Stephan Schulmeister über die nächste Krise – #113
Nov 23, 2018
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Stephan Schulmeister, ein österreichischer Wirtschaftsforscher und kritischer Analytiker der Wirtschaftspolitik, diskutiert die bevorstehende Krise, die durch den Neoliberalismus angetrieben wird. Er zieht parallelen von der Keynesianischen Nachkriegszeit bis zu den Auswirkungen des Finanzkapitalismus. Schulmeister beleuchtet die gesellschaftlichen Folgen der Dollarkrise in den 70er Jahren und die gefährliche Dynamik zwischen den italienischen Eliten und der EU. Zudem thematisiert er neue Bärenmärkte und gibt literarische Empfehlungen für tiefergehende Einsichten.
Stephan Schulmeister warnt, dass der Neoliberalismus als wirtschaftliche Ideologie zu sozialer Instabilität und wirtschaftlichen Krisen führt.
Die Austeritätspolitik nach der Finanzkrise 2008 hat einerseits die wirtschaftliche Erholung behindert und andererseits soziale Ungleichheiten verstärkt.
Um zukünftigen Krisen entgegenzuwirken, plädiert Schulmeister für eine stärkere Integration sozialer Aspekte in die europäische Wirtschaftspolitik.
Deep dives
Neoliberalismus und dessen Auswirkungen
Der Neoliberalismus wird als eine dominante wirtschaftliche Ideologie angesehen, die seit den 1980er Jahren viele Wirtschaftskrisen beeinflusst hat. Der österreichische Wirtschaftsforscher Stefan Schulmeister diskutiert, wie die Übernahme neoliberaler Ansichten durch verschiedene politische und wirtschaftliche Akteure zu sozialer und wirtschaftlicher Instabilität geführt hat. Insbesondere hebt er die Schuldenkrise in Lateinamerika hervor, die veranschaulicht, wie rationales Handeln einzelner Akteure, wie z.B. der Verschuldung in Dollar, letztendlich in eine soziale Katastrophe mündete. Diese systemische Problematik zeigt sich auch in der aktuellen Finanzmarktsituation, die für mögliche neue Krisen anfällig ist.
Finanzkrisen und deren Ursachen
Schulmeister analysiert die Finanzkrise von 2008 und zieht Parallelen zu früheren Krisen, wie der Schuldenkrise in Lateinamerika und der Asienkrise. Er betont, dass diese Krisen nicht isoliert sind, sondern aus einem negativen Zusammenspiel von Marktmechanismen und politischen Entscheidungen resultieren. Der Fokus auf individuelle Schuldzuweisungen, etwa an Banken oder Staaten, lenkt von den strukturellen Ursachen ab, die in den Finanzmärkten selbst fest verankert sind. Gleichzeitig war die mangelnde Vorbereitung auf systemische Wellen von Finanzkrisen ein zentraler Fehler der Akteure.
Soziale Auswirkungen der Marktentwicklung
Ein zentrales Thema ist die Auswirkung instabiler Finanzmärkte auf die Realwirtschaft, die unter anderem zu einer sinkenden Investitionsbereitschaft der Unternehmen führen kann. Schulmeister argumentiert, dass in einem Umfeld finanzieller Unsicherheiten Unternehmen eher in den Finanzmärkten Gewinne suchen, anstatt in reale Produktion und Arbeitsplätze zu investieren. Diese Entwicklung hat zur Schaffung atypischer Beschäftigungsverhältnisse beigetragen, die keine echte Lösung für die steigende Arbeitslosigkeit bieten. Darüber hinaus ist die Staatsverschuldung direkt mit dieser stagnierenden Investitionsdynamik verbunden, was die finanziellen Spielräume der öffentlichen Hand einschränkt.
Kritik an der Austeritätspolitik
Schulmeister kritisiert die Austeritätspolitik, die nach der Finanzkrise 2008 in Europa durchgesetzt wurde. Er macht deutlich, dass diese Politik nicht nur die wirtschaftliche Erholung behindert hat, sondern auch erhebliche soziale Ungleichheiten verstärkt hat. Er beschreibt die Politik als eine Reaktion auf vergangene Krisen, die jedoch zu einer weiteren Abwärtsspirale in der europäischen Wirtschaft geführt hat. Diese Austeritätspolitik wird als unzureichend angesehen, um die strukturellen Probleme zu lösen und eine stabile wirtschaftliche Basis für die Zukunft zu schaffen.
Perspektiven für die zukünftige Wirtschaftspolitik
Schulmeister plädiert für eine grundlegende Neubewertung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Europa, um zukünftigen Krisen entgegenzuwirken. Er schlägt vor, dass eine stärkere Integration sozialer Aspekte in die Wirtschaftspolitik notwendig ist, um das Vertrauen der Bürger in das System zurückzugewinnen. Zudem ist das Ziel, die politische und wirtschaftliche Stabilität in Europa zu fördern, mit einem sozialen Gesicht, das ein starkes Bekenntnis zur Reduzierung von Ungleichheiten umfasst. Die Herausforderung besteht darin, aus der Krise zu lernen und nachhaltige wirtschaftliche Strategien zu entwickeln, die sowohl soziale als auch wirtschaftliche Gerechtigkeit fördern.
Der Neoliberalismus bringt die nächste Krise, prophezeit Stephan Schulmeister. Im Stadtgespräch mit Peter Huemer zieht der Ökonom einen historischen Bogen vom Keynesiansmus der Nachkriegszeit bis zum Triumph des Neoliberalismus.