Johannes Preiser-Kapeller, ein Umwelthistoriker, spricht über das Katastrophenmanagement im Mittelalter. Er beleuchtet, wie Dorfgemeinschaften und der Adel zusammenarbeiteten, um mit Naturkatastrophen umzugehen, und hinterfragt gängige Klischees. Besonders spannend ist die Diskussion über das Erdbeben von 1590, seine Verbindung zur Atomkraftdebatte sowie die Anpassungsstrategien der Landwirte an klimatische Veränderungen. Zudem wird die Entwicklung der Brandbekämpfung in Wien behandelt, angefangen bei den ersten Brandwachen bis hin zu modernen Sicherheitsstandards.
Im Mittelalter passten Bauernfamilien ihre Anbaumethoden an, um Ernteverluste durch wechselhafte Wetterbedingungen zu minimieren.
Die Entwicklung institutionalisierter Katastrophenschutzmaßnahmen, wie der Feuerwehr, verdeutlicht die proaktive Anpassung der Gesellschaft an Naturkatastrophen.
Deep dives
Katastrophenmanagement im Mittelalter
Im Mittelalter gab es bereits Formen des Katastrophenmanagements, die oft im Gegensatz zu der Annahme standen, dass die Menschen nur passiv beteten. Bauernfamilien passten ihre Anbaumethoden an verschiedene Wetterbedingungen an, indem sie unterschiedliche Pflanzen anbauten und verschiedene Grundstücke bewirtschafteten, um Ernteverluste zu minimieren. Gemeinschaften schlossen sich zusammen, um Bewässerungssysteme zu planen, wie im Finchgau in Südtirol, wo sie über Jahrhunderte hinweg Kanäle bauten, um das Wasser für ihre Felder zu sichern. Diese vorausschauende Landwirtschaft war eine konstante Notwendigkeit, um in einer Umgebung mit häufigen Naturereignissen überleben zu können.
Städtisches Katastrophenmanagement
Städte wie Wels in Oberösterreich entwickelten im Mittelalter ein systematisches Katastrophenmanagement, insbesondere um mit wiederkehrenden Überschwemmungen des Flusses Traun umzugehen. Ab dem 13. Jahrhundert wurde von der Stadtverwaltung sichergestellt, dass genügend Baumaterial zur Verfügung stand, um die regelmäßig beschädigten Brücken schnell wieder herzustellen. Diese proaktive Planung zeigte sich als entscheidend, um mit erwartbaren Katastrophen umzugehen, doch diese Maßnahmen wurden oft unzureichend, wenn die Naturereignisse häufiger oder intensiver wurden als angenommen. Der Übergang zur kleinen Eiszeit führte dazu, dass etablierte Methoden oft nicht mehr ausreichten, um den neuen extremen Bedingungen entgegenzutreten.
Einfluss von Naturkatastrophen auf die Gesellschaft
Naturkatastrophen im Mittelalter führten auch zur Entwicklung neuer Berufe und zur Institutionalisierung von Katastrophenschutzmaßnahmen, wie der späteren Feuerwehr. Bereits im frühen 13. Jahrhundert wurden Brandlöscheinsätze von Handwerkzünften organisiert, um bei Stadtbränden zu helfen, was schließlich zur Gründung einer offiziellen Feuerwehr im 17. Jahrhundert führte. Auch bauliche Vorschriften entstanden, um Städte brandresistenter zu machen, etwa durch den Ersatz von Strohdächern durch weniger brandgefährliche Materialien. Diese Entwicklungen zeigen, wie sich die Gesellschaft an die extremen Wetterbedingungen anpasste und versucht hat, strukturelle Veränderungen herbeizuführen, um die Risiken natürlicher Katastrophen zu reduzieren.
Katastrophen, nicht zuletzt klimabedingte, waren ständige Begleiter der Menschen im Mittelalter. Viele Ernten fielen infolge von Kälte und Nässe aus, Erdbeben suchten die Menschen heim, darunter das stärkste, das in unserer Region je registriert worden ist, nämlich jenes vom 15. September 1590, dessen Epizentrum ziemlich genau unter dem später dort geplanten Atomkraftwerk Zwentendorf gelegen ist. Damals wie heute stellten sich die Menschen auf die Herausforderungen ein, horteten zum Beispiel Bauholz, damit die Brücken nach dem nächsten Hochwasser wieder rasch aufgebaut werden konnten, oder gründeten Feuerwachen und Feuerwehren, etwa in Wien nach der zweiten Osmanenbelagerung, die älteste Stadtfeuerwehr Europas. Mit Mariella Gittler spricht der Umwelthistoriker Johannes Preiser-Kapeller über das Katastrophenmanagement des Mittelalters.
Get the Snipd podcast app
Unlock the knowledge in podcasts with the podcast player of the future.
AI-powered podcast player
Listen to all your favourite podcasts with AI-powered features
Discover highlights
Listen to the best highlights from the podcasts you love and dive into the full episode
Save any moment
Hear something you like? Tap your headphones to save it with AI-generated key takeaways
Share & Export
Send highlights to Twitter, WhatsApp or export them to Notion, Readwise & more
AI-powered podcast player
Listen to all your favourite podcasts with AI-powered features
Discover highlights
Listen to the best highlights from the podcasts you love and dive into the full episode