Jörg Haider, ehemaliger FPÖ-Chef und prägender Politiker, sowie Andreas Mölzer, Publizist und FPÖ-Veteran, beleuchten die Höhen und Tiefen von Haiders Karriere. Sie diskutieren die kontroversen Entscheidungen, die zu seinem Rücktritt führten, und die internen Machtkämpfe in der FPÖ. Der mythologische Status Haiders wird kritisch hinterfragt, während sein unerwarteter Tod und die anhaltende Wirkung seines Erbes auf den modernen Rechtspopulismus thematisiert werden. Haiders politische Methoden wirken bis heute nach.
Jörg Haiders Rücktritt als FPÖ-Chef markiert einen Wendepunkt, der durch Parteiinterne Konflikte und unpopuläre Entscheidungen geprägt ist.
Sein Erbe beeinflusst nicht nur die FPÖ, sondern auch das Wachstum rechtspopulistischer Bewegungen in Europa nachhaltig und sichtbar.
Deep dives
Die Koalition zwischen ÖVP und FPÖ
Im Februar 2000 formiert sich unter Wolfgang Schüssel eine neue Regierung in Österreich, die eine Koalition zwischen der ÖVP und der FPÖ eingeht. Diese Zusammenarbeit markiert einen historischen Moment, da die FPÖ nach 17 Jahren als gleichwertiger Partner mit sechs Ministerposten eintritt. Jörg Haider, der bis dahin eine zentrale Rolle in der FPÖ gespielt hatte, tritt als Parteichef zurück und signalisiert damit Veränderungen innerhalb der Partei. Obwohl er versichert, dass die FPÖ eine autonome Politik betreiben werde, bleibt unklar, inwiefern er über den Bergführer, seine Macht in Kärnten, die Koalition im Hintergrund beeinflusst.
Kommunikationsschwierigkeiten und interne Konflikte
Die Entfernung zwischen Klagenfurt und Wien stellt eine signifikante Kommunikationsbarriere dar, da keine modernen Kommunikationsmittel zur Verfügung stehen, um Haider in den Entscheidungsprozess einzubeziehen. Diese Distanz fördert Missverständnisse und erschwert die Zusammenarbeit zwischen der FPÖ in Wien und Haider, der in Kärnten bleibt. Die Spannungen nehmen zu, als die FPÖ unpopuläre Entscheidungen trifft, die den erwarteten Wählern nicht gefallen. In den Folgejahren wenden sich viele Protestwähler von der FPÖ ab, und die internen Konflikte zwischen Haider und der Regierung in Wien verschärfen sich.
Die Knittelfelder Revolte
Der Sonderparteitag in Knittelfeld wird zum Wendepunkt der Koalition, als der Streit zwischen Haider und der FPÖ-Regierung eskaliert. Dabei rufen Mitglieder der Haider-Gruppe zur Absetzung der Führung und zur Neuausrichtung der FPÖ auf, was zum Rücktritt der freiheitlichen Minister führt. Obwohl zuvor eine Einigung über die Regierungszusammenarbeit erzielt wurde, führen die Spannungen und persönlichen Angriffe zu einem dramatischen Bruch innerhalb der Partei. Diese Ereignisse resultieren in einem tiefen Riss zwischen Haider und seinen ehemaligen Verbündeten, der vorerst die FPÖ spaltet.
Haiders Erbe und die politische Landschaft
Nach Haiders Tod hinterlässt er ein gemischtes Erbe, das seine Leistungen, aber auch die Skandale im Zusammenhang mit der Hypo Alpe Adria umfasst. Seine politischen Methoden und seinen populistischen Stil nehmen andere Akteure, wie Heinz-Christian Strache, auf und verstärken die Präsenz rechtspopulistischer Parteien in Österreich. Seine Strategien, einschließlich der Polarisierung und der Schaffung eines Kults um seine Persönlichkeit, prägen die österreichische Politik weiterhin. Obwohl das BZÖ, das er gründete, später zerfällt, bleibt die FPÖ Ein Bestandteil des österreichischen politischen Systems, während Haiders Einfluss auf rechtspopulistische Bewegungen auch in anderen europäischen Ländern spürbar ist.
Die Serie rekonstruiert den Aufstieg und Fall des einstigen FPÖ-Chefs – und welches Erbe der "Erfinder des Rechtspopulismus" hinterlässt
Der Regierungseintritt der FPÖ im Jahr 2000 ist für ihren damaligen Shootingstar der Anfang vom Ende. Von der Kränkung, dass er selbst nicht an den Machthebeln der Republik sitzen darf, wird sich Jörg Haider bis zu seinem Tod nicht mehr erholen. Parteiinterne Machtkämpfe führen schließlich dazu, dass es zur Spaltung kommt.
Als "den größten Fehler seines Lebens" bezeichnen Wegbegleiter Haiders Bruch mit der FPÖ. Wie weit er es mit seinem neuen Bündnis Zukunft Österreich tatsächlich gebracht hätte, bleibt unbeantwortet. Jörg Haider verstirbt vorzeitig bei einem Autounfall.
Doch seine Methoden und Strategien haben sich längst festgesetzt. Und zwar nicht nur in Österreich – Haiders populistische Handschrift ist heute weltweit wiederzuerkennen.
Hinweis: Die Angelobung der schwarz-blauen Regierung fand am 4. Februar 2000 statt, nicht wie im Podcast genannt am 7. Februar. In der Folge war ursprünglich die Rede davon, dass Thüringens Ministerpräsident den russischen Präsidenten Wladimir Putin besucht hätte. Dabei handelte sich um den sächsischen Regierungschef Michael Kretschmer (CDU). Er traf 2019 mit Putin in St. Petersburg zusammen. Wir entschuldigen uns, der Fehler wurde am 9.9.2024 um 10:06 korrigiert.
In dieser Folge zu hören: Peter Westenthaler (Ex-FPÖ- bzw. Ex-BZÖ-Politiker), Andreas Mölzer (Publizist und FPÖ-Politiker), Kathrin Stainer-Hämmerle (Politikwissenschafterin), Petra Stuiber (stv. Chefredakteurin DER STANDARD), Hans Rauscher (Kolumnist DER STANDARD); Skript: Margit Ehrenhöfer und Lucia Heisterkamp; Moderation: Margit Ehrenhöfer und Lucia Heisterkamp; Redigat: Yasemin Yüksel, Tobias Holub; Produktion: Felix Klein
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