#611 - Soziologe Hartmut Rosa über Resonanz, Religion & das Ende des Kapitalismus
Nov 24, 2022
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Zu Gast ist Hartmut Rosa, ein renommierter Soziologe und Politikwissenschaftler, der an der Friedrich-Schiller-Universität Jena lehrt. Er spricht über seine Resonanztheorie und die Herausforderungen der beschleunigten Gesellschaft. Es wird erörtert, wie der Drang nach ständigem Wachstum das soziale Wohlbefinden beeinträchtigt und zu psychischen Problemen führt. Rosa betont die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels hin zu nachhaltigen Lebensformen und diskutiert die transformative Kraft der Resonanz in der Beziehung zwischen Individuum und Umwelt.
Hartmut Rosa reflektiert über seine Bildungsreise und den Einfluss früher Ambitionen auf seine Entscheidung, Soziologie zu studieren.
Er entwickelt eine Resonanztheorie, die tiefgreifende Verbindungen zwischen Individuen, Gemeinschaften und der Welt fördert.
Rosa betont die Diskrepanz zwischen technologischem Fortschritt und persönlichem Zeitempfinden als Ursache für Entfremdung in der modernen Gesellschaft.
Die Beziehung zwischen Religion und Demokratie wird als zentral erachtet, um Verständnis und Respekt in gesellschaftlichen Strukturen zu fördern.
Rosa beschreibt den Strukturwandel des Eigentums und die Digitalisierung als Herausforderung, die neue Diskussionen über Ressourcen und Besitz anstoßen sollte.
Deep dives
Die Rolle von Hartmut Rosa in der Soziologie
Hartmut Rosa ist Soziologe und lehrt an der Friedrich-Schiller-Universität Jena sowie am Max-Weber-Kolleg der Universität Erfurt. Er widmet sich der Beobachtung der Gesellschaft, analysiert menschliches Verhalten und fragt sich, was uns antreibt. Diese Fragen betreffen nicht nur das individuelle Verhalten, sondern auch kollektive Werte und gesellschaftliche Normen. Rosa versucht, tiefgehende Deutungen zu entwickeln, um das Verständnis für soziale Dynamiken zu fördern.
Die zentrale Frage des Lebens
Rosa betrachtet die Frage nach dem guten Leben als grundlegend für den Menschen und verweist auf den Einfluss von Max Weber und Tolstoi. Dabei geht es darum, wie Individuen zur eigenen Lebensgestaltung kommen und welche Werte und Ideale sie prägen. Diese Überlegungen sind relevant für alltägliche Entscheidungen, seien es Konsumverhalten oder Lebensziele. Rosa sieht hierin eine Spannung zwischen dem Wunsch nach Erfüllung und den oft unbewussten gesellschaftlichen Vorgaben.
Der Weg zum Soziologen
Rosa reflektiert seine eigene Bildungsreise und den Einfluss seiner frühen Ambitionen auf seine Karriere. Ursprünglich plante er, Physik oder Philosophie zu studieren, wählte letztendlich aber die Soziologie aufgrund seiner Neugier auf gesellschaftliche Prozesse. Sein Interesse an kritischer Theorie und Schlüsselwerken anderer Philosophen prägte seinen wissenschaftlichen Werdegang erheblich. Diese Entwicklung zeigt, wie persönliche Erfahrungen und bildungsbedingte Weichenstellungen zu akademischen Fachrichtungen führen können.
Die Idee der kritischen Theorie
Die kritische Theorie ist für Rosa entscheidend, um den Zusammenhang zwischen individueller Wahrnehmung und gesellschaftlicher Realität zu begreifen. Er sieht die Notwendigkeit, das individuelle und kollektive Bewusstsein in den Kontext historischer und sozialer Strukturen zu setzen. Indem er Reflexion als Werkzeug zur Verbesserung von Lebensbedingungen einsetzt, beleuchtet er Probleme des modernen Lebens. Rosa erkennt an, dass die Kritische Theorie als Mittel zur Analyse von Entfremdung in der Gesellschaft fungieren kann.
Beschleunigung und Zeitmangel
Rosa entwickelt eine Theorie der Beschleunigung, die das zeitliche Verhältnis zwischen technologischem Fortschritt und persönlichem Zeitempfinden untersucht. Trotz technologischem Fortschritt erleben Menschen zunehmend Zeitmangel, was auf eine Diskrepanz zwischen Gewinn und Verlust von Zeit hinweist. Er argumentiert, dass diese Diskrepanz einer der Faktoren ist, die zu einem Gefühl der Entfremdung führen. Umso wichtiger ist es, den Einfluss der Zeit auf unsere Lebensgestaltung zu reflektieren.
Resonanz und ihre Bedeutung
Resonanz wird von Rosa als zentrales Konzept betrachtet, das es ermöglicht, eine tiefere Verbindung zur Welt herzustellen. Es bedeutet, dass Menschen nicht nur in Kontakt mit äußeren Elementen treten, sondern auch mit sich selbst und ihrer Gemeinschaft. Dieses Konzept verzichtet auf reine Rationalität und öffnet den Raum für emotionale und spirituelle Erfahrungen. Resonanz kann helfen, die Dynamik von Beziehungen zu verstehen und den eigenen Platz in der Welt zu finden.
Die Verbindung von Religion und Demokratie
Rosa erörtert die Beziehung zwischen Religion und Demokratie und sieht in der Anrufbarkeit der Menschen eine zentrale Komponente. Er argumentiert, dass Religion dazu beitragen kann, eine größere Verbindung zwischen Individuen und ihrem sozialen Kontext herzustellen. Diese Verbindung fördert ein besseres Verständnis und eine tiefere Resonanz, die für demokratische Strukturen notwendig ist. Er sieht auch Parallelen zu aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen, bei denen Respekt und Verständnis gefragt sind.
Die Herausforderungen der sozialen Transformation
Rosa erkennt die Schwierigkeiten an, die mit der Transformation sozialer Strukturen verbunden sind, und weist darauf hin, dass Veränderungen oft nicht nur von den Entscheidungsträgern abhängen. Stattdessen sind kollektive Bewegungen und die Beteiligung vieler notwendig, um nachhaltige Wandel zu bewirken. Dies erfordert eine grundlegende Neubewertung gesellschaftlicher Werte und Ideale. Der Anteil der Gesellschaft an dieser Diskussion ist entscheidend für zukünftige Transformationen.
Der Einfluss der Digitalisierung auf Eigentum
Rosa thematisiert den Strukturwandel des Eigentums und die Rolle der Digitalisierung in diesem Prozess. Er beschreibt, wie digitale Produkte und Dienstleistungen den Umgang mit Eigentum und dessen Verfügbarkeit verändern. Dies hat zur Folge, dass traditionelle Besitzstrukturen hinterfragt werden müssen, um neue Wege des Teilens und der Nutzung zu finden. Rosa sieht hierin die Möglichkeit, kritische Diskussionen über den Umgang mit Ressourcen und den Sinn von Eigentum anzustoßen.
Der persönliche Bezug zur Soziologie
Rosa teilt seine persönlichen Erfahrungen und die Herausforderungen, die er als Soziologe in der Lehre, bei Forschungsprojekten und im Dialog mit Studierenden hat. Er strebt danach, ein resonantes und ansprechendes Umfeld in seinen Seminaren zu schaffen, um das Interesse und die kritische Denkweise seiner Studierenden zu fördern. Trotz der Schwierigkeiten und der Konkurrenzsituation an Universitäten sieht er den Wert in einer beeindruckenden Lehre und einem aktiven Austausch zwischen Studierenden und Lehrenden. Letztlich ist Rosa durch das Streben nach Veränderung inspiriert und motiviert, die Soziologie als Plattform für kritische Reflexion über die Gesellschaft zu nutzen.
Politik für Desinteressierte
Zu Gast im Studio: Soziologe und Politikwissenschaftler Hartmut Rosa. Er lehrt an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und ist Direktor des Max-Weber-Kollegs der Universität Erfurt und Mitherausgeber der Fachzeitschrift Time & Society sowie des Berliner Journals für Soziologie
Ein Gespräch über Hartmuts Werdegang und Jugend, Religion und Gott, seinen Weg zur Soziologie, seine Resonanztheorie, das Ende des kapitalistischen Systems, der Widerstand zur Abkehr vom Wachstumszwang, die beschleunigte Gesellschaft und unsere permanente Unzufriedenheit, die ökonomische Klasse und Neoliberalismus, Folgen für die Demokratie, die Rolle der Religion, Alternativen zum Kapitalismus und wie wir zum "system change" kommen + eure Fragen
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