Episode 29: Burschenschaften-Forscher Andreas Peham im Gespräch mit Florian Klenk
Feb 9, 2018
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Andreas Peham, ein führender Forscher am Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, beleuchtet die komplexen Verbindungen zwischen Burschenschaften und der FPÖ. Er erklärt die problematischen Rituale und Ideologien dieser Gruppen, die teils an nationalsozialistische Praktiken erinnern. Zudem diskutiert er die Herausforderungen, die mit der Recherche über extremistische Strömungen verbunden sind, sowie die Anziehungskraft von Extremismus auf Jugendliche. Peham betont die Notwendigkeit von Bildung und Präventionsarbeit, um Diskriminierung entgegenzutreten.
Die Enthüllungen über antisemitische Liedtexte in einem Burschenschafts-Liederbuch haben die Gesellschaft zur Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus in Österreich angestoßen.
Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes unter Andreas Peham ist entscheidend für die Forschung und Dokumentation rechtsextremer Strukturen und Aktivitäten.
Die Ähnlichkeiten zwischen deutschnationalen Burschenschaften und islamistischen Dschihadisten zeigen, wie gefährliche Ideologien durch Gemeinschaftsgefühl und Identität rekrutieren können.
Deep dives
Die Affäre um das Liederbuch der Burschenschaft Germania
Die Enthüllungen über ein Liederbuch der Burschenschaft Germania, das antisemitische Liedtexte enthält, haben eine tiefgreifende Gewissenserforschung in Österreich ausgelöst. Diese Affäre hat nicht nur die Burschenschaften selbst, sondern auch die Freiheitliche Partei (FPÖ) in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Die FPÖ hat daraufhin eine Historikerkommission angekündigt, um die eigenen 'braunen Flecken' in der Parteigeschichte zu untersuchen. Dies zeigt, dass das Thema Rechtsextremismus und dessen Verbindungen in die Politik nicht länger ignoriert werden können.
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes
Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes in Wien spielt eine entscheidende Rolle bei der Sammlung und Bewertung von Materialien aus dem rechtsextremen Milieu. Es dokumentiert Flugblätter, Plakate und andere Schriften und ist eine essentielle Informationsquelle für die Forschung zu Rechtsextremismus in Österreich. Ein Experte des Archivs, Andreas Peham, hat im Podcast über die Herausforderungen bei der Recherche über diese Szene gesprochen. Seine Erkenntnisse verdeutlichen, dass die Aufarbeitung der Vergangenheit sorgfältige und umfassende Arbeit erfordert.
Vergleich von rechtsextremen und islamistischen Gruppen
Andreas Peham zieht interessante Parallelen zwischen deutschnationalen Burschenschaften und islamistischen Dschihadisten, insbesondere in Bezug auf Rekrutierungsstrategien und ideologische Ansprachen. Beide Gruppen bieten ihren Anhängern ein Gefühl von Gemeinschaft und Identität, gepaart mit einer gewaltsamen Ideologie. Diese Ähnlichkeiten in den Argumentationsmustern können potenziell Radikale anziehen, die sich in ihren jeweiligen Gemeinschaften als Opfer sehen. Peham erklärt, dass dieser gemeinsame Nenner sowohl bei Neonazis als auch bei Dschihadisten potenziell gefährdet ist.
Die Rolle der Burschenschaften in der Gesellschaft
Die Burschenschaften werden als wichtige Akteure in der Förderung von rechtsextremen Ideologien in Österreich betrachtet. Innerhalb der Burschenschaften gibt es eine Tradition der Geheimhaltung, die verhindert, dass die wahren Aktivitäten und Inhalte nach außen dringen. Dennoch wird diskutiert, dass viele junge Menschen aus Verbindungen auch in die Politik eintreten, was einen gefährlichen Einfluss auf die politische Landschaft hat. Die Struktur und das autoritäre Verhältnis innerhalb der Burschenschaften schaffen eine Umgebung, die extremistische Ansichten begünstigt.
Herausforderungen der Präventionsarbeit
Die Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus steht in Österreich vor erheblichen Herausforderungen, insbesondere in Bildungseinrichtungen. Der Zugang zu Schulen für Workshops ist äußerst limitiert, und Ressourcen werden oft stark gekürzt. Initiativen zur Aufklärung und zur Sensibilisierung müssen häufig auf ehrenamtlicher Basis durchgeführt werden, was die Effektivität der Programme gefährdet. Diese Situation verdeutlicht die Notwendigkeit eines verstärkten politischen und gesellschaftlichen Engagements, um gegen den wachsenden Extremismus anzugehen.
"In der Szene war ich der Gerfried", erzählt Andreas Peham, 50, einer der kundigsten Forscher des Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes. Viele seiner Publikationen erschienen unter dem Pseudonym "Heribert Schiedel." Seit 20 Jahren beschäftigt sich Peham mit den österreichischen Burschenschaften. FALTER-Chefredakteur Florian Klenk hat Peham in dessen Büro in der Wiener Wipplingerstraße besucht. Das FALTER Radio bringt einen exklusiven Mitschnitt des Gesprächs.
Das Interview können Sie auch im aktuellen FALTER 06/2018 nachlesen: https://www.falter.at/archiv/FALTER_20180207FC163341C9/in-der-szene-war-ich-der-gerfried