Ep. 299: Adorno, Horkheimer und die Kulturindustrie
Apr 30, 2025
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Die Philosophen Horkheimer und Adorno zeigen, wie die Kulturindustrie Monopolstrukturen verstärkt und individuelle Kreativität unterdrückt. Sie kritisieren die Vereinheitlichung der Medien und den Einfluss von Plattformen wie Spotify. Die Verbindungen zwischen Klassenkampf und technischem Fortschritt werden untersucht, während der Einfluss von Ideologie auf Kunst und Konsum beleuchtet wird. Besondere Aufmerksamkeit gilt Welles' 'Citizen Kane' als kritisches Werk, das den Kapitalismus herausfordert. Schließlich wird die Illusion von Individualität in der digitalen Kulturindustrie thematisiert.
Horkheimer und Adorno kritisieren die Kulturindustrie als ein System, das passiven Konsum und homogenes Denken fördert, statt kritisches Bewusstsein zu wecken.
Die Veränderung des Verhältnisses zwischen Produzenten und Konsumenten führt dazu, dass künstlerische Einzigartigkeit in der massenproduzierten Kultur zunehmend an Bedeutung verliert.
Der Fortschritt in der Massenkommunikation wird als ambivalent betrachtet, da er sowohl Errungenschaften als auch Formen von Herrschaft und Gewalt produzieren kann.
Deep dives
Die Kulturindustrie und ihre Kritik
Die Kulturindustrie wird als ein zentrales Konzept der Frankfurter Schule betrachtet, das die Wechselwirkungen zwischen Kultur und Kapitalismus analysiert. Horkheimer und Adorno argumentieren, dass diese Industrie nicht nur unterhält, sondern auch ideologischen Einfluss ausübt, indem sie die Sinne der Menschen während ihrer Freizeit besetzt. Statt die Menschen zu ermutigen, kritisch zu denken, verstärkt die Kulturindustrie passive Konsumhaltung und fördert eine Homogenisierung von Geschmack und Ideologie. Dieser Prozess geschieht oft unter der Illusion von Individualität, während in Wirklichkeit die angebotenen Produkte standardisiert und massenproduziert sind.
Veränderungen in der Produzenten- und Konsumentenbeziehung
Im Laufe der Zeit hat sich das Verhältnis zwischen Produzenten und Konsumenten in der Kulturindustrie stark verändert. Während Künstler früher durch individuelles Schaffen und persönliche Ausdrucksformen auffielen, spielt die Einzigartigkeit heute eine untergeordnete Rolle, da die Massenproduktion den Markt dominiert. Dies führt dazu, dass Konsumenten zu reinen Konsumenten von vorgegebenen und oft klischeehaften Inhalten werden, was die gesellschaftliche Kreativität eindämmt. Horkheimer und Adorno betonen, dass das Produktionssystem nicht nur die Kunst, sondern auch die Konsumgewohnheiten der Menschen formt und steuert.
Die Dialektik von Aufklärung und Barbarei
Ein zentrales Thema in der Diskussion ist die Dialektik von Aufklärung und Barbarei, wobei Fortschritt nicht immer zu moralischem Wachstum führt. Horkheimer und Adorno argumentieren, dass technologische Fortschritte, wie die Massenkommunikation, in der Geschichte sowohl zu Errungenschaften als auch zu extremen Formen von Herrschaft und Gewalt geführt haben. Sie warnen, dass der Fortschritt in der Aufklärung nicht als linear und positiv angesehen werden kann, sondern auch negative Aspekte aufweisen kann. Die Schaffung von Kulturprodukten, die man als 'Schund' betrachtet, spielt in dieser Dialektik eine bedeutende Rolle, da sie ebenfalls zur Verführung und Manipulation der Massen dient.
Hedonismus und Konsumgesellschaft
Die Kulturindustrie fördert eine Form des Hedonismus, der darauf abzielt, die Menschen während ihrer Freizeit zu beschäftigen, um sie vom Arbeitsalltag abzulenken. Dies geschieht oftmals durch leichte Unterhaltung, die nicht zum kritischen Denken anregt, sondern dazu dient, den Menschen eine Flucht aus der Realität zu bieten. Horkheimer und Adorno weisen darauf hin, dass in einer Welt, in der Amüsement der verlängerte Arm der Arbeit ist, die Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung stark eingeschränkt wird. Gleichzeitig wird die gesellschaftliche Normenbildung in der Kulturindustrie kritisiert, da sie die Individuen dazu ermutigt, den Status quo zu akzeptieren, anstatt ihn in Frage zu stellen.
Die Herausforderung der kulturellen Vielfalt
Trotz der klanglichen und formalen Vielfalt, die die Kulturindustrie vorgibt, argumentieren Horkheimer und Adorno, dass es sich in der Tiefe um eine massive Vereinheitlichung handelt. Diese Entindividualisierung führt dazu, dass viele Menschen sich an den gleichen kulturellen Mustern orientieren und diese beinahe unkritisch konsumieren. Der Einfluss von Algorithmen, etwa bei Streaming-Diensten, verstärkt diese Tendenzen, indem sie Konsumverhalten standardisieren und vorgefertigte Inhalte verbreiten. Die Kritiker fordern, dass eine echte kulturelle Vielfalt und Individualität nur dann möglich ist, wenn auch die gentechnischen, wirtschaftlichen und sozialen Rückstände der Kulturindustrie ernsthaft in Frage gestellt werden.
Wohlstand für Alle
„Kultur heute schlägt alles mit Ähnlichkeit. Film, Radio, Magazine machen ein System aus. Jede Sparte ist einstimmig in sich und alle zusammen“, schreiben Max Horkheimer und Theodor W. Adorno im Kulturindustrie-Kapitel in der „Dialektik der Aufklärung“.
Wo manche Pluralisierung und Buntheit erkennen wollen, sehen die Philosophen der Frankfurter Schule eine große Vereinheitlichung innerhalb des Monopolkapitalismus am Werk, die konformes Denken und Autoritätshörigkeit produziert.
Die Freizeitgestaltung unterscheidet sich nicht mehr wesentlich von der Arbeitszeit. Im Akkord wird konsumiert und produziert. Auch der Unterschied zwischen einer Ware und Kulturerzeugnissen verschwimmt, wenn alles käuflich wird. Im Zeitalter von algorithmischer Sortierung, von Spotify-Playlisten und KI-generierter Kunst lohnt es sich, das Kapitel aus dem Klassiker der Kritischen Theorie noch einmal zu lesen.
In der neuen Folge von „Wohlstand für Alle“ sprechen Ole Nymoen und Wolfgang M. Schmitt über die Kulturindustrie der Vergangenheit und Gegenwart.
Literatur:
Max Horkheimer, Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente, S. Fischer.
Liz Pelly: Mood Machine. The Rise of Spotify and the Costs of the Perfect Playlist, Hodder & Stoughton.
Tim Wu: The Master Switch. The Rise and Fall of Information Empires, Vintage Reprint.
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