Ep. 278: Frankfurter Schule: Wir diskutieren über Herbert Marcuse!
Dec 4, 2024
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Der Einfluss von Herbert Marcuse auf die Protestbewegungen der 1960er Jahre wird detailliert betrachtet. Die Diskussion stellt seine radikale Kritik am Konsum und Kapitalismus heraus, sowie die Herausforderungen der Arbeiterbewegung. Zudem wird die Rolle von Smartphones im Sozialismus beleuchtet, während Kunst als Werkzeug für gesellschaftliche Sensibilität hervorgehoben wird. Auch die Wechselwirkungen zwischen Konsumkultur und Aggression werden kritisch analysiert, und die geschwächte Rolle der Gewerkschaften wird thematisiert.
Herbert Marcuse betonte die Notwendigkeit einer praktischen Revolution im Gegensatz zu theoretischen Ansätzen seiner Zeitgenossen der Frankfurter Schule.
Er argumentierte, dass die Arbeiterklasse unter den Bedingungen des kooperativen Kapitalismus nicht für revolutionäre Ideen zu begeistern ist.
Marcuse warnte vor der schädlichen Konsumkultur, die Bedürfnisse verzerrt und Menschen von einem revolutionären Geist ablenkt.
Deep dives
Herbert Marcuse und die große Weigerung
Herbert Marcuse gilt als einer der radikalsten Denker der Frankfurter Schule, bekannt für seine Unterstützung der Protestbewegungen der 60er Jahre. Er thematisiert das Konzept der "großen Weigerung", das eine grundlegende Negation der herrschenden Verhältnisse bedeutet und mit Revolution sowie konkreter Politik verknüpft ist. Im Gegensatz zu Adorno und Horkheimer, die Radikalität primär theoretisch betrachteten, stellte Marcuse die Notwendigkeit einer praktischen Revolution in den Vordergrund. Diese revolutionäre Haltung wendet sich gegen den kooperativen Kapitalismus und versucht eine tiefgreifende Umwälzung der bestehenden gesellschaftlichen Strukturen zu initiieren.
Die Herausforderungen der Arbeiterbewegung
Marcuse argumentiert, dass es schwierig ist, die westlichen Arbeiter für revolutionäre Ideen zu begeistern, da der Einfluss von Gewerkschaften und sozialdemokratischen Parteien stark ist, was zu einem gewissen Wohlstandsversprechen führt. Diese Bedingungen lassen die Arbeiterklasse in der Vorstellung verhaftet, dass die kapitalistische Gesellschaft für ihre Bedürfnisse ausreichend ist, was die Wahrscheinlichkeit einer Revolution verringert. Er weist darauf hin, dass die sozialen Verbesserungen, wie die Einführung der Fünf-Tage-Woche in den 60er Jahren, das Risiko einer revolutionären Bewegung mindern, da die Menschen tatsächlich viel zu verlieren haben. Marcuse sieht jedoch auch, dass die schwindende Radikalität der Arbeiterklasse von den Erfahrungen der sozialen Bewegungen und der neuen Linken, die sich auf poststrukturalistische Theorien stützt, beeinflusst wird.
Das Potenzial der Utopie im Kapitalismus
In seinem Werk "Versuch über die Befreiung" betrachtet Marcuse, wie technische und gesellschaftliche Entwicklungen neue utopische Möglichkeiten eröffnen können, die die tief verwurzelten Probleme des Kapitals überwinden könnten. Er sieht in der Bildungsexpansion und dem technischen Fortschritt entscheidende Faktoren, die es ermöglichen, die Knappheit zu beenden und alle grundlegenden Bedürfnisse zu befriedigen. Diese Perspektive ist jedoch ambivalent, da er die bestehenden kapitalistischen Produktionsverhältnisse als Hindernis für diese Befreiung identifiziert. Daher fordert er, dass die Herrschaft des kooperativen Kapitalismus, die die Menschen in einem Zustand der Abhängigkeit hält, abgelehnt werden muss, um die Befreiung der menschlichen Kreativität und Produktivität zu fördern.
Die kritische Rolle der Konsumgesellschaft
Marcuse weist auf die schädlichen Auswirkungen einer Konsumkultur hin, die die Bedürfnisse der Menschen verzerrt und eine Art zweite Natur erzeugt, die sie an den Kapitalismus bindet. Er unterscheidet zwischen notwendigen und nicht notwendigen Bedürfnissen und argumentiert, dass der Kapitalismus überflüssige Bedürfnisse kreiert, die Menschen in einem ständigen Wettlauf um Konsum und Produktion halten. Dies führt zu einem Zustand, in dem die Menschen sich von einer Überflussgesellschaft erpressen lassen und möglicherweise ihren revolutionären Geist verlieren. Marcuse schlägt eine radikale Umformung der Bedürfnisse und eine Flucht aus diesem Konsumwettbewerb vor, um einer neuen Form des Lebens und der Gesellschaft zu ermöglichen.
Die Zukunft der radikalen Politiken
Marcuse stellt fest, dass die radikale Umgestaltung der Gesellschaft von der industriellen Arbeiterklasse abhängt, die in den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern jedoch nicht mehr als revolutionäre Klasse auftritt. Er erkennt, dass die gegenwärtige gesellschaftliche Stabilität und der Wohlstand dazu führen, dass die Arbeiterklasse nicht bewegt wird, große Veränderungen zu fordern. Zudem betrachtet er die Gefahren des verarmten Bürgertums, dessen radikalisiertes Bewusstsein vergeblich nach einem politischen Brennpunkt sucht. Marcuse schließt mit einem eindringlichen Appell zur Solidarität und zur Notwendigkeit, eine breite, revolutionäre Bewegung zu formen, die sich gegen die repressive Demokratie und die herrschenden Verhältnisse stellt.
Wohlstand für Alle
Wir beginnen eine kleine Reihe zur Frankfurter Schule: Dabei geht es uns um die ökonomischen Aspekte der Werke. Den Anfang macht der Denker, der wie kein anderer in der Frankfurter Schule die Nähe zu Protestbewegungen und Studentenrevolte suchte, der mit seinen Schriften direkt interveniert hat und auf eine reale Revolution hoffte: Herbert Marcuse ist keiner, der sich im Ohrensessel zurücklehnte, sondern sich während der 1960er-Jahre weiter radikalisierte. Davon zeugt eine seiner berühmtesten Schriften, die den schlichten Titel „Versuch über die Befreiung“ trägt. Darin setzt sich Marcuse mit dem herrschenden korporativen Kapitalismus auseinander und versucht, Studentenbewegung, Bürgerrechtsproteste, den Aufstand in der sogenannten Dritten Welt und viele weiter Strömungen miteinander zu verbinden, um einen gemeinsamen Widerstand zu ermöglichen. Jedoch sieht Marcuse, dass all diesen verschiedenen Protestformen und Organisationen die Massenbasis fehlt, da die Arbeiterklasse vor allem in den Industrieländern für jene „Große Weigerung“ nicht zu begeistern ist. In der neuen Folge von „Wohlstand für Alle“ diskutieren Ole Nymoen und Wolfgang M. Schmitt über das Werk von Herbert Marcuse!
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Literatur:
Herbert Marcuse: Versuch über die Befreiung, in: Ders.: Schriften Bd. 8, zu Klampen Verlag.
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