Armin Thurnher, Herausgeber des Falter Magazins, und Doris Helmberger-Fleckl, Chefredakteurin der Wochenzeitung 'Die Furche', diskutieren die dramatischen Umbrüche in der österreichischen Politik. Sie beleuchten Herbert Kickls mögliche Kanzlerschaft und die gebrochenen Koalitionsversprechen der ÖVP. Nina Horaczek analysiert die Risiken einer illiberalen Demokratie und den politischen Kulturwandel. Zudem werden die Implementierung der Zivilgesellschaft und die Rolle unabhängiger Medien in dieser angespannten politischen Lage thematisiert.
Der Aufstieg von Herbert Kickl und der Wechsel der ÖVP-Linie könnten die politische Kultur in Österreich zugunsten einer illiberalen Demokratie verändern.
Die zivilgesellschaftliche Bewegung in Österreich wird als entscheidend angesehen, um der Gefährdung der demokratischen Integrität durch Kickls Agenda entgegenzuwirken.
Deep dives
Wandel der politischen Landschaft
Die politische Landschaft in Österreich befindet sich im Umbruch, insbesondere durch den Aufstieg des FPÖ-Chefs Herbert Kickl, der als möglicher zukünftiger Bundeskanzler gilt. Die ÖVP hat ihre Linie gewechselt und zeigt Bereitschaft zur Kooperation mit der FPÖ, trotz früherer Versprechen, dies zu vermeiden. Dieser Kurswechsel könnte die politische Kultur der Zweiten Republik erheblich beeinflussen, da Kickl eine autoritäre Umgestaltung Österreichs im Sinne einer illiberalen Demokratie anstrebt. Außerdem wird betont, dass die politische Grenze zwischen liberaler und illiberaler Demokratie dabei verschwimmt, was zu einer grundlegenden Veränderung der politischen Verhältnisse führen könnte.
Erosion des Vertrauens in die Politik
Das Vertrauen in die etablierten politischen Parteien hat stark gelitten, besonders angesichts der finanziellen Missstände und des desaströsen Budgetdefizits, das Kickl der ÖVP vorwirft. Er fordert von der ÖVP Ehrlichkeit und greift sie an, da sie mit ihren Entscheidungen und der politischen Strategie gescheitert ist. Diese Situation ermöglicht es Kickl, als Retter aufzutreten, obwohl viele Wähler in der Vergangenheit eine Koalition mit der FPÖ ausgeschlossen hatten. Der Verlust des Vertrauens wird als zentrales Problem gesehen, das die Grundlage für die politischen Umwälzungen bildet, die Österreich derzeit durchlebt.
Gefahren für die Demokratie
Die Diskussion um die Gefahr, die von der FPÖ und Kickl für die liberale Demokratie ausgeht, wird intensiv geführt. Kickl wird als jemand beschrieben, der eine gezielte Strategie verfolgt, um grundlegende demokratische Strukturen und Medien zu untergraben, ähnlich wie es in Ungarn unter Viktor Orbán der Fall ist. Besondere Bedenken gibt es hinsichtlich der Medienfreiheit, da die FPÖ bestrebt ist, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einzuschränken und ihre eigene Medienagenda voranzutreiben. Diese Entwicklungen deuten auf eine potenzielle Transformation der politischen Kultur hin, die einer illiberalen bzw. populistischen Welle Vorschub leisten könnte.
Rolle der Zivilgesellschaft
Die Zivilgesellschaft wird als entscheidend erachtet, um gegen die politischen Veränderungen anzukämpfen, die Kickl und die FPÖ mit ihrer Agenda vorantreiben. Es wird hervorgehoben, dass es in Österreich eine starke zivilgesellschaftliche Bewegung gibt, die mobilisieren kann, aber dass diese auch mit internen Herausforderungen und einer gewissen Unsicherheit konfrontiert ist. Trotz der drohenden Veränderungen bleibt die Hoffnung, dass das Bewusstsein für die Notwendigkeit von gesellschaftlichem Widerstand wächst. Es wird betont, dass für eine positive Entwicklung das Engagement der Zivilgesellschaft unabdingbar ist, um die demokratische Integrität des Landes zu wahren.
Herbert Kickl hat gute Chancen nächster Bundeskanzler Österreichs zu werden. Die ÖVP, die im Wahlkampf versprochen hat, mit dem FPÖ-Chef keine Koalition einzugehen, wechselt den Parteichef und die Linie.
Falter-Herausgeber Armin Thurnher, Furche-Chefredakteurin Doris Helmberger-Fleckl, Falter-Journalistin Nina Horaczek und Falter-Journalist Jürgen Klatzer analysieren die dramatische Umbrüche in der österreichischen Innenpolitik.