
Gradmesser
Was können wir gegen den Klimawandel tun? Ruth Ciesinger geht dieser Frage mit Expert:innen aus Wissenschaft, Politik und Technik im Klima-Podcast vom Tagesspiegel nach.
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May 26, 2022 • 27min
Wo die Industrie Robert Habeck treibt
„Kein Mensch braucht zwölf LNG-Terminals“, sagt Energieökonomin Claudia Kemfert. Eine Analyse der aktuellen Klima- und Energiepolitik der Regierung.
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat Wind- und Solarkraft nach den Worten von FDP-Finanzminister Christian Lindner zu Freiheitsenergien gemacht. Doch die extreme Beschleunigung gibt es gerade nicht beim Ausbau der Erneuerbaren Energien, sondern beim Genehmigen von Flüssiggas-Terminals und dem Erschließen neuer Bezugsquellen für Erdgas, das künftig nicht mehr aus Russland importiert werden soll. „Zwölf neue Flüssiggas-Terminals braucht kein Mensch“, sagt dazu Energieökonomin Claudia Kemfert im Podcast. (Gespräch ~ ab Min. 6, und hier geht es zur DIW-Studie zu Energieversorgung in Deutschland ohne russisches Erdgas.)
Aber die Industrie, die neben er Gebäudewärme am meisten Gas in Deutschland verbraucht, macht mächtig Druck im Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne). Dabei gäbe es einerseits noch massive Einsparpotenziale auch in der Industrie, sagt Kemfert, die Mitglied im Sachverständigenrat für Umweltfragen ist. Und andererseits birgt der Aufbau einer neuen, fossilen Infrastruktur, die es gar nicht braucht, neue Gefahren.
Kemfert, die beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung die Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt leitet, wünscht sich statt Sondergenehmigungen für LNG-Terminals jetzt einen Booster für den Ausbau von Windparks, Solaranlagen und einen Anschub in der Ausbildung dringend benötigter Fachkräfte. Denn dann, so die Ökonomin, ist auch der Kohleausstieg bis zum Jahr 2030 weiter möglich. (Hier geht es zur DIW-Studie zum Kohleausstieg.)
Insgesamt, so Kemfert, hat die Bundesregierung bei der Energiewende die richtige Richtung eingeschlagen. Was im sogenannten Osterpaket der Regierung noch fehlt, und wie besser und vor allem positiv mit Bürgerinnen und Bürgern kommuniziert werden kann, auch dazu macht sie Vorschläge.
Außerdem in dieser Folge: Caspar Schwietering vom Tagesspiegel Background Verkehr und Smart Mobility hat sich angeschaut, ob im neuen Haushalt jetzt tatsächlich ordentlich etwas für die Bahn getan wird. Das haben nämlich jetzt die Haushaltsexperten der Ampel zufrieden festgestellt. Tatsächlich aber tut die neue Regierung sogar weniger für den Zugverkehr als die große Koalition. (~ab Min. 1,50)
Und die Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftler der World Weather Attribution Initiative haben sich angeschaut, in welchem Zusammenhang die extreme Hitzewelle mit Temperaturen von um die 50 Grad in Indien und Pakistan mit der Klimakrise steht. Der Klimawandel hat schon heute ein solches Ereignis um bis zu 30-Mal wahrscheinlicher gemacht. Die Studie findet Ihr hier.
Wie gefällt Euch der Gradmesser? Was können wir besser machen, was fehlt Euch, was soll so bleiben? Schreibt uns gerne an gradmesser@tagesspiegel.de, wir freuen uns, von Euch zu hören!

May 19, 2022 • 26min
Rollt die Bahn beim Klimaschutz aufs Abstellgleis?
Theoretisch investiert die Ampel beim Klimaschutz in die Bahn. Praktisch sind die Herausforderungen riesig. Wo es hakt, was fehlt und welche Vorbilder es gibt.
Wer mit der Bahn reist, verursacht fünf Mal weniger CO2-Emissionen pro Kilometer als jemand im Auto. Weil der Zug nach dem Fahrrad unser umweltfreundlichstes Verkehrsmittel ist, will die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag in den kommenden acht Jahren die Zahl der Bahnfahrgäste verdoppeln und deutlich mehr Güter mit dem Zug statt mit dem LKW durch Deutschland transportieren.
Allerdings: Gerade erst hat das Verkehrsministerium selbst zugegeben, dass diese Ziele mit den bisher geplanten Investitionen im Verkehr krachend verfehlt werden. Wo es hakt, was besser geht und um gute Bahn-Vorbilder geht es im Gespräch mit Philipp Kosok vom Thinktank Agora Verkehrswende.
Die deutsche Behäbigkeit beim Bahnausbau hat übrigens Folgen in ganz Europa. Denn während in der Schweiz oder Österreich mit dem Gotthard-Tunnel und dem Brenner-Basis-Tunnel zukunftsweisende Schienenprojekte geplant, beziehungsweise schon umgesetzt worden sind, hinkt die deutsche Seite beim Ausbau hinterher und verhindert so den Einsatz von mehr und vor allem pünktlichen Zügen.
Auch, weil beim Streckenausbau jahrelang keine Entscheidungen gefällt werden. Warum hier die Schweiz ein echtes Vorbild ist, auch das sagt Kosok in dieser Podcast-Folge.
Florence Schulz vom Tagesspiegel Background Energie und Klima weiß außerdem, warum die Entscheidungen im Umweltausschuss des EU-Parlaments in dieser Woche zur sogenannte Lastenteilungsverordnung und zum zweiten Emissionshandel ausgesprochen wichtig waren.
Stefan Jacobs, Redakteur im Berlin-Ressort des Tagesspiegels, erklärt, was jeder einzelne jetzt angesichts der anhaltenden Dürre im Boden für die besonders von der Hitze betroffenen Straßenbäume tun kann. Und warum der Rasenmäher in Zeiten wie diesen besser länger mal im Geräteschuppen stehen bleiben sollte.
Fragen, Kritik oder Anregungen sind herzlich Willkommen und erreichen uns am besten unter gradmesser@tagesspiegel.de.

May 12, 2022 • 27min
Hunger, Krieg, Klimakrise – und was jetzt hilft
In vielen Ländern fehlt Weizen aus der Ukraine, Dürre und Fluten vernichten immer häufiger Ernten: Konflikte und Klimawandel treiben den globalen Hunger. Doch es gibt Auswege.
In diesem Frühjahr waren etwa 300 Millionen Menschen weltweit akut von Hunger bedroht. Das sind doppelt so viele Menschen wie noch vor drei Jahren. Die Zahl der Hungernden steigt wieder, nachdem sie Jahrzehnte kontinuierlich gefallen ist. Doch die sich stetig verschlimmernde Klimakrise zusammen mit Coronapandemie und dem Krieg in der Ukraine haben inzwischen die Ernährungslage für insgesamt fast eine Milliarden Menschen weltweit deutlich verschlechtert.
Allerdings ist unsere Ernährung nicht nur durch den Klimawandel bedroht, sie ist zugleich auch eines der wichtigsten Mittel im Kampf gegen die Klimakrise. Warum und wie, das sagt Martin Frick, Leiter des Berliner Büros des World Food Programme, im Podcast.
Noch vor einem Jahr hat das Welternährungsprogramm der UN fast 900.000 Tonnen Weizen aus der Ukraine bezogen, um damit vom Hunger bedrohten Menschen in anderen Regionen der Welt zu helfen. Jetzt ist die Ukraine selbst auf Lebensmittellieferungen des WFP angewiesen. Wie sich die Lage im Land jetzt darstellt, und wie die Folgen für andere Krisengebiete aussehen, sagt Frick ebenfalls.
Die gute Nachricht ist: Schon mit eher kleinen, unspektakulären Maßnahmen lässt sich in der Landwirtschaft viel bewirken und Auswirkungen der Klimakrise in den Griff kriegen. Und auch die Art und Weise, wie wir uns hier in Deutschland ernähren, kann einen echten Unterschied machen. (Sogar ohne, dass wir sofort alle Veganer werden müssen.)
Susanne Ehlerding vom Tagesspiegel Background Energie und Klima erklärt außerdem, wie sinnvoll die Forderung von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) ist, wegen der weltweiten Lebensmittelknappheit keine Lebensmittel wie Mais, Raps oder Weizen für Biokraftstoffe mehr zu verwenden. Caspar Schwietering vom Tagesspiegel Background Verkehr und Smart Mobility erklärt, warum die Bahn zwar klimafreundlich ist, aber trotzdem zu wenig investiert wird.
Über Fragen, Anregungen oder auch Kritik freuen wir uns sehr, wenn Ihr sie an gradmesser@tagesspiegel.de mailt.

May 5, 2022 • 27min
Ausweg aus der Klimafalle Altbau
Heizen verbraucht Unmengen an Erdgas und Öl. Dabei bergen Millionen Gebäude ein gigantisches Potenzial Energie einzusparen. Was es zur Wärmewende braucht hier im Podcast.
Rund ein Drittel des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland geht auf das Konto des Gebäudesektors, wiederum drei Viertel davon werden im wahrsten Sinne des Wortes verheizt. Weil das aktuell vor allem noch durch Öl und Gas passiert, gibt es gleich zwei wichtige Gründe, das zu ändern: die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen und den Klimaschutz.
Warum der Gebäudesektor aktuell ein großes Sorgenkind der deutschen Klimapolitik ist, der schon im zweiten Jahr in Folge die eigenen CO2-Einsparziele um zwei Millionen Tonne gerissen hat, und wie das auch im Kleinen schon effektiv geändert werden kann, darum geht es in dieser Podcast-Folge mit Felix Gruber von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.
Der Clou dabei: Um im Bereich Wohnen etwas für den Klimaschutz zu tun, muss nicht neu gebaut werden. Im Gegenteil, wirklich effektiv für das Klima ist die Sanierung des Gebäudebestandes. Denn „Deutschland ist schon gebaut“, wie Felix Gruber sagt. Vor allem Häuser aus den 60er und 70er Jahren, als Erdöl äußerst billig war, haben enormes Energie-Einsparpotenzial.
Dass das allerdings aufgrund der schieren Menge von insgesamt mehr als 21 Millionen Gebäuden eine große Herausforderung ist, lässt sich nicht bestreiten. Welche Hindernisse umgegangen werden können, und welche Hilfestellungen es für Sanierungswillige braucht, auch darüber spricht Gruber. Für Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern hat die DBU außerdem die Initiative „Zukunft Zuhause“ ins Leben gerufen.
Außerdem in dieser Folge: Auch die Bundesregierung will im Blick auf die Förderung der Gebäudesanierung jetzt mehr tun. Was trotzdem noch besser werden könnte, sagt David Renke vom Tagesspiegel Background Energie und Klima. Nora Marie Zaremba, ebenfalls vom Background Energie und Klima, hat einen Entwurf des Klimaschutzsofortprogramms der Regierung einsehen können. Sie weiß, was beim anderen deutschen Klima-Problemfall, dem Verkehr, an Änderungen geplant ist. Spoiler: nicht genug.
Anregungen, Kritik oder Fragen könnt Ihr gerne an gradmesser@tagesspiegel.de schreiben, wir freuen uns darüber!

Apr 28, 2022 • 29min
Versagen die Medien in der Klimakrise?
Wie Journalismus zu oft ein falsches Gefühl von Sicherheit schafft, was besser werden muss, und eine neue Klimacharta, die zum Umdenken anregen will.
In Südasien sind die Temperaturen so hoch wie noch nie zuvor um diese Jahreszeit, bis zu 50 Grad heiß kann es diese Woche noch werden. Die Vize-UN-Generalsekretärin sieht „die Menschheit auf einer Spirale der Selbstzerstörung“, weil sie die Gefahren der Klimakrise nicht richtig einschätzt, und in Brandenburg wird das Wasser so knapp, dass an manchen Orten nicht mehr gebaut werden kann. Dass unsere Art zu leben gerade an ihre Grenzen kommt, ist in der Breite der Bevölkerung aber immer noch nicht angekommen. Das, sagt Journalistin und Autorin Sara Schurmann, liegt auch an den Medien. Und darum geht es im Podcast.
Sara Schurmann ist Mitgründern des Netzwerks Klimajournalismus Deutschland. Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen hat sie jetzt eine Klimacharta erarbeitet und am vergangenen Dienstag vorgestellt. Die Charta betont die grundsätzliche Verantwortung von Klimajournalismus, die wissenschaftlichen Grundlagen, und schlägt Änderungen vor, damit in vielen Medien nicht weiter ein Gefühl von Sicherheit angesichts der Erderhitzung erzeugt wird, das so nicht der Realität entspricht.
Wieso gerade im Klimajournalismus die „False Balance“, eine „falsche Ausgewogenheit“, ein großes Problem ist, warum die Kenntnisse über die grundlegenden Zusammenhänge der Klimakrise in Redaktionen viel weniger verbreitet sind als beispielsweise Grundlagenwissen über Corona, und warum das trotzdem Anlass zur Hoffnung gibt, auch darüber spricht Sara Schurmann. Die Autorin von „Klartext Klima“ geht davon aus: „Solange wir die Krise nicht darstellen, wie sie ist, und angemessen in die Medien heben, solange werden wir auch nicht anfangen, angemessen darauf zu reagieren als Gesellschaft.“
Außerdem im Podcast: Jakob Schlandt, Leiter des Tagesspiegel Background Energie und Klima erklärt, warum die am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossenen Energiesubventionen „Quatsch“ sind, wie diese sogar dazu führen könnten, dass wir mehr Gas aus Russland importieren, und warum er trotzdem damit rechnet, dass insgesamt die Energiewende jetzt schneller vorangeht.
Uns würde sehr interessieren, was Ihr über die Klimaberichterstattung denkt und was Ihr Euch anders wünschen würdet. Wenn Ihr wollt, schreibt uns bitte an gradmesser@tagesspiegel.de. Wir würden uns freuen!

Apr 14, 2022 • 26min
Nur sauber Fliegen ist schöner
Fliegen ist hoch klimaschädlich, unglaublich billig, und die Zahl der Flüge steigt jedes Jahr. Wie das in Zeiten der Erderhitzung weitergehen kann, dazu mehr im Podcast.
Nur ein kleiner Teil der Menschheit steigt überhaupt ins Flugzeug, dieser aber dafür immer öfter. Die Zahl der Flugreisen nimmt seit 30 Jahren stetig zu, mit Ausnahme eines massiven Rückgangs während der Coronapandemie. Trotz technischer Verbesserungen steigt deshalb auch der CO2-Ausstoß des Flugverkehrs sowie die sogenannten klimaschädlichen Nicht-CO2-Effekte des Fliegens ebenfalls stetig an.
Warum das auch im Blick auf die Erkenntnisse des neuesten Berichts des Weltklimarates (mehr hier) eigentlich gar nicht geht, wie sich das ändern ließe, was für technische Möglichkeiten es inzwischen gibt, und wie viel Geld an klimaschädlichen Subventionen beim Fliegen verbrannt wird, unter anderem darum geht es im Gespräch mit Verkehrsexperte Frank Wetzel vom Umweltbundesamt.
Und wenn sich jetzt ein Flug aus welchen Gründen auch immer nicht vermeiden lässt? Das Umweltbundesamt hat auch eine Studie dazu herausgegeben, wie freiwillige CO2-Kompensation durch Klimaschutzprojekte funktioniert, und vor allem, wie man seriöse Projekte findet. Nachzulesen ist sie hier.
Dennis Kazooba vom Tagesspiegel Background Verkehr und Smart Mobility erklärt, warum Fliegen so billig ist, und welche Chancen sich auf europäischer Ebene möglicherweise gerade ergeben, dass sich das ändert.
Caspar Schwietering, ebenfalls vom Tagesspiegel Background Verkehr und Smart Mobility schaut vor allem auf die Alternativen zum Flugverkehr und hat eine Einschätzung dazu, wie sich unter dem neuen Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) der Nachtzugverkehr bei der Deutschen Bahn für Städtereisen in Europa entwickeln wird. Nachdem in der Vergangenheit die Bahn ihr entsprechendes Angebot kontinuierlich abgebaut hatte.
Kritik, Frage oder Anregungen könnt Ihr gerne an gradmesser@tagesspiegel.de schreiben. Wir freuen uns darüber!

Mar 31, 2022 • 27min
Trocken, trockener, deutscher Frühling
Zu Jahresbeginn regnet es wegen der Klimakrise oft immer weniger. Wo Dürre herrscht, wo der Grundwasserspiegel sinkt, und mehr zu Berlins Wasserproblem.
Der März 2022 war einer der trockensten überhaupt und so sonnenreich wie kein anderer März zuvor, zumindest seit diese Daten erhoben werden. Warum aufgrund der Klimakrise das Jahr immer trockener beginnt, was das für Böden und Pflanzen bedeutet, wenn der Regen ausbleibt, wie sich der sinkende Grundwasserspiegel auswirkt und wie angesichts der Dürre in Deutschland gegengesteuert werden kann, darüber spricht Fred Hattermann vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung im Podcast.
Die gute Nachricht: Das Trinkwasser wird in Deutschland in absehbarer Zeit nicht knapp werden. Doch an vielen anderen Stellen wird künftig Wasser fehlen, mit unangenehmen Folgen. Für die Landwirtschaft, die Industrie und vor allem für die Natur.
In Berlin hat es im vergangenen Monat gerade mal einen Liter Wasser auf einen Quadratmeter Boden geregnet. Stefan Jacobs erklärt, warum die Wasserqualität in der Hauptstadt absehbar schlechter werden dürfte, und warum die Stadt stark umsteuern muss, wenn sie ihre Parks und über 400.000 Straßenbäume erhalten möchte.
Und im Blick auf die Versuche, unabhängig von russischem Gas zu werden, erklärt Christian Schaudwet vom Tagesspiegel Background Energie und Klima, warum Deutschland jetzt Schiefergas aus den USA importieren will. Denn das wird durch das sogenannte Fracking gewonnen, und das ist in Deutschland und weiten Teilen Europas eigentlich sogar verboten.
Kritik, Fragen oder Anregungen schreibt gerne an gradmesser@tagesspiegel.de, wir freuen uns darüber.

Mar 24, 2022 • 28min
Vom Glück sich zu ändern
Warum in der Klimakrise nichts so bleibt, wie es ist, und wir keine Angst davor haben müssen. Ein Gespräch über Veränderung in allen Lebensbereichen.
Deutschland hat im vergangenen Jahr 762 Millionen Tonnen Treibhausgase ausgestoßen. In acht Jahren dürfen das ,nur‘ noch 438 Millionen Tonnen sein, so schreibt es das Klimagesetz vor. Dazu reichen Energiewende und ein Umstellen der Industrie auf grünen Wasserstoff allein nicht aus. Auch die Verbraucherinnen und Verbraucher kommen um Veränderung nicht herum.
Das Gute: Die meisten Maßnahmen nutzen nicht nur dem Klima, sondern sind auch gut für den oder die Einzelne selbst. Das ist das Ergebnis einer Studie zum Zusammenhang zwischen Klimaschutzmaßnahmen und dem persönlichen Wohlbefinden, deren Mitherausgeber der Physiker Felix Creutzig ist. Wie persönlicher Konsum, das Bedürfnis nach Status und Vorbilder in der Klimakrise zusammenwirken, darüber spricht der Physiker des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change und Leitautor des Weltklimarates in dieser Podcast-Folge.
Der Krieg in der Ukraine zeigt gerade radikal, wie sehr auch der Lebensstil hierzulande von fossilen Energien abhängig ist. Besonders rasch könnten jetzt im Verkehr sowohl Emissionen reduziert als auch russisches Öl eingespart werden. Warum die Politik dennoch hier nicht handelt – auch darum geht es in dieser Folge.
Auch bei der Ernährung wirft der Krieg ein Schlaglicht auf globale Zusammenhänge dessen, was in Deutschland gepflanzt, verfüttert und gegessen wird. In dem Zusammenhang sagt Susanne Ehlerding vom Tagesspiegel Background Energie und Klima, ob der Beschluss der EU-Agrarminister aufgrund der hohen Weizenpreise auf sogenannten ökologischen Vorrangflächen den Anbau von Futterpflanzen zuzulassen, zielführend ist – und welche für Biodiversität und Klimaschutz besseren Maßnahmen es gäbe.
Und Christian Schaudwet, ebenfalls vom Tagesspiegel Background, erklärt, warum beim verflüssigten Erdgas, für das gerade Wirtschaftsminister Robert Habeck nach Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate gereist ist, einige Schwierigkeiten noch gar nicht gelöst sind, und wie die Investitionen in fossile Infrastruktur mit der Energiewende zusammengehen.
Kritik, Fragen oder Anregungen könnt Ihr gerne an gradmesser@tagesspiegel.de mailen - wir freuen uns darauf!

Mar 17, 2022 • 29min
„Bitte jetzt keine Schnitzelpreisbremse“
Agrarwende in Gefahr? Was knapper Weizen, teurer Dünger und klimafreundliche Feldarbeit mit unserer Sicherheit und dem Krieg in der Ukraine zu tun haben.
Die Ukraine und Russland haben bis vor Kurzem etwa 30 Prozent des globalen Weizenexportes gestemmt. Das ist jetzt vorbei. Die Preise für Dünger, den ebenfalls zu großen Teilen Russland exportiert, gehen ebenfalls durch die Decke. Denn das Erdgas, mit dem der Kunstdünger produziert wird, wird ebenfalls immer teurer.
Das hat weltweit massive Folgen, Europa wird sie auch spüren. In der politischen Debatte werden sie schon genutzt: Gegner der EU-Agrarwende hin zur ökologischen, weg von der industriellen Tierhaltung und Landwirtschaft, wollen diese, vorgeblich wegen des Krieges, jetzt lieber stoppen. Ob das sinnvoll ist, und was klimafreundliche Feldarbeit mit unserer Sicherheit zu tun hat, sagt Kai Niebert in dieser Folge.
Der Präsident des Deutschen Naturschutzrings und Professor für Nachhaltigkeit in Zürich warnt vor der Idee, jetzt die Weizen- und Fleischproduktion in Deutschland durch Ausweitung der konventionellen Landwirtschaft zu steigern. Im Blick auf die Ergebnisse der Zukunftskommission Landwirtschaft, die er mit erarbeitet hat, verweist Niebert auf die Notwendigkeit, vor allem weniger Fleisch zu konsumieren: „Wir brauchen keine Schnitzelpreis-Bremse.“
Wie wenig Deutschland es sich leisten kann, beim Klimaschutz nachlässig zu handeln, hat gerade das Umweltbundesamt gezeigt. Demnach sind im vergangenen Jahr 762 Millionen Tonnen klimaschädliche Treibhausgase in Deutschland emittiert worden, rund 33 Millionen mehr als 2020. Dabei verpflichtet das Klimagesetz eigentlich auf eine jährliche Senkung der Emissionen. Brigitte Knopf vom Expertenrat für Klimafragen und MCC erklärt, wie es jetzt weitergeht.
Und Caspar Schwietering vom Tagesspiegel Background Verkehr und Smart Mobilitý erklärt, warum eine Benzinpreisbremse Öl aus Russland subventioniert, statt Deutschland unabhängiger davon zu machen, und sie vor allem Mineralölkonzernen und Wohlhabenden nutzt. Und er weiß mehr zur Haltung der Deutschen zu einem Tempolimit.
Wenn Ihr Fragen, Kritik oder Anregungen habt, dann schreibt uns gerne an gradmesser@tagesspiegel.de.

Mar 10, 2022 • 29min
Was können die Erneuerbaren wirklich?
Durch Putins Krieg wurden sie zu Freiheits-Energien geadelt. Wo Wind, Sonne, Biogas und mehr tatsächlich Gas und Öl ersetzen können hier im Podcast.
Christian Lindner hat vor kurzem Erneuerbare Energien zu Freiheitsenergien erhoben, und der FDP-Finanzminister hat Recht: Erneuerbare Energien machen frei und unabhängig von sämtlichen Öl und Gas exportierenden Unrechtsstaaten, allen voran Russland. Außerdem sind sie frei von CO2-Emissionen, was ein nicht zu schlagender Vorteil im Kampf gegen die Klimakrise ist. (Video der Sondersitzung des Bundestages)
Aktuell sieht die Situation aber so aus: Deutschland verdammt den Krieg in der Ukraine, überweist aber weiter täglich Millionen Euro an Putins Regime, da der größte Teil der deutschen Erdgas-, Öl- und Steinkohleimporte aus Russland kommt. Wie und wo Erneuerbare Energien wie Wind- und Solarkraft, Biogas oder Erdwärme diese Abhängigkeit jetzt mittelfristig helfen können zu beenden, sagt Simone Peter, Präsidentin der Bundesverbandes Erneuerbare Energien, im Klimapodcast.
Peter plädiert nicht nur für einen „noch schnelleren Ausbau“ der Erneuerbaren Energien, als es die Pläne der Bundesregierung bisher vorsehen. Entsprechende Änderungen erwartet die ehemalige Grünen-Chefin im sogenannten „Osterpaket“ des Wirtschaftsministeriums. Sie erklärt außerdem, wie der Strommarkt insgesamt versändert werden muss, was das auch für die Verbraucher bedeutet, und wie Biogas in Teilen Erdgas ersetzen kann. (BEE-Studie zu Strommarkt der Zukunft)
Mit die größte Herausforderung sieht Peter jetzt im Bereich Wärme und Heizen. Zwei Drittel der deutschen Wohnungen heizen noch mit Erdgas oder Öl. Welche Möglichkeiten hier Erneuerbare bieten, und wie sich herausfinden lässt, welche Lösung für die individuelle Situation geeignet ist, auch darüber spricht Peter im Podcast.
Nora Marie Zaremba vom Tagesspiegel Background Energie und Klima erklärt außerdem, ob die 200 Milliarden Euro für den Klimaschutz, die Christian Lindner jetzt angekündigt hat, tatsächlich „neues“ Geld sind. Und Steven Hanke, ebenfalls vom Tagesspiegel Background, weiß mehr darüber, wie in Kasachstan Uran für immerhin fast die Hälfte aller Kernkraftwerke weltweit gefördert wird. Soviel sei verraten: Umweltfreundlich ist das nicht.
Fragen oder Kritik schreibt gerne an gradmesser@tagesspiegel.de. Wir würden gerne wissen, was Euch in diesen Zeiten besonders interessiert.