she drives mobility

Katja Diehl
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Apr 9, 2023 • 2h 19min

Demokratie im Klimanotfall - Ronen Steinke über Präventivhaft, die Letzte Generation und Klimaklagen.

Einmal im Quartal nehme ich mir Zeit, mit einem Gast vertiefend einen Rückblick und Ausblick aus einer Brille zu nehmen, die nicht die meine ist. In der ersten Folge sprach ich mit Carlo Masala, der ebenso wie der heutige Gast Ronen Steinke eher wenig mit der Mobilitätswende zu tun hat. Ich freue mich sehr, dass es gerade Ronen ist, mit dem ich zu diesem Zeitpunkt ein langes Gespräch führen konnte. Ronen ist Jurist, Autor und Journalist. Sein erstes Buch Fritz Bauer. Oder: Auschwitz vor Gericht wurde zur Grundlage für den preisgekrönten Kinofilm „Der Staat gegen Fritz Bauer“. Sein zweites Buch schrieb Ronen, selbst jüdischen Glaubens, nach dem Anschlag in Halle „Terror gegen Juden: Wie antisemitische Gewalt erstarkt und der Staat versagt. Eine Anklage.“ Seit 2017 schreibt er als innenpolitischer Korrespondent der Süddeutschen Zeitung von Berlin aus vor allem über Rechtspolitik, Sicherheitsbehörden und Extremismus. Sein aktuelles Buch über die soziale Schieflage zwischen Armen und Reichen vor der Strafjustiz war direkt ein Einstieg in unser Gespräch. Und ein erster roter Faden für unseren Austausch, denn der Titel Vor dem Gesetz sind nicht alle gleich tangiert sowohl Menschen, die wegen Fahren ohne Fahrschein ins Gefängnis gehen als auch die neuen Versammlungsgesetze in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen, die vor allem genutzt werden, um gegen Klimaaktivist:innen – und nur diese – rigide vorzugehen. Mir macht diese Entwicklung Sorge. Und diese Sorge teilt Ronen, er geht aber auch davon aus, dass sie gerichtlich hinterfragt werden. Es ist schon erstaunlich, wie sehr sich mein Blick auf das Bundesverfassungsgericht lenkt, das durch sein Urteil eine enorm deutliche Grundlage für alle unsere Handlungen gelegt hat – scheinbar jedoch ohne Widerhall in der aktuellen Bundespolitik. Im Gegenteil: Gerade hat die Koalition beschlossen, Sektorziele aufzugeben und Robert Habeck lässt sich zitieren mit: „Die verabredeten Maßnahmen reichen in der Summe nicht, um die Lücke zu füllen. Ein Ergebnis des Koalitionsausschusses ist, dass in dieser Regierung im Verkehrsbereich nicht mehr möglich sein wird.“ Es ist demnach an uns, diese Regierung an ihre Verpflichtungen zu erinnern. Und kleiner Reminder: Die Pariser Klimaziele waren ein KOMPROMISS, sind also bei weitem nicht ausreichend. Zusammen mit Ronen analysiere ich auch die Rolle der Medien in Zeiten des Klimanotfalls. Die Kommunikation von der Letzten Generation findet er hochprofessionell. Immer freundlich, immer friedlich, immer defensiv mit choreographierten Botschaften. Dennoch macht er sich über die eskalierende Gewalt gegenüber den Protestierenden Gedanken. Immer öfter kommt es vor, dass vor allem Männer direkt aus ihren Pkw aussteigen, die Blockierenden von der Straße zerren oder sogar mit schweren Arbeitsschuhen in den Bauch treten. Ronen findet es kritisch, dass hier Jurist:innen und Medien die Einschätzung platzieren, dass diese Art des Umgangs rechtlich legitimiert ist. Denn das ist sie seiner Einschätzung deutlich nicht. Ronen reagiert recht erstaunt, wie deutlich sich unsere Bundesregierung in Sachen Verkehrssektor von Recht und Gesetz verabschiedet hat – und natürlich teile ich diesen Schock, weil es nunmal das Kerngebiet meiner Arbeit ist. Es wird nicht einfacher werden. Deswegen habe ich auch in der letzten Woche begonnen, mich als Crowdfunding-Projekt zu betrachten. Ich bin damit ganz schön raus aus meiner Komfortzone von „ich schaffe alles alleine“. Denn das ist ja das, was uns in dieser Gesellschaft vermittelt wird. Aber – falls ihr die letzte Folge mit Sven Hillenkamp gehört habt – ich habe mich erneut justieren und aufstellen müssen. Und das eben auch getan. So könnt ihr meine Arbeit supporten! #SheDrivesMobility goes Crowdfunding! Abo meines wöchentlichen Newsletters: https://steadyhq.com/de/shedrivesmobility Einzelbeträge per: https://paypal.me/SheDrivesMobility https://ko-fi.com/katjadiehl Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)
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Mar 26, 2023 • 2h 34min

Der Preis des Engagements. Strategien zum Umgang mit Twitter-Attacken, rechter Bedrohung und Unmut aus den eigenen Reihen.

[UPDATE 2025] Diese Folge nahm ich vor zweieinhalb Jahren auf – in einer Phase, die mich bis heute geprägt hat. Damals löschte ich meinen Twitter-Account nach massiven Angriffen aus dem linken Spektrum. Heute, Ende 2025, hat sich die Situation nicht verbessert, sondern verschärft, das zeigen vor allem auf Bluesky grad aktuelle Angriffe auf meine Person. WÄHREND ich inmitten eines rechten Shitstorms durch NIUS bin. Warum ich diese Folge erneut teile: Weil das Muster sich wiederholt. Weil der „Kampf um Zugehörigkeit zu links“ – den ich mir damals aufschwatzen ließ – bis heute Menschen zermürbt. Weil wir dringend darüber sprechen müssen, wie links oft links bekämpft, während rechts sich solidarisiert und strukturiert vorgeht. In diesem Gespräch mit Sven wird es sehr persönlich. Ich erzähle von schlaflosen Nächten, davon, wie ich krank wurde, nicht arbeiten konnte. Wie ich nach einem „Wir“ suchte, das es so nicht gab. Sven hat unser Gespräch so strukturiert: Die Ereignisse: Wie kam es zur Löschung meines Twitter-Accounts? Mein Umgang mit Angriffen von rechts – und von links Der „Abschied von der Gruppe“: Kann man sich engagieren und gleichzeitig gesunde Distanz halten? Krisenpsychologie: Wie bewältigt man emotionale Krisen durch digitale Attacken? Was ich heute anders sehe: Nie habe ich behauptet, „radikal links“ zu sein – aber ich habe mich jahrelang erklärt, wenn mir vorgeworfen wurde, „zu wenig links“ zu sein. Absurd im Rückblick. Ich hatte mich der Illusion hingegeben, dass Nähe und Solidarität auf Gegenseitigkeit beruhen. Taten sie nicht. Das ist okay – denn heute sehe ich klarer und bin fokussierter. Diese Folge hat mir damals geholfen, meine Geschichte zu erzählen. Vielleicht hilft sie euch zu verstehen, was passiert, wenn Aktivist*innen systematisch angegriffen werden. Oder sie gibt euch Werkzeuge, wie ihr reagieren könnt, wenn ihr solche Attacken beobachtet. Wenn ihr der Meinung seid, dass meine Arbeit euch etwas wert ist, dann schaut gern hier vorbei. Stay strong! Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)
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Mar 12, 2023 • 40min

Famous last words zum Unsynn von efuels im Tank von Neuwagen.

Ich hoffe sehr, dass ich durchhalte, was ich mit dieser She Drives Mobility Folge vorhabe: Nach dem GO LIVE der Episode NICHTS MEHR zu efuels im Tank von Neuwagen zu sagen. Ihr werdet es vielleicht bemerkt haben, wie sehr mich das Thema aktuell triggert. Beginnend bei meinem ersten Live-Talkshow-Auftritt bei Anne Will Anfang Februar hat sich seitdem mein Kopfschütteln nicht minimiert, sondern mein Schleudertrauma eher maximiert. Jüngster „Peak FDP“: Das europaweit bereits beschlossene Verbrennerverbot, das 2035 kommen soll, nochmal zu stoppen. Aber ich schweife ab. Ich habe mir für die letzten Worte zur Antriebswende eine echte Expertin zum Thema elektrische Automobilität eingeladen: Alina Ampere. Ihr kennt sie vielleicht von TikTok oder YouTube, eigentlich heißt sie Alina Baumann, sie wohnt im Schwarzwald durchaus ländlich und fährt trotzdem Elektroauto, das auch noch mit eigens produziertem Strom vom Dach! Und damit sind wir doch schon mittendrin in den Vorurteilen, die Alina versiert zu kontern weiß. Vielmehr noch: Sie ist sich bewusst, dass es vor allem ihre „Petrolhead-Hater“ sind, die den Algorithmus zum Glühen bringen und ihr damit eine Reichweite verschaffen, die sie so schnell gar nicht hätte aufbauen können. In ihren Beiträgen zeigt Alina komplett praxisnah, wie einfach es ist, Ladepausen in den Alltag zu integrieren. Und sie hat auch eine deutliche Meinung zu efuels. Diese gehören nicht in den Tank von neuen Pkw, da sie viel zu ineffizient wirken und zudem einen hochenergetischen Herstellungsprozess haben. Warum also nicht gleich vollelektrisch? Die Reichweiten sind für die normalen Alltagswege ausreichend, das Einzige, was sie ärgert, ist, dass deutsche Hersteller es noch an klassischen Familienautos fehlen lassen. Es ist also für Alina kein Reichweiten-, sondern eher ein Angebotsproblem auf Seiten der Autoindustrie. Ähnlich wie manche clevere Kleinwagen vollelektrisch vermissen und zunehmend auf asiatische Modelle umstellen, wartet auch Alina noch „auf den Richtigen“, der für sie und ihren Mann zum Familienauto werden kann. Dabei erzählt sie mit einem Augenzwinkern, dass der familiäre Einstieg in die Elektromobilität recht klassisch verlief: Neben dem Verbrenner des Mannes wurde auch „was kleines Elektrisches“ für die Frau angeschafft, weil Alina eben elektrisch ausprobieren wollte. In der Zwischenzeit fährt auch der Herr des Hauses zumindest teilelektrisch. Diese Folge soll euch helfen, die Hemmnisse gegenüber vollelektrischen Pkw-Antrieben abzubauen und vor allem die im Moment unfassbar massiv verbreiteten Fake News zu efuels einsortieren zu können. Wir streifen aber auch Wasserstoff und andere Ideen rund um den Autotank. Empfehlung: Alina ist Teil des Netzwerkes electrified women, was es sich ebenfalls sehr praxisnah zur Aufgabe gemacht hat, Frauen an die Elektromobilität im Auto heranzuführen, ohne „dumme Fragen“ oder „Mansplaining“ – gute Sache! Wenn euch meine Hinweise zu efuels interessieren, findet ihr sie unter www.katja-diehl.de in der Volltextsuche und vor allem in den jüngsten „Debunking“-Beiträgen. Abonniert auch gern meinen wöchentlichen Newsletter bei steady, um genau solche Faktenchecks nicht mehr zu verpassen. Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)
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Feb 26, 2023 • 1h 13min

What the f*ck? Warum ist Barrierefreiheit nicht Grundrecht, sondern in der Mobilität nice to have? Drei Menschen erzählen.

Ein erkenntnisreicher, z. T. berechtigt wütender Talk mit Katrin Langensiepen und Kay Macquarrie, die engagiert für selbstbestimmte, weil barrierefreie öffentliche Mobilität kämpfen, und mit Markus, der durch seine Behinderung auf ein Auto angewiesen ist. „Schuld“ an dieser Folge von She Drives Mobility ist Markus, der sich per Mail gemeldet hat, weil er nirgendwo mit seinem Anliegen Gehör fand, dass er Angst hat, durch die Autobefreiung von Städten weniger Mobilität zu haben. Wir haben telefoniert und uns ausgetauscht. Denn ich finde sein Anliegen wichtig! Aber es birgt die Gefahr, dass statusquoliebende Kräfte es ähnlich wie die Krankenpflegerin, die zur Arbeit kommen muss, und der ländliche Raum, der vom Auto abhängig bleiben soll, als Ausrede nutzen, gar nichts zu tun. Denn Markus – das wird er euch in der Folge noch genauer erklären – hat eine Erkrankung, aufgrund derer er nicht mehr als 50 Meter laufen kann. Er ist auf das Auto angewiesen und hat berechtigtes Interesse daran, dass es weiterhin Parkplätze vor z. B. Arztpraxen für ihn gibt. Denn irritierenderweise hat er bisher noch keinen Parkausweis für Behinderte erhalten, weil diese ziemlich kompliziert in der Bewertung von Berechtigungen sind. Deswegen ist seine Sprachspur auch etwas verzerrt, er schaltete sich per Telefon dazu, weil er liegen muss. Und damit kommen wir auch schon direkt hinein ins Thema: Nicht alle Behinderungen sind sichtbar, nicht alle wollen ihre Bedürfnisse an Mobilität immer „outen“ müssen. Der Wunsch, einfach selbstbestimmt unterwegs zu sein, ist damit viel zu vielen nicht erfüllt. Gerade auch, wenn sie öffentlich mobil sein wollen. Zweiter Gast in der Folge ist Katrin Langensiepen. Seit 2019 vertritt sie Niedersachsen und Bremen im Europaparlament als Sozialpolitische Sprecherin für Greens/EFA und eine der wenigen Europaabgeordneten mit sichtbarer Behinderung. Die Europäische Kommission hat eine EU-Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen für die Zeit von 2021 bis 2030. Besonders interessant ist hier das Vorhaben, bis 2023 einen EU-Behindertenausweis auf den Weg zu bringen, der in allen EU-Mitgliedstaaten gelten soll. Unfassbar, dass es diesen noch nicht gibt, denn so gelten für behinderte EU-Bürger:innen verschiedene Rechte und Teilhabemöglichkeiten. Katrin sagt: „Barrierefreiheit ist die Basis für Teilhabe.“ Und spricht hier auch über das neue EU-Zentrum für Barrierefreiheit, das diese Missstände umfänglich aufarbeiten soll. Was auch viel darüber aussagt, dass die „eigentlich“ gesetzlich europaweit verbindliche Barrierefreiheit ein Papiertiger und nicht einklagbar ist. Und damit kommen wir zum dritten Gesprächspartner: Kay Macquarrie. Er ist seit 20 Jahren mit dem Rollstuhl unterwegs und steigt direkt ein: Warum wird 2023 noch Zugmaterial gekauft, das erneut Stufen hat? Er hat das Gefühl, dass das umfängliche System, das geschaffen wurde, um Rollstuhlfahrenden das Reisen zu ermöglichen, künstlich am Leben gehalten wird, anstatt mehr Barrierefreiheit zu wagen. Defekte Aufzüge, Hublifte fehlen, kein Personal für die Lifte, obwohl es zugesagt wurde, kaputte Toiletten, die eine Mitfahrt für Rollstuhlfahrende unmöglich machen – im Rollstuhl unterwegs zu sein, bedeutet in Deutschland vor allem, von den Systemen öffentlicher Mobilität behindert und eingeschränkt zu werden. Pro Fernzug gibt es normalerweise nur einen Waggon mit barrierefreier Toilette, wenn diese kaputt ist, ist Mitfahrt untersagt, und genau zwei Plätze für Roll­stuhl­fah­re­r:in­nen. Und ihr alle wisst, wie lang so ein ICE ist. Kay muss zudem seine Fahrt am besten zwei Tage vorher anmelden. Spontanes Reisen ist für ihn damit unmöglich, weil das System ihn seit Jahrzehnten nicht mitdenkt. Zudem: Die Bahn kann eine Beförderung im gewünschten Zug auch ablehnen. Hört euch bitte diese Folge an und „schlaut euch auf“, wie sehr die gesunde Gesellschaft die Behinderten behindert. Und denkt immer mit: Das Auto ist hier nicht die Lösung, weil sich das nicht alle leisten können und wollen. Barrierefreiheit „global“ – also nicht nur in Bezug auf Rollstuhl – kommt zudem allen zugute, spätestens dann, wenn wir alt, hochschwanger, mit Kinderwagen oder viel Gepäck unterwegs sind. The future is accessible – because the present is not. Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)
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Feb 19, 2023 • 39min

Dr. Arne Beck: Warum sollte es zu unserer Haltung gehören, weniger Auto und mehr Mobilität zu wagen?

Diese Folge entstand in Zusammenarbeit mit der NAH.SH GmbH – sprechen Sie mich an, wenn auch Ihr Produkt zu She Drives Mobility passt! Die NAH.SH hat eine der mutigen Öffentlichkeitskampagnen – was vielleicht auch nicht schwierig ist, da Verkehrsunternehmen oftmals sehr devot mit ihrer fantastischen Dienstleistung umgehen, die das Land am Laufen hält und die über Jahrzehnte politisch gewollt marodiert wurde. Dr. Arne Beck und sein Team bringen hier auf für mich sehr erfrischende Weise das notwendige pragmatische Selbstbewusstsein mit, die Lösung für mobile Unabhängigkeit UND Klimafolgen zu sein. Zitat: „Der größte Vorteil des ÖPNV ist seine Wirksamkeit gegen den Klimawandel. Gezielte ÖPNV-Nutzung ist eine Zukunftskompetenz und eine Haltung all derer, die wissen, wie wichtig ein gutes Nahverkehrsangebot und eine hohe Nahverkehrsnutzung sind.“ Und ja: Haltung muss sich geleistet werden. Ich selbst habe bei meiner Zeit in der Nordwestbahn miterlebt, wie einst großartige Budgets sich zu Ausschreibungen veränderten, die stets die billigste Anbieterin gewann. Da bekommt eine Region den Verkehr, den sie „verdient“ – bzw. die Fahrgäste werden bestraft für politischen Unwillen, öffentliche Verkehre attraktiv zu gestalten. Im Gegensatz zu Lippenbekenntnissen haben Dr. Beck und sein Team die Haltungskampagne intern wie extern mit Leben gefüllt. Durchaus kritisch und deutlich an die Bundespolitik adressierend sieht Dr. Beck das Deutschlandticket. Ähnlich wie ich ist er begeistert über die „grenzenlose“ regionale Mobilität, die dieses Ticket ermöglicht. Gleichzeitig sieht er jedoch die Gefahr der Unterfinanzierung, die dafür Sorgen tragen kann, dass Verkehre eingespart werden müssen. Was hieße, dass z. B. Busse früher am Abend die letzte Fahrt absolvieren. Ebenfalls gut am neuen Ticket: Jene, die schon gut unterwegs sind, erhalten erstmalig monetäre Belohnung und werden bestärkt, weiterhin mit öffentlichen Verkehrsmitteln mobil zu bleiben. Denn – seien wir ehrlich – in zu vielen Regionen von Deutschland ist der Nahverkehr so zusammengespart worden, dass er keine Alternative zum Auto darstellt oder aber die Qualität des Angebots so sinkt, dass Menschen sogar darüber nachdenken, wieder ins Auto zu steigen. Was fatal ist! Denn im Koalitionsvertrag steht bis 2030 die Verdopplung von Fahrgastzahlen als Ziel. Nicht gut sind fehlende Sozialtickets, denn gerade Menschen mit wenig Geld sind oft angewiesen auf den Nahverkehr. Gerade auch im ländlichen Raum gibt es daher fast affektartig die Reaktion, dass es ohne eigenes Auto nicht geht. Das stimmt oft, aber eben nicht immer. So sind 50 % der Autofahrten im Ländlichen unter fünf Kilometern, zehn Prozent sogar unter einem Kilometer. In die Debatte gehört eben HALTUNG, um ehrlich zu beleuchten: Muss ich wirklich jeden Weg mit dem Auto machen und was könnte mir helfen, es öfter stehen zu lassen? Denn ohne dass das gefordert wird, tritt es nunmal auch nicht ein. Mir persönlich ist hier die regionale Verankerung von Angeboten sehr wichtig. Ich will meine mobile Wertschöpfung vor Ort belassen und nicht mit Konzernen wie Google oder Uber abbilden. Denn diese arbeiten gewinnorientiert, was automatisch bedeutet: Die Masse wird bedient, weil diese am meisten Einnahmen garantiert. Es geht aber um Daseinsvorsorge. Und diese schafft Dr. Beck mit seinem Team. Hier ein paar Beispiele: Akku statt Diesel: In weiten Teilen Schleswig-Holsteins sollen die Züge künftig nachhaltiger und umweltschonender unterwegs sein als bisher. In zwei großen, noch nicht elektrifizierten Bahnnetzen sollen Dieselzüge in den nächsten vier Jahren Zügen mit alternativen Antrieben weichen. Dafür haben das Land Schleswig-Holstein und der Nahverkehrsverbund für Schleswig-Holstein (NAH.SH) im August 2016 ein besonderes Vergabeverfahren gestartet, das sogenannte „XMU“-Verfahren. Beratung zur Planung und Bau Bike and Ride Stationen. Ausbau der Bahnverbindung Kiel – Lübeck. Reaktivierung der Bahnstrecke Wrist – Kellinghusen Smartes Dorfshuttle on demand. Bürger:innenbusse im ländlichen Raum. Zum Hintergrund: Eigenbeschreibung der NAH.SH GmbH Die Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein GmbH (NAH.SH GmbH) mit Sitz in Kiel bietet den Fahrgästen im echten Norden Nahverkehr aus einer Hand: Im Auftrag des Landes Schleswig-Holstein organisiert sie als Aufgabenträger den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und verknüpft ihn mit dem Busverkehr. Im Verkehrsverbund wirken Kreise, kreisfreie Städte und das Land Schleswig-Holstein gemeinsam, um einen modernen und wirtschaftlichen Nahverkehr auf Schiene und Straße zu entwickeln. Die Bahn- und Busunternehmen sind Partner des Verbundes. Die Aufgabenbereiche der NAH.SH GmbH Gut 80 Mitarbeiter*innen arbeiten bei der NAH.SH GmbH in den Bereichen Angebot, Betrieb, Fahrgastmarkt und Verbundsteuerung. Ihre Aufgabe ist es, das Nahverkehrsangebot zu planen und zu optimieren: Sie ermitteln die Auslastung und den künftigen Bedarf im SPNV-Netz. Sie bereiten die Bestellung des SPNV durch Ausschreibungen vor und schließen für das Land Verträge mit den Verkehrsunternehmen und Fahrzeugbereitstellern. Im Busbereich betreut die NAH.SH GmbH weitere Ausschreibungen an der Seite der Kreise und kreisfreien Städte.  Die NAH.SH-Mitarbeiter*innen entwickeln und aktualisieren zudem Fahrpläne, prüfen Infrastruktur und Stationen, treiben ihre Modernisierung sowie den Ausbau voran und setzen moderne Bike+Ride-Konzepte um. Im Bereich der alternativen Mobilität kümmert sich die NAH.SH GmbH außerdem um die Umsetzung von bedarfsgesteuerten Verkehren (On-Demand-Angeboten), um moderne Mobilitätsstationen und Angebote für die erste und letzte Meile. Des Weiteren bewirtschaftet die NAH.SH sämtliche Finanzmittel, die das Land Schleswig-Holstein für den Nahverkehr einsetzt. Das Team Verbundfinanzierung sichert den regelkonformen Einsatz der öffentlichen Gelder. Die NAH.SH GmbH steuert zudem die einheitliche Kommunikation für den Nahverkehr in Schleswig-Holstein. Dazu zählen auch kund*innenfreundliche Serviceleistungen, digitale Angebote und ein einheitliches Tarifsystem für das ganze Land. Das Ziel der NAH.SH ist es, mit einem attraktiven Angebot mehr Fahrgäste für den öffentlichen Nahverkehr in Schleswig-Holstein zu gewinnen. Mit Erfolg: Seit 1995 ist die Nachfrage landesweit um rund 70 Prozent gestiegen. Gründungsjahr:1995 als Landesweite Verkehrsservicegesellschaft mbH2014 umfirmiert in Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein GmbH Unternehmensbereich ANGEBOT Im Bereich Angebot findet die Verkehrsplanung statt. Das bedeutet, den Nahverkehr zu planen und natürlich immer besser zu machen. Die Mitarbeiter*innen in kümmern sich in zwei Teams um Strecken und Stationen, aber auch um Fahrpläne und Fahrzeuge für Bahn und Bus. Das Thema Barrierefreiheit ist uns dabei besonders wichtig, weil alle Menschen einen einfachen Zugang zum Nahverkehr benötigen. Vor allem die Ideen und Projekte aus dem Bereich Angebot sind es, die alle fünf Jahre den Kern des landesweiten Nahverkehrsplans bilden. Unter den Planer*innen finden sich viele Ingenieur*innen und Geograf*innen, aber auch ganz andere Qualifikationen können hilfreich sein, den Nahverkehr im Land immer besser zu machen. Was für alle hilfreich ist: Geduld und Beharrlichkeit – und natürlich eine große Lust daran, Neues zu schaffen. Unternehmensbereich BETRIEB Die Mitarbeiter*innen in diesem Bereich kümmern sich in drei Teams vor allem darum, dass die Züge fahren. Sie organisieren die Ausschreibungen des Bahnverkehrs, an deren Ende immer feststeht, welches Bahnunternehmen in welchem Bahnnetz in den kommenden Jahren fahren wird. Und wenn der Betrieb dann startet, sorgen die Kolleg*innen dafür, dass die vereinbarten Verträge auch eingehalten werden. Im Busverkehr sind die Kolleg*innen ebenfalls aktiv – immer, wenn die NAH.SH-Gesellschafter Unterstützung brauchen. Die Qualifikationen der Mitarbeiter*innen sind auch hier unterschiedlich, es helfen aber betriebswirtschaftliches Verständnis, juristisches Interesse, Verhandlungsgeschick und vor allem ein guter Blick dafür, was die Fahrgäste täglich erwarten. Unternehmensbereich FAHRGASTMARKT Das Team Tarif, Vertrieb und Fahrgastinfo organisiert, welche Fahrpreise gelten und wie die Fahrgäste an ihre Fahrkarten kommen. Auch die Fahrplanauskunft hat in diesem Bereich Ihr Zuhause. Außerdem werden neue Tarifprodukte entwickelt, um noch mehr Menschen von der Nutzung des Nahverkehrs zu überzeugen. Das alles gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen und der der NSH Nahverkehr Schleswig-Holstein GmbH. Bunte Bilder und schöne Worte sind überall das Kerngeschäft der Kommunikation. Das gelingt bei NAH.SH manchmal preiswürdig gut – zuletzt gewann NAH.SH einen German Brand Award. Aufgabe des Bereichs ist die Kundenkommunikation – über Werbung und PR und Social Media, aber auch im direkten Kund*innenkontakt. Um den kümmert sich der NAH.SH-Kundendialog. Die Mitarbeiter*innen dieses Bereichs haben unterschiedlichste Hintergründe, von Agenturerfahrungen bis zum Marketingstudium, von Erfahrungen in Beraterfirmen bis zum betriebswirtschaftlichen Studium. Was alle eint, ist der Spaß am Kommunizieren. Unternehmensbereich VERBUNDSTEUERUNG Hier kümmern sich Mitarbeiter*innen um die Organisation des Verkehrsverbundes und um die Finanzierung des Nahverkehrs, aber auch um das Funktionieren der NAH.SH GmbH. So sind z. B. auch unser mobiliteam und das Team rund um On-Demand-Verkehre hier Zuhause. Zahlen spielen eine große Rolle in diesem Bereich, deswegen gibt es hier viel betriebswirtschaftliches Know-how. Aber auch andere Qualifikationen sind nötig, um den Verbund zu steuern und die Finanzen nicht nur zu sichern, sondern auch zukunftsfähig zu organisieren. Im Team Verbundentwicklung brauchen wir ebenso überzeugende Berater*innen und Projektmanager*innen. Der große Anteil digitaler Projekte verlangt außerdem eine große Offenheit und die Bereitschaft, sich immer wieder auf Neues einzulassen. Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)
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Feb 12, 2023 • 37min

Mietwagen per App - Virtuo will Städter:innen vom eigenen Auto befreien.

Diese Folge entstand als „Corporate Episode“ zusammen mit Virtuo. Solltet ihr der Meinung sein, dass auch euer Produkt ein Teil von #Autokorrektur ist, sprecht mich gern an! Das Spannende vorweg: Der Gründer von Virtuo ist Sohn eines Autohändlers und auch viele der Mitarbeitenden haben die Autobranche verlassen, um vom Besitzen zum Nutzen zu kommen. Ebenfalls spannend: Virtuo hat sich vorgenommen, bis 2030 global vollelektrisch zu fahren – und sieht sich aktuell vor allem bei der Deutschland-Expansion großen Schwierigkeiten auf diesem Weg ausgesetzt. Ich habe mit Ricardo Colon, General Manager Deutschland, auch über diesen Punkt gesprochen. „Wir sind da ergebnisoffen. Für uns zählt natürlich unser eigene Vision – und wenn wir die nicht mit deutschen Herstellern werden erfüllen können, wird das eben mit anderen geschehen.“ Virtuo möchte noch in diesem Jahr einen EV-Anteil von 25% (in Deutschland), 50% bis 2025 (global) sowie 100% bis 2030 (global) erreichen Mit welcher Mission ist nun Virtuo 2016 in Frankreich gegründet worden? Virtuo will das eigene Auto für Stadtbewohner:innen überflüssig machen und betrachtet sich dabei als volldigitale Autovermietung. In Deutschland bieten sie ihren Service in Berlin, Hamburg, Frankfurt und München an. Die Mietwagen können per App bestellt, abgeholt oder an die Haustür geliefert werden. Was ich sofort gefragt habe: Lagert ihr eure Autos auch im öffentlichen Raum, so wie es zuviele Mietwagenverleiher:innen machen? Hier kam ein klares Nein. Die Autos befinden sich stets in Parkhäusern auf gemieteten Plätzen und machen somit Raum frei in der Stadt. Bezogen auf Hamburg sind das Hauptbahnhof, Jungfernstieg und Altona und damit leicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Ebenfalls bezogen auf Hamburg: Wir haben 2021 805 780 Pkw verzeichnet, davon 7 035 elektrisch. Bei einer Bevölkerung von jung bis alt von 1 853 935. Dabei besitzen 43 Prozent der Hamburger Haushalte kein Auto. Die meisten Wege legen wir zu Fuß (27 %) zurück, dann mit dem Auto als Fahrer:in (26 %) oder Beifahrer:in (10 %), 22 % macht der Nahverkehr aus und 15 % das Rad. All diese Zahlen stammen aus der Studie Mobilität in Deutschland, Bezugsjahr 2017. Was unterscheidet Virtuo vom klassischen Mietwagengeschäft?Die Autos können über die App oder Website rund um die Uhr gebucht werden. Der Nutzen ist damit mit jenem vergleichbar, den ein eigenes Auto bieten würde. „Wir wissen, dass der Mietwagenmarkt in deutschen Großstädten kompetitiv und herausfordernd ist. Ein vergleichbares Geschäftsmodell gibt es bisher nicht, da klassische Mietwagenanbiete in den letzten Jahren wenig Fokus auf die Digitalisierung ihres Geschäfts gelegt haben“, so Karim Kaddoura, CEO und Mitgründer von Virtuo. Das hält nicht mit dem Erleben Schritt, dass Kund:innen in anderen Dienstleistungssegmenten haben: Dem jetzt bestehende Bedürfnis nach Mobilität sofort nachgehen zu können. Ein Vorteil, der bisher nur dem eigenen Pkw zugerechnet wird, der vor der Haustür steht und zwar kaum in der Stadt genutzt wird, aber das gute Gefühl vermittelt, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Wie funktioniert das?Mit Virtuo können die Autos über die App oder die Website www.govirtuo.com gebucht werden. Sie stehen direkt nach der Buchung in der gewählten Station zur Abholung bereit. Innerhalb von wenigen Stunden können sie auch zur Wunschadresse im Einzugsgebiet geliefert werden. Die App begleitet Nutzer:innen bei jedem Schritt des Mietvorgangs, ebenso bei der Verwaltung derBuchung, ein Schalterbesuch und Papierkram werden überflüssig.„Virtuo ist vor allem für Städter:innen eine Alternative zum eigenen Auto. Denn unsere Premium-Mietwagen sind für größere Distanzen jederzeit und einfach verfügbar – eine Nachfrage, die in Deutschland bisher nicht nutzerfreundlich bedient wurde. Viele Bewohner:innen von Städten besitzen ein eigenes Auto, trotz geringer Nutzung und hoher Haltungskosten. Aus dieser Situation heraus ist die Idee zu Virtuo entstanden. Mit seinem On-Demand-Service will Virtuo den Stadtbewohner:innen alle Freiheiten des Autos zurückgeben, ohne die Städte und die Umwelt zu belasten. Unsere positive Kundenresonanz und unser bisherigesWachstum bestärkt uns in unserer Überzeugung, dass die digitale Autovermietung ein zentraler Faktor für den Ersatz privaten Autobesitzes ist,“ so Kaddoura weiter. Im Gespräch mit Ricardo habe ich dann auch erfahren, dass die Kund:innen dabei nicht über einen besonders billigen Preis überzeugt werden sollen (dieser ist auf dem normalen Niveau von Mietwagenangeboten), sondern mit der Bequemlichkeit und Zeitersparnis. „Wir wollen dabei nicht nur Privat- sondern auch Geschäftskunden erreichen“, betont er. Denn auch Dienstwagenflotten sind oft hoch ineffizient und von hohen Standzeiten geprägt. Hier direkt für den Bedarf und eben auch sehr spontan zu buchen, verzeichnet Virtuo als Vorteil für sich. Mit dem Start in Deutschland im Mai 2022 ist Virtuo in sechs Ländern (Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und England) und über 25 europäischen Großstädten vertreten, darunter Berlin, München, Paris, London, Manchester, Barcelona und Mailand. Über Virtuo: Karim Kaddoura ist Mitgründer und CEO von Virtuo. Karim und sein Geschäftspartner Thibault Chassagne gründeten 2008 ihr erstes Unternehmen in der Automobilbranche. Nachdem sie das Unternehmen erfolgreich verkauft hatten, widmeten sich Karim und Thibault der Neuerfindung der Autovermietung. Dies entstand aus der Überzeugung heraus, dass unsere Beziehung zum Auto zu einer untragbaren Belastung für unsere Städte geworden ist und dass die Qualität der verfügbaren Autovermietungen nicht mitder Freiheit mithalten kann, die der Besitz eines Autos bietet.2016 gründen Karim und Thibault deshalb Virtuo – ein Anbieter für Autos on demand, der es Nutzer:innen ermöglicht einen Mietwagen unkompliziert vorzubestellen, durch die App zu entsperren und loszufahren, ohne viele Formalitäten. Die Vision des Unternehmens ist es, dass Stadtbewohner:innen kein Auto mehr besitzen müssen, weil sie eines auf Abruf bekommen undeinen Service genießen können, der auf Fahrten außerhalb unserer Städte ausgerichtet ist.Virtuo hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Menschen von der Last der traditionellenAutovermietung und des Autobesitzes zu befreien. Falls ihr nun wissen wollt, wo ihr weitere Infos erhaltet: Hier. Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)
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Jan 29, 2023 • 55min

Maren Urner - wie bleiben wir resilient in multiplen Krisen und warum sind Emotionen die Basis von allem?

Wir steigen ein mit einem Blick auf den Status Quo: „Emotionale Gemengelage in Zeiten multipler Krisen“. Für Maren ist dies eins der größten Probleme unserer Zeit: Immer und immer wieder Emotionen als etwas Negatives zu framen, obwohl wir alle diese besitzen. Weil wir Menschen sind. Emotion ist immer noch weiblich konnotiert – boy´s don´t cry. Dabei sieht Maren uns Menschen als großartige emotionale Wesen, mit einem Gehirn, das uns manchmal das Leben erschwert. Denn ohne Emotionen trifft das Gehirn keine Entscheidungen, doch der Mensch wertet diese Gefühle ab. Ratio ist nie unemotional – sondern das komplette Gegenteil. Wir machen uns gern vor, total abwägend und „kopfgesteuert“ vorzugehen, dabei ist der entscheidende Impuls stets aus dem „Bauch“ heraus. Am liebsten würde Maren uns einen weltweiten Achtsamkeitskurs gönnen – das geht nunmal nicht. Aber beobachtet mal um euch herum: Sind Wahlplakate und Werbung emotionslos – oder versuchen sie (berechtigterweise!) unsere Entscheidungen über unsere Gefühle zu steuern. Um es konkret zu machen, bleiben Maren und ich einfach mal bei mir und meinem Erleben: Von der Abteilungsleiterin zur „She Drives Mobility“. Von einer als erfolgreich gelesenen Frau zu einer, die die Erfolge „aus sich heraus“ und damit für andere vielleicht sogar unlesbar generieren muss. Ich erwähne hier auch die Podcastfolge von Ali, ich durfte grandioserweise der erste Gast in seinem neuen Format sein bzw. hat er mich gefragt, ob unsere Folge zuerst ausgestrahlt werden darf – denn er hat mich geknackt. Zum ersten Mal spreche ich über krass persönliche Dinge, die ich bisher sehr geschützt habe, weil ich Angst habe, dass Dritte mich so verletzen können. Nundenn, Ali hat mich über meinen Schatten springen lassen 🙂 Ich spreche darüber, warum es mir so schwer fiel, ich spreche darüber, warum ich mich schnell verunsichern lasse, eben vielleicht auch WEIL ich mich nicht mehr in einem Organigrammunternehmen und damit mit „ablesbarer Wichtigkeit“ befinde.Maren bringt es mal wieder auf den Punkt: Unwissenheit ist ein Segen. Für vier Tage auf die Malediven fliegen, dass kann nur, wer sehr viel verdrängt. Und wer die alten Geschichten von Erfolg erzählt. Die neue Studie von Oxfam zeigt, dass erstmalig die Zahl an extrem Armen und extrem Reiche steigt. Die Schere wird größer und damit auch der Raum für Konflikte. Da braucht es neue Geschichten von Zugehörigkeit und Erfolg. Anerkennung und Statussymbole müssen sich verändern. Denn die heutige Geschichte von Erfolg ist eine toxische, die andere Menschen, aber auch uns selbst stets schadet. Immer mehr, immer schneller, immer weiter. Dass das vor allem im fossilen Wachstum tötet, sagte uns der Club of rome vor über 50 Jahren. Wir verhalten uns gegen unsere Biologie – wir fühlen uns zugehörig durch „Bullshitjobs“ und materiellen Insignien, aber nicht im Rahmen von echten Gefühlen von Zugehörigkeit, die jede Krise überdauern. Das hält diese Wirtschaftsfantasterei – so nennt Maren das System – geölt und am Laufen. Wir sprechen über Lützerath, über die Utopie, die dieser Ort vor allem auch verdichtet in der Woche für mich, wo ich dort war, darstellte. Was mich sehr berührt bis zornig gemacht hat, war das Unsichtbarmachen von mehreren Hundert Menschen, die in Lützerath eine neue Heimat gefunden hatten, die ihnen gut tat. Ein Leben jenseits von Lohnjobs und Eigenheimen ermöglichte. Dennoch sprach alles vom „leeren Dorf“, weil diese Menschen nicht der Norm entsprachen und von vielen deswegen sogar abgewertet wurden. Maren analysiert mein Beispiel, die Reaktion der Kommentierenden ganz klar als Angst. Denn diese Menschen in Lützerath machen ihre Statussymbole wertlos. Denn Statussymbole funktionieren nur, wenn das Gegenüber durch diese Status liest. Wenn das in Gefahr ist, geht der einzige Halt, das Koordinatensystem dieser Menschen in Frage stellt. Ohne dass sie ein neues haben. Und da tritt Angst in den Vordergrund und das Verteidigen des Status Quo. Wie laden wir nun Menschen ein, sich aus der Angst zu lösen, mit uns zu gestalten, das Richtige und Tolle an der Veränderungen zu sehen? Maren will, dass wir mehr miteinander sprechen. Nachfragen im vertrauten Gespräch, nicht in einer großen Gruppe. Sich Menschen zuwenden. Und damit neue Gruppen zu definieren. https://podcasts.apple.com/us/podcast/83-mobilit%C3%A4tsexpertin-und-spiegel-bestsellerautorin/id1501964904 https://www.ardmediathek.de/video/panorama/das-klima-und-die-reichen-oder-doku/das-erste/Y3JpZDovL25kci5kZS9iMjNlMTMzYS02YzZlLTRmMzEtYTI0ZS1hMmUyOTZkMjI2ZmM Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presad
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Jan 15, 2023 • 1h 20min

Folge 100! Was könnte ich besser tun, als der deutschen Verkehrspolitik eine Note zu geben? Sechs! Setzen!

Ich habe mir für Folge 100 !!!! meines Podcasts eine Expertin eingeladen, die als Journalistin die nicht startende Mobilitätswende schon seit urlanger Zeit begleitet. Andrea Reidl schreibt für Spiegel, Zeit Online, Fairkehr, Veloplan – und verantwortet das Magazin „Busy Streets bei den Riffreportern. Diese sind als Genossenschaft von Journalistïnnen organisiert und dadurch unabhängig von fremden Interessen, werbefrei. Wir sprechen über unseren Blick auf ein Jahr Digital- und Verkehrsministerium der Ampelregierung, über Lösungen, die in überbordender Menge vorhanden, aber politisch und industriell nicht gewollt sind – und über die Wünsche, die wir an die nächsten drei Jahre Verkehrspolitik in Deutschland haben. Natürlich streifen wir dabei auch den so genannten Mobilitätsgipfel, mangelnde Diversität in den Entscheidungsräumen und die Exklusion, die das autozentrierte Denken und Handeln für viele Menschen bedeutet. Andrea statuiert: Autogipfel haben Tradition. Die Altkanzlerin Angela Merkel hatte die Bosse der Autobranche regelmäßig dazu begrüßt. Das Problem ist der Namenswechsel zum „Mobilitätsgipfel“. Er zeigt, was sich bereits in den vergangenen Monaten ankündigte: Die Verkehrswende ist noch nicht in der Bundesregierung angekommen. Weder im Verkehrsministerium, noch im Kanzleramt. Besonders beeindruckt hat mich die Geschichte, die Andrea über eine Frau geschrieben hat, die durch einen Autounfall „die Hälfte ihres Körpers“ verlor. Jedes Jahr verunglücken Hunderttausende Menschen im Straßenverkehr. Mehr als zehntausend werden lebensgefährlich verletzt. Die wenigsten kehren jemals wieder in ihren Beruf zurück. Beate Flanz ist eine von ihnen. In Deutschland verunglückten 2021 laut Statistischem Bundesamt 325.691 Menschen im Jahr im Straßenverkehr – das sind 6.000 mehr als in Münster leben. 2.562 von ihnen starben bei diesen Unfällen, 55.137 wurden schwer verletzt. Wie viele von ihnen so schwer verletzt werden, dass sie nie mehr in ihr altes Leben zurückkehren können, verschweigt die Statistik. Experten gehen von bis zu 12.500 Opfern in jedem Jahr aus. Ihre Zahl wird nicht systematisch erfasst. Warum wohl? Damit autozentriert Agierende nicht in ihrer Ruhe gestört werden, dass Pkw im Vergleich zu anderer Mobilität schlicht die gefährlichste für Dritte ist – die jedoch nicht vor dieser geschützt werden – weil dann Privilegien fallen müssten, die als „Recht“ missgedeutet werden. In Deutschland sinkt die Zahl der Verkehrsopfer seit ein paar Jahren nur noch leicht. Technische Fortschritte in den Fahrzeugen und eine optimierte Notfallversorgung haben zuvor jahrzehntelang die Unfallzahlen reduziert. Von 1970 bis 2008 sank die Zahl der Getöteten um rund 80 Prozent und die der Schwerletzten zwischen 1996 und 2008 um 46 Prozent. Bis die Pandemie das Leben auf den Straßen bremste, stagnierten die Zahlen rund zehn Jahren. Die von mir immer wieder adressierte „Vision Zero“ – also das politische Ziel, dass kein Mensch mehr auf unseren Straßen stirbt, ist somit nicht viel mehr Wert als das Papier, auf dem es irgendwo geschrieben steht. Andrea sagt: Die Umsetzung in Ländern wie Schweden, der Schweiz oder den Niederlanden bereits seit Ende der 1990er-Jahre deutlich konsequenter. Schwedens Strategie ist: Wenn es irgendwo kracht, muss der Verkehrsplaner dafür sorgen, dass dies nie wieder passieren kann. Um Konflikte von vornherein zu vermeiden, werden dort der Rad- und Autoverkehr strikt voneinander getrennt und Kreuzungen durch Kreisel ersetzt. Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)
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Jan 1, 2023 • 3h 2min

Auf drei Rotwein mit Carlo Masala - ein völlig subjektiver Jahresrückblick.

Letzter Podcast in 2022. Wen einladen? Über was reden? Ich habe relativ schnell an Carlo Masala gedacht, weil er so gar nix mit der Verkehrswende zu tun hat, aber a. ein Mensch ist, mit dem ich mich gern unterhalte, und b. die Dinge, die wir so bearbeiten, unterschiedlicher nicht sein könnten, die Reaktionen auf uns sich jedoch recht stark ähneln. Hier gehts zum ersten Gespräch mit Carlo im Oktober: In der aktuellen Folge erzählt Carlo zunächst, wie er mit seiner Familie Weihnachten verbracht hat: Er hat alle drei Tage lang bekocht. Und damit kamen wir auch schon zum ersten Aha für mich: Carlo wollte mal Koch werden nach der mittleren Reife. Er spricht über Freunde, die diesen Weg gegangen sind. Wir sprechen über diese handwerklichen Jobs, für die wir beide viel Wertschätzung haben. So auch ich durch den Teil meiner Verwandtschaft, der eine Bäckerei betreibt. Wir sprechen über die geringe Wertschätzung für diese Jobs und deren Produkte und darüber, dass Deutsche im weltweiten Vergleich unfassbar wenig Geld für Lebensmittel ausgeben – und zwar nicht Jene, die wenig Geld haben. Wir sprechen über intrinsische Motivation, die Carlo und mich manchmal zu Getriebenen macht. Wir sind angetrieben von den Themen, die uns interessieren, aber 2022 war nicht unbedingt ein Jahr, das wir komplett „im Griff“ hatten. Ähnlich wie viele andere, die zum Beispiel aktivistisch für das Klima tätig sind. Auch Kolleg:innen von Carlo haben ab September gesagt: So geht das nicht mehr weiter, die Belastung ist zu groß. Auch Carlo hat aus dieser Ausgebranntheit Konsequenzen gezogen, Podcastformate abgegeben und macht nicht mehr so viele Interviews und Talkshows. Ich frage Carlo nach den 100 Milliarden Euro, die für die Bundeswehr zur Verfügung gestellt worden sind. Er ist aktuell sehr skeptisch, ob diese in richtiger Weise adressiert werden, wenn das System und die Prozesse dieselben bleiben. Wir streifen die Weltmeisterschaft in Katar, unser Erstaunen darüber, dass der große Protest erst kurz vor Beginn einsetzte. Über meine sportlichen Ambitionen und die Abkehr vom Massensport. Und dann gehen wir durch unsere aktuelle Bundesregierung. Wir sprechen über feministische Außenpolitik, über die Arbeit von Annalena Baerbock und das Elitebewusstsein des Auswärtigen Amtes. Und die Tatsache, dass sie als Anfang 40erin dabei ist, dieses Amt hoch professionell und erfolgreich zu führen. Hier ist es natürlich total spannend, da Carlo ein wenig von seiner Wahrnehmung berichten kann. Dann sprechen wir über Olaf Scholz, den ich als Hamburgerin weniger neutral betrachten kann als Carlo. Wir besprechen die erfolgreiche Oppositionsarbeit der FDP und final dann auch Robert Habeck und sein erstes Jahr im Job. Ein Politiker, von dem Carlo massiv beeindruckt ist, ist Anton Hofreiter, der innerhalb kurzer Zeit sich unfassbar tief in Wehr- und Waffenthemen eingearbeitet hat. Dabei zunächst überhaupt nicht zu dem Thema in Erscheinung trat. Wir sprechen über die Themen außerhalb unserer Kernthemen, die uns 2022 beschäftigt bis besorgt haben. Carlo nennt hier den Kulturkampf, die Tendenz, kleine Themen nahezu lustvoll hochzustilisieren, als ob diese echte Konfliktlinien seien. Gendern als Beispiel und der Vorsitzende der Hamburger CDU als Person zu diesem Thema. Ich berichte vom Druck, zu allem eine finale Meinung haben zu sollen. Fehlerlos zu agieren. Ansprüche zum Beispiel an mein Buch zu stellen, die ich selbst gar nicht habe. Autokorrektur ist für mich eine Einladung, neue Perspektiven auf Automobilität und die Probleme, die diese schafft, zu gewinnen. Diese Haltung habe ich mir jedoch hart erarbeiten müssen, Impostorsyndrom winkt grad freundlich 🙂 Porträt von Carlo. Von Christoph Busse. Wir sprechen über selbsternannte Kritker:innen (ich gendere mal großzügig), denen es überhaupt nicht um echten Diskurs geht, sondern darum, dem Gegenüber zu zeigen, dass es Unrecht und man selbst Recht hat. Ohne wirkliches Interesse an Austausch. Carlo erlaubt mir, diese Männschen dann auch einfach mal herablassend zu behandeln und damit zu entlarven. Ich berichte Carlo über den Unterschied von Mastodon und Twitter und die mentale Entlastung, die es für mich bedeutet, kaum noch beim Vogel sein zu müssen. Carlo berichtet von enorm heftigen technischen Problemen, die Twitter in der Anwendung aktuell hat. Kein Wunder, wenn fast alle von Enlo entlassen wurden 😀 Wir sprechen über die Figur Enlo, die Firma Tesla und die Versuche mit dem autonomen Fahren, die auch auf dem Gelände von der Uni, an der Carlo tätig ist, durchgeführt werden. Dann dreht Carlo den Talk um und fragt mich, woher ich die Hoffnung habe, den Kampf gegen diese unfassbar übermächtige Autoindustrie und -lobby gewinnen zu können. Ich erkläre, dass es mir nicht um die Gegnerin Autoindustrie geht, auch wenn ich diese natürlich gern als Partnerin hätte, um zu gewährleisten, dass die Transformation möglich und damit der negative Impact auf die deutsche Wirtschaft harmlos wird. Ich glaube an eine Gesellschaft in Bewegung und Begegnung, die aber aktuell durch das Auto verunmöglicht wird. Wir sind durch das Auto nur noch mit „Gleichen“ zusammen. Es bedarf der bewussten Handlung, um Unbekannten zu begegenen. Was in der Bahn oder im Bus automatisch geschieht. Das schafft eine Trennung in unserer Gesellschaft, die uns nicht gut tut – auch gesellschaftlich betrachtet. Angst vor „Fremden“ kann nur entstehen, wenn wir diesen nicht begegnen und sie näher kennenlernen. Ich spreche darüber, dass vor allem auch die Immobilität und Abhängigkeit von Kindern bedrückt. Sie lernen nur noch aus 2. Hand.Dadurch gerät unser Gespräch in unsere Kindheiten, die auf der Straße stattfanden. Wir muskelbewegt zu unseren Schulen gelangten. Doch schon der Vergleich des Schulweges seiner Kinder zeigt, dass die Generation der Kinder von Carlo schon eher gebracht wurde. Morgens Autostau vor den Schulen. Wir sprechen über das Auto als Symbol von Erfolg. Über die mittlere Mittelschicht, die gut verdient und dennoch einen gewissen Lebensstandard sich nicht mehr leisten kann, wie gutes Wohnen in der Stadt. Carlo befürchte hier ein großes Aggressionspotential, was ich wiederum im Verhalten gegenüber den Blockierenden von der Letzten Generation bereits gespiegelt sehe. Ich berichte vom Brief einer jungen rassifizierten Mutter in Berlin, die tägliche Rassismuserfahrungen kennt und mit einem Mann verheiratet ist, der vor zwei Jahren nach Deutschland floh und unbedingt diesen BMW fahren möchte, um dazuzugehören. Ähnliches hat Carlo bei Freund:innen beobachtet, die aus der Türkei nach Deutschland gingen und mit deutschen Autos zurück in ihre Dörfer fuhren und Anerkennung erhielten. Bringst du mich jetzt zu deinem hässlichen Jugendbett? Und kommen dann erstaunlicherweise aufs Tempolimit. Carlo denkt, dass es kaum noch Kilometer gibt, die auf Autobahnen ohne Tempolimit sind. Stimmt so nicht, im Januar 2019 galt auf 57 % der Autobahnkilometer kein Tempolimit. Auf 13 % gab es ein vorübergehendes Tempolimit aufgrund von Bauarbeiten. Streckenabschnitte mit einem Tempolimit machten 30 Prozent der Autobahnkilometer in Deutschland aus. Deutschland ist das einzige Land der Europäischen Union, in dem auf Autobahnen keine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung herrscht. Carlo und ich sind uns einig, dass wir neue Aufstiegsversprechen brauchen. Gute Bildung muss wichtiger werden als die Autoindustrie. Wir brauchen viele Füße, auf denen unser Land wirtschaftlich stehen kann – ausbalanciert und eben nicht in wackliger Abhängigkeit von einer Industrie. Kein Verständnis hat Carlo für Behelfspanzer, so nennt er die aktuellen großen Automodelle. Wenn er Panzer fahren will, fragt er jemanden bei der Bundeswehr. Recht optimistisch ist Carlo, dass, wenn es politische Führungskräfte gibt, die Transformation möglich ist. Davor wird sich jedoch gescheut, weil Politiker:innen aktuell nur auf Umfragewerte schauen. Und momentane Stimmungsbilder sind für ihn der schlechteste Ratgeber, Politik zu gestalten. Ich füge hinzu, dass Politik aktuell auf die Lauten hört – die auch oft die Falschen sind. Meine Hoffnung 2023 ist, dass sich ungeahnt große Bündnisse von armutsbetroffen über Gewerkschaften über Pflege bis Klimaaktivist:innen ergeben, die nach der lange überfälligen Transformation verlangen. Carlo ist da skeptischer und erwartet eher große Lethargie in der Mehrheit der Gesellschaft. Er sieht wie ich die Probleme, aber er glaubt, dass die Dringlichkeit der Reform, die sich in den letzten drei Jahren gezeigt hat, von einem Wunsch nach „zurück in die Normalität“ überlagert werden wird. Ich teile den Pessismismus in Bezug auf die Autoindustrie, die sich nicht transoformieren will – habe aber den Optimismus, dass die Klimakatastrophe sie final zwingen wird, umzudenken, wenn sie auch nur im Ansatz überleben will. Denn lethargisch und voller Hybris ist die Industrie allemal. Naja, und wir haben nach drei Stunden dann auch nur geendet, weil ich echt dringend aufs Klo musste. Sorry. DANKE Carlo, es war ein Fest! Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)
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Dec 18, 2022 • 1h 30min

Sven Hillenkamp: Was tun mit der Letzten Generation? Ein Versuch der Einordnung.

Sven Hillenkamp hat sich entradikalisiert. Nach seiner Volljährigkeit war er einige Jahre in hoch radikalen linken Szenen unterwegs, die Nähe zur RAF war unmittelbar, Gewalt gegen Sachen adäquates Mittel des Protestes, Straßenkämpfe mit der Polizei verteidigte er als Sprecher dieser Bewegung. Als jedoch der Genuss an der Gewalt in dieser Szene überhand nahm, verließ Sven diese. Um ohne Übergang in die Bewegungsforschung einzusteigen. Als einstmals Beteiligter aus der Distanz heraus zu beobachten und Studien auszuwerten, die sich radikalen Strömungen der Linken beschäftigen. Sind diese erfolgreich – und wenn ja: Wie kam es zum Erfolg, also der eingeforderten gesellschaftlichen Transformation? Sven arbeitete ein paar Jahre bei der ZEIT, für die er heute Essays über die Klimabewegung veröffentlicht, die er eines Tages vielleicht als Buch oder in anderer Form zusammenführen will. Dieser Teil seiner Arbeit brachte uns zusammen. Wir haben telefoniert über das Für und Wider der Protestform, die die Letzte Generation auszeichnet: Die Unterbrechung des Alltags durch friedliche Blockaden. Sven lebt mittlerweile mit seiner Familie in Stockholm, er hat mehrere Bücher veröffentlicht und arbeitet aktuell an einem Roman. Die vielen Facetten, die seine Arbeit hat, erlauben ihm die so wichtigen kleinen Fluchten, denn auch Sven kennt die Verzweiflung und die Hilflosigkeit, die Aktivist:innen empfinden, wenn wir Statistiken lesen, dass gerade mal die Hälfte der Bevölkerung die Klimakatastrophe als eine der drängenden Katastrophen ansieht – während uns die Zeit davonläuft. Sven formuliert seine Gedanken in den Essays der ZEIT, auf Twitter, in Podcasts und Interviews. Die Kritik und das Hinterfragen von bestimmten Aktionsformen, ist weder Kritik von außen noch Journalismus, sondern Kritik aus dem Inneren der Bewegung. Hilflosigkeit führt gerade Gruppen wie „Just stop oil“ und die „letzte Geneartion“ zu Protestformen, die von der Gesellschaft massiv abgelehnt zu werden scheinen – und von der Politik genutzt werden, diese zu kriminalisieren und bis hin zu Hausdurchsuchungen und Gefängnisstrafen mit aller Härte zu behandeln. Was lief vielleicht auch „schief“ innerhalb der Bewegung?• Sven hat ein Bild, das er nutzt, um zu verdeutlichen, was innerhalb der linken Bewegung in den letzten Jahren passierte. Es kamen immer neue „Kinder“ in diese Familie, neben dem ersten Kind, der großen Nähe zur Arbeiterschaft Jene, die heute durch den Begriff „Wokeness“ von Konservativen belächelt werden. Trans-, Antirassismus-, Antisexismus- und viele weitere -aktivismen, die in ihrer Dringlichkeit den Kern der linken Bewegung so verbreiterten, dass eben Jene, die sich bisher durch die Bewegung gespiegelt sahen, sich gegen sie wandten. So wird auch bei den Aktionen der „Letzten Generation“ stets der Arbeiter adressiert, der nicht zur Arbeit kommt, oder die Krankenpflegerin, die im Stau stehen muss. Konservative Kräfte nutzen diese vom Aktivismus scheinbar am tiefsten negativ Betroffenen, um Narrative gegen die Protestierenden auf der Straße zu finden – die so gar nicht zu IHREN Kerngruppen passen. Aber für ein emotionales Narrativ geeignet sind. Um das Bild zu erzeugen (das natürlich inhaltlich nicht stimmt): Die linke Bewegung ist „gegen das Volk“.• Der tiefe Wunsch der Klimabewegung, mit Aufklärung zur Veränderung beizutragen. Die Fakten sprechen doch eine klare Sprache, wenn wir noch diese eine Studie oder diesen einen Text veröffentlichen, dann muss doch endlich klar sein, wie dringend der Handlungsbedarf ist!• Sven beobachtet zum einen das Tabu der Kritik innerhalb der Bewegung. Zweifel an bestimmten Details des Protests sind gefühlt unerwünscht, wer innerhalb der Bewegung kritisch schauen möchte, ob Erfolge erzielt werden konnten, gerät schnell in die „Out-Group“.• Auch das schnelle Herabwürdigen „wir haben nichts erreicht“ gegenüber Fridays For Future und anderen Bewegungen ist ein Problem. Ja, es wurde nicht genug erreicht im Sinne politischen Handelns, aber ohne FFF wäre die Klimakatastrophe heute NICHT so präsent, wie sie es ist. Ja, zu wenig. Aber Anerkennung des Erreichten ist wichtig.• Sehr viele Menschen in der Bewegung wollen aber auch den Austausch. Sven tauscht sich aus mit Fridays for future, Greenpeace, Extinction Rebellion und der Letzten Generation. Trotz seiner teils scharfen Kritik hat Fridays for future Sven zum Beispiel gebeten, beim Jahres-Kickoff die Eröffnungsrede zu halten und den Tag zusammen mit Luisa Neubauer einzuleiten. Diese Offenheit für Austausch und kritische Reflektion, die ich überall sehe, macht Sven Hoffnung für die kommenden Jahre.• Svens Fazit: Der Kampf gegen die Klimakatastrophe wird wohl nicht mit den Fakten über die Klimakatastrophe gewonnen. Was heißt das nun?Wir sind weit gekommen. Wir haben mehr aufgeklärt als jedwede Politik oder Industrie oder Fossillobby. Aus der ersten Phase der Aufklärung, die noch weiterlaufen muss, weil wir noch nicht alle erreichten, muss jetzt die zweite Phase erfolgen: Die Lösungen sichtbar machen. Den Druck auf Umsetzungen dieser Lösungen erhöhen. Vielleicht geht es daher 2023 nicht mehr um den „Alarm“, sondern um Sichtbarmachung und Stärkung jener kleinen Ansätze, die zwar um Längen weniger Budget haben als die Fossillobby, die aber zur Lösung des Problems beitragen. Die Lösung muss greifbarer werden, weil es das Problem nicht ist. Die Klimakatastrophe ist für viele noch zu abstrakt, das sorgt für den Effekt, dass die Abwendung des Problems noch bei vielen die größere Bedrohung ist als die eigentliche Katastrophe. Mit dieser Angst (Deindustrialisierung, Massenarbeitslosigkeit, Wohlstandszerfall) arbeiten die konservativen Kräfte ja auch bewusst, um die Veränderung gar nicht erst beginnen zu lassen. WIR müssen der Gegenpol dazu sein. Die Geschichten der Transformation erzählen und zeigen, die beweisen, dass die Abwendung der Klimakatastrophe nicht nur dringlich ist, sondern auch für die „Mitte“, die „Arbeiter:innen“ Mehrwerte generiert, die ihnen heute noch bewusst vorenthalten werden. Für Barrierefreiheit oder zum Sprachen lernen: Hier findet ihr das vollständige Transkript zur Folge: Hier gehts zum Transkript Transkription unterstützt durch AI Algorithmen von Presada (https://www.linkedin.com/company/presadaai/)

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