Gute Woche für Putin? (Tag 1122 mit Margarete Klein)
Mar 21, 2025
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Margarete Klein, Expertin für Osteuropa und Eurasien an der SWP, beleuchtet die aktuelle geopolitische Lage und analysiert Putins jüngste Erfolge im Dialog mit Trump. Sie beschreibt die Bedeutung der neuen finanziellen Mittel für Deutschlands Verteidigung und die Herausforderungen, die sich daraus ergeben. Klein diskutiert die Möglichkeit einer Europäisierung der Sicherheitsordnung und die dringende Notwendigkeit, Lehren aus vergangenen Fehlern im Umgang mit Russland zu ziehen. Die militärische Lage in der Ukraine bleibt angespannt und komplex.
Die Entscheidung Deutschlands, die Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben zu lockern, markiert einen entscheidenden Wendepunkt für die europäische Sicherheitsarchitektur.
Putins aggressiver Verhandlungsstil zeigt, dass er trotz strategischer Gespräche weiterhin maximalen Einfluss durch Gewalt und Drohungen anstrebt.
Deep dives
Deutschland und die historische Schuldenentscheidung
Deutschland hat mit einer Entscheidung über eine Billion Euro Schulden eine historische Woche erlebt, die sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat mit einer Zweidrittelmehrheit verabschiedet wurde. Diese massive finanzielle Verpflichtung wird als nicht nur unbestritten notwendig, sondern auch als strategisch entscheidend für die Unterstützung der europäischen Verteidigung betrachtet. Benjamin Telles, ein Experte für europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik, argumentiert, dass diese Entscheidung die Spielregeln für Deutschlands Rolle in der europäischen Sicherheitsarchitektur grundlegend verändert hat. Die Reaktion der Nachbarländer in Europa zeigt, dass sie erleichtert sind, während in Deutschland einige Bedenken hinsichtlich der enormen Schulden bestehen.
Wladimir Putins Verhandlungsstil
Fiona Hill, eine amerikanische Sicherheitsexpertin, beschreibt Wladimir Putins Verhandlungsstil als aggressiv und unnachgiebig, was er in einem gewaltsamen Auftakt eines Gesprächs zeigt. Ihre Metapher illustriert, dass Putin im Grunde eine 'Schlägerei' zwischen den Parteien initiiert und dann eine Pause anbietet, was seinerseits als Zugeständnis interpretiert wird. Dies deutet darauf hin, dass Putin wenig Interesse an echten Kompromissen hat, solange er seinen Einfluss durch Gewalt und Drohungen sichern kann. Diese Einschätzung wird durch die Beobachtungen unterstützt, dass Putin während der laufenden Konflikte in der Ukraine weiterhin an seinen maximalen Zielen festhält.
Die Situation in der Ukraine und strategische Angriffe
Die ukrainischen Streitkräfte haben kürzlich einen gezielten Drohnenangriff auf einen russischen Luftwaffenstützpunkt ausgeführt, was als bedeutende militärische Aktion zu werten ist. Die Angriffe zielen darauf ab, militärische Ressourcen Russlands zu destabilisieren und strategische Vorteile zu erlangen, während der ukrainische Generalstab betont, dass dieser Stützpunkt regelmäßig für Angriffe auf ukrainische Ziele genutzt wurde. Obwohl die genauen Auswirkungen des Angriffs unklar bleiben, berichten Beobachter von erheblichen Schäden. Die Berichterstattung aus Russland über den 'massivsten Drohnenangriff aller Zeiten' zeigt die propagandistische Dimension der Konfliktsituation auf.
Zukünftige europäische Sicherheitsstrategien
Die Debatten über die Bildung einer europäischen Friedenstruppe für die Ukraine und deren mögliche Kompetenzen werfen grundlegende Fragen hinsichtlich der Rolle Europas im Konflikt auf. Großbritannien und Frankreich planen eine Koalition von über 30 Staaten, um operative Strategien zu entwickeln, wobei der Fokus auf Luftunterstützung und dem Schutz wichtiger Infrastruktur liegt. Kritiker betonen jedoch, dass die Truppenstärke unzureichend sei, um Frieden zu sichern oder ernsthafte militärische Präsenz zu demonstrieren. Die Herausforderungen bestehen darin, eine einheitliche europäische Antwort auf die sicherheitspolitischen Bedrohungen durch Russland zu finden, insbesondere ohne das Rückgrat der USA.
In dieser Woche wurde in Deutschland Geschichte geschrieben. Bundestag und Bundesrat haben den Weg für ein milliardenschweres Finanzpaket freigemacht. Unter anderem wird die Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben gelockert. Diese Entscheidung und Investitionspläne der EU für die Aufrüstung bezeichnet Margarete Klein von der "Stiftung Wissenschaft und Politik" (SWP) im Gespräch mit Host Anna Engelke als wichtigen Schritt, "der auch zeitlich mehr als nötig war". Es werde jetzt darauf ankommen, was man aus diesen Geldern macht.
Aus Sicht der Osteuropa-Expertin war die vergangene Woche eine gute für Russlands Machthaber Putin, der mit US-Präsident Trump telefoniert hat. Putin habe zumindest Zwischenziele erreicht, so Klein. "Es geht in die Richtung einer Normalisierung der Beziehungen mit den USA - über die Köpfe der Europäer und der Ukrainer hinweg". Der russische Machthaber versuche minimale Zugeständnisse zu machen, um Trump "im Prozess zu halten". Seine großen Ziele gebe er nicht auf. Nämlich eine neue europäische Sicherheitsordnung. Die Osteuropaexpertin bewertet, wie realistisch der Einsatz europäischer Soldaten zur Absicherung eines möglichen Waffenstillstands in der Ukraine ist und wie Russland nach mehr als drei Jahren Angriffskrieg gegen die Ukraine militärisch und innenpolitisch dasteht. Außerdem erläutert Klein, welche Fehler eine künftige Bundesregierung im Umgang mit Russland vermeiden sollte.
Die aktuelle Lage in der Ukraine fasst Carsten Schmiester zusammen. Er berichtet, warum der EU-Gipfel am Donnerstag hinter den Erwartungen der Ukraine geblieben ist. Außerdem blickt er auf die Beratungen hochrangiger Militärs aus mehr als 30 Ländern Europas in London zurück. Und auf weitere Verhandlungen über eine Waffenruhe von US-Vertretern mit Unterhändlern aus Russland und der Ukraine voraus.
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