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Sep 8, 2022 • 40min

Die Ampel, die Energiekrise und der Winter

Wie gut sind die Pläne der Regierung gegen hohe Strom- und Gaspreise? Und wo bleibt der Klimaschutz? Das und mehr sagt Energieökonom Andreas Löschel. Die Bundesregierung hat angesichts hoher Gas- und Strompreise ein drittes Entlastungspaket beschlossen, dass die Folgen der Energiekrise für die Bürgerinnen und Bürger abfedern soll. Russland hat den Gashahn jetzt endgültig zugedreht und Deutschland streitet über die Zukunft seiner letzten drei Atomkraftwerke. Wie gut die Ampel das Land jetzt auf den Winter vorbereitet, darüber spricht Energieökonom Andreas Löschel im Podcast. (ab 5.30 Min.) Auch wenn die Gasspeicher jetzt gut gefüllt seien, sagt Löschel, „hapert es immer noch am Gas Einsparen“. Es sei viel zu lange davon ausgegangen worden, dass das Gas aus Russland schon weiter fließen werde. Der Wissenschaftler und Leitautor des Weltklimarates hält auch wenig von der jetzt beschlossenen Strompreisbremse. Wesentlicher sei es eigentlich, jetzt „den Gasmarkt anzugehen, auch was die Entlastungen angeht“. Stattdessen wende sich jetzt die Regierung den gestiegenen Strompreisen zu. Damit würden aber „Symptome“ bekämpft, statt „Ursachen“. Welche Maßnahmen der Ökonom für geeignet hält, den Gasverbrauch deutlich zu senken, sagt er ebenfalls im Podcast, und er erklärt, warum Eingriffe auf dem Strommarkt auch Investoren in Erneuerbare Energien irritieren könnten. Die Intensität der politischen Debatte über die drei letzten noch laufenden Atomkraftwerke in Deutschland allerdings steht seiner Ansicht nach „in keinem Verhältnis“ zu deren Relevanz für die Stromversorgung. „Offensichtlich“, sagt Löschel hier, seien die Themen, „die besonders dringend sind, nicht die Dinge, die man jetzt im politischen Kontext nach vorne“ bringen wolle. Zuvor erklärt Klimaphysikerin Brigitte Knopf vom MCC im Podcast warum das Entlastungspaket der Bundesregierung ihrer Ansicht nach ein fatales Signal für den Klimaschutz enthält. (ab 1.30 Min.) Und Dennis Tänzler vom Klima-Beratungsinstitut Adelphi kommentiert die fossile Rolle rückwärts der neuen britischen Premierministerin Liz Truss und deren mögliche Folgen für die internationale Klimapolitik. (ab 36.10 Min.) Wir würden den Gradmesser gerne noch besser machen und vor allem erfahren, was Ihr davon haltet. Wir haben deshalb hier eine wirklich kurze Umfrage erstellt. Über Eure Teilnahme würden wir uns sehr freuen, für alle die mitmachen, gibt es als Dankeschön einen Monat gratis das E-Paper. Und schreiben könnt Ihr uns auch gerne direkt, und zwar an gradmesser@tagesspiegel.de.
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Sep 1, 2022 • 33min

Sträflich vernachlässigt: Anpassung an den Klimawandel

Ein gutes Leben in der Klimakrise ist möglich. Dafür ist aber viel zu tun, und zwar jetzt. Noch sind weder Infrastruktur, Städte oder Landwirtschaft darauf vorbereitet. Der Sommer 2022 war laut Deutschem Wetterdienst der sonnenreichste seit Beginn der Aufzeichnung, der viertwärmste seit 1881 und wohl auch der trockenste Sommer bisher. Was jetzt noch eine Besonderheit ist, wird es bald nicht mehr sein, im Gegenteil: „Wir dürften damit in Zeiten des Klimawandels einen bald typischen Sommer erlebt haben“, so das Résumé des DWD-Sprechers. Extreme Hitze und Dürre einerseits und Extremniederschläge andererseits werden immer häufiger werden, und die Frage drängt sich auf: Sind wir ausreichend an die Folgen des Klimawandels angepasst? „Ganz klar: Nein“, sagt Annika Joeres. Die freie Autorin, die unter anderem für Correctiv und Zeit arbeitet, hat zusammen mit Spiegel-Redakteurin Susanne Goetze für das Buch „Klima außer Kontrolle“ zum Stand der Klimaanpassung in Deutschland recherchiert, von den - ernüchternden - Ergebnissen berichtet sie im Podcast. Joeres spricht über kritische Infrastruktur wie Krankenhäuser oder Kraftwerke, welche Risiken der Klimawandel hier mit sich bringt, und warum es in Deutschland bisher von der Kommune bis zur Bundespolitik noch keine adäquate Antwort darauf gibt. Außerdem geht es um die Frage, warum Politik und Gesellschaft bereit sind, riesige Summen für Reparaturen und Schadensbehebung nach durch den Klimawandel immer häufiger werdenden Katastrophen, wie zum Beispiel 30 Milliarden Euro nach der Flut in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, zu zahlen, für Klimaanpassung aber im Bundesumweltministerium bis zum Jahr 2026 gerade einmal 60 Millionen Euro veranschlagt sind. Doch „Klima außer Kontrolle. Fluten, Stürme, Hitze – Wie sich Deutschland schützen muss“ ist trotzdem kein Buch, das Katastrophenstimmung verbreiten will. Denn es ist zwar klar: In allen Lebensbereichen, in der Stadt, auf dem Land, bei der Energieversorgung, in der Industrie, den Krankenhäusern, überall braucht es Anpassung an den Klimawandel. Doch die allermeisten Veränderungen führen zu einer verbesserten Lebenssituation und bedeuten oft zugleich auch Klimaschutz, der mindestens ebenso wichtig bleibt. Diese Botschaft ist Joeres wichtig: „Ein gutes Leben ist auch in der Klimakrise möglich.“ Wir müssen jetzt nur sehr schnell sehr viel dafür tun. Aktuell scheint das aber noch nicht überall so gesehen zu werden. Weil im Verkehrssektor im vergangenen Jahr rund 148 Millionen Tonnen CO2 emittiert wurden, und damit mehr als das Klimagesetzt erlaubt, musste das Verkehrsministerium ein Sofortprogramm zur Reduktion von Treibhausgasen vorlegen. Selbiges hat nun der Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung als völlig unzureichend verworfen. Dieser einzigartige Vorgang hat keine großen Wellen geschlagen. Zu Unrecht, wenn man hört, was Klimawissenschaftler Felix Creutzig sagt: „Das Verkehrsministerium und der Verkehrsminister werden derzeit ihrer staatspolitischen Verantwortung nicht gerecht.“ Felix Creutzig vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change sagt auch, welche Maßnahmen jetzt im Verkehr notwendig und wirkungsvoll wären sowohl im Blick auf schnelle Reduzierung der Treibhausgasemissionen sowie auf strukturelle Veränderungen. Er erklärt, warum die Straßenverkehrsordnung ein echtes Problem dabei ist, und wo das Verkehrsministerium noch bremst. Wir würden natürlich auch sehr gerne wissen, ob Euch das gefällt, was wir hier so treiben, und vor allem, was wir noch besser machen können. Wir haben deshalb hier eine sehr kurze Umfrage erstellt. Alle die mitmachen, bekommen als Dankeschön einen Monat gratis das Tagesspiegel-E-Paper. Wir würden uns sehr über Euer Feedback freuen! Und Ihr könnt uns natürlich auch schreiben, und zwar an gradmesser@tagesspiegel.de.
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Aug 25, 2022 • 30min

Klima schützen und soziale Krise verhindern

Wen der Klimawandel in Deutschland am härtesten trifft und wer sich wirklich verändern muss, sagt Soziologin Jutta Allmendinger. Die Menschen in Deutschland, die am meisten unter den Folgen des Klimawandels leiden, tragen zugleich am wenigsten zu den CO2-Emissionen bei. Wer wenig Geld hat, fährt meist kein Auto, wohnt in einer kleinen Wohnung und fliegt eher nicht in den Urlaub. Die höheren Kosten für Energie oder Nahrung treffen das schmale Budget dieser Menschen umso mehr, und zugleich fehlt das Geld, um sich einer verändernden Lage anzupassen. Dazu kommt, dass der russische Angriff auf die Ukraine die Energiepreise in ungeahnte Höhen katapultiert hat und die Inflation antreibt. Wie in dieser Situation dringend notwendige Maßnahmen für mehr Klimaschutz nicht dazu führen, die Gesellschaft weiter zu spalten, darum geht es in dieser Podcast-Folge mit Soziologin Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung. Und warum sie Proteste von rechts trotzdem nicht fürchtet. Und es wird klar: Menschen mit mittleren und vor allem großen Einkommen sind diejenigen, die ihren Lebensstil gründlich verändern werden müssen, wenn die Gesellschaft als Ganzes erfolgreich auf die Klimakrise reagieren will. Warum diese notwendigen Veränderungen nicht gegen die individuelle Freiheit des Einzelnen gehen, und wie diesem „Framing“ entgegnet werden kann, auch das sagt Jutta Allmendinger in dieser Podcast-Folge. In dem Sammelband "Drei Grad mehr" schreibt Jutta Allmendinger über weitere Veränderungen aufgrund der Klimakrise in unserer Gesellschaft. In dem Buch beschäftigen sich außerdem weitere renommierte Wissenschaftler:innen mit den Folgen des Klimawandels. Andreas Knie, Verkehrsexperte ebenfalls am Wissenschaftszentrum Berlin, beschäftigt sich mit einer möglichen Anschlusslösung für das 9-Euro-Ticket – dem 29-Euro-Ticket, das dann auch für EC und Intercity gelten soll. Was das mit dem Dienstwagenprivileg und Gratismentalität von Autofahrern zu tun hat, sagt er auch. Und Christian Schaudwet vom Tagesspiegel Background Energie und Klima erklärt, warum Fracking in Deutschland nicht nur verboten, sondern auch nur unter sehr extremen Bedingungen wirtschaftlich ist. Das ist, wenn wir richtig gezählt haben ;), die 50. Gradmesser-Folge. Wir wollen uns deshalb ganz, ganz herzlich bedanken für Euer Interesse! Und zwar bei Euch, die Ihr von Anfang an schon mit dabei seid, genauso wie bei Euch, die Ihr heute vielleicht sogar zum allerersten Mal reinhört. Wir würden natürlich auch sehr gerne wissen, ob Euch das gefällt, was wir hier so treiben, und vor allem, was wir noch besser machen können. Wir haben deshalb hier eine sehr kurze Umfrage erstellt. Alle die mitmachen, bekommen als Dankeschön einen Monat gratis das Tagesspiegel-E-Paper. Wir würden uns sehr über Euer Feedback freuen!
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Aug 18, 2022 • 28min

Ein riesiger Wasserspeicher verschwindet mit den Gletschern

In den Alpen droht die größte bisher dagewesene Gletscherschmelze. Das hat Folgen auch für Trinkwasser und Flüsse wie den Rhein. Im Sommer der Superlative mit außergewöhnlicher Hitze, viel zu wenig Regen und lang anhaltender Dürre befürchtet Glaziologe Daniel Farinotti einen weiteren negativen Höhepunkt: Die Gletscherschmelze in den Alpen könnte in diesem Jahr so massiv sein, dass sie das bisherige Rekordjahr von 2003 noch übertrifft. Was das für den Wasserhaushalt im Alpenraum und darüber hinaus bedeuten kann, weshalb die Gletscher wichtig sind für unser Ökosystem und ob die Gletscher gerettet werden können, darum geht es in dieser Gradmesser-Folge. Im Alpenraum werden sich in den kommenden Jahren, zum Teil nur vorübergehend, hunderte neue Seen bilden. Farinotti, Professor an der ETH Zürich, erklärt, welche Rolle diese künftig bei der Wasserversorgung mit spielen könnten, und was für einen außerordentlichen Einsatz von Ressourcen und Land das bräuchte. Generell ist sein Appell: Der CO2-Ausstoß muss reduziert werden, so schnell und so drastisch wie möglich. Der Rhein, der in der Schweiz entspringt, profitiert im heißen Sommer ebenfalls vom Schmelzwasser. Doch aktuell ist der Pegelstand des längsten Flusses in Deutschland an manchen Stellen so niedrige wie noch nie. Hier zeigt sich, dass die Klimakrise auch ein massives Problem für die Wirtschaft bedeutet. Warum das so ist und was hier getan werden könnte, dazu weiß Caspar Schwietering vom Tagesspiegel Background Verkehr und Smart Mobility mehr. Und auch in Berlin droht ein Negativrekord: Der Sommer könnte der trockenste in der Hauptstadt seit Beginn der Wetteraufzeichnungen werden. Was das für Folgen für die Stadtnatur hat, sagt Stefan Jacobs aus dem Berlin-Ressort des Tagesspiegels. Besonders bitter: Viele der Straßenbäume drohen aufgrund des Wassermangels abzusterben. und es ist zweifelhaft, ob sie noch gerettet werden können. Wenn Ihr Wünsche oder Kritik habt, dann schreibt sie gerne an gradmesser@tagesspiegel.de. Wir freuen uns darüber!
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Jul 7, 2022 • 26min

Ist der Klimaaktivismus in der Krise?

Straßenblockaden verärgern Mitbürger, der Kanzler reagiert genervt und bei Demos bleiben die Leute weg. Gleichzeitig werden Wissenschaftler aktiv. Beim G7-Gifpel 2015 in Deutschland gingen rund 40.000 Menschen für mehr soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz auf die Straße. In diesem Jahr waren es gerade mal 5000. Medial präsent sind aktuell vor allem die Aktivistinnen und Aktivisten vom „Aufstand letzte Generation“, die sich selbst auf der Straße festkleben und den Verkehr stoppen. Ihr harter Kern, der sich um die komplette Organisation kümmert, zählt etwa 50 Mitglieder. Sind die Klimaaktivist:innen selbst in der Krise? Darum geht es in dieser Gradmesser-Folge mit dem Regisseur Berndt Welz. Berndt Welz ist Dokumentarfilmer, er beschäftigt sich seit Jahren mit ökologischen und Klimaschutz-Themen. Sein aktueller Film „Radikale Klimaaktivisten: Wie weit darf Protest gehen?“ ist in der ZDF-Mediathek abrufbar. Darin hat er unter anderem Aktivistinnen und Aktivisten von der „Letzten Generation“ und von „Extinction Rebellion“ eng begleitet. Welz ist voller Sympathie für das Anliegen die Aktvist:innen, (ver)zweifelt aber etwas an deren Vorgehen. Klimaschutz werde auf diese Weise „in eine linke Ecke gedrängt“, sagt er. Diese Spaltung hält er für fatal, weil Klimaschutz von der ganzen Gesellschaft getragen werden müsse. Sicher ist er sich trotzdem: Die Aktivistinnen und Aktivisten werden nicht gewalttätig werden. „Der Trend ist eindeutig, dass sie sich nicht radikalisieren werden.“ Hoch interessant findet Welz in dem Zusammenhang die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die jetzt seit kurzem als „Scientist Rebellion“ zivilen Widerstand leisten. Warum sie diesen Schritt gegangen ist, und was andere Kolleginnen und Kollegen dazu sagen, das verrät Maria-Inti Metzendorf von der Uniklinik Düsseldorf ebenfalls im Podcast. Und Jan Schulte vom Tagesspiegel Background Sustainable Finance erklärt, welche Folgen es über Europa hinaus hat, dass Gelder für Atomkraft und Erdgas jetzt in der EU tatsächlich als nachhaltige Investitionen gelten, und was das für den Ausbau der Erneuerbaren Energien bedeutet. Der Gradmesser geht jetzt in die Sommerpause. Sie hören uns wieder mit einer neuen Folge am 19. August. Mails allerdings werden auch im Sommer gelesen und beantwortet. Wenn Sie Wünsche haben oder Kritik, dann schreiben Sie gerne an gradmesser@tagesspiegel.de.
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Jun 30, 2022 • 31min

Was drei Grad Erwärmung für die Welt bedeuten

Klimaphysiker Stefan Rahmstorf sagt, wie Klimasysteme sich verändern würden, warum das keine gute Zukunft wäre, und auf welche Kipppunkte er setzt. Schon in drei Jahren könnte die Marke von 1,5 Grad Erderwärmung gerissen werden, zumindest vorübergehend, prognostiziert die Weltwetterorganisation. Aktuell sieht der Weltklimarat den Planeten außerdem auf direktem Weg sich um drei Grad im Vergleich zur Zeit vor der Industriealisierung zu erhitzen. Eine Welt, in der wir so nicht leben möchten. Wie sie aussehen könnte, darum geht es in dieser Gradmesser-Folge mit Klimaphysiker Stefan Rahmstorf. Aber warum steigt die Temperatur weiter an, wenn sich doch im Pariser Klimaabkommen die Staaten der Welt auf ein ganz anderes Ziel geeinigt haben? Diese Frage wird geklärt, ebenso warum in einer Drei Grad wärmeren Welt in Deutschland die Temperaturen um deutlich mehr als drei Grad steigen würden, was Klimakipppunkte mit Kaffeetassen zu tun haben und ob die Erderwärmung eigentlich außer Kontrolle geraten könnte. Stefan Rahmstorf forscht am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung, war Leitautor des Weltklimarates bei dessen vierten Sachstandsbericht, schreibt viel gelesene Kolumnen und kommuniziert intensiv zu Klimathemen auf Social Media. Im Sammelband „Drei Grad Mehr“, herausgegeben von Klaus Wiegandt, schreibt Stefan Rahmstorf zusammen mit anderen renommierten Wissenschaftler:innen zu den Folgen der Erderwärmung. Auch wenn die Szenarien beunruhigend sind, sollte das nicht deprimieren, findet er, denn: „Wir haben es immer noch in der Hand, die Erderhitzung zu stoppen.“ Was das mit gesellschaftlichen Kipppunkten zu tun hat, auch darum geht es in dieser Gradmesser-Folge. Wir freuen uns sehr über Feedback! Schreibt gerne an gradmesser@tagesspiegel.de.
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Jun 23, 2022 • 27min

Glaubwürdig? Die G7 und der Klimaschutz

Klimaschutz sollte das große Thema der deutschen G7-Präsidentschaft werden. Dann griff Russland die Ukraine an. Was der G7-Gipfel jetzt trotzdem bringen wird und wo Olaf Scholz einen echten Fehler machen könnte. Klimaschutz sollte das entscheidende Thema der deutschen G7-Präsidentschaft werden, sogar einen Klimaclub der großen westlichen Industrienationen gründen wollte Bundeskanzler Olaf Scholz. Dann griff Russland die Ukraine an und alles war anders. Ob der G7-Gipfel im bayerischen Elmau trotzdem gute Entscheidungen für den Klimaschutz bringt, wie glaubwürdig Ankündigungen zu CO2-Einsparzielen oder Verkehrswende sind, und ob der russische Krieg jetzt einen Boost der Erneuerbaren oder einen einen fossilen Teufelskreis ausgelöst hat, darum geht es in dieser Gradmesser-Folge, unter anderem mit Guntram Wolff, Direktor des Brüsseler Thinktanks Bruegel. Guntram Wolff sagt außerdem, warum es auch im ureigenen Interesse der Industriestaaten ist, den armen Ländern vor allem im globalen Süden endlich die schon seit Jahren versprochenen 100 Milliarden Dollar pro Jahr für Anpassung und Klimaschutz zu zahlen. Dass dies bisher nicht passiert ist, nennt Wolff „enttäuschend“. Vanessa Nakate dürfte ihm da zustimmen. Die 25-jährige Uganderin ist das bekannteste Gesicht von „Fridays for Future“ in Afrika. Sie macht Olaf Scholz heftige Vorwürfe, für dessen Pläne, Deutschland an Erdgasförderung in Senegal zu beteiligen. Eine solche Entscheidung wäre „fehlgeleitet und selbstsüchtig“, sagt sie. Aus Klimaschutzgründen, und weil solche Projekte erfahrungsgemäß für die Menschen vor Ort keinen Wohlstand, sondern weitere Probleme mit sich brächten. Deutschland würde mit einem solchen Schritt außerdem gegen eine Vereinbarung von der Weltklimakonferenz aus dem vergangenen Herbst Glasgow verstoßen würde, nicht mehr in anderen Ländern in fossile Energieprojekte zu investieren. Deshalb sind auch Umweltverbände alarmiert, was hierzu auf dem Gipfel entschieden wird. Susanne Ehlerding vom Tagesspiegel Background Energie und Klima weiß außerdem, wo es gerade noch knirscht in der internationalen Klimapolitik, was China damit zu tun hat und wie wichtig bestimmte Entscheidungen des G7-Gipfels für die nächste Weltklimakonferenz im Herbst sein werden. Wenn Ihr Fragen an uns habt, Anregungen oder Kritik, dann schreibt uns gerne an gradmesser@tagesspiegel.de.
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Jun 16, 2022 • 29min

Inflation und Energiepreise - Gefahr für den Klimaschutz?

Gas und Essen kosten immer mehr. Ob die Regierung gut reagiert, was noch nötig wird, und wer im Herbst wohl richtig Probleme bekommt, dazu Klimaphysikerin Brigitte Knopf. Seit dem 24. Februar dieses Jahres, dem Tag, an dem Russland die Ukraine angegriffen hat, haben sich die Verbraucher-Gaspreise in Deutschland vervierfacht. Die Inflation ist so hoch wie fast seit 50 Jahren nicht mehr, und da Russland gerade selbst die Menge der Gasimporte noch einmal deutlich reduziert hat, werden die Preise weiter steigen. Um Antworten auf die hohen Energiekosten, soziale Härten und die Frage, wie der Klimaschutz dabei nicht ins Hintertreffen gerät, darum geht es in dieser Gradmesser-Folge mit der Physikerin und MCC-Generalsekretärin Brigitte Knopf. Schon im April hatte Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck angekündigt, Deutschland werde „ärmer werden“. Um aber die gravierendsten Folgen der hohen Energiekosten etwas abzumildern, hat die Bundesregierung inzwischen zwei sogenannte Entlastungspakete geschnürt. Mit enthalten dabei unter anderem die Abschaffung der EEG-Umlage, aber auch eine so kontrovers diskutierte Maßnahme wie der Tankrabatt. Letzteren hält Brigitte Knopf für „doppelt falsch“, weil er weder zum Energiesparen anregt noch gut für den Klimaschutz ist. Insgesamt aber bescheinigt Knopf, die auch Mitglied im Expertenrat für Klimafragen ist, den Regierungsmaßnahmen eine gute Wirkung, die mehrheitlich auch den ärmsten und armen Haushalten in Deutschland nutzt. Welche Maßnahmen sich für welche Einkommensklassen wie auswirken, hat diese MCC-Studie anschaulich analysiert. Allerdings geht Knopf davon aus, dass aufgrund der weiter steigenden Preise im Herbst „ein drittes Entlastungspaket notwendig“ sein wird. Gerade für Menschen mit Gasheizungen befürchtet sie sonst möglicherweise große Probleme. Ob und wie sich die Bundesregierung aber auf ein drittes Paket verständigen wird, ist aktuell unklar, da FDP-Finanzminister bereits angekündigt hat, dafür sehe er kein Geld mehr im Haushalt. Für Brigitte Knopf ist deshalb klar: Auch über Steuererhöhungen für die höchsten Einkommen in Deutschland müsse jetzt diskutiert werden, auch wenn die Koalition das vielleicht anders geplant habe. Aber, sagt Knopf: „Wir leben nunmal in einer Zeitenwende.“ Außerdem im Podcast: Nora Marie Zaremba vom Tagesspiegel Background Energie und Klima erklärt die Pläne des Umweltbundesamtes, wie den Verbrauchern jetzt aufgrund der ebenfalls drastisch steigenden Lebensmittelpreise geholfen werden könnte und gleichzeitig dabei etwas für den Klimaschutz getan würde. Jens Tartler vom Tagesspiegel Background Verkehr und Smart Mobility wiederum geht auf die Frage einer Hörerin ein, ob das Votum im EU-Parlament für ein Verkaufsverbot für Autos mit Verbrennermotoren ab 2035 ein wichtiges Signal für den Klimaschutz ist und warum die FDP sich mit Händen und Füßen dagegen wehrt. Wenn Ihr eine Frage oder Anregung habt, schreibt uns gerne an gradmesser@tagesspiegel.de. Wir freuen uns auf Eure Meinung!
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Jun 9, 2022 • 28min

Das Öl, der Präsident und die Hoffnung auf Reichtum

Klimapolitisch ist sie Irrsinn, aber in Uganda soll bald eine Pipeline Öl sogar aus dem Nationalpark transportieren. Mit dabei: Frankreichs Energieriese Total. Wer heute noch in fossile Infrastruktur wie Ölquellen oder Kohleminen investiert, ist „moralisch und ökonomisch“ ein Trottel, sagt niemand Geringeres als UN-Generalsekretär Antonio Guterres. Tatsächlich muss global, so die Erderhitzung gestoppt werden soll, so schnell wie möglich kein CO2 mehr in die Atmosphäre freigesetzt werden. Was bedeutet, dass entsprechend auch kein Benzin oder Erdöl mehr verbrannt werden können. Warum manche Firmen und Regierungen trotzdem noch darauf setzen, sogar neue Ölquellen zu erschließen, darum geht es in dieser Folge, und zwar um die geplante „East African Crude Oil Pipeline“. Die EACOP Pipeline soll Rohöl über 1444 Kilometer von der Pumpstation Hoima in Uganda entlang des Victoriasees bis zum tansanischen Ölterminal Tanga am Indischen Ozean transportieren. Im Rahmen des Tagesspiegel-Projektes „A Female Fight for the Future“ waren Cordula Eubel und Hendrik Lehmann in Uganda. Sie haben die die künftigen Förderstätten nahe des Albertsees und im Murchison Falls Nationalpark besucht, mit von Baumaßnahmen Betroffenen und Aktivistinnen gesprochen. Im Podcast sagt Cordula Eubel unter anderem, warum Präsident Museveni die Pipeline will, wie Tiere und Menschen schon jetzt massive Probleme damit haben, und wer der größte Gewinner dabei ist: der französische Energiekonzern Total Energies. Benjamin Pohl vom Klima-Thinktank Adelphi ordnet ein, weshalb großer Ressourcenreichtum nicht zwingend zu mehr Wohlstand in einem Land führen muss, sondern sich sogar als „Fluch“ erwiesen hat. Zugleich erläutert er, warum es den Industriestaaten mit ihrem massiven CO2-Ausstoß kaum ansteht, armen Ländern wie Uganda Vorgaben im Blick auf die eigene Entwicklung im Sinne der Klimagerechtigkeit zu machen. In Uganda allerdings kommt massiver Protest gegen das Pipeline-Projekt auch aus der Bevölkerung, wie Cordula Eubel zu berichten weiß. Ebenfalls im Podcast: Susanne Ehlerding vom Tagesspiegel Background Energie und Klima erklärt das Klima-Chaos, das sich in dieser Woche im EU-Parlament rund um den Emissionshandel abgespielt. Aber keine Sorge, sie sagt auch, warum das Gesetzespaket „Fit for 55“ und die damit verbundenen Klimaschutzziele dennoch nicht vom Tisch sind. Fragen, Kritik oder Anregungen schreit gerne an gradmesser@tagesspiegel.de, wir freuen uns darauf!
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Jun 2, 2022 • 27min

Kein Ende bei der großen Klima-Sauerei?

Massentierhaltung bedroht das Klima, und Tiere leiden. Trotzdem werden Schweinemastbetriebe immer größer. Wie eine irre Spirale gestoppt werden kann. Das Lieblingstier der Deutschen ist, wenn es ums Essen geht, das Schwein. Rund 45 Kilogramm Schweinefleisch pro Jahr und Kopf werden hierzulande verspeist, das ist mehr als die Hälfte des jährlichen Fleischkonsums insgesamt. Im vergangenen Jahr sind in deutschen Schlachtfabriken deshalb knapp 52 Millionen Schweine getötet worden, die davor in teils riesigen Agrarbetrieben gemästet worden sind. Warum die industrielle Massentierhaltung nicht nur schlimm für die Tiere, sondern auch schlecht für Klima und Umwelt sind, darum geht es in dieser Gradmesser-Folge unter anderem mit dem Agrarökonomen Rudolf Buntzel. (~Min.6) Der Autor des Buches „Pig Business – vom Hausschwein zum globalen Massenprodukt“, kennt sich in den Verflechtungen des internationalen Schweinegeschäfts aus. Er erklärt sowohl den Druck auf die Landwirte durch Futtermittelproduzenten und Schlachtindustrie, als auch den riesigen Einfluss den die vier großen Supermarktketten in Deutschland auf das Geschäft der Schweinbauern haben. Wie diese großen Konzerne sowohl Teil des Problems, als auch, zumindest in Ansätzen, Teil der Lösung sind, auch darum geht es im Podcast. Und warum ein Kilo Schweinenackensteak mindestens 20, eher 30 Euro kosten müsste, wenn es sowohl Schwein also auch Bauer und Bäuerin gut gehen soll. Susanne Ehlerding vom Tagesspiegel Background Energie und Klima erklärt außerdem den Zusammenhang von Massentierhaltung und Klima-, sowie Biodiversitätskrise. Dazu analysiert sie, warum sich die Bundesregierung mit dieser Herausforderung schwer tut. (~Min.2) Christian Schaudwet, ebenfalls vom Background Energie und Klima, widmet sich einer Frage, die Hörerinnen und Hörer der vergangenen Gradmesserfolge beschäftigt hat: Energieökonomin Claudia Kemfert hatte erklärt, dass die jetzt von der Bundesregierung im Schnellverfahren geplanten LNG-Terminals nicht einfach „wasserstoff-ready“ geplant werden können. Die Bundesregierung sieht das weiter optimistisch anders. Christian Schaudwet weiß, was Sache ist. (~Min.24:30) Wenn Ihr auch eine Frage habt, oder Kritik oder Anregungen, dann schreibt uns gerne an gradmesser@tagesspiegel.de. Wir freuen uns von Euch zu lesen!

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