Beate Meinl-Reisinger, Chefin der NEOS und Kritikerin der Wiener Rathauspolitik, diskutiert mit Peter Hacker, dem sozialdemokratischen Sozialstadtrat, und Armin Thurnher, Herausgeber des FALTER. Sie erörtern die Herausforderungen der Sozialdemokratie nach 100 Jahren und kritisieren Strukturen der Korruption. Das Gespräch beleuchtet die soziale Verantwortung Wiens im neoliberalen Europa und die Notwendigkeit von Transparenz im Wohnbau. Herausforderungen im Bildungsbereich und die Rolle der Wähler in der politischen Zukunft Wiens stehen ebenfalls im Fokus.
Die Diskussion beleuchtet die Herausforderungen der heutigen Sozialdemokratie in Wien, die oft als selbstgefällig und von den Bürgern entfremdet wahrgenommen wird.
Die Idee des Roten Wien bleibt relevant, indem sie als Modell für soziale Stadtentwicklung dient und die Einbindung der Bürger in politische Prozesse betont.
Deep dives
Die Vision des Roten Wien
Der Rote Wien war ein sozialdemokratisch geführtes Modell, das nach dem Ersten Weltkrieg als Gegenentwurf zum Nationalismus konzipiert wurde. Es bot eine Vielzahl von sozialen Programmen und Wohnbauinitiativen, die von der Bevölkerung stark unterstützt wurden, mit Wahlergebnissen von bis zu 60%. Die Vision war, eine weltoffene und soziale Stadt zu schaffen, die nicht kommunistisch war, sondern ihre eigene Identität hatte. Diese Vision hat auch heute noch Bedeutung und eröffnet Potenziale für eine nachhaltige Stadtentwicklung in Wien.
Aktuelle Herausforderungen der Sozialdemokratie
Die heutige sozialdemokratische Politik in Wien steht vor Herausforderungen, da die Partei oft als selbstgefällig wahrgenommen wird und sich von den Bürgern entfremdet hat. Es gibt Bedenken hinsichtlich der strukturellen Korruption und Beschwerden über die Abgehobenheit der politischen Elite. Der soziale Aufstieg und die Bedürfnisse benachteiligter Gruppen werden oft nicht ausreichend adressiert. Eine Rückbesinnung auf die Wurzeln und Prinzipien des Roten Wien könnte eine Antwort auf diese Herausforderungen bieten.
Beteiligung und Öffentlichkeit
Ein zentrales Problem der heutigen Politik ist die fehlende Einbindung der Bürger in Entscheidungsprozesse. Es wird diskutiert, dass viele Menschen nicht einmal über ihre politischen Repräsentanten informiert sind, insbesondere in Stadtteilen mit geringer Wahlberechtigung. Eine transparente Kommunikation und aktive Beteiligung der Bevölkerung könnten den politischen Diskurs beleben und das Vertrauen in die Politik stärken. Die Herausforderung besteht darin, die Bürger aktiv zu integrieren, um eine nachhaltige Zukunft zu formen.
Zukunftsorientierte Visionen für Wien
Es wird betont, dass Wien eine Vorreiterrolle im sozialen Wohnbau und in der öffentlichen Daseinsvorsorge einnehmen könnte, um dem neoliberalen Druck entgegenzuwirken. Die Erhaltung und Ausweitung öffentlicher Ressourcen sind entscheidend, um eine lebenswerte Stadt für alle zu schaffen. Die Diskussion über die Vision des Roten Wien sollte auch Raum für moderne Ideen und Ansätze bieten, um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen. Es bedarf einer erneuerten sozialpolitischen Vision, die für alle Wiener, einschließlich der sozial Benachteiligten, zugänglich ist.
Was ist die linke Vision einer sozialen und weltoffenen Stadt nach 100 Jahren noch wert? Gelingt es der Sozialdemokratie nicht mehr, ihre Verdienste zu kommunizieren?
In einer hitzigen Diskussionsrunde in der FALTER-Redaktion bezeichnet FALTER-Herausgeber Armin Thurnher Wien als "Sonderwesen in einem neoliberalen Europa", NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger sieht strukturelle Korruption im heutigen Wien, FALTER-Journalistin Sibylle Hamann kritisiert den Bildungsbereich. SPÖ-Sozialstadtrat Peter Hacker verteidigt die Wiener SPÖ, die wie jede Organisation im Laufe ihrer Jahre behäbig geworden sei.
Eine Debatte um Austromarxismus, Gemeindebauten und "Freunderlwirtschaft", moderiert von Raimund Löw.
Diese Episode des FALTER Radio wurde auch gefilmt. Die Diskussionsrunde wird u.a. am Donnerstag, den 10.1., um 19 Uhr, am Freitag, den 11.1., um 21:30 Uhr, und am Sonntag, den 12.1. um 19:30 Uhr auf W24 ausgestrahlt.