she drives mobility

Katja Diehl
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Jan 1, 2023 • 3h 2min

Auf drei Rotwein mit Carlo Masala - ein völlig subjektiver Jahresrückblick.

Letzter Podcast in 2022. Wen einladen? Über was reden? Ich habe relativ schnell an Carlo Masala gedacht, weil er so gar nix mit der Verkehrswende zu tun hat, aber a. ein Mensch ist, mit dem ich mich gern unterhalte, und b. die Dinge, die wir so bearbeiten, unterschiedlicher nicht sein könnten, die Reaktionen auf uns sich jedoch recht stark ähneln. Hier gehts zum ersten Gespräch mit Carlo im Oktober: In der aktuellen Folge erzählt Carlo zunächst, wie er mit seiner Familie Weihnachten verbracht hat: Er hat alle drei Tage lang bekocht. Und damit kamen wir auch schon zum ersten Aha für mich: Carlo wollte mal Koch werden nach der mittleren Reife. Er spricht über Freunde, die diesen Weg gegangen sind. Wir sprechen über diese handwerklichen Jobs, für die wir beide viel Wertschätzung haben. So auch ich durch den Teil meiner Verwandtschaft, der eine Bäckerei betreibt. Wir sprechen über die geringe Wertschätzung für diese Jobs und deren Produkte und darüber, dass Deutsche im weltweiten Vergleich unfassbar wenig Geld für Lebensmittel ausgeben – und zwar nicht Jene, die wenig Geld haben. Wir sprechen über intrinsische Motivation, die Carlo und mich manchmal zu Getriebenen macht. Wir sind angetrieben von den Themen, die uns interessieren, aber 2022 war nicht unbedingt ein Jahr, das wir komplett „im Griff“ hatten. Ähnlich wie viele andere, die zum Beispiel aktivistisch für das Klima tätig sind. Auch Kolleg:innen von Carlo haben ab September gesagt: So geht das nicht mehr weiter, die Belastung ist zu groß. Auch Carlo hat aus dieser Ausgebranntheit Konsequenzen gezogen, Podcastformate abgegeben und macht nicht mehr so viele Interviews und Talkshows. Ich frage Carlo nach den 100 Milliarden Euro, die für die Bundeswehr zur Verfügung gestellt worden sind. Er ist aktuell sehr skeptisch, ob diese in richtiger Weise adressiert werden, wenn das System und die Prozesse dieselben bleiben. Wir streifen die Weltmeisterschaft in Katar, unser Erstaunen darüber, dass der große Protest erst kurz vor Beginn einsetzte. Über meine sportlichen Ambitionen und die Abkehr vom Massensport. Und dann gehen wir durch unsere aktuelle Bundesregierung. Wir sprechen über feministische Außenpolitik, über die Arbeit von Annalena Baerbock und das Elitebewusstsein des Auswärtigen Amtes. Und die Tatsache, dass sie als Anfang 40erin dabei ist, dieses Amt hoch professionell und erfolgreich zu führen. Hier ist es natürlich total spannend, da Carlo ein wenig von seiner Wahrnehmung berichten kann. Dann sprechen wir über Olaf Scholz, den ich als Hamburgerin weniger neutral betrachten kann als Carlo. Wir besprechen die erfolgreiche Oppositionsarbeit der FDP und final dann auch Robert Habeck und sein erstes Jahr im Job. Ein Politiker, von dem Carlo massiv beeindruckt ist, ist Anton Hofreiter, der innerhalb kurzer Zeit sich unfassbar tief in Wehr- und Waffenthemen eingearbeitet hat. Dabei zunächst überhaupt nicht zu dem Thema in Erscheinung trat. Wir sprechen über die Themen außerhalb unserer Kernthemen, die uns 2022 beschäftigt bis besorgt haben. Carlo nennt hier den Kulturkampf, die Tendenz, kleine Themen nahezu lustvoll hochzustilisieren, als ob diese echte Konfliktlinien seien. Gendern als Beispiel und der Vorsitzende der Hamburger CDU als Person zu diesem Thema. Ich berichte vom Druck, zu allem eine finale Meinung haben zu sollen. Fehlerlos zu agieren. Ansprüche zum Beispiel an mein Buch zu stellen, die ich selbst gar nicht habe. Autokorrektur ist für mich eine Einladung, neue Perspektiven auf Automobilität und die Probleme, die diese schafft, zu gewinnen. Diese Haltung habe ich mir jedoch hart erarbeiten müssen, Impostorsyndrom winkt grad freundlich 🙂 Porträt von Carlo. Von Christoph Busse. Wir sprechen über selbsternannte Kritker:innen (ich gendere mal großzügig), denen es überhaupt nicht um echten Diskurs geht, sondern darum, dem Gegenüber zu zeigen, dass es Unrecht und man selbst Recht hat. Ohne wirkliches Interesse an Austausch. Carlo erlaubt mir, diese Männschen dann auch einfach mal herablassend zu behandeln und damit zu entlarven. Ich berichte Carlo über den Unterschied von Mastodon und Twitter und die mentale Entlastung, die es für mich bedeutet, kaum noch beim Vogel sein zu müssen. Carlo berichtet von enorm heftigen technischen Problemen, die Twitter in der Anwendung aktuell hat. Kein Wunder, wenn fast alle von Enlo entlassen wurden 😀 Wir sprechen über die Figur Enlo, die Firma Tesla und die Versuche mit dem autonomen Fahren, die auch auf dem Gelände von der Uni, an der Carlo tätig ist, durchgeführt werden. Dann dreht Carlo den Talk um und fragt mich, woher ich die Hoffnung habe, den Kampf gegen diese unfassbar übermächtige Autoindustrie und -lobby gewinnen zu können. Ich erkläre, dass es mir nicht um die Gegnerin Autoindustrie geht, auch wenn ich diese natürlich gern als Partnerin hätte, um zu gewährleisten, dass die Transformation möglich und damit der negative Impact auf die deutsche Wirtschaft harmlos wird. Ich glaube an eine Gesellschaft in Bewegung und Begegnung, die aber aktuell durch das Auto verunmöglicht wird. Wir sind durch das Auto nur noch mit „Gleichen“ zusammen. Es bedarf der bewussten Handlung, um Unbekannten zu begegenen. Was in der Bahn oder im Bus automatisch geschieht. Das schafft eine Trennung in unserer Gesellschaft, die uns nicht gut tut – auch gesellschaftlich betrachtet. Angst vor „Fremden“ kann nur entstehen, wenn wir diesen nicht begegnen und sie näher kennenlernen. Ich spreche darüber, dass vor allem auch die Immobilität und Abhängigkeit von Kindern bedrückt. Sie lernen nur noch aus 2. Hand.Dadurch gerät unser Gespräch in unsere Kindheiten, die auf der Straße stattfanden. Wir muskelbewegt zu unseren Schulen gelangten. Doch schon der Vergleich des Schulweges seiner Kinder zeigt, dass die Generation der Kinder von Carlo schon eher gebracht wurde. Morgens Autostau vor den Schulen. Wir sprechen über das Auto als Symbol von Erfolg. Über die mittlere Mittelschicht, die gut verdient und dennoch einen gewissen Lebensstandard sich nicht mehr leisten kann, wie gutes Wohnen in der Stadt. Carlo befürchte hier ein großes Aggressionspotential, was ich wiederum im Verhalten gegenüber den Blockierenden von der Letzten Generation bereits gespiegelt sehe. Ich berichte vom Brief einer jungen rassifizierten Mutter in Berlin, die tägliche Rassismuserfahrungen kennt und mit einem Mann verheiratet ist, der vor zwei Jahren nach Deutschland floh und unbedingt diesen BMW fahren möchte, um dazuzugehören. Ähnliches hat Carlo bei Freund:innen beobachtet, die aus der Türkei nach Deutschland gingen und mit deutschen Autos zurück in ihre Dörfer fuhren und Anerkennung erhielten. Bringst du mich jetzt zu deinem hässlichen Jugendbett? Und kommen dann erstaunlicherweise aufs Tempolimit. Carlo denkt, dass es kaum noch Kilometer gibt, die auf Autobahnen ohne Tempolimit sind. Stimmt so nicht, im Januar 2019 galt auf 57 % der Autobahnkilometer kein Tempolimit. Auf 13 % gab es ein vorübergehendes Tempolimit aufgrund von Bauarbeiten. Streckenabschnitte mit einem Tempolimit machten 30 Prozent der Autobahnkilometer in Deutschland aus. Deutschland ist das einzige Land der Europäischen Union, in dem auf Autobahnen keine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung herrscht. Carlo und ich sind uns einig, dass wir neue Aufstiegsversprechen brauchen. Gute Bildung muss wichtiger werden als die Autoindustrie. Wir brauchen viele Füße, auf denen unser Land wirtschaftlich stehen kann – ausbalanciert und eben nicht in wackliger Abhängigkeit von einer Industrie. Kein Verständnis hat Carlo für Behelfspanzer, so nennt er die aktuellen großen Automodelle. Wenn er Panzer fahren will, fragt er jemanden bei der Bundeswehr. Recht optimistisch ist Carlo, dass, wenn es politische Führungskräfte gibt, die Transformation möglich ist. Davor wird sich jedoch gescheut, weil Politiker:innen aktuell nur auf Umfragewerte schauen. Und momentane Stimmungsbilder sind für ihn der schlechteste Ratgeber, Politik zu gestalten. Ich füge hinzu, dass Politik aktuell auf die Lauten hört – die auch oft die Falschen sind. Meine Hoffnung 2023 ist, dass sich ungeahnt große Bündnisse von armutsbetroffen über Gewerkschaften über Pflege bis Klimaaktivist:innen ergeben, die nach der lange überfälligen Transformation verlangen. Carlo ist da skeptischer und erwartet eher große Lethargie in der Mehrheit der Gesellschaft. Er sieht wie ich die Probleme, aber er glaubt, dass die Dringlichkeit der Reform, die sich in den letzten drei Jahren gezeigt hat, von einem Wunsch nach „zurück in die Normalität“ überlagert werden wird. Ich teile den Pessismismus in Bezug auf die Autoindustrie, die sich nicht transoformieren will – habe aber den Optimismus, dass die Klimakatastrophe sie final zwingen wird, umzudenken, wenn sie auch nur im Ansatz überleben will. Denn lethargisch und voller Hybris ist die Industrie allemal. Naja, und wir haben nach drei Stunden dann auch nur geendet, weil ich echt dringend aufs Klo musste. Sorry. DANKE Carlo, es war ein Fest! Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)
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Dec 18, 2022 • 1h 30min

Sven Hillenkamp: Was tun mit der Letzten Generation? Ein Versuch der Einordnung.

Sven Hillenkamp hat sich entradikalisiert. Nach seiner Volljährigkeit war er einige Jahre in hoch radikalen linken Szenen unterwegs, die Nähe zur RAF war unmittelbar, Gewalt gegen Sachen adäquates Mittel des Protestes, Straßenkämpfe mit der Polizei verteidigte er als Sprecher dieser Bewegung. Als jedoch der Genuss an der Gewalt in dieser Szene überhand nahm, verließ Sven diese. Um ohne Übergang in die Bewegungsforschung einzusteigen. Als einstmals Beteiligter aus der Distanz heraus zu beobachten und Studien auszuwerten, die sich radikalen Strömungen der Linken beschäftigen. Sind diese erfolgreich – und wenn ja: Wie kam es zum Erfolg, also der eingeforderten gesellschaftlichen Transformation? Sven arbeitete ein paar Jahre bei der ZEIT, für die er heute Essays über die Klimabewegung veröffentlicht, die er eines Tages vielleicht als Buch oder in anderer Form zusammenführen will. Dieser Teil seiner Arbeit brachte uns zusammen. Wir haben telefoniert über das Für und Wider der Protestform, die die Letzte Generation auszeichnet: Die Unterbrechung des Alltags durch friedliche Blockaden. Sven lebt mittlerweile mit seiner Familie in Stockholm, er hat mehrere Bücher veröffentlicht und arbeitet aktuell an einem Roman. Die vielen Facetten, die seine Arbeit hat, erlauben ihm die so wichtigen kleinen Fluchten, denn auch Sven kennt die Verzweiflung und die Hilflosigkeit, die Aktivist:innen empfinden, wenn wir Statistiken lesen, dass gerade mal die Hälfte der Bevölkerung die Klimakatastrophe als eine der drängenden Katastrophen ansieht – während uns die Zeit davonläuft. Sven formuliert seine Gedanken in den Essays der ZEIT, auf Twitter, in Podcasts und Interviews. Die Kritik und das Hinterfragen von bestimmten Aktionsformen, ist weder Kritik von außen noch Journalismus, sondern Kritik aus dem Inneren der Bewegung. Hilflosigkeit führt gerade Gruppen wie „Just stop oil“ und die „letzte Geneartion“ zu Protestformen, die von der Gesellschaft massiv abgelehnt zu werden scheinen – und von der Politik genutzt werden, diese zu kriminalisieren und bis hin zu Hausdurchsuchungen und Gefängnisstrafen mit aller Härte zu behandeln. Was lief vielleicht auch „schief“ innerhalb der Bewegung?• Sven hat ein Bild, das er nutzt, um zu verdeutlichen, was innerhalb der linken Bewegung in den letzten Jahren passierte. Es kamen immer neue „Kinder“ in diese Familie, neben dem ersten Kind, der großen Nähe zur Arbeiterschaft Jene, die heute durch den Begriff „Wokeness“ von Konservativen belächelt werden. Trans-, Antirassismus-, Antisexismus- und viele weitere -aktivismen, die in ihrer Dringlichkeit den Kern der linken Bewegung so verbreiterten, dass eben Jene, die sich bisher durch die Bewegung gespiegelt sahen, sich gegen sie wandten. So wird auch bei den Aktionen der „Letzten Generation“ stets der Arbeiter adressiert, der nicht zur Arbeit kommt, oder die Krankenpflegerin, die im Stau stehen muss. Konservative Kräfte nutzen diese vom Aktivismus scheinbar am tiefsten negativ Betroffenen, um Narrative gegen die Protestierenden auf der Straße zu finden – die so gar nicht zu IHREN Kerngruppen passen. Aber für ein emotionales Narrativ geeignet sind. Um das Bild zu erzeugen (das natürlich inhaltlich nicht stimmt): Die linke Bewegung ist „gegen das Volk“.• Der tiefe Wunsch der Klimabewegung, mit Aufklärung zur Veränderung beizutragen. Die Fakten sprechen doch eine klare Sprache, wenn wir noch diese eine Studie oder diesen einen Text veröffentlichen, dann muss doch endlich klar sein, wie dringend der Handlungsbedarf ist!• Sven beobachtet zum einen das Tabu der Kritik innerhalb der Bewegung. Zweifel an bestimmten Details des Protests sind gefühlt unerwünscht, wer innerhalb der Bewegung kritisch schauen möchte, ob Erfolge erzielt werden konnten, gerät schnell in die „Out-Group“.• Auch das schnelle Herabwürdigen „wir haben nichts erreicht“ gegenüber Fridays For Future und anderen Bewegungen ist ein Problem. Ja, es wurde nicht genug erreicht im Sinne politischen Handelns, aber ohne FFF wäre die Klimakatastrophe heute NICHT so präsent, wie sie es ist. Ja, zu wenig. Aber Anerkennung des Erreichten ist wichtig.• Sehr viele Menschen in der Bewegung wollen aber auch den Austausch. Sven tauscht sich aus mit Fridays for future, Greenpeace, Extinction Rebellion und der Letzten Generation. Trotz seiner teils scharfen Kritik hat Fridays for future Sven zum Beispiel gebeten, beim Jahres-Kickoff die Eröffnungsrede zu halten und den Tag zusammen mit Luisa Neubauer einzuleiten. Diese Offenheit für Austausch und kritische Reflektion, die ich überall sehe, macht Sven Hoffnung für die kommenden Jahre.• Svens Fazit: Der Kampf gegen die Klimakatastrophe wird wohl nicht mit den Fakten über die Klimakatastrophe gewonnen. Was heißt das nun?Wir sind weit gekommen. Wir haben mehr aufgeklärt als jedwede Politik oder Industrie oder Fossillobby. Aus der ersten Phase der Aufklärung, die noch weiterlaufen muss, weil wir noch nicht alle erreichten, muss jetzt die zweite Phase erfolgen: Die Lösungen sichtbar machen. Den Druck auf Umsetzungen dieser Lösungen erhöhen. Vielleicht geht es daher 2023 nicht mehr um den „Alarm“, sondern um Sichtbarmachung und Stärkung jener kleinen Ansätze, die zwar um Längen weniger Budget haben als die Fossillobby, die aber zur Lösung des Problems beitragen. Die Lösung muss greifbarer werden, weil es das Problem nicht ist. Die Klimakatastrophe ist für viele noch zu abstrakt, das sorgt für den Effekt, dass die Abwendung des Problems noch bei vielen die größere Bedrohung ist als die eigentliche Katastrophe. Mit dieser Angst (Deindustrialisierung, Massenarbeitslosigkeit, Wohlstandszerfall) arbeiten die konservativen Kräfte ja auch bewusst, um die Veränderung gar nicht erst beginnen zu lassen. WIR müssen der Gegenpol dazu sein. Die Geschichten der Transformation erzählen und zeigen, die beweisen, dass die Abwendung der Klimakatastrophe nicht nur dringlich ist, sondern auch für die „Mitte“, die „Arbeiter:innen“ Mehrwerte generiert, die ihnen heute noch bewusst vorenthalten werden. Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)
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Dec 4, 2022 • 41min

Patrick Kaczmarczyk: Warum beruht der "Erfolg" der Autoindustrie nicht auf Innovation, sondern auf Rechenkünsten?

Wirtschaftlicher Wettbewerb gilt in der öffentlichen Debatte gemeinhin als Garant für den Fortschritt. Patrick Kaczmarczyk jedoch wirft ein, dass diese These so nicht stehenbleiben kann, solange man die Frage nach der Qualität des Wettbewerbs nicht stellt. Ist es ein Wettbewerb, der hauptsächlich auf Lohnkostenbasis ausgetragen wird? Oder über Investitionen und Produktivitätssteigerungen? Anhand der europäischen Automobilindustrie hat er aufgezeigt, wie darwinistisch und zerstörerisch – und wie wenig innovativ – der Wettbewerb im europäischen Automobilmarkt war. Entgegen weitläufiger Vorstellungen sind selbst die deutschen Autohersteller, die gemeinhin als führend in Europa gesehen werden, wenig erfolgreich gewesen, wenn man den Blick auf Schlüsselindikatoren wie die Profitmargen, Cashflows und Innovationskapazität in alternativen Antriebstechnologien richtet. In Europa, wo der Pkw-Markt im Laufe der Zeit stagnierte, zeigen die Daten, wie es den deutschen Unternehmen gelang, Marktanteil auf Kosten anderer Hersteller zu steigern. Einen Wendepunkt in der Branche stellen die 2000er Jahre dar, in denen die deutschen Produktionsstandorte ihre Wettbewerbsfähigkeit durch radikale Umstrukturierungsmaßnahmen im Inland (sowohl innerhalb der Unternehmen als auch als auch bei den Zulieferern) und durch Auslagerung der Produktion nach Osteuropa erhalten konnten. Nach der Finanzkrise profitierten die deutschen Unternehmen zudem von günstigeren Refinanzierungsbedingungen, die im finanzialisierten Automobilmarkt immer wichtiger wurden, da ein großer Teil des Absatzes über die eigenen Autobanken abläuft. Aufgrund des darwinistischen Verdrängungswettbewerbs in Europa wurde die Produktion in Deutschland vor allem durch Kosten- und Refinanzierungsvorteile erhalten. Anstatt, dass man durch eine kluge Investitions- und Lohnpolitik die Industrie zur Veränderung und Transformation gezwungen hätte, spezialisierte man sich immer mehr auf die Produktion einer aussterbenden Technologie, verpasste technologisch den Anschluss an Hersteller in Asien und in den USA, und blockierte zudem jegliche Initiativen für eine nachhaltigere Gestaltung der Industrie in Brüssel. Dies betraf ebenso die gesamte Wertschöpfungskette, die nun vor den Scherben der Politik der letzten 20 Jahre steht. In seinem Buch „Kampf der Nationen“ kritisiert Patrick somit die gängige Wettbewerbspolitik, die in den vergangenen Jahrzehnten hauptsächlich über Druck auf die Löhne, weniger über die Produktivität geführt wurde. Zudem erläutert er, dass die Politik überhaupt nicht die richtigen Bedingungen für einen wirtschaftlich fortschrittlichen Wettbewerb auf die Beine gestellt hat, weil es dafür eine viel weitreichendere internationale Zusammenarbeit bräuchte, insbesondere in der Lohnpolitik. Ziel müsste eine wirtschaftliche Kooperation der Staaten sein, die sicherstellt, dass nur die Unternehmen, nicht aber die Staaten miteinander im Wettbewerb stehen. In der Theorie existieren bereits diverse Modelle, aber sie finden kaum Anwendung in der Praxis. Hier dominiert noch kurzfristiges und mikro-orientiertes Denken. Patrick Kaczmarczyk ist Referent für Wirtschaftspolitik in Berlin. Zuvor arbeitete er als Berater für die Vereinten Nationen in Genf. Dort befasste er sich in der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung (UNCTAD) mit Analysen zur Kapitalmarktstabilität in Entwicklungs- und Schwellenländern mit Schwerpunkt in Projekten zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage im Nahostkonflikt. Neben seiner Beratungstätigkeit promovierte er als Stipendiat des Economic and Social Research Council (ESRC) der britischen Regierung am Institut für politische Ökonomie der Universität Sheffield. Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)
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Nov 20, 2022 • 1h 14min

Oliver von Dobrowolski: Wer blockiert der Polizei in Berlin die Einsätze? Rettungssanitäter Jan: Was erschwert deine Arbeit?

Ich sehe es als meine Verantwortung an, eskalierende und vor allem falsch geführte Debatten zu versachlichen, wenn sie in meine Kernkompetenz und meinen größten Wunsch fallen:Mobilitätswende und Klimakatastophenabmilderung.In den Debatten rund um den furchtbaren Verkehrstod einer Radfahrerin aus Berlin vor zwei Wochen sind ad hoc soviel Falschinformation, Schuldzuweisung und falsche Narrative geflossen, dass nicht nur ich das Gefühl hatte:Viele Kräfte in dieser Republik haben nur darauf gewartet, den Zipfel eines Anlasses zu finden, um die Aktionen von Letzte Generation endlich diskreditieren zu können.Es ging nur wenigen wirklich um die Verkehrstote, die eine von acht täglich war, und als Radfahrerin mitten am Tag von einem Betonmischer überrollt und so schwer verletzt wurde, dass sie im Krankenhaus verstarb.Ihr Tod wurde instrumentalisiert, nicht, was ich valide gefunden hätte, um endlich sichere Radwege und Infrastruktur von der Noch-Bürgermeisterin oder dem Bundesverkehrsminister zu fordern, sondern um Menschen, die den Alltag stören, abzuwerten und zu diffamieren.Gut, dass es noch besonnene Stimmen in dieser Debatte gibt, die den Unfall in das tägliche Straßenverkehrsgeschehen in Berlin einordnen, wo nicht Demos, sondern Falschparker:innen und Zweite-Reihe-Parker:innen Rettungs- und Polizeieinsätze zigfach täglich allein in Berlin behindern.Danke an Oliver von Dobrowolski und Rettungssanitäter Jan für eure klare Worten.Unser Fazit:Lasst uns deeskalieren, sprachlich und vor Ort.Lasst uns die Verkehrswende endlich beginnen und die Schwächsten schützen.Strengere Strafen für Falschparken.Mehr Raum für Menschen, statt Autos! Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)
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Nov 7, 2022 • 39min

Juristin Lea von Client Earth klagt vor dem Bundesverfassungsgericht für saubere Luft und ein gesundes Leben.

Die illegale und gefährliche Luftverschmutzung in ganz Europa schädigt die Gesundheit der Menschen, mindert ihre Lebensqualität und verkürzt ihr Leben. Wir alle sind davon betroffen, aber einige – insbesondere Kinder, ältere Menschen und Menschen mit geringem Einkommen oder aus ethnischen Minderheiten – sind anfälliger und stärker betroffen als andere. 1/3 der Todesfälle durch Schlaganfall, Lungenkrebs und chronische Atemwegserkrankungen weltweit werden durch Luftverschmutzung verursacht. 90% der Menschen auf der Welt atmen laut WHO verschmutzte Luft. Client Earth will als NGO das Bewusstsein für die Risiken der Luftverschmutzung schärfen, sodass Regierungen das Problem nicht länger ignorieren können und gezwungen sind, schärfere Maßnahmen zu ergreifen. „In Deutschland unterstützen wir unseren Partner, die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bei einer Reihe von Klagen für saubere Luft auf Stadtebene. Unsere Erfolge haben bereits weitreichende Veränderungen in der Autoindustrie und eine nationale Umstellung auf Elektrofahrzeuge ausgelöst.“ Was tun, wenn die Wissenschaft feststellt, dass die Luft, die wir einatmen, viel gefährlicher ist als bisher angenommen – die Regierung aber nichts unternimmt? Sieben Betroffene aus mehreren deutschen Großstädten sehen die Antwort darin, die Bundesregierung nach Karlsruhe zu zitieren. Eltern und Kinder, von denen einige an Asthma und Atemwegserkrankungen leiden, kämpfen darum, dass das Recht auf saubere Luft rechtlich verankert wird. Sie haben nun vor dem Bundesverfassungsgericht Klage eingereicht. Wwährend viele Städte heute Schadstoffwerte verzeichnen, die gesetzlich zulässig sind, sprechen die WHO-Grenzwerte eine andere Sprache. Auch wenn in Deutschland die geltenden Gesetze eingehalten werden, gefährdet die Luft in den Städten nach den heutigen Erkenntnissen der Wissenschaft immer noch die Gesundheit der Menschen. Die Kläger*innen wohnen in großen deutschen Städten, wie Berlin, Frankfurt am Main, Düsseldorf und München. Die Messstationen in diesen Städten verzeichnen eine Luftverschmutzung, die technisch gesehen rechtskonform sein mag, aber dennoch oft mehr als um das Doppelte über die von der WHO für 2021 festgelegten Grenzwerte liegt. Was wurde bisher erreicht? „Gemeinsam mit Einzelpersonen und Gruppen in ganz Europa haben wir in 11 Ländern rechtliche Schritte zur Bekämpfung der Umweltverschmutzung und zum Kampf für saubere Luft eingeleitet. Wir haben Rechtsgeschichte geschrieben, indem wir Präzedenzfälle vor den höchsten Gerichten in vielen EU-Ländern gewonnen haben, darunter der UK Supreme Court, der französische Staatsrat, das deutsche Bundesverwaltungsgericht sowie die obersten Verwaltungsgerichte von Polen und der Tschechischen Republik. Wir haben bewiesen, dass rechtliche Schritte ein mächtiges Werkzeug für Bürger und NGOs sind, um sauberere Luft in Städten zu erreichen. Unsere Erfolge vor dem Gerichtshof der EU haben verbindliche Präzedenzfälle geschaffen, die den Menschen in der ganzen EU helfen, für ihr Recht auf saubere Luft zu kämpfen.“ Auf der Webseite von Client Earth finden sich aber auch weitere Schwerpunkte, die sich mit der Autoindustrie im Speziellen auseinandersetzen. In Deutschland ist Volkswagen ein Mega-Einflussnehmer der Automobilbranche. Das Unternehmen ist Mitglied in mehreren Wirtschaftsverbänden in Deutschland sowie auf der europäischen Ebene und verfügt über beste Regierungskontakte in Bund und Ländern. Das bedeutet, dass das Unternehmen großen Einfluss auf die Politik nehmen kann: zum Beispiel darauf, wie schnell Diesel- und Benzinfahrzeuge aus dem Verkehr gezogen werden. Volkswagen gibt zwar Auskunft darüber, in welchen Verbänden sie Mitglied ist, sagt ihren Anleger*innen aber nicht, wie sie diese Einflussmöglichkeiten nutzt – trotz jahrelanger Bemühungen einzelner Aktionär*innen, hier Klarheit zu bekommen. Aus diesem Grund haben sieben institutionelle Anleger*innen – mit einem verwalteten Vermögen in zweistelliger Milliardenhöhe – Klage gegen die Volkswagen AG eingereicht. Sie sehen keinen anderen Weg, als durch ein Gerichtsurteil die gebotene Transparenz in der Klimaberichterstattung börsennotierter Unternehmen zu erzwingen. Unterstützt werden sie dabei von ClientEarth. „Volkswagen ist derzeit nicht in der Lage nachzuweisen, dass die Lobbyarbeit, die es über seine Mitgliedschaften in Industrieverbänden betreibt und finanziert, mit seinen eigenen Klimazielen übereinstimmt“, erklärt Adam Matthews vom Church of England Pensions Board, eins der klagenden Anteilseigner*innen. „Die Unnachgiebigkeit der Unternehmensführung wirft ernste Fragen darüber auf, wovor sie Angst haben. Es ist äußerst enttäuschend, dass wir uns an die Gerichte wenden müssen, damit VW sich an Standards orientiert, die bei anderen Unternehmen in der Automobilbranche längst üblich sind.“ „Weltweit reden viel zu viele großen Unternehmen von grünen Themen, versuchen aber gleichzeitig hinter den Kulissen, eine effektive Klimapolitik auszubremsen,“ unterstreicht auch Hermann Ott, Leiter des deutschen Büros von ClientEarth. „Nach all den negativen Schlagzeilen der vergangenen Jahre müsste Volkswagen es als ureigenes Interesse begreifen, das Vertrauen der Öffentlichkeit und ganz besonders auch der Investor*innen zurückzugewinnen. Der beste Weg, auf die Bedenken einzugehen, ist die Offenlegung von Lobbying-Aktivitäten.“ Ein positives Urteil würde bestätigen, dass Minderheitsaktionäre in Deutschland – die viele Millionen Euro an dem Unternehmen halten – das Recht haben, Punkte auf die Tagesordnung der Hauptversammlungen zu setzen, damit alle Aktionäre darüber abstimmen können. Dies könnte ein systematisches Zurückdrängen von Forderungen nach Transparenz und Information verhindern. Das hätte positive Auswirkungen auf ein breites Spektrum von weiteren Themen wie Vielfalt und Integration, Diskriminierung und Interessenkonflikte. Dies wäre eine wertvolle Rechtsgrundlage für verantwortungsvolle Investitionen und würde dazu beitragen, gute Unternehmensführung in allen deutschen Aktiengesellschaften zu gewährleisten. Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)
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Oct 25, 2022 • 55min

Doxa, Episteme und Ohrbläser - Carlo Masala: Wie schaffen wir es, dass endlich wieder Wissenschaft nicht Meinung führt?

Es war einer dieser Tage bei Twitter, die mit großer Müdigkeit einhergehen. Der xte Brief von selbsternannten Intellektuellen war in Deutschland erschienen, der an die Ukraine appellierte, doch mal mit Putin zu sprechen. Das Buch von Precht und Welzer erschien, machte noch mehr ratlos: Wie gegen all diese Desinformationen und ablenkenden Debatten ankommen? In meiner Müdigkeit traf ich auf einen müden Carlo Masala, den ich fragt: Was können wir tun? Und so kam es zu diesem Podcast, der als Livetalk bei YouTube stattfand. Wir sprechen über: die Prechtisierung von Debatten vor allem auch in Bezug zum Fachgebiet von Carlo: Der wissenschaftlichen Betrachtung von kriegerischen Auseinandersetzungen ich unterhielt mich mit Carlo darüber, welche alarmierenden Tendenzen er hier nicht nur, aber vor allem nach dem Überfall auf die Ukraine beobachtet warum er die Verschiebung der Debatte von Wissenschaft zu Meinung als problematisch erachtet um dann abzuleiten: was bedeutet für Carlo Journalismus, was Expertise, was Meinung? wir sprechen über seine Ideen, das Ungleichgewicht aufzufangen, durch Fort- und Weiterbildung von Redaktionen, durch Aufstockung von Expert:innen, weg zum generalistischen Ansatz und natürlich habe ich Carlo auch gefragt, ob Politiker:innen Faschist:innen bei Twitter zur Wahl gratulieren sollten. Ich habe viel gelernt, auch für die Sorgsamkeit, die Debatten wieder enthalten sollten. Meinungsfreiheit ist wichtig. Jede:r hat das Recht zur Meinungsäußerung. Meinung jedoch als wichtiger zu erachten als wissenschaftliche Erkenntnisse ist fatal. Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)
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Oct 9, 2022 • 37min

Christian Endt: Warum müssen wir 2025 aufhören, Verbrennerautos zu bauen?

„Die CO₂-Bilanz des deutschen Verkehrs ist miserabel. Nähme die Regierung ihre internationalen Klimaziele ernst, dürfte sie ab 2025 keine neuen Benziner mehr zulassen.“So beginnt der Artikel von Christian bei ZEIT ONLINE.Die Basis seiner Recherche über den Verkehrssektor sind Daten von German Zero, einem deutschen Think Tank, der sich dafür einsetzt, dass Deutschland bis 2035 klimaneutral wird. „So soll die völkerrechtliche Verpflichtung aus dem Pariser Weltklimaabkommen von 2015 eingehalten werden, welches eine Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 Grad festlegt.“ Und damit kommen wir auch schon zum ersten Block des Gesprächs zwischen Christian und mir. Denn diese Folge soll auch eine sein, die ein wenig Grundlagenwissen vermittelt: Über den Pariser Klimavertrag, das Klimapaket der Regierung Merkel, den Wahlkampf ohne 1.5 Grad Wahlprogramme im letzten Jahr und die aktuellen Bestrebungen der Regierung unter Scholz, Klimaschutz voranzutreiben.Der Pariser Klimavertrag, im Dezember 2015 als völkerrechtlicher Vertrag von 195 Staaten zum Abschluss und mit dem Ziel des Klimaschutzes in Nachfolge des Kyoto-Protokolls geschlossen, ist ein „fiktiver“, aber sehr wichtiger Vertrag, der die Rahmenbedingungen der Vertragspartner:innen festlegt: Begrenzung der menschengemachten globalen Erwärmung auf deutlich unter 2 °C gegenüber vorindustriellen Werten. „Mit Stand vom 7. November 2017 erkennen alle Staaten der Erde bis auf Syrien das Übereinkommen von Paris an. Noch im selben Monat gab auch Syrien seine Beitrittsabsicht bekannt. Auch Nicaragua trat bei, nachdem es zunächst den Beitritt abgelehnt hatte, weil es die Verpflichtungen im Vertrag für zu schwach hielt. US-Präsident Donald Trump kündigte am 1. Juni 2017 den Austritt der USA aus dem Übereinkommen an. Dieser wurde am 4. November 2020 offiziell vollzogen, vom amtierenden US-Präsidenten Joe Biden am 20. Januar 2021 jedoch wieder zurückgenommen.Das Übereinkommen von Paris trat am 4. November 2016 in Kraft, 30 Tage, nachdem 55 Staaten, die zudem mindestens 55 % der Emissionen verursachen, die Ratifizierung abgeschlossen hatten.“ (Quelle: Wikipedia) Bezogen auf die Emissionen ist Deutschland auf Platz 4 der Weltemittenten, hinter China, Russland und den USA, die alle deutlich mehr Einwohner:innen haben als wir. Unsere Verantwortung pro Kopf an der Katastrophe ist also ungleich größer. Und damit kommen wir zum Transportsektor. Hier hat der private Pkw 61 Prozent Anteil an den Gesamtemissionen, ist also der mit Abstand größte Emittent – das mit Abstand größte Problem. Aus dem Artikel von Christian: „Auch der Expertenrat für Klimafragen hat Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) gerade ein ungenügendes Zeugnis ausgestellt: Sein Sofortprogramm, um Emissionen zu senken, verfolge nicht mal den Anspruch, die Klimaziele zu erreichen. Zuletzt beschloss der Koalitionsausschuss außerdem, die Anhebung des CO₂-Zuschlags auf Benzin und Diesel um ein Jahr zu verschieben.“Und weiter: „Um den Pariser Klimavertrag einzuhalten, muss die Zahl der Autos mit Verbrennungsmotor in Deutschland demnach bis 2030 um zwei Drittel sinken. Neuzulassungen wären nur noch bis 2025 möglich. Das geltende Klimaschutzgesetz bleibt hinter diesen Erfordernissen deutlich zurück: Es könnte laut Berechnungen von ZEIT ONLINE dazu führen, dass 2030 noch doppelt so viele Verbrenner auf der Straße sind, als mit dem 1,5-Grad-Ziel zu vereinbaren wären.“ Wählt man das Inkrafttreten des Paris-Abkommens 2017 als Startpunkt für die Aufteilung und zieht ab, was seither bereits ausgestoßen wurde, verbleiben für Deutschland weniger als drei Milliarden Tonnen CO₂. Das Klimaschutzgesetz sehe einen mehr als doppelt so hohen Ausstoß vor, schätzt Wolfgang Lucht vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Drei Milliarden Tonnen entsprechen dem Vierfachen der CO₂-Menge, die Deutschland zuletzt innerhalb eines Jahres verursacht hat. Bis 2026 wäre dieses Restbudget also aufgebraucht. Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)
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Oct 2, 2022 • 41min

Das Schweigen der Männer - warum hat die Verkehrswende noch nicht begonnen? Ein Rant.

Es reicht.Der Verkehrssektor hat steigenden Emissionen, der Verkehrsminister muss nachbessern, liefert drei Seiten, die der Expert:innenrat ablehnt, anzuschauen, weil diese „Pläne“ mit „mehr Homeoffice“ und „mehr Rad“ völlig diffus bleibt und nicht an die Wurzel geht: Den Autoverkehr deutlich zu reduzieren. Das Auto scheint schützenswerter als eine gute Zukunft für alle, jedwede Käferart und der Mensch an sich. Oder auch als das Ziel von Vision Zero (keine Verkehrstoten mehr) und wahlfreier Mobilität für alle. Ich habe mein Buch geschrieben, weil ich mit allen Fakten, die deutlich aufzeigen, wie wichtig die Transformation autozentrierter Politik, Gesellschaft und Mobilität ist, nicht weiterkomme. Seit Jahren. Die Autos werden immer größer, mit immer weniger Personen an Bord (im beruflichen Pendelverkehr sind es 1,057 Personen) und es werden immer mehr. Auch 2021 sind die Zulassungszahlen wieder gestiegen. In einer Gesellschaft, in der 26 Millionen Deutsche (Kinder und Erwachsene ohne Führerschein) keinen Zugriff auf aktive Automobilität haben, fahren wir grad auf 49 Millionen private Pkw zu. 95 Gramm CO2 pro Kilometer wären diesen Pkw erlaubt, 122 Gramm sind es aktuell. Das liegt auch daran, dass mittlerweile 40 Prozent der Neuzulassungen SUVs sind – und die meisten von ihnen noch mit fossilen Treibstoffen fahren. Ein Datenjournalist der ZEIT – Christian Endt – hat mit anderen hergeleitet, dass, wenn Deutschland die Pariser Klimaziele ernstnehmen würde, wir nur noch bis 2025 Verbrenner bauen dürften. Darüber hinaus redet kein Mensch darüber, dass wir diesen riesigen Autobestand endlich abbauen müssen, um Raum, Ruhe und resiliente Räume zurückzugewinnen. Für Menschen! Ich beziehe mich auf Videos, die während einer Veranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung, einer FDP-nahen Stiftung, entstanden. Volker Wissing war hier auf dem Podium, hielt aber auch eine Rede. Die mich verwirrte und entsetzte, weil sie aufzeigt, wie sehr er auf das Auto fixiert ist. Er liest steigende Zulassungszahlen nicht als Versagen seiner Politik, sondern als Erfolg des Produktes Auto. Und er redet über meine Perle, meine Stadt, die ich zukunftsfähig gestalten will und die mit Anjes Tjarks einen Verkehrs- und Mobilitätswendesenator hat, der Großes vor hat. „Die Hamburger“ – so Wissing auf diesem Panel – hätten gesagt, sie wollen von 800.000 runter auf 300.000 Pkw. Was ich persönlich ja gut finde! Endlich konkrete Ziele!Die Maßnahmen? Tempo 30, Parkplätze abbauen, Parkhäuser stilllegen (??), City-Maut.Wissing schafft dann „wirren“ Zusammenhang zu ländlichen Strukturen und endet mit:„So halten wir die Gesellschaft ja nicht zusammen.“ Was ja bedeuten würde, dass die aktuelle Autofixierung die Gesellschaft zusammenhält. Und das schließt dann den Kreis (leider) zu vielen anderen Narrativen der FDP, die „Spaltung“ vermeiden will, indem sie Privilegien weniger schützt. Anstatt die Chance der multiplen Krisen zu sehen, von Grund auf eine gerechtere und sozialere Gesellschaftsstruktur zu etablieren – AUCH in der Mobilität. Dieses Video zeigt die Kraft von Social Media. Bei allen Nachteilen, die diese sonst auch mit sich bringen:Früher wären solche Äußerungen im „closed room“ geblieben.Heute erfahren wir, was Minister denken und wie sie handeln wollen.Brutal für alle, die seit Jahrzehnten ehrenamtlich, aber auch beruflich an der Mobilitätswende arbeiten. Und dann komme ich zur Zerrissenheit meiner Rolle: Auf der einen Seite die „Linken“, denen ich zu industriefreundlich bin, weil ich auch mit Auto“menschen“ spreche – auf der anderen Seite die „Elektroautofans“, die mich als eine Person lese, die das Auto hasst und Diesel Dieter zum Kauf von Fossilautos dränge. Mein Wunsch: Wahlfreie Mobilität, nicht einfach Antriebe auszutauschen und eine Photovoltaikanlage auf dem Dach zu haben, sondern einen Umbau von Räumen zu lebenswerten Räumen und einer Mobilität im Sinne einer sicheren, bezahlbaren und barrierefreien Mobilität. That´s it. Was denkst du? Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)
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Sep 25, 2022 • 46min

Jon Worth - wie ist es, grenzenlos in Europa mit der Bahn unterwegs sein zu wollen? Utopie? Dystopie?

Aktuell ist er schon wieder unterwegs – diesmal nicht mit dem Faltrad, sondern mit einem Alltagsrad. Und der Kategorisierung von elektrifizierter oder Dieselstrecke, Barrierefreiheit, Internet- und Handyempfang. Anfang April diesen Jahres wagte sich Jon mit einer Idee an die Öffentlichkeit, die schon lange in ihm schlummerte: Er bat darum, ihm bei der Finanzierung des #CrossBorderRail-Projekts zu helfen. Innerhalb von vier Tagen war sein Spendenaufruf erfolgreich, die Projektplanung begann. Zusammenstellung der Fahrpläne, Fahrkarten und der Logistik für eine Reise, die insgesamt mehr als 30.000 km, mehr als 180 Züge und 40 Reisetage umfassen sollte. Von Haparanda bis Athen, von Lisboa bis Suwałki, von Valenciennes bis Poprad – keine Grenze, die man mit dem Zug überqueren kann, blieb unerforscht. „Der Bedarf und die Notwendigkeit liegen auf der Hand – wenn wir in Europa unsere Verkehrssysteme dekarbonisieren wollen, müssen wir mehr Menschen von Flugzeugen und Autos auf die Bahn umsteigen lassen. Aber Eisenbahnsysteme innerhalb der einzelnen Länder funktionieren immer besser, als wenn man eine Grenze von einem Land zum anderen überqueren muss. Deshalb ist es wichtig, dieses Projekt zu verbessern.“ Die Binnengrenzen der EU sind eigentlich abgeschafft, zumindest die meisten. Aber, wer über eine Grenze mit der Bahn fahren will, der bemerkt die Existenz der alten Grenzen oft noch, denn man stößt oft genug auf ein Hindernis. Unser Gast Jon Worth hat alle Binnengrenzen der EU mit der Bahn (oder dem Rad) überquert und herausgefunden: Oft müsste nur wenig gemacht werden, damit sich das Angebot deutlich verbessert. Denn: Wir wollen in Deutschland die Fahrgastzahlen verdoppeln, Züge statt Flieger nehmen. Aber wie ist das Bahnsystem in Europa darauf vorbereitet? Jon hat sich dieser Frage gestellt und ALLE internen Grenzen in Europa mit den Bahnen bereist – auch wenn er dabei nicht immer in einer Bahn saß oder sitzen konnte. Doch davon mehr im Podcast. Jon hat auf seiner Reise vor allem auf diese Aspekte geachtet: Multimodalität bzw. Übergänge zwischen Zuganbieter:innen Information Barrierefreiheit Digitalisierung Fahrplan und Taktung “Die gute Nachricht ist, dass die Schieneninfrastruktur in vielen Teilen Europas bereits sehr gut ist, so dass die Ausweitung des internationalen Personenverkehrs weder kompliziert noch teuer ist. Vielerorts geht es nur darum, mehr Züge auf bestehenden Strecken fahren zu lassen, die Fahrpläne zu überarbeiten und Datenprobleme zu beheben – vieles kann getan werden, ohne neue Gleise zu bauen”, so Jon. Hier geht es zu seinem „Maßnahmenfazit“. Seine Statistik? Border Crossings95Bike legs34Scheduled buses5Rail replacement buses7Ferry3Night train4Train186Rail replacement Tesla1Taxi1 Rail km30171Bike km956Bus, ferry, taxi, Tesla km1562 Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)
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Sep 11, 2022 • 37min

Boris von Heesen: Was kosten uns die Folgen männlicher Automobilität - und wie kommen wir raus aus der toxischen Männlichkeit?

Ein paar Fakten zu Beginn:. die von Männern verursachten Kosten bei Unfällen mit Personenschaden sind doppelt so hoch wie die von Frauen 83 % der Menschen, denen der Führerschein weggenommen werden muss, sind männlich Geschwindigkeitsüberschreitungen sind zu 78 % männlich Punkte in Flensburg zu 77 % bei der MPU sind es bis zu 95Interessanterweise war es für Boris von Heesen nicht leicht bis unmöglich, geschlechtsspezifische Daten bei Verkehrsdelikten zu erheben. Vielleicht eine absichtliche Verschleierung, um die massiven Auswirkungen männlicher Verhaltensweisen in der Mobilität zu verschleiern? „Was ich nicht so wirklich verstehe“, sagte Boris in unserem Gespräch, „denn gerade für Versicherungen wäre es ja total sinnvoll, auf Basis dieser Daten entsprechende Tarifsysteme zu erstellen.“ Auch in der Politik zeigt sich ein ähnliches Bild: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hatte 80 Treffen mit der Autoindustrie, aber keines mit den Verbänden der Mobilität. Der ADAC war noch bis Herbst 2021 mit einem komplett männlichen Präsidium versehen und tagte am Nürburgring. Die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), die das Technische Regelwerk für das gesamte Straßen- und Verkehrswesen in Deutschland erstellt, ist zu 87 Prozent von Männern dominiert. Männer fahren 15 Kilometer mehr am Tag Auto als Frauen und haben zu 62 Prozent den Autobesitz inne. Nur 38 Prozent der Pkw in Deutschland sind auf Frauen zugelassen. Spannend fand ich auch die Hinweise von Boris aus seiner Recherche, dass mit der heteronormativen Kernfamilie (Mama, Papa, Kinder) erst der Privatbesitz Bedeutung erhielt und damit auch Faktoren wie Vereinsamung, Abwehr gegen „andere“ und letztlich auch die fossile Umweltzerstörungsspirale zu wirken begannen. Nun aber zu Boris: Er wird von manchen auch als „Zahlenfeminist“ beschrieben, was ich total klasse finde, weil es betont, wie sehr seine Forderung nach Abschaffung des Partriarchats und der daraus resultierenden toxischen Männlichkeit auf Fakten beruht. Was kostet eigentlich toxisch männliches Verhalten? Boris hat es in seinem Buch „Was Männer kosten“ ausgerechnet: 63 Milliarden Euro gibt Deutschland im Jahr mehr für Männer als für Frauen aus. Seine Methode? Mit der einzigen Sprache des Patriarchats, dem Geld, die Folgen toxisch-männlichem Verhalten für Männer und Frauen aufzeigen – die wir alle zahlen. Boris von Heesen hat dafür unzählige Statistiken in seinem Buch zusammengetragen. Für nicht-binäre Menschen gibt es übrigens leider kaum aussagekräftige Daten, weil diese überhaupt erst seit 2018 erhoben werden. Die Kosten für Frauen sind dabei bereits abgezogen – dass das klar ist: es geht darum, was Männer MEHR kosten. 3,23 Milliarden Euro der Kosten des Justizvollzugs fällt zum Beispiel auf Männer, 94 Prozent der Häftlinge in Deutschland sind männlich. Dazu kommen Kosten für häusliche Gewalt, Polizei und Frauenhäuser, und Suchtverhalten. Allein das sind 49,7 Milliarden Euro pro Jahr – entsprechend dem BIP von Serbien. Boris ist dabei auch sehr daran gelegen, aus diesem toxischen Patriarchat zu befreien, Wege aufzuzeigen. Das macht er in seiner täglichen Arbeit, aber auch in seinem Buch. Beginnen bei fachlich kompetenter und zugewandter Beratung für Männer und – wie schon erwähnt, besserer statistischer Grundlage zum Beispiel bei der Zusammenwirkung von Geschlecht und Verkehrstoten. Männer sollten sich aus schädlcihen gesellschaftlichen Zwängen lösen und ihre männlichen Privilegien teilen – es winke: “Ein längeres Leben, bessere Beziehungen zu den Kindern, richtige intensive Freundschaften und eine Entmystifizierung des Berufslebens, das ja für viele Männer das absolut wichtigste ist.” Hier findet ihr Boris´ Buch https://www.penguinrandomhouse.de/Autor/Boris-von-Heesen/p733739.rhd Hier findet ihr mich: Kleiner Hinweis in eigener Sache: Mein Buch ist für den Umweltmedienpreis der Deutschen Umwelthilfe nominiert. Hier könnt ihr abstimmen: https://www.duh.de/publikumspreis/ https://katja-diehl.de/https://www.fischerverlage.de/buch/katja-diehl-autokorrektur-mobilitaet-fuer-eine-lebenswerte-welt-9783103971422Wöchentlicher Newsletter überhttps://steadyhq.com/de/shedrivesmobility/abouthttps://www.linkedin.com/in/katjadiehl/https://twitter.com/-Katja_Diehl_ Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)

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