Linus Westheuser ist Soziologe an der Humboldt-Universität Berlin und Mitautor des Buches "Triggerpunkte". Er diskutiert, wie die Klimakrise sowohl als Umweltproblem als auch als Konflikt um soziale Ungleichheit wahrgenommen wird. Wärend der Unterhaltung beleuchtet er die emotionale Spannungen zwischen Klimaschutz und den Ängsten der Menschen. Westheuser thematisiert die politische Instrumentalisierung der Klimafrage und schlägt vor, dass eine stärkere Einbeziehung wohlhabender Bürger klimafreundliche Maßnahmen erleichtern könnte.
Die Klimapolitik ist eng mit sozialen Ungleichheiten verbunden, wobei unterschiedliche Gruppen unterschiedlich stark betroffen sind und Gerechtigkeitsaspekte dringend berücksichtigt werden müssen.
Trotz der weit verbreiteten Ansicht von Polarisierung gibt es in Deutschland einen breiten Konsens über die Notwendigkeit von Klimaschutzmaßnahmen, wobei die Diskussion über spezifische Lösungen jedoch stark variiert.
Deep dives
Klimafrage als Spiegel gesellschaftlicher Ungleichheit
Die Klimapolitik ist eng mit den sozialen Ungleichheiten unserer Gesellschaft verbunden, da unterschiedliche soziale Gruppen unterschiedlich betroffen sind. Der Klimawandel wird nicht nur als Umweltproblem wahrgenommen, sondern als ein sozialpolitisches Thema, das Konflikte zwischen arm und reich sowie zwischen Verursachern und Opfern des Klimawandels aufzeigt. Dadurch ergibt sich die Notwendigkeit, die Ungleichheiten in der Diskussion um Klimaschutz stärker zu berücksichtigen. Die bisherigen Debatten über die Klimafrage müssen daher auch Aspekte der Gerechtigkeit und Fairness einbeziehen und der Fokus sollte auf der ungleichen Betroffenheit von verschiedenen sozialen Schichten liegen.
Polarisierung versus Konsens in der Klimadiskussion
Entgegen der weit verbreiteten Ansicht, dass es in der Klimadiskussion zu einer Zunahme der Polarisierung kommt, zeigen empirische Daten, dass ein breiter Konsens über die Notwendigkeit von Klimaschutzmaßnahmen besteht. Viele Menschen erkennen den Klimawandel als ernstes Problem an und sehen die Notwendigkeit, aktiv zu werden, obwohl es Differenzen darüber gibt, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten. Während es in Deutschland wenig Polarisierung über die Realität des Klimawandels gibt, zeigen sich starke Unterschiede in Einstellungen zu spezifischen Maßnahmen, insbesondere im Hinblick auf wirtschaftliche Interessen und soziale Gerechtigkeit. Die unterschiedlichen Perspektiven müssen in den Dialog integriert werden, um eine effektive und einvernehmliche Klimapolitik zu entwickeln.
Ökologische Distinktion und gesellschaftliche Klassen
Im Rahmen der Klimadiskussion wird die soziale Spezifik der Argumentation deutlich, insbesondere zwischen verschiedenen Klassen. Die Mittelklasse legt Wert auf individuelle Handlungsfähigkeit und auf den ökologischen Fußabdruck, während die Arbeiterklasse häufig vorrangig materielle Lebensbedingungen und die Kosten für die Transformation in den Vordergrund stellt. Diese unterschiedlichen Weltanschauungen spiegeln sich in den Debatten darüber wider, wer für die Kosten des Klimawandels aufkommen soll und wie eine gerechte Umverteilung der Lasten aussehen kann. Um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern, ist es wichtig, diese Unterschiede zu erkennen und Lösungen zu entwickeln, die alle sozialen Schichten einbeziehen.
Zukunftsperspektiven: Gerechtigkeit versus Kulturkampf
Die zukünftige Politisierung der Klimafrage kann auf verschiedene Arten verlaufen, entweder als ein Kulturkampf oder als eine Diskussion über soziale Gerechtigkeit. Eine Gerechtigkeitsdebatte könnte das Potenzial bieten, breitere Unterstützung für Klimaschutzmaßnahmen zu gewinnen, indem sie Ungleichheiten hervorhebt und fordert, dass besonders betroffene Gruppen Gehör finden. Im Gegensatz dazu könnte ein Kulturkampf zu Fragmentierungen führen, bei denen vor allem die gebildete Mittelschicht und ihre Werte in den Vordergrund rücken, während die Anliegen sozial schwächerer Gruppen ignoriert werden. Der Schlüssel zur Schaffung einer konstruktiven Klimapolitik liegt darin, auf gerechte Lösungen hinzuarbeiten, die sowohl die ökologischen als auch die sozialen Herausforderungen anerkennen.
Ein Vortrag des Soziologen Linus Westheuser Moderation Nina Bust-Bartels
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Die gesellschaftliche Diskussion um die Klimakrise gleicht einem Kulturkampf. Dabei könnten wir auch ganz anders über die Klimafrage streiten. Ein Vortrag des Soziologen Linus Westheuser.
Linus Westheuser ist Soziologe an der Humboldt-Universität Berlin. Seinen Vortrag "Klimakonflikte als Ungleichheitskonflikte" hat er am 21. Oktober im Rahmen der Klimaringvorlesung "TU Berlin for Future" an der Technischen Universität Berlin gehalten. Sein Vortrag basiert auf dem Buch "Triggerpunkte" das Linus Westheuser zusammen mit Steffen Mau und Thomas Lux geschrieben hat und das 2024 bei Suhrkamp erschienen ist.