In dieser Diskussion sprechen Julia Ebner, Extremismusforscherin und Autorin, sowie Ingrid Brodnig, Journalistin und Medienexpertin, über das Problem der Hassrede im Internet. Sie analysieren, wie extremistische Netzwerke und Falschmeldungen schnell verbreitet werden. Besondere Aufmerksamkeit gilt der emotionalen Manipulation in sozialen Medien und der Rolle von Alkohol im Online-Verhalten. Zudem wird die psychologische Auswirkung der digitalen Welt thematisiert und die Verantwortung für die Unterscheidung zwischen Fakten und Meinungen hervorgehoben.
Ein signifikanter Teil der Hasskommentare im Internet stammt von nur 5% der Nutzer, was deren Einfluss auf den politischen Diskurs verstärkt.
Die wiederholte Verbreitung von Falschinformationen kann das Vertrauen in maßgebliche Quellen untergraben und die Wahrnehmung der Realität beeinflussen.
Deep dives
Die Verbreitung von Hass im Internet
Ein signifikanter Anteil der Hasskommentare im Internet stammt von einer kleinen Gruppe von Nutzern. Beispielsweise wird festgestellt, dass nur 5% der Accounts für 50% der Hasskommentare verantwortlich sind, während 1% sogar 25% der Likes auf solche Kommentare generiert. Diese koordinierten Netzwerke, häufig aus dem rechten Spektrum, üben einen überproportionalen Einfluss auf den politischen Diskurs aus und nutzen strategische Methoden, um ihre Reichweite zu maximieren. Daher wurde der Wunsch geäußert, dem entgegenzuwirken und Zivilcourage im digitalen Raum zu fördern.
Das Phänomen der Wiederholung und ihre Auswirkungen
Wiederholte Botschaften im Internet, auch wenn sie absurd erscheinen, können die Wahrnehmung und Überzeugungen von Menschen beeinflussen. Ein Beispiel ist die Berichterstattung über Schweden, wo die repetitive Verbreitung von Falschinformationen dazu führt, dass gebildete Menschen beginnen, an der Realität zu zweifeln. Dieser Effekt, bekannt als der 'Illusory Truth Effect', beschreibt, wie häufige Aussagen als wahrer wahrgenommen werden. So kann die ständige Exposition gegenüber extremen Ansichten über soziale Medien das Vertrauen in maßgebliche Quellen untergraben.
Die technischen Methoden extremistischer Netzwerke
Neueste Technologien und Strategien, wie Bots und gefälschte Accounts, werden von extremistischen Gruppen genutzt, um ihre Inhalte effektiv zu verbreiten. Diese Netzwerke sind oft international vernetzt und tauschen Informationen aus, um ihre Kampagnen zu optimieren und die öffentliche Meinung zu manipulieren. Ein besorgniserregendes Beispiel ist die Nutzung militärischen Vokabulars und spielerischer Taktiken, um jüngere und apolitische Menschen anzuziehen. Dadurch schaffen sie einen Kontext, der es einfacher macht, extremistische Ideologien zu normalisieren und zu verbreiten.
Die Notwendigkeit politischer und gesellschaftlicher Maßnahmen
Um dem Einfluss extremistischer Netzwerke entgegenzuwirken, sind umfassende rechtliche und politische Maßnahmen erforderlich. Es wird betont, dass Transparenz und klare Richtlinien für politische Werbung im Internet notwendig sind, um Missbrauch und Desinformation zu verhindern. Zudem sollte die Bildung digitaler Kompetenzen gefördert werden, um Verbrauchern zu helfen, Falschinformationen zu erkennen. Die Verantwortung liegt sowohl bei den Plattformen als auch in der politischen Sphäre sowie bei den Individuen selbst, sich aktiv mit den Wahrheiten und Falschheiten im digitalen Raum auseinanderzusetzen.
Hatespeech im Internet ist allgegenwärtig. Wie wehrt man sich dagegen? Über Digitalisierung und Demokratie in einer Welt, in der sich Falschmeldungen von Rechtsextremen ebenso wie von Dschihadisten in Windeseile verbreiten, muss man diskutieren.
Das FALTER Radio bringt deshalb einen exklusiven Mitschnitt der ersten Veranstaltung eines von der zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures initiierten parlamentarischen Dialogs. Die Social Media-Expertin (und frühere FALTER-Redakteurin) Ingrid Brodnig sprach ebenso wie die Extremismusforscherin Julia Ebner. Moderiert wurde die Veranstaltung von Olivera Stajic (Der Standard).
Foto: Parlamentsdirektion / Johannes Zinner Lesen Sie den FALTER vier Wochen lang kostenlos: https://abo.falter.at/gratis