
Gradmesser
Was können wir gegen den Klimawandel tun? Ruth Ciesinger geht dieser Frage mit Expert:innen aus Wissenschaft, Politik und Technik im Klima-Podcast vom Tagesspiegel nach.
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Mar 3, 2022 • 25min
Raus aus Russlands Gas - aber wie?
Deutschland setzte bei der Energiewende voll auf russisches Gas. Nach Putins Angriff auf die Ukraine ist das hinfällig. Über fossile Abhängigkeiten und Alternativen.
Deutschlands wichtigster Importpartner für Öl, Steinkohle und vor allem Erdgas ist – Russland. Rund 57 Prozent des hierzulande verwendeten Gases kommt aus russischen Quellen, Gas deckt insgesamt ein Viertel des deutschen Energiebedarfes. Für die kommenden Jahre hätte das noch mehr werden können, denn Erdgas hat bisher in den deutschen Plänen zur Energiewende eine entscheidende Rolle als Brückentechnologie eingenommen. Zumindest, bis Wladimir Putin am 24. Februar einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen hat.
EU und USA haben inzwischen weitreichende Sanktionen gegen Russland und die russische Führung erlassen. Ausgespart aber bleibt das Öl- und Gasgeschäft. Auch die Gazprom-Bank ist nicht, wie andere russische Banken, vom internationalen Zahlungssystem Swift ausgeschlossen, so dass zum Beispiel Deutschland weiter für Gas und Öl aus Russland zahlen kann. Mindestens indirekt wird dadurch auch der russische Krieg gegen die Ukraine finanziert. Auch deshalb werden Forderungen laut, jetzt möglichst schnell aus dem russischen Gas „auszusteigen“. Andererseits könnte auch Wladimir Putin selbst beschließen, die Lieferungen einzustellen.
So oder so fragt sich: Kommt Deutschland, kommt die EU los von russischem Gas – und wie sieht es mit der Energiewende aus? Antworten darauf hat im Podcast Andreas Löschel. Andreas Löschel ist Leitautor des Weltklimarates, Professor für Umweltökonomik und Nachhaltigkeit in Bochum. Und – besonders spannend in diesen Zeiten – er leitet die Expertenkommission "Energie der Zukunft" der Bundesregierung.
Das größte Problem der fossilen Energieträger wie Erdgas, Öl und Kohle ist aber unabhängig von deren Herkunft die Unmengen an Treibhausgasen, die bei Förderung und Verbrauch entstehen. Wie lebensbedrohlich die durch die immer weiter steigenden CO2- und Methan-Emissionen weiter voranschreitenden Klimakrise bereits ist, hat der Weltklimarat am 28. Februar im zweiten Teil des sechsten IPCC-Sachstandsberichts dargelegt.
Hans-Otto Pörtner, Ko-Vorsitzender der IPCC-Arbeitsgruppe und Meeresbiologe am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven, geht im Podcast auf die aktuelle Emissionsentwicklung ein.
Fragen, Kritik oder Anregungen könnt Ihr gerne an gradmesser@tagesspiegel.de schicken. Wir freuen uns darauf.

Feb 24, 2022 • 30min
Wie die Klimakrise das Meer versauern lässt
Ozeane speichern riesige Mengen CO2. Doch was die Erderwärmung puffert, setzt Korallen oder Fische immer stärker unter Stress. Mit Folgen auch für den Menschen.
Die Ozeane bedecken über 70 Prozent unseres Planeten und sind für das Klimasystem der Erde extrem wichtig. Unter anderem mildern sie den Treibhauseffekt, in dem sie große Mengen des CO2 aus der Atmosphäre speichern, das zuvor zum Beispiel durch das Verbrennen von Öl und Gas dorthin gelangt ist.
Doch dass die Meere die Erderwärmung bremsen, ist zwar kurzfristig von Vorteil. Für die Ozeane wird der Nachteil aber immer größer und für Fische, Korallen, Muschen und anderen Organismen im Wasser inzwischen zu einem riesigen Problem – das letzten Endes auch die Menschen zu spüren bekommen. „Wir kommen an Punkte, wo manche Ökosysteme unwiderruflich geschädigt werden“, sagt Felix Mark, Ökophysiologe am Alfred-Wegener-Institut im Bremerhaven, in dieser Gradmesser-Folge. „Da haben wir den Zug verpasst.“
Außerdem in dieser Folge: Sinan Recber klärt auf, warum der neue CDU-Chef Friedrich Merz mit einem alten Vorurteil zu Erneuerbaren Energien falsch liegt: Sie sind nicht teurer als Erdgas oder Kohle, sondern im Gegenteil nicht nur sauberer, sondern auch billiger, wie unter anderem eine Studie des Fraunhofer Instituts darlegt.
Und Susanne Ehlerding vom Tagesspiegel Background Energie und Klima bereitet auf den zweiten Teil des 6. Sachstandberichts des Weltklimarates vor. Der wird am 28. Februar vorgestellt, und möglicherweise verhallen diesmal die Warnrufe der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht ganz ungehört.
Wenn Ihr außerdem Anregungen, Kritik oder Fragen habt – schreibt gerne an gradmesser@tagesspiegel.de, wir freuen uns darüber.

Feb 17, 2022 • 28min
Klimairrsinn Bitcoin - Klimahoffnung Blockchain?
Die Kryptowährung ist ökologisch höchst zweifelhaft. Die Technik aber, auf der der Bitcoin beruht, soll den Kampf gegen die Klimakrise voranbringen.
Bitcoins haben zuletzt einige, vergleichsweise wenige Menschen sehr, sehr reich gemacht – und sehr viele andere in Goldgräberstimmung versetzt. Dem Klima tut die Kryptowährung dafür aber überhaupt nicht gut. Im vergangenen Jahr hat allein das Blockchain-Netzwerk des Bitcoin nach Berechnungen des Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index mehr als 130 Terawattstunden Strom verbraucht – und damit mehr als die Niederlande.
Stephan Ramesohl, Energieexperte und Ko-Leiter Leiter des Forschungsbereichs Digitale Transformation am Wuppertal Institut, hält deshalb auch gar nichts von Slogans wie „Digital First – Bedenken Second“: „Das ist Unfug“, sagt er in dieser Folge. Die Digitalisierung ist zwar „definitiv die prägende Gestaltungskraft des 21. Jahrhunderts. Wir müssen sie aber für die dringendste Gestaltungsaufgabe des 21. Jahrhunderts nutzen: Klimaschutz, Ressourcenschutz, Umweltschutz.“
Wann also einerseits digitaler Fortschritt für das Klima zum echten Problem werden kann – und wie die Digitalisierung anderseits beim Klimaschutz helfen kann, darum geht es in dieser Gradmesser-Folge rund um Bitcoin, Kryptowährung und Blockchain-Technologie. Und um die Frage, ob die EU das Schürfen von Bitcoins - wie China - am besten verbieten lassen sollte.
Dabei kann gerade die hier eingesetzte die Blockchain-Technik beim Klimaschutz auch sehr produktiv eingesetzt werden. Wie das geht, auch das sagt Stephan Ramesohl, der für das Bundesumweltministerium eine entsprechende Studie mit erarbeitet hat.
Außerdem geht es um eine wichtige Warnung des neuen, alten Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Der beobachtet, wie Hetzer und Extremisten, die jetzt noch bei Corona ihre Mitmenschen verunsichern und aufbringen wollen, sich jetzt auch gegen den Klimaschutz positionieren. Sozialpsychologin Pia Lamberty und Autor Toralf Staud haben diese Entwicklung in einer früheren Gradmesser-Folge analysiert.
Mit Kritik, Vorschlägen oder Fragen erreicht Ihr uns unter gradmesser@tagesspiegel.de. Wir freuen uns, von Euch zu hören.

Feb 11, 2022 • 21min
„Dann müssen wir den Gehorsam verweigern“
Ziviler Ungehorsam, Kernkraft und ein Präsident, der viel verspricht und wenig hält: Frankreichs bekannteste Klimaaktivistin Camille Etienne macht sich Sorgen.
Autoblockaden als ziviler Ungehorsam in der Klimakrise? Wofür die Grünen-Umweltministerin Steffi Lemke sich gerade einiges von FDP-Kabinettsfreunden anhören muss, darüber gibt es für Camille Etienne gar keine Diskussion: Manchmal müsse man „auch zivilen Ungehorsam“ leisten. Das Recht, so die Französin, die sich selbst als „militante Klimaaktivistin“ bezeichnet, garantiere „nicht immer das Beste für das Allgemeinwohl. Wenn das der Fall ist, dann müssen wir den Gehorsam verweigern.“
Camille Etienne ist in Frankreich so bekannt wie Luisa Neubauer von „Fridays for Future“ in Deutschland. Im Gradmesser spricht sie über Frankreichs verunglücktes Klimagesetz, die große Abhängigkeit des Landes von der Kernenergie, und warum der Kandidat der Grünen, Yannick Jadot, bei der anstehenden Präsidentschaftswahl wohl keine Chance hat.
Eine Video-Aufnahme des Gesprächs, das bei der Konferenz Europe 2022 von Tagesspiegel, „Zeit“, „Handelsblatt“ und „Wirtschaftswoche“ geführt worden ist, können Sie hier sehen.
Der IPCC-Leitautor https://twitter.com/wolfgangcramer?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Eauthor erläutert außerdem im Klimapodcast, warum Frankreichs enge Bindung an die Kernenergie seiner Einschätzung nach am militärischen Sektor hängt. Präsident Emmanuel Macrons Klimapolitik sehen sowohl Etienne als auch Cramer kritisch: Weil er seine Versprechen nicht gehalten hat, so die Aktivistin. Und weil er auf nationaler Ebene lieber die alte Industrie stärkt, statt ernsthaften Versuche zu machen, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, so der Wissenschaftler, der am Institut Méditerranéen de Biodiversité et d'Ecologie marine et continentale forscht. Fragt sich, was das angesichts der aktuellen französischen EU-Ratspräsidentschaft für die weiteren Schritte der EU-Klimapolitik bedeutet.
Was haltet Ihr von den Autoblockaden der Klimaaktivist:innen? Wir freuen uns über Mails von Euch an gradmesser@tagesspiegel.de.

Jan 27, 2022 • 29min
Klimahoffnung Technik – wenn CO2 zu Stein wird
Für manche Teufelszeug, für andere Lösung der Klimakrise – und so oder so notwendiger Bestandteil des Wegs zur Klimaneutralität: Wenn CO2 der Atmosphäre entnommen wird.
Wer es ernst meint mit der Klimaneutralität, kommt um die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre nicht herum. Nur wenn wirklich kein CO2 mehr ausgestoßen wird, ist die Erderwärmung zu stoppen. Weil aber die Menschheit in bestimmten Bereichen vor allem CO2-Äquivalente auch im Jahr 2050 selbst bei weltweit erfolgreicher Energiewende und nachhaltigen Klimaschutzmaßnahmen nicht völlig wird vermeiden können, braucht es sogenannte Negativemissionen: Kohlenstoffdioxid muss wieder aus der Luft gefiltert werden.
Dieses Carbon Dioxide Removal, so der englische Fachausdruck, funktioniert auf natürlichem wie auch auf technischem Wege. Warum kaum ein Szenario des Weltklimarates mehr ohne CDR auskommt, und warum in Deutschland die Bedenken gerade gegenüber technologischen Ansätzen verbreitet sind, darüber spricht in dieser Gradmesser-Folge Oliver Geden, Sozialwissenschaftler an der Stiftung Wissenschaft und Politik und Leitautor des Weltklimarates.
Susanne Ehlerding vom Tagesspiegel Background Energie und Klima liefert grundlegende Fakten zum Treibhausgas Kohlendioxid und dessen Wirkung, und berichtet über ihren Island-Besuch bei Orca, der weltweit bisher größten Anlage, die CO2 aus der Luft saugt.
Und Nora Marie Zaremba, ebenfalls vom Tagesspiegel Background blickt auf die Zukunft des Klimaschutzes in der CDU unter dem neuen Vorsitzenden Friedrich Merz.
Kritik, Anregungen oder Fragen könnt Ihr an gradmesser@tagesspiegel.de schicken, wir freuen uns darüber. Die nächste Gradmesser-Folge erscheint am 11. Februar.

Jan 21, 2022 • 27min
Warum Rechtspopulisten die Klimakrise leugnen
Wenn Hetze Wähler bringen soll, und Spaltung zur Strategie gehört: So torpedieren Rechte Klimaschutz, und das lehrt die Coronakrise jetzt schon über sie.
Zwar ist die große Mehrheit der Deutschen für mehr Klimaschutz. Doch wird konkret ein Windrad in der Nähe des eigenen Hauses gebaut, sinkt schon mal die Zustimmung. Dann schlägt oft die Stunde der Klimawandelleugner und Populisten: Weil erstere Argumente liefern, warum die Veränderungen sowieso nicht notwendig sind, und weil letztere simple Feindbilder schaffen, bei denen „die anderen“ nur Böses planen.
Doch was folgt daraus, wenn die Ampel-Koalition jetzt tatsächlich loslegt mit der Energiewende? Die AfD wartet nur darauf, aus dem Widerstand gegen Energiewende und Windkraft Kapital zu schlagen. Tatsächlich kommen die meisten Gegner des Klimaschutzes, in Deutschland jedenfalls, von rechts. Mit welchen Mitteln sie vorgehen, welche Ziele sie verfolgen und wie ihnen begegnet werden kann, darum geht es in dieser Folge mit Toralf Staud, Autor des Buches „Deutschland 2050. Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird“ und Mitbegründer des Wissenschaftsportals Klimafakten.de.
Sozialpsychologin Pia Lamberty („True Facts – Was gegen Verschwörungserzählungen wirklich hilft“) erläutert außerdem, warum viele der Menschen, die jetzt Corona leugnen, künftig ganz leicht ins Lager der Klimakrisenleugner wechseln könnten. Und sie beschreibt, welche Verschwörungsmythen jetzt schon in Deutschland kursieren.
Deutlich wird: Notwendige Klimaschutzmaßnahmen, wie zum Beispiel ein CO2-Preis, dürfen das fossile Leben nicht nur teurer machen, sie müssen gleichzeitig sozial ausgeglichen werden. Es gibt dafür auch viele Möglichkeiten. Unter anderem die Idee eines Klimageldes erläutert die Physikerin Brigitte Knopf vom Mercator Research Institute in einer früheren Gradmesser-Folge, die hier zu hören ist.
Kritik, Anregungen oder Ideen freuen uns sehr! Schreibt uns gerne an gradmesser@tagesspiegel.de.

Jan 13, 2022 • 26min
Erdgas: Schlecht fürs Klima, gut für die Energiewende
Methan ist kurzfristig noch viel klimaschädlicher als CO2. Trotzdem werden jetzt sogar neue Erdgaskraftwerke gebraucht. Dafür wird auch ,kreativ' nach Geld gesucht.
Die Ampel will jetzt die Energiewende vorantreiben und massiv Solar- und Windenergie ausbauen. Von heute 40 Prozent sollen die Erneuerbaren Energien im Jahr 2030 rund 80 Prozent des Strombedarfs in Deutschland decken. Doch die Energiewende, das hat Wirtschaftsminister Robert Habeck Anfang der Woche klargemacht, wird nicht ohne Erdgas zu bewerkstelligen sein.
„Wir brauchen für den Übergang Gaskraftwerke“, bekräftigte der Grünen-Politiker bei der Vorstellung der Pläne seines Ministeriums. (Hier das Video der Pressekonferenz) Um auf diese Weise Versorgungssicherheit zu garantieren und Speichermöglichkeiten vorzuhalten – bis dann die frühere Infrastruktur mit emissionsarm produziertem Wasserstoff betrieben werden kann.
Warum Erdgas aber alles andere als eine nachhaltige Energiequelle ist und trotzdem jetzt der Ausbau der Gasinfrastruktur notwendig ist, darum geht es in dieser Gradmesser-Folge. Energiemarktexpertin und Wirtschaftsweise Veronika Grimm erläutert den Zusammenhang mit dem geplanten Kohleausstieg, die Herausforderungen bei einer Umstellung auf Wasserstoff und die Rolle des europäischen CO2-Preises.
Außerdem erläutert die Professorin für Volkswirtschaft ihren „eher pragmatischen“ Ansatz im Blick auf die EU-Taxonomie, die unter bestimmten Bedingungen Investitionen in Kernkraft- und Erdgaskraftwerke als nachhaltig kennzeichnen will. Ein Vorhaben, das nicht nur Klimawissenschaftler und Experten für einen nachhaltigen Finanzmarkt schockiert. (Hier zum offenen Brief gegen Gas in der Taxonomie der IIGCC)
Auch die Abhängigkeit von Russland, das Deutschland mit über 50 Prozent seines Erdgasbedarfs versorgt, spielt eine Rolle, sowie Möglichkeiten, wie diese künftig verringert werden kann.
Wir freuen uns über Kritik, Hinweise oder Anregungen an gradmesser@tagesspiegel.de.

Dec 16, 2021 • 30min
„Wir schaffen die Klimaziele nicht annähernd“
Deutschland reißt die 1,5-Grad-Grenze und verpulvert viel zu schnell sein CO2-Budget. Was das bedeutet, und wie sich die Politik jetzt Emissionen schön rechnet.
SPD, Grüne, FDP und Union – sie haben sich im Wahlkampf demonstrativ zum 1,5-Grad-Ziel bekannt. Und jetzt? Bisher bringen auch die Pläne der Ampel bei weitem nicht so schnell CO2-Neutralität, wie Deutschland sie nach dem Pariser Klimaabkommen erreichen müsste. „Wir schaffen die Klimaziele nicht annähernd“, sagt Klimaphysiker Wolfgang Lucht.
Wenn die Menschheit mit einer Zwei-Drittel-Wahrscheinlichkeit die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen will, bleibt Ihr aktuell ein CO2-Budget von rund 320 Gigatonnen, das noch in die Atmosphäre verheizt werden kann. Wenn nicht drastisch gegengesteuert wird, das ergeben die Berechnungen des Weltklimarates, dann ist das Budget in etwas mehr als sieben Jahren aufgebraucht.
Aber wie lässt sich so ein globales CO2-Budget eigentlich so leicht errechnen? Warum ist es ungleich schwerer, eine gerechten Verteilungsmaßstab für die einzelnen Staaten zu finden? Und mit was für Tricks rechnet die Politik jetzt Emissionen schön? Um diese Fragen und mehr geht es in dieser Gradmesser-Folge mit Professor Wolfgang Lucht, Leiter der Abteilung für Erdsystemanalyse am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung und Mitglied des Sachverständigenrats für Umweltfragen.
Spannend außerdem: Wenn Menschen wissen, worum es in der Klimakrise wirklich geht, dann sind sie zu deutlich größeren Einschränkungen bereit, das hat Wolfgang Lucht bei seiner Begleitung des Bürgerrates Klima gemerkt. „Da geht noch viel mehr“, sagt er. Doch die Regierung muss vorher erstmal ehrlich sein.
Nach dieser Folge geht der Gradmesser in eine kurze Weihnachtspause, Ihr hört uns wieder Mitte Januar. Wenn Ihr Anregungen oder Wünsche habt, wie wir im neuen Jahr weitermachen sollen, dann schreibt uns gerne an gradmesser@tagesspiegel.de. Und bis dahin auch Euch hoffentlich schöne Feiertage!

Dec 9, 2021 • 26min
„Ohne weniger Autos wird es nicht gehen“
Kriegt FDP-Minister Wissing die CO2-Emissionen beim Verkehr in den Griff? Worauf es beim Klimasünder Nummer Eins und bei der Mobilitätswende jetzt ankommt.
Großes Klimaschutz-Sorgenkind ist in Deutschland der Verkehrssektor - die Emissionen sinken nicht, dafür werden die Autos immer mehr. Mehr als 160 Millionen Tonnen CO2 werden da jährlich in die Atmosphäre geschickt, das ist ein Fünftel der deutschen Treibhausgasemissionen insgesamt. Und schon in neun Jahren müssen die auf 85 Millionen Tonnen gesunken sein. Ob das die Ampel schafft? (Umweltbundesamt-Angaben zum Verkehrssektor)
Anders als von vielen erwartet hat der FDP-Politiker Volker Wissing und kein Grüner die Aufgabe, als neuer Verkehrsminister in Deutschland die Mobilitätswende zu vollziehen. Welche Schritte ihm der Koalitionsvertrag hier vorgibt - oder auch nicht, warum die Wirtschaft weiter ist als Teile der Politik, und wo jetzt altes Lagerdenken fehl am Platz ist, darum geht es in dieser Gradmesser-Folge. (Ampel-Koalitionsvertrag)
Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte des BUND, ist auch erstmal zuversichtlich, dass die Ampel hier deutlich mehr tun wird als die letzte Regierung. „Die Ampel steht viel mehr unter Druck“, sagt er, auch aufgrund der Vorgaben aus dem Klimaschutzgesetz, die für jeden Sektor jährliche Minderungsziele vorsehen. Werden diese verfehlt, müssen Extra-Maßnahmen ergriffen werden. „Und die könnten deutlich drastischer ausfallen als ein Tempolimit“, so Hilgenberg. (Lesefassung Deutsches Klimaschutzgesetz, BUND zu Mobilität)
Dass ehrgeizige Ziel der neuen Regierung, bis zum Jahr 2030 rund 15 Millionen Elektroautos auf die deutschen Straßen zu schicken, lobt Hilgenberg. Allerdings könne es jetzt nicht nur darum gehen, vom Verbrennungsmotor auf E-Mobilität umzusteigen. Klar sei: „Ohne weniger Autos wird es nicht gehen“.
Wie die Mobilitätswende gelingen kann, welche klimaschädlichen Subventionen gestrichen werden können, wo die Kommunen mehr Einfluss brauchen - auch das sagt Hilgenberg im Podcast. Und Jana Kugoth vom Tagesspiegel Background Verkehr & Smart Mobility erklärt, warum Volker Wissing vielleicht weniger der „Autominister“ ist, als einige denken. (Startseite Tagesspiegel Background)
Wir freuen uns über Eure Kritik, Vorschläge oder Anregungen! Schreibt sie uns gerne an gradmesser@tagesspiegel.de.

Dec 2, 2021 • 30min
Aus Corona für die Klimakrise lernen
Außerdem: Wenn die Korallen sterben, warum es Klimaaußenpolitik braucht und jeder einzelne zählt. Ein Gespräch mit Kira Vinke über die globale Krise.
Die Durchschnittstemperatur der Erde hat sich bereits um mindestens Ein Grad erhöht. In Deutschland spüren wir die Folgen inzwischen auch deutlich. Aber in vielen anderen Regionen der Welt, die nicht so reich und nicht so entwickelt sind, schlägt die Klimakrise noch viel stärker durch. Was das für die betroffenen Menschen bedeutet, warum es jetzt eine Klimaaußenpolitik braucht, und welche Lehren sich aus der Coronakrise für die Klimakrise ziehen lassen, darum und mehr geht es in dieser Gradmesser-Folge mit Kira Vinke. Im folgenden drei Textempfehlungen:
Außenpolitik im Anthropozän (Kira Vinke)
Corona und Klima (Kira Vinke und Hans Joachim Schellnhuber)
Klima, Krisen und Konflikte (Kira Vinke)
Kira Vinke leitet das neu gegründete Zentrum Klima und Außenpolitik bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik hier in Berlin, Sie ist Vize-Vorsitzende des Beirats der Bundesregierung für Zivile Krisenprävention und Friedensförderung und forscht am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung.
In Gradmesser spricht sie über ihre Erfahrung auf den Marschallinseln und in Burkina Faso, wo die Menschen jetzt schon massiv vom Klimawandel bedroht sind. Sie sagt, warum das Sterben der Korallen auch ein Problem für uns in Deutschland ist, was sie vom Koalitionsvertrag hält – und warum es trotz des globalen Problems Klimakrise immer auch auf den Einzelnen ankommt.
Anregungen, Kritik oder Vorschläge - wir freuen uns darüber! Einfach an gradmesser@tagesspiegel.de schreiben.