In dieser Diskussion beleuchten Alfred Gusenbauer, ehemaliger Bundeskanzler, Michael Thumann, Russland-Korrespondent, Shalini Randeria, Rektorin der Central European University, und Journalistin Tessa Szyszkowitz die Auswirkungen von Putins Krieg auf die globalen Machtverhältnisse. Sie sprechen über die komlizierte geopolitische Situation, die neue Rolle Chinas sowie den Haftbefehl gegen Putin. Zudem thematisieren sie die Herausforderung der Entführung ukrainischer Kinder und Österreichs Neutralität im Vergleich zu NATO-Ländern.
Der Krieg in der Ukraine hat zu einer Stärkung der transatlantischen Beziehungen und einer verstärkten NATO-Mitgliedschaft geführt.
China versucht, als Vermittler in der internationalen Politik aufzutreten, insbesondere im Kontext des Ukraine-Konflikts.
Deep dives
Die Neuordnung der Weltpolitik
Der russische Krieg gegen die Ukraine hat zu einer grundlegenden Neuordnung in der Weltpolitik geführt, insbesondere innerhalb Europas und Amerikas. Die transatlantische Verbindung hat sich unter dem Druck von Putins aggressiver Außenpolitik verstärkt, was zu einer bemerkenswerten Wiederbelebung der NATO geführt hat. Selbst einst neutrale Länder in Europa wie Finnland und Schweden streben nun eine NATO-Mitgliedschaft an, was die eskalierenden geopolitischen Spannungen widerspiegelt. Gleichzeitig formiert sich ein russisch-chinesischer Block als Gegenpol zum westlichen Einfluss, auch wenn die beiden Mächte unterschiedliche Ziele und Interessen haben, insbesondere in Bezug auf die Ukraine.
Der internationale Haftbefehl gegen Putin
Der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen Wladimir Putin aufgrund von Kriegsverbrechen signalisiert eine ernste internationale Verurteilung des kriegerischen Verhaltens Russlands. Dieser Haftbefehl, der gegen einen amtierenden Präsidenten einer Supermacht erlassen wurde, könnte als bedeutendes Signal für die internationale Gemeinschaft angesehen werden, auch wenn seine praktische Umsetzung fraglich bleibt. In Russland wird der Haftbefehl eher ignoriert oder bagatellisiert, während er international als Zeichen für die Verurteilung brutaler Kriegsführung verstanden wird. Dies führt zu Unsicherheiten darüber, wie Russland auf diplomatischer Ebene in Zukunft auf derartige internationale Maßnahmen reagieren wird.
Chinas diplomatische Ambitionen
China versucht, sich in der globalen Ordnung als Vermittler zu etablieren, insbesondere nach dem diplomatischen Erfolg bei der Wiederherstellung der Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran. Dies zeigt, dass China eine neue Rolle in der internationalen Diplomatie anstrebt und möglicherweise auch Einfluss auf die Beendigung des Ukraine-Kriegs ausüben möchte. Trotz der diplomatischen Annäherung bleibt die Frage, ob China Russland zu einem Waffenstillstand drängen kann, wenn dies nicht in seinen strategischen Interessen liegt. Diese Entwicklungen unterstreichen die komplexe geopolitische Dynamik, in der China zunehmend versucht, als globale Macht aufzutreten.
Die Rolle der internationalen Institutionen
Internationale Institutionen wie die Vereinten Nationen haben in der gegenwärtigen geopolitischen Lage an Einfluss und Bedeutung verloren, sind jedoch nach wie vor relevante Akteure. Ihre Schwäche wird besonders deutlich, wenn sie in Konflikten nicht als effektive Vermittler agieren können, was in der Ukraine-Krise deutlich wurde. Dennoch wird betont, dass die Welt nicht ohne diese Institutionen besser dran wäre, selbst wenn Reformbedarf besteht, um die veränderten Machtverhältnisse zu reflektieren. Die Diskussion um die Rolle und Effizienz internationaler Organisationen bleibt angesichts der aktuellen Herausforderungen in der Weltpolitik weiterhin relevant.
Wie Putins Krieg die internationalen Machtverhältnisse verschiebt. Mit Raimund Löw im FALTER diskutiert eine hochkarätige Runde: Alfred Gusenbauer (Ex-Bundeskanzler, SPÖ), Michael Thumann (Russland-Korrespondent, "Die Zeit"), Shalini Randeria (Direktorin Central European University), EU-Experte Stefan Lehne (Carnegie Europe, Brüssel) sowie Tessa Szyszkowitz (FALTER).