Was beim Wirtschaftsaufschwung nach Corona wichtig ist – #515
Apr 25, 2021
auto_awesome
Sebastian Dullien, ein führender deutscher Wirtschaftsforscher und Leiter des Instituts für Makroökonomie, und Markus Materbauer, Chefökonom der Arbeiterkammer, erörtern die wirtschaftlichen Herausforderungen nach Corona. Sie vergleichen die Ansätze Deutschlands und Österreichs, besonders in Bezug auf soziale Maßnahmen und Infrastrukturinvestitionen. Außerdem diskutieren sie die Notwendigkeit von Bildungsreformen und die Rolle der Europäischen Union in der wirtschaftlichen Erholung, während sie gleichzeitig auf die sozialen Auswirkungen der Dekarbonisierung eingehen.
Die schnelle wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie wird durch gezielte fiskalpolitische Maßnahmen und Investitionen der Regierungen unterstützt.
Der EU-Hilfsfonds 'Next Generation EU' zeigt eine historische europäische Solidarität und hilft, die finanzielle Stabilität in Krisenzeiten zu gewährleisten.
Die Pandemie hat bestehende soziale Ungleichheiten verstärkt, insbesondere bei Bildung und Gesundheit, was gezielte Investitionen und Unterstützung erfordert.
Deep dives
Wirtschaftlicher Aufschwung nach der Pandemie
Der wirtschaftliche Aufschwung nach dem Rückgang infolge der Pandemie wird als vielversprechend angesehen, insbesondere in Anbetracht positiver Wirtschaftszahlen aus den USA. Bereits jetzt gibt es Anzeichen dafür, dass die Corona-Infektion bis zum Sommer kontrolliert werden könnte, was viele Ökonomen optimistisch stimmt. Mit der Beseitigung von Pandemie-bedingten Einschränkungen werden neue wirtschaftspolitische Fragestellungen aufkommen. Der_diskussionsrunde zufolge wird die gesamte wirtschaftliche Reaktion in Europa als relativ schnell und erfolgreich eingestuft.
Fiskalpolitische Maßnahmen als Erfolgsfaktor
Eine rasche und entschlossene Fiskalpolitik wird als einer der Hauptgründe für die schnelle wirtschaftliche Erholung identifiziert. Im Gegensatz zur Krise von 2008 reagierten die Regierungen in der COVID-Pandemie mit erheblichen Investitionen und Ausgaben, um das Wirtschaftswachstum zu stabilisieren. In Deutschland wurde beispielsweise vorübergehend die Mehrwertsteuer gesenkt, auch wenn diese Maßnahme nicht als sehr zielgenau eingeschätzt wurde. Effektivere Maßnahmen waren finanzielle Unterstützungen für bedürftige Haushalte und die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes.
EU-Hilfsfonds und europäische Solidarität
Die schnelle Schaffung des EU-Hilfsfonds 'Next Generation EU' mit einem Volumen von 750 Milliarden Euro markiert einen historischen Wendepunkt der europäischen Solidarität. Diese Maßnahme stellt eine Art Gemeinschaftsfinanzierung dar, die zuvor von Deutschland vehement abgelehnt wurde. Zusammen mit der Bereitschaft der Europäischen Zentralbank, Anleihen zu kaufen, hat dieser Fonds dazu beigetragen, die finanzielle Stabilität in Südeuropa während der Krise zu gewährleisten. Der Unterschied im Zinsniveau zwischen Ländern wie Deutschland und Italien zeigt, dass die Maßnahmen zur Krisenbewältigung erfolgreich waren und Menschen sowie Unternehmen in Krisenzeiten unterstützt wurden.
Herausforderungen und Schwächen in der Infrastruktur
Die Pandemie hat die Schwächen der öffentlichen Infrastruktur in Deutschland und Österreich deutlich gemacht, insbesondere in den Bereichen Gesundheit und Bildung. Es wurden Defizite in der Digitalisierung aufgedeckt, die sich negativ auf den Unterricht auswirkten, da nicht alle Schülerinnen und Schüler die nötige Ausstattung hatten. Der Mangel an Investitionen in kritische Bereiche wie das Gesundheits- und Bildungssystem könnte langfristige Folgen für die Gesellschaft haben. Investitionen sind erforderlich, um diese Defizite zu beheben und die Widerstandsfähigkeit gegen zukünftige Krisen zu stärken.
Ungleichheiten verstärken sich durch die Krise
Die Diskussion hebt hervor, dass die COVID-19-Krise bestehende Ungleichheiten noch verstärkt hat, insbesondere bei sozial schwächeren Gruppen. Der Distanzunterricht hat Schüler aus einkommensschwachen Familien besonders hart getroffen, was zu langfristigen Bildungslücken führen könnte. Um diese Defizite zu beheben, sind gezielte finanzielle Mittel für Schulen und soziale Unterstützung entscheidend. Es wird betont, dass die aktuellen politischen Entscheidungen für die betroffenen Bevölkerungsgruppen sehr wichtig sind, um soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit zu gewährleisten.
Der deutsche Wirtschaftsforscher Sebastian Dullien im Gespräch mit FALTER-Journalistin Barbara Tóth. Ein digitales Wiener Stadtgespräch vom 22. April 2021.
Lesen Sie den FALTER vier Wochen lang kostenlos: https://abo.falter.at/gratis