Heinz Fischer, ein ehemaliger Bundespräsident Österreichs mit umfangreicher politischer Erfahrung, und Gabriele Hauch, Professorin für Geschichte und Expertin für Frauengeschichte, beleuchten die Herausforderungen, mit denen zurückkehrende jüdische Flüchtlinge nach 1945 konfrontiert waren. Sie diskutieren die feindliche Haltung der Bevölkerung und antisemitische Diskriminierung. Zudem wird der Einfluss nachhaltiger politischer Veränderungen und der Rückblick auf die Flüchtlingspolitik Österreichs im historischen Kontext thematisiert.
Die Rückkehr von jüdischen Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg war geprägt von einer feindlichen Gesellschaft und tiefem Missverständnis.
Frauen, die aus dem Exil zurückkehrten, erlebten zusätzliche Diskriminierung und hatten Schwierigkeiten, in einer patriarchalischen Politik Fuß zu fassen.
Deep dives
Rückkehr in eine feindliche Heimat
Die Rückkehr von jüdischen Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg stellte für viele eine traumatische Erfahrung dar, da sie oft auf eine feindliche Gesellschaft trafen. Nach Jahren im Exil fanden viele Rückkehrer eine negativen Empfangsmentalität vor, da die Gesellschaft angesichts der eigenen Kriegstraumata wenig Platz für das Leid der Rückkehrenden hatte. Der Konflikt zwischen den Rückkehrern, die als Opfer der Nationalsozialisten zurückgekehrten, und den Einheimischen, die ihre eigenen Erfahrungen des Krieges erlebt hatten, führte zu einem tiefen Missverständnis. Dies schuf eine Kluft zwischen diesen Gruppen und erschwerte die gesellschaftliche Integration der Rückkehrer erheblich.
Antisemitismus und gesellschaftliche Ignoranz
Der Umgang mit jüdischen Rückkehrern in der Zweiten Republik war stark von einer tief verwurzelten Ignoranz und Antisemitismus geprägt. Sichtbare Antisemitismus war zwar weniger ausgeprägt als in der Ersten Republik, dennoch gab es die weit verbreitete Auffassung, dass zurückkehrende Juden eine Bedrohung für die gesellschaftliche Stabilität darstellen. Diese Sichtweise zeigte sich zum Beispiel im praktischen Umgang mit der Anerkennung jüdischer Rückkehrer und deren Erlebnis der Verfolgung, die häufig unerhört und von Gleichgültigkeit begleitet wurde. Historische Anekdoten veranschaulichen diese Problematik, wie die Diskussionen in den Ministerratsprotokollen von 1952, wo die Zahl der ermordeten österreichischen Juden kaum einen Eindruck hinterließ.
Herausforderungen für Frauen in der Rückkehrgesellschaft
Frauen, die aus dem Exil zurückkehrten, stießen oft auf zusätzliche Herausforderungen, die über die bereits bestehenden Schwierigkeiten hinausgingen. Ihre Stimmen und Beiträge wurden häufig ignoriert, und viele von ihnen fanden sich in einer patriarchalischen politischen Landschaft wieder, in der sie kaum Möglichkeiten zur Teilhabe hatten. Ein Beispiel für eine solche zurückkehrende Frau ist Elisabeth Schilder, die trotz ihrer Qualifikationen und Erfahrungen in der Emigration mit Vorurteilen und Abweisung konfrontiert wurde, als sie eine Rolle in der Wiener Arbeiterkammer anstrebte. Diese gesellschaftlichen Hindernisse reflektieren die breiteren Probleme der Anerkennung und Integration von Rückkehrern, insbesondere der weiblichen Rückkehrer, und die geringen Fortschritte im Bereich der Geschlechtergleichstellung.
Wie Österreich nach 1945 die Tore für vertriebene jüdische Dichter und Denker geschlossen hielt. Ein neuer Blick auf ein trauriges Kapitel heimischer Zeitgeschichte. Zu hören: Alt-Bundespräsident Heinz Fischer (SPÖ), Buchautor Herbert Lackner („Rückkehr in die fremde Heimat“) sowie Historikerin Gabriele Hauch
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