Philipp Blom, ein deutscher Historiker und Philosoph, diskutiert mit Jürgen Wiebicke über die essentielle Rolle der Hoffnung in der heutigen Welt. Er erläutert, warum Hoffnung auch in Zeiten der Unsicherheit entscheidend ist und dass sie als aktiver Prozess erlernt und kultiviert werden kann. Blom spricht zudem über den Unterschied zwischen Hoffnung und Zuversicht sowie die damit verbundene Verantwortung in der modernen Gesellschaft. Außerdem untersucht er, wie kollektive Herausforderungen wie die Klimakrise Sinn stiften können.
Hoffnung wird als aktive Kraft dargestellt, die es Menschen ermöglicht, Verantwortung für positive Veränderungen zu übernehmen und sich mit größeren Zielen zu identifizieren.
Die Herausforderung der Hoffnung wird kritisch beleuchtet, indem sie sowohl als Antrieb für sinnvolles Handeln als auch als potenzielle Quelle von Enttäuschung und Selbstbetrug betrachtet wird.
Deep dives
Die Rolle der Hoffnung in der Menschheitsgeschichte
Hoffnung wird oft als eine interne Antriebskraft betrachtet, die Menschen dazu befähigt, sich über schwierige Zeiten hinwegzusetzen. Die Büchse der Pandora wird als nützliche Metapher verwendet, um die ambivalente Rolle der Hoffnung zu veranschaulichen, da sie nach der Freisetzung aller Übel des Lebens als das einzige übrig bleibende Gut betrachtet wird. Die Philosophen der antiken Griechenheit sahen Hoffnung als illusionär an, etwas, das die Menschen von der Realität ablenkt. Diese Vorstellung stellt die Frage, ob Hoffnung tatsächlich ein nützlicher Antrieb für das menschliche Streben oder eher eine Quelle von Enttäuschung und Leiden ist, was zu der Erörterung führt, ob Hoffnung in komplexen gesellschaftlichen Kontexten eine positive oder negative Kraft darstellt.
Die Verbindung von Vergangenheit und Zukunft
Die Diskussion zeigt, dass viele Menschen Schwierigkeiten haben, Hoffnung zu empfinden, da sie sich in einer Übergangsphase befinden, in der alte Strukturen zusammenbrechen und die neuen oft ungewiss sind. Historische Bezüge werden verwendet, um zu verstehen, wie verschiedene Generationen mit ähnlichen Krisen umgegangen sind und welche Lehren daraus gezogen werden können. Die erwähnten Beispiele aus der Geschichte illustrieren, wie vergangene Herausforderungen überwunden wurden, und bieten einen Rahmen, um gegenwärtige gesellschaftliche Probleme zu betrachten. Damit wird deutlich, dass Hoffnung oft in der Reflexion über historische Erfahrungen formuliert wird, um eine Perspektive auf die aktuelle Situation zu gewinnen.
Das aktive Element der Hoffnung
Hoffnung wird als ein aktiver Prozess dargestellt, der nicht nur erwartet, dass sich Dinge zum Besseren wenden, sondern auch die Verantwortung, sich für positive Veränderungen einzusetzen. Diese Idee korrespondiert mit dem Gedanken, dass Hoffnung keine passive Haltung ist, sondern erfordert, dass Individuen handeln und sich mit größeren Zielen identifizieren, um einen Sinn zu finden. Anhand des Zitats von Václav Havel wird unterstrichen, dass Hoffnung oft in schwierigen Zeiten am stärksten ist, wo andere nicht mehr können. Das Verständnis von Hoffnung als ein Handwerk hebt hervor, dass es darum geht, Fähigkeiten zu entwickeln und weiterzugeben, um Mitmenschen zu inspirieren und Mut zu schöpfen.
Die kritische Haltung zur Hoffnung
Die Herausforderung der Hoffnung wird als komplex und mehrdeutig betrachtet, da sie sowohl positiv als auch negativ interpretiert werden kann. Ein Gedanke ist, dass ein übertriebener Optimismus zu Blindheit gegenüber der Realität führen kann, was kritisch hinterfragt wird. Das Konzept, dass Hoffnung auch als eine Form von Selbstbetrug verstanden werden kann, wird ebenfalls angesprochen, sowie die Idee, dass Menschen dazu neigen, in scheinbar hoffnungslosen Situationen Optimismus zu empfinden. Diese kritische Sicht sollte jedoch nicht die aktive Teilnahme an gesellschaftlichen Veränderungen verhindern, sondern dazu anregen, realistisch zu handeln und Verantwortung zu übernehmen, auch wenn die Aussicht unsicher bleibt.
Die Hoffnung ist so alt wie die Menschheit. Sie hat auch in den dunkelsten Zeiten ihre Kraft entfalten können. Heute aber scheinen viele Menschen ihre Hoffnung verloren zu haben. Der Philosoph Philipp Blom spricht mit Jürgen Wiebicke über die Ursachen und darüber, warum die Idee von einer besseren Zukunft hilft, die Realität zu verändern.
Philipp Blom (*1970) ist ein deutscher Historiker, Philosoph und Schriftsteller. Seine Bücher verbinden historische Forschung, philosophische Erkundungen und gelegentlich Belletristik. Vor dem Hintergrund gegenwärtiger Umbrüche wie der Erderwärmung und der Digitalisierung wendet er sich verstärkt Gegenwarts- und Zukunftsthemen zu. Hoffnung ist für ihn der Motor, der Veränderungen zum Besseren möglich macht.
Hoffnung: Verpönt bei den alten Griechen als Schleier vor der Realität, sinnstiftend im jüdisch-christlichen Glauben (02:07)
Warum Hoffnung in heutigen Zeiten eine Herausforderung ist (09:28)
Vom Unterschied zwischen Hoffnung, Zuversicht und Möglichkeitssinn – und warum Scheitern mitgedacht werden muss (13:15)
Hoffnung ist Arbeit und ein "Handwerk", das man lernen, ausüben und weitergeben kann (21:34)
Wie die Verbannung der Religion zum Sinn- und Hoffnungsvakuum geführt hat – und wie die Bewältigung der Klimakrise kollektiven Sinn stiften könnte (25:28)
Wer hofft, geht ins Risiko: Wie sich auch gegen jede Statistik die Überzeugung durchsetzen kann, dass die Zukunft auch Gutes bringen wird (33:42)
Hoffnung ist keine moralische Forderung, sondern ein nützliches Instrument in verzweifelten Situationen (41:16)
Hoffen heißt, Zukunft gestalten – und Vergangenheit als unwiederbringlich akzeptieren (50:04)
Literatur Philipp Blom (2024): Hoffnung. Über ein kluges Verhältnis zur Welt. München: Hanser Verlag. 184 Seiten. ISBN: 978-3446281356
Philosophieren Sie mit über die großen Themen unserer Zeit. Lassen Sie uns gemeinsam nachdenken über KI und Klimawandel, über Einsamkeit und Zusammenhalt, über Glück und Glaube. Das philosophische Radio mit Jürgen Wiebicke immer montags um 19:04 Uhr live in WDR 5. https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/philosophisches-radio/index.html
Im nächsten Podcast sprechen wir mit Yascha Mounk über Identitätspolitik.
Sie haben Fragen oder Kritik? Schreiben Sie an philo@wdr.de.
Wenn Ihnen diese Folge gefallen hat, bewerten Sie uns gerne und empfehlen Sie uns auf ihrer liebsten Podcast-Plattform weiter.
Unser Podcast-Tipp: Wenn Ereignisse wie Krankheit oder der Tod eines geliebten Menschen uns mit voller Wucht treffen, ist es nicht einfach, die Hoffnung zu behalten. In "Schicksal – der SR 1 Podcast über das Leben" lernen wir Menschen kennen, die einen dramatischen Einschnitt erleben mussten und wieder Fuß gefasst haben. https://kurz.sr.de/Schicksal
Get the Snipd podcast app
Unlock the knowledge in podcasts with the podcast player of the future.
AI-powered podcast player
Listen to all your favourite podcasts with AI-powered features
Discover highlights
Listen to the best highlights from the podcasts you love and dive into the full episode
Save any moment
Hear something you like? Tap your headphones to save it with AI-generated key takeaways
Share & Export
Send highlights to Twitter, WhatsApp or export them to Notion, Readwise & more
AI-powered podcast player
Listen to all your favourite podcasts with AI-powered features
Discover highlights
Listen to the best highlights from the podcasts you love and dive into the full episode