Gerhard Mangott ist Politikwissenschaftler und Professor für Internationale Beziehungen mit einem Fokus auf Russland. Susanne Scholl ist eine erfahrene Buchautorin und war langjährige Russlandkorrespondentin des ORF. Im Gespräch diskutieren sie den Giftanschlag auf Alexei Nawalny und dessen Auswirkungen auf den russischen Widerstand. Sie beleuchten auch Putins Unterstützung für Lukaschenko und die Repressionen in Belarus. Zudem wird die angespannte Beziehung zwischen Korruptionsbekämpfung und autoritärer Herrschaft in Russland thematisiert.
Der Giftanschlag auf Alexei Nawalny verdeutlicht die Gefahren für oppostionelle Stimmen in Russland und schürt ein Klima der Angst.
Die anhaltenden Proteste in Khabarovsk zeigen, dass trotz repressiver Maßnahmen eine lebendige Zivilgesellschaft und politisches Bewusstsein existieren.
Deep dives
Russlands Einfluss auf Weißrussland
Die Beziehung zwischen Russland und Weißrussland ist derzeit von großer Unsicherheit gekennzeichnet, insbesondere angesichts der Proteste gegen Präsidentschaftswahlen in Weißrussland. Wladimir Putins Ankündigung, russische Sicherheitskräfte für mögliche Interventionen in Weißrussland vorzubereiten, wird als Signal an die Protestbewegung interpretiert, dass Gewalt vermieden werden sollte. Gleichzeitig wird betont, dass Lukaschenko im Dialog mit den Protestierenden bleiben sollte, um die Situation zu deeskalieren. Diese komplizierte Dynamik zeigt, dass Russland sowohl seine Unterstützung für Lukaschenko ausbalancieren als auch auf die wachsenden Proteste angemessen reagieren muss, ohne den Unmut der belarussischen Bevölkerung gegen Russland hervorzurufen.
Fall Alexej Nawalny und Russlands politische Landschaft
Der Fall von Alexej Nawalny, der mutmaßlich vergiftet wurde und nach Deutschland ausgeflogen werden musste, wirft ein Schlaglicht auf die Gefahren, denen sich russische Oppositionelle ausgesetzt sehen. Es wird argumentiert, dass die Entscheidung zur Evakuierung von höchster Stelle, möglicherweise von Putin selbst, angeordnet wurde, um Auseinandersetzungen im eigenen Land zu vermeiden. Nawalny wird als Schlüsselfigur in der Oppositionsbewegung gesehen, dessen Einfluss und Unterstützung im Land nicht unterschätzt werden sollte, besonders vor den bevorstehenden Regionalwahlen. Die Schaffung eines Klima der Angst durch Mordanschläge auf Oppositionelle führt dazu, dass viele Aktivisten in eine innere Emigration gedrängt werden.
Proteste in Khabarovsk und die Zivilgesellschaft in Russland
Die anhaltenden Proteste in Khabarovsk, die viele Menschen mobilisieren, stellen eine bemerkenswerte Herausforderung für das Putin-Regime dar und zeigen, dass eine lebendige Zivilgesellschaft besteht. Die Protestierenden fordern nicht nur die Rückkehr des abgesetzten Gouverneurs, sondern äußern auch Kritik an der Vernachlässigung ihrer Region durch die Regierung in Moskau. Diese Bewegung, ursprünglich lokal, hat sich zu einem breiteren Ausdruck des Unmuts gegen die autoritäre Herrschaft entwickelt, was auf ein wachsendes Bewusstsein und eine organisierte Zivilgesellschaft hindeutet. Es ist ein Zeichen, dass trotz der repressiven Maßnahmen des Regimes ein Potenzial für politische Mobilisierung im Land besteht.
Der Giftanschlag gegen den prominenten Oppositionellen Alexei Nawalny verstärkt das Klima der Angst für kritische Geister in Russland. Lebenszeichen der Zivilgesellschaft gibt es trotzdem im Fernen Osten Russlands. Wie Putins Unterstützung für den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko zu interpretieren ist und wie kritisch der Zustand unseres großen Nachbarn Russland ist, erklären die langjährige ehemalige ORF-Moskau Korrespondentin Susanne Scholl und der Russlandexperte Gerhard Mangott im Gespräch mit Raimund Löw
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