden bei den Botschaftern ausgelöst haben könnte. Es gibt allerdings auch alternative Erklärungsansätze.
Wie die aktuelle Studienlage zum Havanna-Syndrom aussieht, etwa welche Ergebnisse bei MRT-Untersuchungen von Betroffenen zusammenkamen, besprechen Marc Kehrmann und Marco Mrusek aus dem Medizinressort der Ärzte Zeitung im Gespräch über dieses nebulöse Syndrom. (Dauer: 8:33 Minuten)
Quellen:
JAMA 2018; online 20. März - https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/2673168
J R Soc Med 2019; online 31. Oktober - https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6961165/
Lancet 2021; online 19. Dezember - https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0140673620327112?via%3Dihub
Rev Environ Health 2022; online 15. August - https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35962646/
Front Psychiatry 2023; online 27. Oktober - https://www.frontiersin.org/journals/psychiatry/articles/10.3389/fpsyt.2023.1180929/full
Int J Soc Psychiatry 2023; online 25. Dezember - https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/00207640231212865?url_ver=Z39.88-2003&rfr_id=ori:rid:crossref.org&rfr_dat=cr_pub%20%200pubmed
Int J Soc Psychiatry 2024; online 7. März - https://journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/00207640231208374?rfr_dat=cr_pub++0pubmed&url_ver=Z39.88-2003&rfr_id=ori%3Arid%3Acrossref.org
Prim Care Companion CNS Disord 2024; online 7. März - https://www.psychiatrist.com/pcc/havana-syndrome-social-contagion-mass-psychogenic-illness/
JAMA 2024; online 18. März - https://jamanetwork.com/journals/jama/article-abstract/2816532

Jun 4, 2024 • 36min
Was passiert eigentlich, wenn iMVZ wirklich verboten werden, Frau Müller?
Die BMVZ-Chefin über die Pläne von Gesundheitsminister Lauterbach
„Zum Schluss werden die verboten werden.“ – Die jüngsten Ankündigungen von Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD), Investoren-getragene Medizinische Versorgungszentren (iMVZ) verbieten zu wollen, haben wieder einmal für Aufregung in der Branche gesorgt. Allerdings nur kurz, da solche oder ähnliche Ankündigungen seit Weihnachten 2022 („Das letzte schöne Weihnachten für Investoren-geführte MVZ“) immer wieder gefallen sind, bisher allerdings ohne Auswirkungen auf Gesetzesvorhaben.
Seitdem habe sich die Diskussion und vor allem die Rechtslage „keinen Millimeter bewegt“, sagt Susanne Müller, Geschäftsführerin des Bundesverbands Medizinische Versorgungszentren (BMVZ) im aktuellen „ÄrzteTag“-Podcast.
Dennoch, so Müller, machten die ständig wiederholten Ankündigungen etwas mit der Branche: Rechtsanwälte würden eingeschaltet, um die Auswirkungen eines möglichen Verbots auszuloten, und Patientinnen und Patienten, die in einem iMVZ behandelt werden, würden durch die Äußerungen verunsichert.
Es sei dem Minister offensichtlich ein Anliegen, gegen die investoren-getragenen MVZ vorzugehen, aber ebenso offensichtlich tue er sich schwer damit, Mehrheiten in der Koalition zu organisieren, so die Einschätzung Müllers. Die Argumente in der Diskussion seien seit dem Ladurner-Gutachten von 2019 mehrfach ausgetauscht worden.
Sicher sei, dass die Entwicklung der MVZ als Versorgungsform nicht mehr zurückgedreht werden könne. Im Podcast wagt Müller einen Blick in die Glaskugel, inwieweit über Änderungsanträge im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) vielleicht doch noch ein Verbot kommen könnte und wie die Erwartungen in der Branche zu einem möglichen Bestandsschutz im Falle des Falles sind.
„Können wir uns das leisten, Akteure, die noch Lust haben, ambulante Versorgung zu gestalten, aus der Versorgung rauszudrängen?“ fragt Müller. Ihre Antwort im Gespräch: „Nein, das können wir nicht.“
Die BMVZ-Geschäftsführerin legt aber zugleich den Finger in die Wunde, wenn es um Vertragsärztinnen und -ärzte als Träger von MVZ gehe. Ihnen werde das Leben unnötig schwer gemacht, weil sie nach Aufgabe ihrer Tätigkeit als Vertragsärzte nicht mehr MVZ-Träger sein könnten. Im Gespräch erläutert Müller, wie sie sich einen „Übergabepragmatismus“ vorstellen könnte und was der Gesetzgeber tun müsste, um die Lage für Vertragsärzte zu verbessern.

May 24, 2024 • 23min
Wie sagt man seinem Kind, dass man Krebs hat, Dr. Wagner?
Der Vorsitzender der Saarländischen Krebsgesellschaft über das Projekt Regenbogen
Das Thema Krebs bei jüngeren Menschen ist erst kürzlich wieder in den Fokus der Berichterstattung gerückt, als Prinzessin Kate vom britischen Königshaus ihre Krebserkrankungen öffentlich gemacht hat. Sie ist Mutter dreier kleiner Kinder.
Das gleiche Schicksal betrifft unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit tagtäglich sehr viele Kinder: „Laut Schätzung des Robert Koch-Instituts erleben jährlich etwa 50.000 Kinder unter 18 Jahren, dass eines der Elternteile an Krebs erkrankt ist“, sagt Dr. Steffen Wagner, Frauenarzt und Gynäkologischer Onkologe aus Saarbrücken und Vorsitzender der Saarländischen Krebsgesellschaft, im „ÄrzteTag“-Podcast.
Eine solche Diagnose trifft nicht nur den Patienten oder die Patientin selbst hart, sondern auch die Angehörigen. Viele Betroffene stehen vor der Frage, wie – oder ob überhaupt – sie ihren Kindern ihre Erkrankung erklären sollen. Im normalen ärztlichen Alltag bleibt für eine umfassende Beratung und Unterstützung, die alle Familienmitglieder mit einbezieht, meist keine Zeit. Dabei ist genau das extrem wichtig, betont Dr. Wagner: Die psychischen Folgen für Kinder und Jugendliche können gravierend sein.
Genau da setzt das Projekt Regenbogen der Saarländischen Krebsgesellschaft an, das 2019 ins Leben gerufen wurde. Die Unterstützung umfasst zum einen psychoonkologische und sozialrechtliche Beratungen für die Familien, zum anderen gemeinsame Aktivitäten und Ausflüge für die Kinder, um ihnen eine „Auszeit vom Krebs“ zu ermöglichen und zu zeigen, dass sie nicht alleine sind mit ihren Sorgen und Ängsten.
Im vergangenen Herbst ist das rein spendenfinanzierte Projekt mit dem 2. Platz beim Springer Medizin Charity Award gewürdigt worden.

May 21, 2024 • 46min
Wollen Sie wirklich ein Verbot der Homöopathie für ärztliche Kollegen, Dr. Hanefeld?
Der Antragsteller beim Deutschen Ärztetag erklärt seine Intention
Die Wogen der Diskussion schlugen in Mainz beim 128. Deutschen Ärztetag hoch, bevor der Beschluss fiel: Die Delegierten entschieden mit 117 zu 97 Stimmen unter anderem, dass die Ärzteschaft den Gesetzgeber auffordert „Maßnahmen zu ergreifen, dass Homöopathie weder als Kassenleistung zur Abrechnung kommen kann noch als Entität mit Sonderstatus in der Gebührenordnung für Ärzte Erwähnung findet“. Unter anderem hatten Delegierte in der Diskussion befürchtet, durch den Beschluss komme es in der Konsequenz zu einem Berufsverbot für homöopathisch tätige Ärztinnen und Ärzte.
Im „ÄrzteTag“-Podcast nimmt Dr. Marc Hanefeld, der in Mainz den Antrag zusammen mit einer Reihe anderer Delegierter aus mehreren Landesärztekammern gestellt hatte, Stellung dazu, worum es ihm tatsächlich geht und warum er als Konsequenz des Antrags nicht sieht, dass die Ausübung von Homöopathie Ärztinnen und Ärzten verboten sein könnte. Im Gespräch erläutert der Facharzt für Allgemeinmedizin und Facharzt für Anästhesiologie aus Bremervörde, was er jetzt vom Gesetzgeber und was von der Bundesärztekammer als Konsequenz des Beschlusses erwartet.
Er geht auch darauf ein, wie er sich die Weiterentwicklung der GOÄ vorstellen könnte, damit die Sonderstellung mit zwei eigenen GOÄ-Positionen für die homöopathische Erst- und für die Folgeanamnese beendet wird. Und er begründet, warum er der Homöopathie trotz neuer Metaanalysen die Wissenschaftlichkeit weiterhin abspricht und wieso in seinen Augen Homöopathie viel mit der früher so weit verbreiteten eminenzbasierten Medizin zu tun hat. Nicht zuletzt sieht Hanefeld durchaus Möglichkeiten, Gegner und Befürworter der Homöopathie zusammenkommen – wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. (Länge: 46:01 Minuten)

May 17, 2024 • 35min
Wird aktuell zu stark an der Kostenschraube im Labor gedreht, Dr. Müller?
Der ALM-Vorstandsvorsitzender Dr. Michael Müller spricht über den Honorarbeschluss
Ambulantisierung, älter werdende Bevölkerung, damit einhergehende steigende Morbidität, neue Möglichkeiten der Diagnostik, etwa in der Molekulargenetik: Die Leistungsanforderungen an die medizinischen Fachlabore steigen, aber das Honorar hält nicht mit, im Gegenteil.
Auf neun Prozent schätzt Dr. Michael Müller, Vorstandsvorsitzender der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM e. V.), die Einbußen bei der Kostenerstattung, die durch die zum 1. Januar 2025 vorgesehenen Änderungen im vertragsärztlichen Labor den Laborärzten insgesamt entstehen würden.
Beschlossen hat die Änderungen der Bewertungsausschuss von Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband. Die Laborärzte werfen der KBV vor, die vertragsärztlichen Interessen nicht gut vertreten zu haben.
Dabei gebe es „Licht und Schatten“ in dem Beschluss räumt Michael Müller im Gespräch ein: Das gelte zum Beispiel für die Anhebung der Grundpauschale und die Änderungen bei den Transportkosten zurück auf den Stand von früher, aber auch für die Zuschläge für die Bereitstellung von Entnahmematerial.
Die Laborärzte sähen auch durchaus Anpassungsbedarf bei der einen oder anderen Laborleistung, mit der ein Teil der Maßnahmen gegenfinanziert werden könnten. „Aber es ist nicht richtig, Kostensenkungen vom Blutbild bis zur Corona-PCR vorzunehmen.“
Tatsächlich soll das Honorar fürs Blutbild von 1,10 auf 1,07 Cent abgesenkt werden (GOP 32122), für die Corona-PCR (GOP 32816) soll es in Zukunft statt 19,90 Euro noch 18,31 Euro geben. So werden nach dem Beschluss die meisten Leistungen im Honorar abgesenkt.
Die Darstellung der KBV, dass mit der Absenkung der Honorare nur die Transportkostenanteile der Leistung herausgerechnet werde, sei nicht zutreffend, so Müller.
Im Podcast spricht der ALM-Vorsitzende über den fortschreitenden Konzentrationsprozess in der Labormedizin und über die Gefahren für eine flächendeckende Abdeckung beim Abholen der Laborproben.
Nicht zuletzt erläutert er, wieso die Digitalisierung im Labor zwar die Prozesse verschlankt, aber für die Labore am Ende doch durch die Bereitstellung der erforderlichen Software kostensteigernd wirken könnte und wie die Labore im Verteilungskampf bei den Beschlüssen zum Honorarverteilungsmaßstab in den KV-Vertreterversammlungen bestehen können.

May 15, 2024 • 53min
Werden Sie mit der klassischen Homöopathie reich, Dr. de Laporte?
Dr. Jürgen de Laporte erklärt, wieso er die Homöopathie-Debatte eher als Bashing wahrnimmt
Der lauteste Paukenschlag unter den Beschlüssen des 128. Deutschen Ärztetages in Mainz war mit Sicherheit der, die Sonderstellung der Homöopathie in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zu beenden, beziehungsweise dieses vom Verordnungsgeber zu fordern. Was würde geschehen, wenn die GOÄ-Nummern 30 und 31 aus der Gebührenordnung gestrichen werden? Im „ÄrzteTag“-Podcast diskutiert Dr. Jürgen de Laporte, Hausarzt in Esslingen und einer der eifrigsten Protagonisten für die Homöopathie in der Diskussion beim Ärztetag, die Folgen der Entscheidung in Mainz.
Im Gespräch versucht de Laporte, der auch Präsident der Bezirksärztekammer Nord-Württemberg ist, den Ursachen für den Streit um die Homöopathie auf den Grund zu gehen, und macht Vorschläge, wie Homöopathen und die Gegner der Homöopathie wieder zusammenkommen könnten.
Er erläutert, in welchen Fällen die Homöopathie aktuell auf Kassenkosten erbracht werden kann, und er erklärt, wie er in der Privatmedizin bei einer homöopathischen Erstanamnese vorgeht und warum er in einer 90-minütigen Sitzung, die er dann mit der GOÄ-Nr. 30 (120,65 Euro zum 2,3-fachen Satz, einmal im Jahr) abrechnet, selbst bei erhöhtem Faktor eben nicht reich werden kann.
„Homöopathie ist mehr als die Gabe von Globuli“
Auch zu den Möglichkeiten und Grenzen, die Wirksamkeit der Homöopathie nachzuweisen, äußert sich de Laporte. Er geht dabei auf die aktuelle Studienlage ein und beschreibt eine Möglichkeit, wie auch in dieser alternativen Therapierichtung doppelblinde Fallkontroll-Studien durchgeführt werden können.
Vor allem aber wehrt sich der Hausarzt dagegen, die Homöopathie auf die Gabe von Globuli zu reduzieren. Er sieht im hektischen Praxisbetrieb auch nicht für jeden Patienten eine schnelle Möglichkeit, Homöopathika einzusetzen. Aber für komplexe Patienten mit einem langjährigen Beschwerdebild biete diese alternative Therapie in der Vielfalt der Methoden, auf die Ärztinnen und Ärzte zurückgreifen, so wie die Psychotherapie in manchen Fällen, eine zusätzliche Möglichkeit zu helfen.

May 10, 2024 • 15min
Wann sind Medien fair, Hans-Albert Gehle?
Und warum sind manche Ärztetags-Beschlüsse schwierig?
Mittwoch beim 128. Deutschen Ärztetag: Antrag IIIc-13 fordert die Etablierung von Train-the-Trainer-Seminaren durch die Landesärztekammern für alle Weiterbildungsbefugten ab 2025 gefordert. Westfalen-Lippes Kammerchef Dr. Hans-Albert Gehle warnt vor großen Problemen bei der Umsetzung. Der Antrag wird abgelehnt.
Donnerstag, 18 Uhr, beim 128. Deutschen Ärztetag: Für die Tagungsausgabe der Ärzte Zeitung für Freitag schreibt der Chefredakteur einen bissigen Leitartikel über die Wirkung des Deutschen Ärztetags. Eines von mehreren Beispielen ist der oben genannte abgelehnte Antrag. Tenor: Inkonsequenz. Erst moniere der Ärztetag den Nachwuchsmangel, dann aber bescheide er nicht konkret helfende Anträge, Weiterbildung zu verbessern. Wie gesagt, nur eines von mehreren Beispielen.
Freitagmorgen beim 128. Deutschen Ärztetag: Die Kongressausgabe der Ärzte Zeitung wird bei den Delegierten ausgelegt. Kurz nach neun wird Antrag IIIc-20 mit großer Mehrheit verabschiedet. Er fordert die Etablierung von Train-the-Trainer-Seminaren durch die Landesärztekammern für alle Weiterbildungsbefugten, nur eben nicht versehen mit einem Stichtag, lässt den Kammern also Spielraum zur Umsetzung.
Freitagmittag beim 128. Deutschen Ärztetag: Hans-Albert Gehle ist empört über den Kommentar der Ärzte Zeitung. Also reden wir miteinander.
Im Gespräch erklärt er, dass eine Fristsetzung, die Seminare ab 2025 umzusetzen, die Kammern vor rechtliche Probleme gestellt hätte. „Wenn wir etwas verpflichtend in eine Ordnung hineinschreiben wollen, müssen wir das über die Heilberufekammergesetze in die Weiterbildungsordnung der Länder bringen“, erklärte er. Ansonsten riskierten die Kammern Klagen. Dieser Prozess könne mehrere Jahre dauern und müsse mit den Landesministerien akkordiert werden.
Für Gehle ist das Verfahren um den Beschluss gerade beispielhaft für eine parlamentarische Debatte, die manchmal halt „nicht so einfach ist“.
Im Gespräch betont Gehle die Bedeutung kritischer Medien für eine funktionierende Demokratie. Er äußert aber auch die Sorge, dass einzelne Aussagen aus dem Kontext gerissen und für politische Zwecke instrumentalisiert werden könnten. „Manchmal sollte man erst noch einmal sprechen, bevor man mit einer Äußerung an die Öffentlichkeit geht“, mahnte er in Richtung der Presse.
Trotz mancher Differenzen: „Kritisch bleiben, kritisch berichten und uns vorantreiben – das wünsche ich mir.“